Urteil des OLG Köln vom 07.11.2000
OLG Köln: behandlung, rücknahme, beschwerdekammer, umwandlung, wiederaufleben, strafvollstreckung, rechtskraft, körperverletzung, anschluss, datum
Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Oberlandesgericht Köln, Ss 461/00 - 253 -
07.11.2000
Oberlandesgericht Köln
1. Strafsenat
Beschluss
Ss 461/00 - 253 -
Die Sache wird zur weiteren Behandlung und Entscheidung an das
Landgericht Köln zurückgegeben.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Köln hat den Angeklagten durch Urteil vom 27. Mai 1999 wegen
Vergewaltigung in Tateinheit mit Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren
verurteilt. Gegen diese Entscheidung haben der Angeklagte (Sprung-)Revision und die
Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt. Die 4. kleine Strafkammer des Landgerichts Köln
hat das gemäß § 335 Abs. 3 S. 1 StPO als Berufung zu behandelnde Rechtsmittel des
Angeklagten am 10. November 1999 gemäß § 329 Abs. 1 StPO verworfen. Die dagegen
gerichtete Revision des Angeklagten ist durch Beschluss des Senats vom 27. April 2000
(Ss 168/00 - 99 -) verworfen worden.
Nachdem die Staatsanwaltschaft im Anschluss daran am 15. Mai 2000 ihre Berufung
zurückgenommen hatte, hat der Verteidiger mit Schriftsätzen vom 26. Mai 2000 und 3. Juli
2000 um Weiterleitung der Akten an das Oberlandesgericht zur Entscheidung über die
(Sprung-)Revision des Angeklagten gegen das amtsgerichtliche Urteil gebeten. Er ist der
Auffassung, mit der Rücknahme der Berufung der Staatsanwaltschaft sei der Grund für die
Behandlung des Rechtsmittels als Berufung entfallen, die Revision deshalb wieder
aufgelebt und die Verurteilung noch nicht in Rechtskraft erwachsen. Am 2. August 2000 hat
er gegenüber der Staatsanwaltschaft fernmündlich erklärt, mit dem Schriftsatz vom 3. Juli
2000 sei ein Antrag nach § 458 Abs. 1 StPO gestellt.
Das Amtsgericht hat daraufhin durch Beschluss vom 23. August 2000 die von dem
Verteidiger vorgebrachten Einwendungen gegen die Zulässigkeit der Strafvollstreckung
zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Verteidiger mit der sofortigen Beschwerde vom
4. September 2000, zu deren Begründung er erneut geltend macht, das ursprüngliche
Rechtsmittel der Revision des Angeklagten sei durch die Berufungsrücknahme der
Staatsanwaltschaft wieder aufgelebt. Die Beschwerdekammer des Landgerichts hat auf
dieses Rechtsmittel durch Beschluss vom
17. Oktober 2000 "die Sache zunächst zur Entscheidung über den konkludent gestellten
Antrag auf Revisionsverhandlung dem Oberlandesgericht Köln vorgelegt".
II.
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Die Sache ist an die - mit der sofortigen Beschwerde vom 4. September 2000 befasste -
Strafkammer des Landgerichts zurückzugeben, da für eine Entscheidung des
Revisionsgerichts kein Raum ist.
Entgegen der Ansicht des Verteidigers ist die ursprünglich eingelegte Revision des
Angeklagten gegen das amtsgerichtliche Urteil nach der Rücknahme der konkurrierenden
Berufung der Staatsanwaltschaft nicht wieder aufgelebt mit der Folge, dass die zuvor auf
der Grundlage des § 329 Abs. 1 StPO ergangene Verwerfungsentscheidung des
Landgerichts gegenstandslos geworden wäre. Über das Rechtsmittel des Angeklagten ist
vielmehr durch das Verwerfungsurteil und die Senatsentscheidung vom 27. April 2000
abschließend entschieden worden. Mit der Behandlung einer Revision als Berufung
gemäß § 335 Abs. 3 S. 1 StPO tritt zwar nicht sogleich eine Umwandlung des Rechtsmittels
ein, sondern es bleibt die Revision als solche bedingt bestehen und lebt wieder auf, wenn
sich die Berufung des anderen Verfahrensbeteiligten durch Rücknahme oder Verwerfung
als unzulässig erledigt (SenE v. 15.08.2000 - Ss 333/00 -; SenE v. 21.07.1998 - Ss 322/98 -
; OLG Düsseldorf MDR 1988, 165; Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 44. Aufl., § 335 Rdnr.
17; Kuckein, in: Karlsruher Kommentar, StPO, 4. Aufl., § 335 Rdnr. 11). Selbstverständliche
Voraussetzung für ein "Wiederaufleben" der Revision ist allerdings, dass im Zeitpunkt der
Erledigung der konkurrierenden Berufung ein unerledigtes Rechtsmittel, über das als
Revision entschieden werden könnte, überhaupt noch vorhanden ist (SenE v. 05.08.1994 -
Ss 308/94 -). Hat hingegen das Rechtsmittel im Rahmen der gemäß § 335 Abs. 3 S. 1 StPO
veranlassten Behandlung als Berufung - etwa durch Rücknahme oder, wie hier, durch eine
abschließende gerichtliche Entscheidung - seine Erledigung gefunden, ist ein weiterer
Fortbestand ausgeschlossen. Eine Revision gegen das amtsgerichtliche Urteil, über die
der Senat zu entscheiden hätte, liegt daher nicht vor.
Zur Entscheidung über die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts
nach § 458 Abs. 1 StPO ist die Strafkammer des Landgerichts berufen.