Urteil des OLG Köln vom 12.01.1994
OLG Köln (rechnung, firma, ersatz der kosten, anlage, zpo, kläger, einvernehmliche regelung, weiterer schaden, aufrechnung, höhe)
Oberlandesgericht Köln, 11 U 62/93
Datum:
12.01.1994
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
11. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
11 U 62/93
Schlagworte:
KLAGE; SUBSTANTIIERUNG
Leitsätze:
1. Das Vorbringen zur Begründung einer vom Prozeßgegner bestrittenen
Forderung muß soweit substantiiert sein, daß der Gegner die
Berechtigung des Anspruchs prüfen und sich entscheiden kann, ob er
diese Forderung ganz oder teilweise anerkennt; ebenso muß das
Gericht in die Lage versetzt werden zu entscheiden, ob die
Voraussetzungen für das Bestehen der geltend gemachten Forderung -
bei unterstellter Richtigkeit des Klagevortrags - erfüllt sind.
2. Soweit es dabei auf innerbetriebliche Vorgänge ankommt, in die der
Gegner keinen Einblick hat, müssen diese so konkret geschildert
werden, daß einerseits eine substantiierte Entgegnung und andererseits
eine Subsumtion unter den in Betracht kommenden gesetzlichen
Anspruchstatbestand möglich ist.
3. Bei Schadensersatzansprüchen bewirkt die Beweiserleichterung des
§ 287 ZPO zugunsten des Geschädigten eine entsprechende
Erleichterung auch der Darlegungslast.
Rechtskraft:
nicht rechtskräftig
T a t b e s t a n d
1
Durch das angefochtene Urteil sind die Beklagten verurteilt worden, an die Klägerinnen
54.890,90 DM rückständige Büro- und Lagerraummiete zuzüglich Zinsen zu zahlen. Die
Beklagten bestreiten einen derartigen Anspruch der Klägerinnen nicht, wenden jedoch
ein, er sei infolge Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch der Beklagten zu 1)
erloschen.
2
Diese Gegenforderung haben die Beklagten aus einem durch eine Dachundichtigkeit
verursachten Wassereinbruch in die gemieteten Lagerräume am 11. Februar 1987
abgeleitet, durch den die dort installierte EDV-Anlage beschädigt worden sei.
3
Hierzu haben sie behauptet, in den gemieteten Räumlichkeiten habe die Beklagte zu 1)
ein Rechenzentrum betrieben. Gegenstand der Tätigkeit sei die Koordination von
Leistungen im verpflegungstechnischen Bereich gewesen. Dazu gehöre die Erfassung
von Arbeitszeiten, Zuordnung zu einzelnen Aufträgen, Abrechnungen, Erstellung von
Berechnungsunterlagen sowie die Erstellung von Montage- und Servicescheinen. Es
4
habe zahllose verschiedene Computerprogramme gegeben. Es seien etwa 8.000
Kunden zu bedienen gewesen. Der Wassereintritt habe einen Gesamtschaden in Höhe
von 113.105,90 DM verursacht, weil wegen der langen Reparaturdauer der eigenen
Anlage Fremdrechner hätten in Anspruch genommen werden müssen. Weiter haben die
Beklagten behauptet, die Klägerinnen bzw. deren Versicherung hätten die
Schadensbehebung verzögert. Die in Mitleidenschaft gezogene Anlage habe erst über
einen Zeitraum von 3 Monaten trocknen müssen, bevor der erste Versuch der
Inbetriebnahme durch einen Werkstechniker habe erfolgen können. Hierbei habe eine
Maschine gar nicht und eine weitere nur durch Teileaustausch in Gang gesetzt werden
können. Zunächst sei versucht worden, den Geschäftsbetrieb manuell ohne Einsatz von
Rechnern aufrechtzuerhalten, nach 3 Monaten sei es aber erforderlich geworden,
Rechnerzeiten bei der S. Dienstleistungen KG B., deren persönlich haftende
Gesellschafterin die Ehefrau des Beklagten zu 2) ist, für einen Stundensatz in Höhe von
43,75 DM zuzüglich Mehrwertsteuer anzumieten. In der Zeit von Mai 1987 bis April 1988
seien über 2.300 Stunden benötigt und in Anspruch genommen worden. Dies ergebe
sich aus dem dem Schreiben der Beklagten zu 1) vom 27. Dezember 1989 (Anlagenheft
Bl. 60 f.) beigefügten Anlagenkonvolut. Die vollständige Vorlage der den Rechnerzeiten
zugrundeliegenden Vorgänge sei wegen des Umfangs der Unterlagen nicht möglich;
außerdem enthielten diese Unterlagen Geschäftsgeheimnisse, deren Bekanntwerden
sich geschäftsschädigend auswirken würde.
Hiergegen haben die Kläger eingewandt, die Aufrechnungserklärungen der Beklagten
seien gemäß § 8 des Mietvertrages unzulässig, eine einvernehmliche Regelung über
die Aufrechnung habe nicht stattgefunden. Am 4. Dezember 1987 habe im Gespräch
zwischen den Parteien vielmehr Einverständnis darüber geherrscht, daß die offenen
Mieten nachgezahlt werden sollten. Verzögerungen bei der Schadensabwicklung seien
allein auf das Verhalten der Beklagten zurückzuführen. Der angebliche Ausfallschaden
habe nur als Vorwand gedient, um aufrechenbare Gegenforderungen zu konstruieren.
Die Anlage sei bereits durch einen handelsüblichen ...-kompatiblen Personalcomputer
im Werte von 2.500,00 DM bis 3.000,00 DM ersetzbar gewesen. Ferner haben die
Kläger die mangelnde Substantiiertheit des Beklagtenvortrags gerügt. Sie haben betont,
daß keine Nachweise über die Bezahlung der angeblichen Unkosten vorgelegt wurden.
Der Schaden sei nicht nachvollziehbar belegt worden. Die Kläger haben bestritten, daß
die behaupteten Kosten angefallen und bezahlt wurden. Bei den Rechnungen der S.
Dienstleistungen KG B. handele es sich um Gefälligkeitsrechnungen.
5
Nachdem zunächst zugunsten der Kläger ein TeilVersäumnisurteil über 50.598,26 DM
nebst Zinsen (Zinssatz: 5 %) ergangen war (Bl. 45 f.) und die Beklagten dagegen
Einspruch eingelegt hatten, haben die Kläger nach einer geringfügigen Ermäßigung
ihrer Klage beantragt,
6
das Teil-Versäumnisurteil vom 7. September 1990 aufrechtzuerhalten und die Beklagten
als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Kläger weitere 4.292,82 DM nebst 5 %
Zinsen seit dem 30. Januar 1991 zu zahlen.
7
Die Beklagten haben beantragt,
8
das Teil-Versäumnisurteil aufzuheben und die Klage insgesamt abzuweisen.
9
Das Landgericht hat u.a. darüber Beweis erhoben, ob die von den Beklagten
vorgetragene Inanspruchnahme eines Fremdrechners erforderlich war, um den Ausfall
10
der eigenen Rechneranlage und die Aufrechterhaltung des Firmenbetriebes nach dem
Wasserschaden vom 11. Februar 1987 zu gewährleisten, und ob die dafür in Rechnung
gestellten Beträge angemessen sind, durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens
des Sachverständigen Dr. S. St. (Bl. 184 f. d.A.), auf das Bezug genommen wird.
Mit Schlußurteil vom 5. Februar 1993 hat das Landgericht sodann das Teil-
Versäumnisurteil vom 7. September 1990 aufgehoben und die Beklagten verurteilt, an
die Kläger insgesamt 54.890,00 DM nebst Zinsen (Zinssatz: 4 %) zu zahlen. Zu der von
den Beklagten gegen die Klageforderung eingewandten Aufrechnung hat es ausgeführt:
Die Beklagten hätten es trotz entsprechender Rüge durch die Kläger versäumt, in
erforderlichem Maße substantiiert zum entstandenen Schaden vorzutragen. Aus den
übergebenen Anlagen ergebe sich nicht oder allenfalls teilweise, wann die
abgerechneten Leistungen erbracht worden seien. Warum welche Leistungen in
welchem Zeitraum erforderlich gewesen seien, ergebe sich aus den Anlagen nicht. Über
die pauschale Behauptung hinaus, daß Leihsysteme und Rechnerzeiten hätten
angemietet werden müssen, sei keine weitere Darlegung erfolgt. Auch sei es nicht
Aufgabe der Kammer, sich den erforderlichen Sachvortrag selbst aus den Anlagen
zusammen zu suchen. Das eingeholte Gutachten treffe lediglich Aussagen über die
Angemessenheit der in Rechnung gestellten Kosten, führe aber darüber hinaus
ebenfalls zu keiner Konkretisierung der schadensbegründenden Umstände. Eine
weitere Beweiserhebung würde einem Ausforschungsbeweis gleichkommen.
11
Gegen das Urteil, auf das wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird und
das den Beklagten am 15. Februar 1993 zugestellt worden ist, haben diese am 15. März
1993 Berufung eingelegt und nach entsprechender Verlängerung der Begründungsfrist
ihr Rechtsmittel mit Schriftsatz vom 27. Mai 1993 begründet.
12
Die Beklagten nehmen Bezug auf ihr erstinstanzliches Vorbringen und beschränken die
Berufung auf die zur Aufrechnung gestellten Gegenansprüche.
13
Sie sind der Auffassung, zum Umfang des Schadens schon in erster Intanz substantiiert
vorgetragen zu haben. Durch das eingeholte Sachverständigengutachten sei erwiesen,
daß die angegebenen Fremdleistungen auch tatsächlich erbracht und die dafür geltend
gemachten Kosten angemessen seien. Es verstoße gegen § 139 ZPO, wenn über die
Höhe des Schadens zunächst Beweis erhoben und im Anschluß daran der Sachvortrag
als unsubstantiiert bezeichnet werde. Der Anspruch lasse sich unschwer aus den
vorgelegten Rechnungen herleiten.
14
Die Beklagten behaupten ergänzend, sie hätten für den Neubau des Justizgebäudes
...Straße den gesamten Bereich der Verpflegungstechnik ausgeschrieben, geplant und
überwacht. Auch an der Errichtung des Arbeitsamtes und des Fernmeldeamtes .... seien
sie maßgeblich beteiligt gewesen.
15
Der Rechner der in B. ansässigen Firma der Ehefrau des Beklagten zu 2) sei in einem in
Frechen errichteten Büro aufgestellt und in Betrieb genommen worden.
16
Die Schadensersatzansprüche ergäben sich aus der zusammengefaßten
Aufrechnungserklärung im Schreiben vom 27. Dezember 1989 und den dazugehörigen
Anlagen (Bl. 60 f. und Bl. 76-99 AH). Die Aufrechnung sei mit den ersten 12 Positionen
des Schreibens bis zum Betrag von 69.784,00 DM erklärt worden, die darüber
hinausgehenden Ansprüche seien abgetreten.
17
Die an erster Stelle in dem Schreiben aufgeführte Rechnung vom 27. Mai 1987 erläutern
die Beklagten folgendermaßen: Die erste Position der Rechnung gebe den
Pauschalbetrag wieder, der für den ersten Versuch der Inbetriebnahme abgerechnet
worden sei. Die Kosten für die Inanspruchnahme eines Computertechnikers in Höhe
von 400,00 DM pro Stunde seien angemessen und üblich. Die zweite Position in Höhe
von 1.750,00 DM sei der Beklagten zu 1) von der S. Dienstleistungen KG B. pauschal
für die Datenübertragung in Rechnung gestellt worden. Die Rechnung sei bezahlt.
Desweiteren seien 630,00 DM für den Kauf von Disketten aufgewandt und 358,88 DM
für Softwareentwicklung für ein durch Nässeeinwirkung unlesbar gewordenes
Programm von der S. KG B. in Rechnung gestellt worden. Insgesamt seien die
Leistungen dieser Gesellschaft für 2.122 Stunden in Anspruch genommen worden. Die
monatliche Einzelabrechnung der Stunden sei möglich gewesen, weil monats- oder
arbeitsbezogene Berechnungsdateien bestünden. Die Rechnerzeiten stimmten mit
denen überein, die die Beklagte zu 1) ihren Kunden in Rechnung gestellt habe. Der
Sachverständige habe Auftragsunterlagen einsehen und sich in allen Fällen davon
überzeugen können, daß die in Rechnung gestellten Fremdrechnerzeiten zur
Aufrecherhaltung des Betriebes erforderlich gewesen seien.
18
Wegen aller weiteren Einzelheiten des Berufungsvortrags der Beklagten wird auf die
Berufungsbegründung (Bl. 321 ff. d.A.) Bezug genommen.
19
Nachdem auch im Berufungsverfahren zunächst am 24. September 1993 ein
Versäumnisurteil gegen die Beklagten ergangen ist (Bl. 381), gegen das sie fristgerecht
Einspruch eingelegt haben (Bl. 386), beantragen die Beklagten,
20
das Versäumnisurteil vom 24. September 1993 aufzuheben und nach den Anträgen aus
der Berufungsbegründung zu erkennen (d.h. unter teilweiser Änderung des
angefochtenen Urteils die Klage in vollem Umfang abzuweisen und im Falle eines
Vollstreckungsschutzausspruchs Sicherheitsleistung auch durch die
selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlichen
Sparkasse zuzulassen).
21
Die Kläger beantragten,
22
das Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten.
23
Auch sie nehmen Bezug auf den Vortrag erster Instanz. Darüber hinaus bertreiten sie,
daß es erforderlich war, die Anlage zunächst über einen Zeitraum von 3 Monaten
trocknen zu lassen. Auch der Hersteller der Anlage habe hierzu nicht geraten. Die
Kläger rügen weiterhin die mangelnde Substantiiertheit des Beklagtenvortrags, den sie
zudem als verspätet ansehen.
24
Wegen aller weiteren Einzelheiten wird auf die Berufungserwiderung vom 13. Juli 1993
nebst den dazu überreichten Anlagen (Bl. 343 f. d.A.) Bezug genommen.
25
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
26
Die Berufung der Beklagten ist ebenso wie ihr Einspruch gegen das Versäumnisurteil
des Senats vom 24. September 1993 zulässig, aber unbegründet.
27
Die Erfüllung der Mietzinsforderung der Klägerinnen durch wirksame Aufrechnung der
Beklagten mit Schadensersatzforderungen kann nicht festgestellt werden.
28
Es ist zwar davon auszugehen, daß die Beklagte zu 1) gegen die Klägerinnen einen
Schadensersatzanspruch besitzt, weil infolge eines Dachschadens am 11. Februar
1987 in von ihr gemietete Räume Wasser eingedrungen ist und eine dort aufgestellte
EDV-Anlage beschädigt hat. Mit der Behebung des unmittelbaren Schadens an dem
einen der beiden Geräte hat die Haftpflichtversicherung der Klägerin unstreitig die Firma
R. beauftragt und deren Rechnung vom 17. Mai 1988 (Bl. 21 AH) auch bezahlt. Diese
Rechnung belegt mit dem darin enthaltenen Vermerk, noch anfallende Reparaturkosten
würden gesondert berechnet, zudem, daß zu diesem Zeitpunkt die vollständige
Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit der Anlage noch nicht gelungen war. Das
Schreiben der Firma C. an die .... Versicherung vom 17. Oktober 1988 (Bl. 33 AH)
beweist, daß die Instandsetzung im Oktober 1988 immer noch nicht abgeschlossen war.
Daß der Beklagten zu 1) durch den Ausfall ihrer Anlage ein über die Reparaturkosten
hinausgehender weiterer Schaden entstanden ist, ist danach zumindest wahrscheinlich.
Die Beklagten haben diesen Schaden aber nach wie vor nicht substantiiert dargelegt
bzw. unter Beweis gestellt.
29
Ob das Landgericht seine Aufklärungs- und Hinweispflicht gemäß § 139 ZPO verletzt
hat, indem es nach der Ausführung des Beweisbeschlusses vom 31. Mai 1991 ohne
eigenen Hinweis auf die offenbar im Laufe des Verfahrens geänderte Beurteilung des
Beklagtenvortrags diesen in seinem Urteil für unsubstantiiert erklärt hat, kann
dahinstehen. Denn die Beklagten haben die von den Klägerinnen und vom Landgericht
mit Recht vermißten Angaben auch in ihrer Berufungsbegründung nicht nachgetragen.
30
Das Vorbringen zur Begründung einer vom Prozeßgegner bestrittenen Forderung muß
soweit substantiiert sein, daß der Gegner die Berechtigung des Anspruchs prüfen und
sich entscheiden kann, ob er diese Forderung ganz oder teilweise anerkennt; ebenso
muß das Gericht in die Lage gesetzt werden zu entscheiden, ob die Voraussetzungen
für das Bestehen der geltend gemachten Forderung - bei unterstellter Richtigkeit des
Gläubigervortrags - erfüllt sind (BGH LM Nr. 62 zu § 253 ZPO). Soweit es dabei auf
innerbetriebliche Vorgänge ankommt, in die der Gegner keinen Einblick hat, müssen
diese so konkret geschildert werden, daß einerseits eine substantiierte Entgegnung und
andererseits eine Subsumtion unter den in Betracht kommenden gesetzlichen
Anspruchstatbestand möglich ist (BGH R ZPO § 138 Abs. 2 - Bestreiten, allgemeines 3 -
). Bei Schadensersatzansprüchen bewirkt die Beweiserleichterung des § 287 ZPO
zugunsten des Geschädigten eine entsprechende Erleichterung auch der
Darlegungslast (BGH R ZPO § 138 Abs. 1 - Darlegungslast 1 -). Aber auch unter
Berücksichtigung der Möglichkeiten des § 287 ZPO ist der Vortrag der Beklagten
unzulänglich.
31
Ein Geschädigter, der wegen des schädigenden Ereignisses eine Sache nicht nutzen
kann, hat Anspruch auf Ersatz der Kosten für die Anmietung einer gleichwertigen Sache
(BGHZ 98, 220). Hier fragt es sich bereits, was die Beklagten infolge des
Wasserschadens über den 11. Mai 1987 hinaus nicht nutzen konnten. Es sollen bei dem
Wassereinbruch zwei Computer betroffen worden sein. Die Reparaturversuche der
Firmen R. und C. und die schließliche Reparatur der Firma M. betrafen jedoch nur ein
Gerät. Das andere wurde ausweislich des von den Klägerinnen in Kopie vorgelegten
Reparaturzettels der Firma M. (Bl. 157) am 11. Mai 1987 wieder in Betrieb genommen
und die Arbeit daran damit abgeschlossen. Der Beklagte zu 2) hat diesen
32
Reparaturzettel gegengezeichnet und die darin enthaltenen Angaben damit bestätigt.
Obwohl nach der Behauptung der Beklagten die Nutzbarkeit des Gerätes nur
beschränkt wieder hergestellt gewesen sein soll, werden weder weitere
Instandsetzungsbemühungen noch Gründe dafür vorgetragen, den Computer in nur
teilweise tauglichem Zustand zu belassen. Es muß deshalb davon ausgegangen
werden, daß die Klägerinnen nur für den Ausfall eines von zwei Geräten in der hier
interessierenden Zeit zwischen dem 11. Mai 1987 und dem 30. April 1988 einzustehen
haben.
Unklar ist allerdings, welche Funktionen jedes der beiden Geräte erfüllte und wie weit
das verbliebene Gerät den Ausfall des anderen auffangen konnte oder davon mittelbar
mitbetroffen war. Darauf kommt es im Ergebnis aber auch nicht an, wie sich aus dem
Folgenden ergibt:
33
Die Beklagte zu 1) hat in diesem Zeitraum kein dem ausgefallenen Gerät
entsprechendes Ersatzgerät insgesamt angemietet. Nach dem Vortrag der Beklagten
sind stattdessen bei Bedarf Nutzungszeiten eines Computers der von der Ehefrau des
Beklagten zu 2) geleiteten S. Dienstleistungen KG B. gegen Entgelt in Anspruch
genommen worden. Der zur Aufrechnung gestellte Schadensersatzanspruch der
Beklagten zu 1) wird mit hierfür aufgewandten Kosten begründet. Ein derartiger
Ersatzanspruch setzt voraus, daß die angegebenen Nutzungszeiten von der Beklagten
zu 1) zum Ausgleich des Ausfalls der beschädigten Anlage benötigt, tatsächlich in
Anspruch genommen und in der angegebenen Höhe bezahlt worden sind.
34
Die Beklagten behaupten, für die geschäftlichen Belange der Beklagten zu 1) im Mai
1987 69,11 Fremdcomputer-Arbeitsstunden benötigt und genutzt zu haben, im Juni
1987 68,01 Stunden, im Juli 100,32 Stunden, im August 65,4 Stunden, im September
140,78 Stunden, im Oktober 107,57 Stunden, im November 131,33 Stunden, im
Dezember 108,02 Stunden, im Januar 1988 137,10 Stunden, im Februar 129,86
Stunden, im März 158,18 Stunden und im April 117,5 Stunden. Sie behaupten weiter,
daß der Beklagten zu 1) dafür 43,75 DM pro Stunde netto, d.h. insgesamt, einschließlich
Mehrwertsteuer, 66.492,35 DM in Rechnung gestellt worden sind.
35
Die Klägerinnen bestreiten, daß Fremdcomputer in diesem Umfang von der Beklagten
zu 1) in Anspruch genommen wurden und daß dies für die Fortführung ihrer Geschäfte
notwendig war.
36
Unter Umständen könnte in einem derartigen Fall bei der Schadensermittlung gemäß §
287 ZPO die Ausstellung einer Rechnung eines Drittunternehmens über
Computermietzeiten in Verbindung mit der Bezahlung der Rechnung als hinreichend
beweiskräftiges Indiz für die tatsächliche Inanspruchnahme dieser Zeiten und die
tatsächliche Inanspruchnahme wiederum als Indiz für einen entsprechenden Bedarf
angesehen werden. Hier scheiden solche Schußfolgerungen aber aus. Die Beklagten
behaupten nicht, die der Beklagten zu 1) von der S. Dienstleistungen KG B. in
Rechnung gestellte Miete bezahlt zu haben, und bieten demgemäß dafür auch keinerlei
Beweis an, obwohl die Klägerinnen bereits im Schriftsatz vom 21. Januar 1991 (Bl. 84
d.A.) bestritten haben, daß die behaupteten Kosten angefallen und von der Beklagten
bezahlt worden sind. Die Rechnung der S. Dienstleistungen KG B. vom 13. November
1988 stellt wegen der engen persönlichen Beziehungen der Komplementärin zum
Beklagten zu 2), der ihr Ehemann ist, kein beweiskräftiges Dokument dar. Das
Engagement des Beklagten zu 2) in einer ganzen Reihe von Unternehmen, die weder
37
bezüglich ihres Betätigungsfeldes noch in räumlicher Hinsicht noch personell klar von
einander abgegrenzt zu sein scheinen - z.B. hat der Beklagte zu 2) den Reparaturschein
der Firma M. vom 11. Mai 1987 als Geschäftsführer der Firma R. ##blob##amp; Co.
unterschrieben (Bl. 157 d.A.); teilte nach den Ausführungen des Beklagten zu 2) im
Schreiben vom 29. November 1993 (PKH-Heft Bl. 3 f.) mehrere Jahre die Firma R.
##blob##amp; Co. ihre Geschäftsräume mit diversen S.-Betrieben; gibt es neben den S.
Dienstleistungsgesellschaften u.a. noch eine S. Menüplan KG und einen S. Büroservice
- macht zudem eine zweifelsfreie Zuordnung der Computerbenutzung zu
Geschäftsvorgängen gerade der Beklagten zu 1) erforderlich.
Das gilt umso mehr, als der angebliche Bedarf stark geschwankt haben soll. Vom
Schadenseintritt bis Anfang Mai 1987 hat die Beklagte zu 1) sich ohne Computeranlage
behelfen können. Die vorgetragenen Mietcomputerzeiten belaufen sich auf unter 70 bis
zu über 160 Stunden im Monat. Die ab November 1988 angemieteten Geräte der Firma
M. und der Firma ....-EDV sind dann aber nur bis Anfang Februar 1989 in Anspruch
genommen worden, obwohl die wassergeschädigte Anlage erst im September 1989
repariert an die Beklagte zu 1) zurückgelangte (vgl. Bl. 46 AH). Wie in den ersten 3
Monaten nach dem Schadensereignis scheint die Beklagte zu 1) also auch in den
letzten mehr als 7 Monaten vor der Schadensbehebung ohne Ersatzgerät
ausgekommen zu sein.
38
Diese Umstände führen im vorliegenden Fall zu einer gesteigerten Substantiierungs-
und Beweislast der Beklagten. Diese haben vorgetragen, sämtliche in ihren
Monatsrechnungen an die Klägerin aufgeführten Fremdcomputerzeiten deckten sich mit
den von der Beklagten zu 1) ihren Kunden in Verbindung mit den jeweiligen
Geschäftsvorgängen in Rechnung gestellten Bearbeitungszeiten. Um welche
Geschäftsvorgänge es sich handelt, ist aber nur sehr unbestimmt umrissen. Im
Schriftsatz der Beklagten vom 8. Oktober 1990 heißt es dazu lediglich: "Die Beklagte
betreibt ein Rechenzentrum und koordiniert Leistungen im verpflegungstechnischen
Bereich für verschiedene Kunden. Hierzu setzt sie Mehrplatzsysteme ein" (Bl. 54 d.A.).
Im Schriftsatz vom 8. Oktober 1991 heißt es ergänzend: "Die Beklagte führt für ca. 8.000
Kunden die Koordinierung derer Leistungen im verpflegungstechnischen Bereich aus.
Dazu gehört u.a. die Erfassung von Arbeitszeiten, Zuordnung zu einzelnen Aufträgen,
Abrechnungen bis hin zur Erstellung von Berechnungsunterlagen sowie die Erstellung
von Montageund Servicescheinen" (Bl. 129). Zu dem Computerzeitaufwand, der mit den
einzelnen dabei anfallenden Arbeitsschritten verbunden ist, wurde nichts vorgetragen.
Kunden werden nicht namhaft gemacht. Die Vorgabe angeblich durchaus verfügbar
gewesener, beweiskräftiger Unterlagen haben die Beklagten unter Berufung auf ein
Geheimhaltungsbedürfnis verweigert (Bl. 130 d.A.). Das Gutachten des
Sachverständigen Dr. St. beruht weitgehend auf Einblicken in solche Unterlagen, die
zwar ihm "vertraulich" vorgelegt, aber nicht prozeßordnungsgemäß als Beweismittel für
entsprechenden schriftsätzlichen Vortrag in den Rechtsstreit eingeführt worden sind.
Seine Schlußfolgerungen sind deshalb nicht nachprüfbar und als Grundlage für die
Überzeugungsbildung des Gerichts unbrauchbar. Außerdem besteht Grund zu Zweifeln
an der Aussagekraft seiner Prüfungsergebnisse. Diese beschränken sich zum großen
Teil auf die Feststellung der Übereinstimmung der verschiedenen von den Beklagten
hergestellten Listen. In den beiden Fällen, in denen der Sachverständige Belege
angefordert und seinem Gutachten beigefügt hat, handelt es sich um Vorgänge
außerhalb des für diesen Rechtsstreit relevanten Zeitraums, einmal um eine
Tankstellenquittung vom 8. April 1985, zum anderen um eine Quittung vom 8. Mai 1990.
Inzwischen sind die fraglichen Unterlagen anscheinend auch abhanden gekommen,
39
vernichtet oder aus sonstigen Gründen nicht mehr verfügbar. In diesem Sinne hat sich
jedenfalls der Beklagte zu 2) im Termin am 22. September 1993 und auch in seinen
schriftlichen Erläuterungen zu seinem Prozeßkostenhilfeantrag geäußert.
Die Behauptung der Beklagten, zum Ausgleich des Ausfalls ihres M.-Computers Modell
400 seien ihr in der Zeit vom 11. Mai 1987 bis 30. April 1988 notwendige Mietkosten in
Höhe von über 66.000,00 DM entstanden, wird somit aus Tatsachen abgeleitet, die
weitgehend nicht substantiiert vorgetragen und insgesamt wegen des Fehlens
aussagekräftiger Belege der neuerlich beantragten Beweiserhebung durch
Sachverständigengutachten nicht zugänglich sind.
40
Hinsichtlich der ersten 5 Positionen der Rechnung der Beklagten zu 1) an die
Klägerinnen vom 27. Mai 1987 ist festzustellen: Zu den 400,00 DM für die Leistung der
Firma M. vom 11. Mai 1987 liegt weder eine auf die Beklagte zu 1) ausgestellte
Rechnung noch ein Zahlungsnachweis vor. Den zugehörigen Montagezettel hat der
Beklagte zu 2) namens der Firma R. ##blob##amp; Co. als Kundin unterschrieben. Ein
berechtigterweise an die Beklagte zu 1) gerichteter Vergütungsanspruch ist damit nicht
dargelegt. Die restlichen 4 Positionen finden sich in der Rechnung der S.
Dienstleistungen KG B. vom 13. November 1988 wieder, sind nicht nachprüfbar erläutert
und nicht bezahlt. Auch insoweit kann ein Ersatzanspruch der Beklagten nicht
festgestellt werden.
41
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
42
Streitwert für das Berufungsverfahren (einschließlich des die Klageforderung
übersteigenden Hilfsaufrechnungsbetrages) und Beschwer der Beklagten: 69.784,00
DM.
43