Urteil des OLG Köln vom 16.03.2007
OLG Köln: einstweilige verfügung, zustellung, klagebegehren, bedingung, bewilligungsverfahren, anwaltskosten, erlass, datum
Oberlandesgericht Köln, 17 W 30/07
Datum:
16.03.2007
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
17. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
17 W 30/07
Vorinstanz:
Landgericht Aachen, 12 O 372/06
Tenor:
Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin werden der Beschluss des
Rechtspflegers beim Landgericht Aachen vom 9. Januar 2007 – 12 O
372/06 – sowie der Nichtabhilfebeschluss vom 9. Februar 2007 – 12 O
372/06 – aufgehoben.
Die Sache wird zur Neuentscheidung unter Beachtung der
nachfolgenden Gründe an den Rechtspfleger zurückgegeben, dem auch
die Entscheidung über die Kosten der Beschwerde übertragen wird.
G r ü n d e :
1
I.
2
Unter dem 17. August 2006 erhob die Klägerin Klage und beantragte zugleich die
Gewährung von Prozesskostenhilfe. Des weiteren beantragte sie Zustellung der Klage
gem. § 65 Abs. 7 Nr. 4 GKG a. F. = § 14 Nr. 3b GKG n. F.. Zur Begründung wies sie
darauf hin, dass ihr durch eine verzögerte Verfahrensdauer ein unwiederbringlicher
Schaden entstehen würde. Das Landgericht lehnte die Zustellung der Klage vor
Entscheidung über die beantragte Prozesskostenhilfe unter Hinweis auf eine im
Parallelverfahren 12 O 370/06 erlassene einstweilige Verfügung ab, weshalb die
Voraussetzungen des § 14 Nr. 3b GKG n. F. nicht vorlägen. Unter Bezugnahme auf die
Erörterung im Termin in den Parallelverfahren 12 O 370/06 und 12 O 378/06 am 31.
August 2006 fragte das Landgericht sodann bei den anwaltlichen Vertretern nach dem
Stand der Vergleichsverhandlungen an. Falls keine Stellungnahme binnen 8 Tagen
erfolge, so das Landgericht, werde die Klage nach vorheriger PKH-Gewährung
zugestellt werden. Hieraufhin nahm die Klägerin die Klage zurück, weil der
Prozessgegner dem Klagebegehren zwischenzeitlich entsprochen hatte und stellte
Kostenantrag nach § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO. Diesbezüglich wies das Landgericht darauf
hin, dass durch den Erlass eines solchen Beschlusses wohl Gerichtsgebühren anfallen
würden, und es regte an, die Parteien sollten sich außergerichtlich darüber einigen,
dass der Beklagte die Anwaltskosten für das vorliegende Verfahren übernehme.
Nunmehr beantragte der Rechtsanwalt des Beklagten, den Kostenantrag der Klägerin
zurückzuweisen, da sich das Verfahren lediglich im PKH-Prüfungsstadium befunden
3
habe. Das Landgericht erließ jedoch Kostenbeschluss und legte dem Beklagten gem. §
269 Abs. 3 S. 3 ZPO die Kosten des Rechtstreites auf. Zur Begründung führte es u. a.
aus, es habe sich trotz des PKH-Gesuchs um eine unbedingt erhobene Klage
gehandelt, so dass, nachdem der Beklagte dem Klagebegehren nach Anhängigkeit
entsprochen habe, ein Fall im Sinne der genannten Norm vorliege.
Zur Festsetzung angemeldet hat die Klägerin eine 1,3 Verfahrensgebühr nebst
Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer, insgesamt 2.529,50 €. Der Rechtspfleger hat
eine Kostenfestsetzung mangels Erstattungsfähigkeit der Kosten abgelehnt. Zur
Begründung führt er an, eine förmliche Zustellung der Klage habe nie stattgefunden,
weshalb das Verfahren über das Stadium der PKH-Prüfung nie hinaus gekommen sei.
Nach § 118 Abs. 1 S. 4 ZPO seien Kosten des Antragsgegners im PKH-Verfahren nicht
erstattungsfähig. Trotz Kostenentscheidung im Bewilligungsverfahren werde kein
Erstattungsanspruch begründet.
4
Hiergegen richtet sich die Klägerin mit ihrem als "Erinnerung" bezeichneten
Rechtsmittel.
5
II.
6
Die gem. § 104 Abs. 3 S. 1 ZPO i. V. m. § 11 Abs. 1 RpflG statthafte und auch ansonsten
verfahrensrechtlich unbedenklich zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache
selbst vorläufigen Erfolg. Dies führt zur Zurückverweisung an das Landgericht.
7
Zu Unrecht hat der Rechtspfleger die beantragte Festsetzung abgelehnt. Bei seiner
Entscheidung hat er den gegebenen Sachverhalt nicht ausgeschöpft, der sich von
demjenigen in dem von ihm in Bezug genommenen Beschluss des Senates vom
23. Oktober 2006 – 17 W 212/06 – in einem entscheidenden Punkt unterscheidet. Im
Gegensatz zu jenem handelt es sich vorliegend um eine unbedingte Klageerhebung, so
dass Gebühren angefallen sind. Zwar heißt es eingangs der Klageschrift vom
17. August 2006 "Klage und Antrag auf Prozesskostenhilfe", was für eine nur bedingte
Klageerhebung sprechen könnte. Allerdings wurde zugleich der Antrag gestellt, die
Klageschrift zuzustellen, bevor über den PKH-Antrag entschieden worden war. Hieraus
ergibt sich, dass nach dem Willen der Klägerin die Zustellung durchgeführt werden
sollte unter Inkaufnahme der entsprechenden gebührenrechtlichen Folgen und trotz des
damit verbundenen Risikos, dass ihr PKH-Gesuch später abschlägig beschieden
werden würde. Damit liegt keine lediglich unter der Bedingung vorheriger Gewährung
von Prozesskostenhilfe erhobene Klage vor. Dass die Zustellung tatsächlich nicht
vorgenommen wurde, lag ausschließlich daran, dass das Landgericht wegen der
einstweiligen Verfügung im Parallelverfahren die Tatbestandsvoraussetzungen des § 14
Nr. 3b GKG n. F. nicht als gegeben angesehen hat.
8