Urteil des OLG Köln vom 04.10.2000

OLG Köln: eltern, eidesstattliche erklärung, rechtskraft, papiere, rechtsschutz, scheidungsurteil, doppelname, geburt, verfassung, verheiratung

Oberlandesgericht Köln, 16 Wx 124/00
Datum:
04.10.2000
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
16. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
16 Wx 124/00
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 1 T 203/00
Tenor:
Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1.) und 2.) wird der
Beschluss der 1. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 27.07.2000 - 1
T 203/00 - insoweit abgeändert, als den Beteiligten zu 1.) und 2.) für die
Beschwerde vor dem Landgericht Prozesskostenhilfe bewilligt wird und
ihnen insoweit Rechtsanwalt Dr. C. in K. im Wege der
Prozesskostenhilfe beigeordnet wird. Die weitergehende Beschwerde
der Beteiligten zu 1.) und 2.) in der Sache selbst wird zurückgewiesen.
Den Beteiligten zu 1.) und 2.) wird für das Verfahren der weiteren
Beschwerde Prozesskostenhilfe bewilligt und ihnen insoweit ebenfalls
Rechtsanwalt Dr. C. in K. im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnet.
Der Beschwerdewert für das Verfahren der weiteren Be-schwerde wird
auf 5.000,00 DM festgesetzt.
G r ü n d e :
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Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1.) und 2.) ist zulässig gemäß §§ 49 Abs. 1
Satz 2 PStG, 27, 29 FGG. In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg.
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Die begehrte Berichtigung der Geburtsurkunde des Beteiligten zu 2.) kann nicht
vorgenommen werden. Denn es kann nicht festgestellt werden, dass der Beteiligte zu 2.)
als das eheliche Kind des Herrn D. S. geboren worden ist. Eine solche Feststellung
würde voraussetzen, dass die Mutter des Beteiligten zu 2.), die Beteiligte zu 1.) Frau J.
S. und der vorgenannte Herr D. S. zum Zeitpunkt der Geburt des Beteiligten zu 2.)
miteinander verheiratet waren. Eine solche Feststellung kann jedoch derzeit nicht
getroffen werden. Die Beteiligten zu 1.) und 2.) konnten keine Urkunden vorlegen, aus
denen sich die Eheschließung der Eltern des Beteiligten zu 2.) ergibt. Eine solche
Urkunde ist zunächst nicht die eigene eidesstattliche Erklärung der Eltern vor dem Notar
des Notariats III in K., Oberjustizrat Dr. P. vom 27.02.1987 (Bl. 12 d. beigezogenen
Scheidungsakten 317 F 148/93 AG Köln). Mit einer eigenen eidesstattlichen
Versicherung, die sich darüber hinaus auch noch über Umstände verhält, die die
Versichernden selbst persönlich nicht wahrgenommen haben ( - sie berichten darüber,
dass ihre Eltern ohne ihre Anwesenheit bestimmte Handlungen vorgenommen haben
sollen - ), kann der Beweis von Tatsachen allein nicht geführt werden. Auch das
angebliche Schreiben des Vaters der Beteiligten zu 1.) (Bl. 49 - 51 d. vorgenannten
Beiakten) erbringt keinen Beweis für die Eheschließung der Eltern des Beteiligten zu
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2.). Abgesehen davon, dass nicht feststeht, dass das genannte Schreiben tatsächlich
vom Vater der Beteiligten zu 1.) herrührt, ergibt es noch nicht einmal, dass der Vater der
Beteiligten die ihm zur Unterschriftsleistung vorgelegten Papiere gelesen hat und dass
es sich bei diesen Papieren um Papiere handelte, die mit der Eheschließung der Eltern
des Beteiligten zu 2.) zu tun hatten. Der Umstand, dass die Eltern des Beteiligten zu 2.)
miteinander verheiratet waren, wird auch nicht durch das Scheidungsurteil des
Amtsgerichts Köln vom 28. März 1995 - 317 F 148/93 - bewiesen. Schon der Tenor
dieses Urteils ist nach dem eigenen Vortrag der Beteiligten zu 1.) insofern falsch, als am
10.01.1987 nur die Eltern des Ehemannes vor dem Mullah die Ehe für die Beteiligte zu
1.) und den Vater des Beteiligten zu 2.) geschlossen haben wollen, nicht aber auch die
Eltern der Beteiligten zu 1.). Diese sollen nach den eigenen Angaben der Beteiligten zu
1.) erst später von der Eheschließung unterrichtet worden sein. Darüber hinaus wird
durch die Scheidung einer nicht existierenden Ehe nicht rückwirkend nachträglich diese
Ehe begründet. Streitgegenstand des Ehescheidungsverfahrens ist ausschließlich die
Ehe, soweit sie besteht. Eine nicht bestehende Ehe kann auch nicht geschieden
werden. Das Scheidungsurteil geht insoweit ins Leere.
Streitgegenstand eines Scheidungsurteils ist nicht das Bestehen oder Nichtbestehen
einer Ehe, sondern die Regelungen der Beendigung einer etwaigen Ehe. Nur, dass ein
Anspruch auf Scheidung bestand, ist Streitgegenstand und erwächst in Rechtskraft,
nicht aber dass die Ehe als solche bestand (MünchKomm/Gottwald, § 322 ZPO Rdn.
172). Die Ehe ist für die Frage der Scheidung vorgreifliches Rechtsverhältnis, auf das
sich die Rechtskraft nicht erstreckt (Thomas/Putzo, § 322 ZPO, Rdn. 28;
Zöller/Vollkommer, vor § 322 ZPO Rdn. 34).
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Entgegen der Auffassung der Beteiligten zu 1.) und 2.) ergibt sich der Bestand der Ehe
der Eltern des Beteiligten zu 1.) auch nicht daraus, dass das Amtsgericht inzident über
den ursprünglichen Antrag der Beteiligten zu 1.), festzustellen, dass die Parteien nicht
verheiratet seien, durch die Scheidung der Ehe mitentschieden habe. Über diesen
Antrag ist schon deshalb nicht entschieden worden, weil die Beteiligte zu 1.) ihn in der
mündlichen Verhandlung vor dem Familiengericht am 23.03.1995 nicht mehr gestellt hat
(Bl. 60 d. Scheidungsakten). Die Beteiligte zu 1.) hat sich in dieser mündlichen
Verhandlung ausschließlich auf ihren Scheidungsantrag beschränkt.
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Da somit nicht feststeht, dass die Eltern des Beteiligten zu 2.) jemals miteinander
verheiratet waren, kommt der begehrte Eintrag in seinem Geburtenbuch auch nicht in
Betracht. Im übrigen sei darauf hingewiesen, dass, wenn der Beteiligte zu 2.) den
Nachweis der Verheiratung seiner Eltern künftig einmal führen können sollte, sein
richtiger Geburtsname dann ausschließlich der Nachname seines Vaters ist. Der von
ihm gewünschte Doppelname ergibt sich nicht aus den Vorschriften des iranischen
Rechts.
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Obwohl die Beschwerde und die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1.) und 2.) im
Ergebnis erfolglos sind, war den Beteiligten zu 1.) und 2.) dennoch Prozesskostenhilfe
zu bewilligen. Es handelt sich vorliegend um eine sehr schwierige Rechtsfrage, die, um
den Beteiligten nicht effektiven Rechtsschutz zu verwehren, nicht abschließend im
Prozesskostenhilfeverfahren entschieden werden kann. Den Beteiligten würde der
ihnen durch die Verfassung garantierte Rechtsschutz verwehrt, wenn derartig
schwierige Rechtsfragen ausschließlich im Prozesskostenhilfeverfahren behandelt
würden. Die übrigen Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe
liegen vor.
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