Urteil des OLG Köln vom 20.09.1994

OLG Köln (schutzwürdiges interesse, montage, interesse, reparatur, schaden, subunternehmer, zpo, lieferung, vertrag, verjährungsfrist)

Oberlandesgericht Köln, 9 U 82/93
Datum:
20.09.1994
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
9. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
9 U 82/93
Vorinstanz:
Landgericht Bonn, 10 O 559/92
Schlagworte:
Werkvertrag Mangel Kaufvertrag
Normen:
§ 631 BGB; § 634 BGB; § 635 BGB; § 638 BGB; § 651 BGB
Leitsätze:
1. Bei einem Vertrag über die Lieferung und plangerechte Montage einer
Einbauküche zwischen Handwerker und Subunternehmer handelt es
sich um einen Werklieferungsvertrag. Es gilt die fünfjährige
Verjährungsfrist nach § 638 Abs. 1 S. 1 BGB. 2. Ein besonderes
Interesse an der sofortigen Geltendmachung des
Gewährleistungsanspruchs ohne Fristsetzung, § 634 Abs. 2 3. Alt. BGB,
ist anzunehmen, wenn der Kunde wegen des Erfordernisses einer
aufwendigen Reparatur an der Küchenarbeitsplatte auf Umtausch
dieses Teils mit Nachdruck besteht.
Tenor:
Auf die Berufung des Beklagten und die Anschlußberufung der Klägerin
wird das am 16.02.1993 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des
Landgerichts Bonn - 10 O 559/92 - unter Zurückweisung der
weitergehenden Berufung teilweise abgeändert und wie folgt neu gefaßt:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.000,00 DM nebst 12,25 %
Zinsen vom 11.11.1991 bis 31.12.1991; 12,75 % Zinsen vom 01.01.1992
bis 31.05.1992; 13 % Zinsen vom 01.06.1992 bis 31.07.1992; 13,75 %
Zinsen vom 01.08.1992 bis 24.09.1992; 13,25 % Zinsen vom 25.09.1992
bis 28.02.1993; 13 % Zinsen vom 01.03.1993 bis 19.04.1993 und 9,9 %
Zinsen ab 20.04.1993 zu zahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten der ersten Instanz haben die Klägerin 84 % und der
Beklagte 16 %, von den Kosten der zweiten Instanz haben die Klägerin
78 % und der Beklagte 22 % zu tragen. Das Ur-teil ist vor-läu-fig voll-
streck-bar.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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I.
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Die Berufung des Beklagten ist zulässig. Sie hat in der Sache auch teilweise Erfolg.
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Der Klägerin steht gem. § 635 BGB lediglich ein Anspruch auf Zahlung von
2.000,00 DM gegen den Beklagten zu.
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1.
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Auf den vorliegenden Vertrag zwischen den Parteien über die Montage der ...-
Einbauküche findet im wesentlichen Werkvertragsrecht An-wendung, § 651 Abs. 1
Satz 2, zweiter Halbsatz BGB.
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Der Beklagte sollte nach dem Vertraginhalt im Hause der Bestellerin, der Zeugin R.
, die komplette Einbauküche einschließlich der hier im Streit stehenden "Corian"-
Kunststoffar-beits-platte nach Maß einpassen und montieren. Damit schuldete der
Beklagte nicht die Lieferung einzelner typisierter Möbelstücke, sondern den
plangerechten Einbau der Küchenmöbel. Es war ein auf die speziellen Bedürfnisse
der Zeugin R. zugeschnittenes, unvertretbares Werk herzustellen, so daß von einem
Werklieferungs-vertrag auszugehen ist (vgl. BGH, NJW-RR 1990, 788; OLG Hamm,
NJW-RR 1992, 889).
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2.
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Daß die Werkleistung des Beklagten mit Fehlern behaftet war, ist nicht zweifelhaft.
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Die Risse an den Seiten der Arbeitsplatte sind durch Montagefehler des Beklagten
entstanden, was dieser auch einräumt. Die Unterschränke sind auf dem unebenen
Fußboden nicht fachgerecht unterfangen worden. Dadurch haben sich in den
Eckbereichen Risse gebildet.
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Der Schadensersatzanspruch ist auch nicht ver-jährt. Die fünfjährige
Verjährungsfrist nach § 638 Abs. 1 Satz 1 BGB findet Anwendung. Es handelt sich
nämlich um Arbeiten "an Bauwer-ken". Unter solchen Arbeiten sind nicht nur
Tätigkeiten zur Herstellung eines neuen Gebäu-des zu verstehen, sondern auch
Arbeiten, die für die Erneuerung und den Bestand von wesent-licher Bedeutung
sind, sofern die eingebauten Teile mit dem Gebäude fest verbunden sind (vgl. BGH,
a.a.O.). So liegt der Fall hier.
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Die nach den speziellen Wünschen der Zeugin R. zugeschnittenen Küchenteile
sind mit dem Gebäude fest, also eng und auf Dauer, verbunden. Daß der Beklage
als Subunternehmer der Klägerin für die Montage eingesetzt war, steht der
Anwendung der Verjährungsfrist von fünf Jahren nicht entgegen. Der Beklagte hat
es übernommen, die Küchenteile zu montieren. Damit trägt er auch zur Errichtung
des Bau-werks bei. Der Bauhandwerker selber haftet dem Besteller für die
Fehlerhaftigkeit fünf Jahre. Es ist deshalb sachgerecht, diese Verjährungs-frist auf
das Verhältnis zum Subunternehmer zu übertragen (vgl. BGH, NJW 1979, 156).
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Der Anspruch der Klägerin ist auch nicht entfallen, weil eine Fristsetzung zur
Mängel-beseitigung mit Ablehnungsandrohung nicht er-folgt ist, § 634 Abs. 1 BGB.
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Das Setzen einer Frist war allerdings nicht bereits entbehrlich, weil die
Mängelbeseiti-gung unmöglich gewesen wäre. Es bestand durch-aus die
Möglichkeit, die unstreitig vorliegen-den Risse an den Ecken der vom Beklagten
mon-tierten Arbeitsplatte zu beseitigen. Dies hat der Sachverständige Zeuge K.
bestätigt. Er hat bekundet, daß die Reparatur - allerdings unter großen
Schwierigkeiten - möglich gewesen wäre. Man hätte jeweils einen Teil der Platte
bis zu dem Riß herausnehmen und neu einfügen müssen. Gleichwohl bedurfte es
einer Fristset-zung nicht, weil die sofortige Geltendmachung des Mängelanspruchs
durch ein besonderes In-teresse des Bestellers gerechtfertigt war, § 634 Abs. 2
dritte Alternative BGB.
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Dieses Interesse ist vorliegend darin zu sehen, daß die Zeugin R. auf einen Aus-
tausch der gesamten Platte drängte, und die Klägerin dem nachkommen mußte, so
daß für Mängelbeseitigungsarbeiten nur an den seit-lichen Rissen kein Raum mehr
war. In diesem Fall ist von einem besonderen Interesse der Klägerin auszugehen,
den Mängelanspruch sofort geltend zu machen. Grundsätzlich reicht jedes
schutzwürdiges Interesse des Bestellers aus, sofern es nur die erforderliche
Intensität hat (vgl. Staudinger-Peters, BGB, 12. Aufl., § 634, Rdnr. 25 m.w.N.). Ein
solches Interesse ist anzunehmen, wenn das Werk nicht mehr zur Nachbesserung
zur Verfügung steht, weil nach den Gesamtumständen der Eigentümer nicht be-reit
ist, Nachbesserungen hinzunehmen, sondern - berechtigteerweise - auf Austausch
des Werks besteht (vgl. schon RG, DR 1910, Nr. 2357 für den Fall der kurzfristigen
Beschaffung eines anderweitigen Ersatzes für eine Hotelküche; siehe auch
Staudinger-Peters, § 634 Rdnr. 25). Wie die Zeugin R. glaubhaft bekundet hat,
hatten sich zwei Wochen nach der Lieferung und Montage der Corian-Arbeitsplatte
weitere Risse um das Spülbecken herum herausgestellt. Besonders diese -
unstreitig von dem Beklagten nicht zu vertretenden - Beschädigungen an dem
Becken haben die Zeugin gestört. Im übrigen hätten sich unangenehme
Schmutzränder im Spül-becken gezeigt, die mit herkömmlichen Mitteln nicht mehr
zu beseitigen gewesen seien. Diese Mängel bewirkten, daß die Zeugin - wie sie
glaubhaft vor dem Senat geschildert hat - kein Vertrauen mehr in das
Kunststoffmaterial hatte. Auf Drängen der Zeugin hat dann die Klägerin die
Arbeitsplatte aus Corian gegen eine aus Holz ausgetauscht. Angesichts der
erheblichen von der Kundin R. zu Recht geltend gemachten Beanstandungen blieb
der Klägerin, da eine Reparatur zu aufwendig und allenfalls nach aufwendigem
Prozessieren durchstehbar war, bei verständiger Betrach-tungsweise nur der Weg,
dem Umtauschbegehren der Zeugin zu entsprechen. Eine Reparatur der beiden
Risse durch den Beklagten wurde damit obsolet und entsprach nicht mehr dem
Interesse der Klägerin. Zwar hat dieser Interessenweg-fall überwiegend seine
Ursache in der Sphäre der Klägerin. Das reicht nach Auffassung des Senats aber
nicht aus, den Beklagten, der auf diese Weise eine nach Sachverständigenangaben
schwierige Reparatur erspart hat, jeglicher Schadensbeseitigung ledig zu sprechen.
Viel-mehr muß er sich an der Schadensbeseitigung beteiligen, soweit der Schaden
von ihm schuld-haft verursacht worden ist (§ 635 BGB). Danach bedurfte es einer
Fristsetzung im Sinne vom § 634 BGB durch die Klägerin gegenüber dem Be-
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klagten nicht.
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Der Umfang des zu leistenden Schadensersatzes durch den Beklagten ist mit
2.000,00 DM anzu-nehmen.
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Nach § 635 BGB ist der durch den Mangel verur-sachte Schaden zu ersetzen.
Demnach umfaßt der Schaden nicht die Kosten des von der Klägerin in Auftrag
gegebenen Gutachtens des sachver-ständen Zeugen K. vom ... . Diese Kosten sind
nicht vom Beklagten verursacht. Die Zeu-gin B. , die Geschäftsführerin der Komple-
mentärin der Klägerin, hat ausgesagt, daß der Beklagte ihr alsbald nach der
Montage, diese war am 28.06.1990, mitgeteilt habe, daß an den Ecken zwischen
den langen und kurzen Schenkeln der Arbeitsplatte Ausbrüche und Risse vorhan-
den seien. Er habe erklärt, man könne das Problem durch Ausbessern lösen. Damit
stand die Verantwortung des Beklagten für diese Män-gel fest. Wie die Zeugin
weiter geschildert hat, habe etwa drei Wochen nach der Montage die Kundin
angerufen und mitgeteilt, daß im Spülbereich weitere Risse vorhanden seien. Nach
Verhandlungen mit der Fa. Bu. habe man den Sachverständigen K. hinzugezogen.
Wie sich aus dessen Gutachten ergibt, wurde der Auftrag mit Schreiben vom
30.10.1990 erteilt. Die Beauftragung des Sachverständigen war da-nach für die
Feststellung der Montagefehler des Beklagten an den Seiten der Arbeitsplatte nicht
erforderlich, da dieser die schuldhafte Verursachung der Rißbildung bereits
eingeräumt hatte. Mit den Rissen im Spülbecken und dem Auftreten von
Verfärbungen hatte der Beklagte nichts zu tun, was auch zwischen den Parteien
unstreitig ist. Insoweit ging es um Ansprüche der Klägerin gegenüber der
Küchenherstellerin Bu. bzw. der Kunststoffherstellerin, der Fa. D. . Demgemäß
fallen die Kosten für das Sachverständigengutachten dem Beklagten nicht, auch
nicht teilweise, zur Last, da das Gutachten nicht durch seine Fehler veranlaßt war.
Die Klägerin kann von dem Beklagten dem-nach nur die Kosten der Beseitigung der
von diesem zu vertretenen Mängel verlangen (vgl. Soergel in Münchner
Kommentar, BGB, 2. Aufl., § 635, Rdnr. 33). Im Hinblick auf den Umfang der Kosten
der Beseitung der vom Beklagten wegen fehlerhaften Montage zu verantwortenden
Risse hat der Sachverständige K. ausge-führt, daß ein Arbeitsaufwand von zwei
Tagen erforderlich gewesen wäre. Man hätte die Teile bis zu dem jeweiligen Riß
herausnehmen und neu einfügen müssen. Dazu sei es erforderlich, das ganze
Stück bis tief nach unten herauszusägen. Danach müsse man wieder Raum
schaffen, um ein neues Stück einzupassen. Als Alternative hätte man, wie der
Sachverständige ausgeführt hat, auch auf größerer Fläche Elemente austauschen
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können, was jedoch die gleiche Arbeitszeit er-fordert hätte.
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Auf dieser Grundlage schätzt der Senat den Schaden gem. § 287 ZPO auf 2.000,00
DM, wobei von etwa 16 Arbeitsstunden eines Tischlermei-sters zuzüglich
Materialkosten ausgegangen wird.
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II.
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Die Anschlußberufung der Klägerin ist be-gründet. Sie bezieht sich nur auf die Hö-
he der Verzugszinsen. Der Zinsanspruch er-gibt sich aus dem Gesichtspunkt des
Verzu-ges gem. §§ 284 Abs. 1 Satz 1, 286 Abs. 1, 288 Abs. 2 BGB. Die Höhe der
geltend gemachten Zinsen hat die Klägerin durch Vorlage der Bescheinigung der ...
Bank vom 27.09.1993, Bl. 128 GA, belegt.
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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 2, 97 Abs. 1 ZPO. Die
Entscheigung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713
ZPO.
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Berufungsstreitwert: 9.243,89 DM
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Wert der Beschwer für den Beklagten: 2.000,00 DM
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für die Klägerin: 7.243,89 DM
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