Urteil des OLG Köln vom 17.12.1999
OLG Köln: firma, ausgabe, verwechslungsgefahr, berühmte marke, widerklage, markt, auflage, titelschutz, kennzeichnungskraft, inhaber
Oberlandesgericht Köln, 6 U 156/97
Datum:
17.12.1999
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
6. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
6 U 156/97
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 31 0 189/92
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 01.07.1997 verkündete
Urteil der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 31 0 189/92 -
geändert. Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits
trägt die Klägerin. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf
die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von
40.000,00 DM abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der
Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten. Beiden Parteien wird
gestattet, die Sicherheitsleistung auch durch unwiderrufliche,
unbefristete und unbedingte Bürgschaft eines in der Bundesrepublik
Deutschland als Zoll- und Steuerbürge zugelassenen Kreditinstituts zu
erbringen.
Kl. 3: savons, parfumerie, huiles essentielles, cosmétiques, lotions pour les cheveux,
dentifrices;
Kl. 5: Produits pharmaceutiques et hygiéniques, emplátres, material pour pansement,
désinfectans;
Kl.
21:
peignes et éponges; brosses (á l'exception des pinceaux).
T a t b e s t a n d :
1
Die Klägerin, die Marie Claire A. S.A., ist ein französisches Presseunternehmen, das
seit 1937 die gleichnamige, seit den 80er Jahren in mehreren Sprachen erscheinende
Frauenzeitschrift "Marie Claire" herausgibt. Die Beklagte zu 1) befaßt sich unter
anderem mit der Herstellung und dem Vertrieb von Arzneimitteln, Nahrungsmitteln und
Getränken. Bei der Beklagten zu 2) handelt es sich um die persönlich haftende
Gesellschafterin der Beklagten zu 1); die Beklagten zu 3) und 4) sind oder waren
Geschäftsführer der Beklagten zu 2). Die Klägerin nimmt die Beklagten auf
Unterlassung, Auskunft und Schadenersatzfeststellung in bezug auf die Kennzeichnung
"Marie Claire COSMETIC" der Beklagten zu 1) für Seifen, Parfümerien, ätherische Öle,
Mittel zur Körper- und Schönheitspflege mit Ausnahme von Haarfärbe- und
Haartönungsmitteln und/oder Zahnputzmitteln in Anspruch. Außerdem verlangt sie von
der Beklagten zu 1) Löschung des mit Priorität zum 29.07.1987 für die Warenklasse 3
2
und damit unter anderem für Mittel zur Körper- und Schönheitspflege eingetragenen
Warenzeichens 1 138 906 und der gleichlautenden IR-Marke 546 622. Dabei beruft sich
die Klägerin auf Titelschutz für die von ihr herausgegebene Zeitschrift "Marie Claire", auf
Firmen- und Warenzeichenrecht, auf § 1 UWG und auf die Grundsätze der berühmten
Marke.
Die Zeitschrift "Marie Claire" der Klägerin wird in der Bundesrepublik Deutschland seit
1954 in der französischsprachigen Originalausgabe und seit März 1990 in
deutschsprachiger Ausgabe vertrieben. Bis zur Einführung der deutschen Ausgabe
betrug die in der Bundesrepublik Deutschland verkaufte Monatsauflage etwa 4.000
Exemplare, was die Beklagten allerdings ebenso bestreiten wie den Vortrag der
Klägerin, nach Einführung der deutschsprachigen Ausgabe sei die Auflage sprunghaft
auf ca. 140.000 Exemplare pro Monat im Jahre 1992 gestiegen, außerdem erscheine
seit 1980 auf dem deutschen Markt halbjährlich das Modejournal "Marie Claire BIS",
dieses erreiche seit 1986 eine verkaufte Jahresauflage von über 25.000 Exemplaren.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrags der Klägerin zum Vertrieb der
Zeitschrift "Marie Claire" und des Modejournals "Marie Claire BIS" wird auf die als
Anlagen K 1 und K 2 zur Klageschrift (Blatt 31 ff. d.A.) und als Anlage K 14 zum
Schriftsatz der Klägerin vom 16.10.1992 (Blatt 140 ff. d.A.) verwiesen.
3
Die Klägerin ist Inhaberin mehrerer Marken, die den Bestandteil "Marie Claire"
enthalten. Wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 10 bis 18 der Akten verwiesen. Die IR-
Marken 520 506 "marie claire bis", 346 207 "LA MAISON DE MARIE CLAIRE", 1 079
925 "MARIE-CLAIRE" sowie 193 599 "MARIE * CLAIRE" sind zum Teil prioritätsälter
als die Marke der Beklagten zu 1). Sie genießen in der Bundesrepublik Deutschland
allerdings keinen Schutz für die Warenklasse 3. Die IR-Marke 338 976 "MARIE-
CLAIRE" der Klägerin wurde mit Priorität zum 03.08. 1987 für die ehemalige DDR
registriert, und zwar auch für Kosmetika. Diese der Marke der Beklagten zu 1) in der
Priorität nur wenige Tage nachfolgende Marke ist allerdings für den Bereich der
Kosmetika nicht benutzt worden. Das gilt auch für die IR-Marke der Klägerin 436 233
"LA BOUTIQUE DE MARIE-CLAIRE", die mit Priorität zum 13. März 1978 auch für
Kosmetika in der Bundesrepublik Deutschland eingetragen war. Insoweit hat das
Landgericht die Klägerin auf die Widerklage durch das nur von den Beklagten mit der
Berufung angegriffene Urteil vom 01.07.1997 rechtskräftig verurteilt, in den Teilverzicht
für bestimmte, im Tenor des angefochtenen Urteils näher beschriebene Waren
kosmetischer Art einzuwilligen.
4
Das zugunsten der Beklagten zu 1) mit Priorität zum 29.07.1987 eingetragene deutsche
Warenzeichen "marie claire COSMETIC" ist in der Bundesrepublik Deutschland für die
Waren Seifen, Parfümerien, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege mit
Ausnahme von Haarfärbe- und Haartönungsmitteln sowie für Zahnputzmittel geschützt.
Gleiches gilt für die IR-Marke 546 622. Wegen der näheren Einzelheiten der für die
Beklagte zu 1) eingetragenen Marken wird auf Blatt 22 der Akten verwiesen.
5
Die Klägerin hat behauptet, der Titel "Marie Claire" sei seit vielen Jahren in der
Bundesrepublik Deutschland als ein Titel für eine anspruchsvolle Frauenzeitschrift
außerordent-
6
lich bekannt. Die Kennzeichnung einer Kosmetikserie mit "Marie Claire" begründe
Verwechslungsgefahr. Der Verkehr werde die so bezeichneten Produkte ihr - der
Klägerin - zuordnen und insoweit jedenfalls von einer entsprechenden Lizenzerteilung
7
durch die Klägerin ausgehen. Im Ausland, nämlich Frankreich, Japan, Portugal und
Spanien, mache sie schon seit Jahren von der Möglichkeit Gebrauch, die
Kennzeichnung "Marie Claire" im Lizenzweg wirtschaftlich zu nutzen. Insbesondere in
Frankreich und Japan sei die Marke "Marie Claire" für zahlreiche Modeartikel, aber auch
für Kosmetika lizensiert worden. Die Vergabe weiterer Lizenzen für Griechenland und
Asien sei geplant.
Die Klägerin hat beantragt,
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I.
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die Beklagte zu verurteilen,
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1.
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es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden
Ordnungsgeldes bis zu 500.000,00 DM, ersatzweise Ordnungshaft, oder
Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen, die Kennzeichnung "Marie
Claire COSMETIC", insbesondere in der nachstehend wiedergegebenen
Schreibweise
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kennzeichnungsmäßig zu verwenden und/oder unter diesem Kennzeichen Produkte
in den Verkehr zu bringen und/oder diese Handlungen durch Dritte vornehmen zu
lassen;
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2.
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21
Auskunft darüber zu erteilen, in welcher Art, seit wann und in welchem Umfang sie
Handlungen gemäß Ziffer I.1. vorgenommen haben, mit welchen
Werbeaufwendungen sie die Kennzeichnung "Marie Claire COSMETIC" beworben
haben und welche Umsätze sie mit der Verwendung der Kennzeichnung "Marie
Claire COSMETIC" selbst oder durch Dritte erzielt haben, und zwar aufgeschlüsselt
nach Kalendermonaten;
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II.
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die Beklagte zu 1) darüber hinaus zu verurteilen, in die Löschung des
Warenzeichens 1 138 906 "Marie Claire Cosmetic" und der IR-Marke 546 622 "Marie
Claire Cosmetic" einzuwilligen;
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III.
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29
festzustellen, daß die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihr - der
Klägerin - allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die in vorgenannter Ziffer I.1.
beschriebenen Handlungen bisher entstanden ist und/oder noch entstehen wird.
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Die Beklagten haben beantragt,
31
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagten haben sich auf den Standpunkt gestellt, maßgeblicher Kollisionszeitpunkt
sei der 29.07.1987. Insoweit stünden ihnen wegen der Eintragung des Warenzeichens 1
138 906 "Marie Claire Cosmetic" ältere und damit bessere Rechte zu. Eine
Markenverletzung scheide ohnehin aus, weil die IR-Marke 338 976 wie auch die - mit
der Widerklage angegriffene - IR-Marke 436 233 mangels rechtserhaltender Benutzung
löschungsreif seien. Im übrigen haben die Beklagten die Auffassung vertreten, dem
Zeitschriftentitel "Marie Claire" komme allenfalls normale Kennzeichnungskraft zu. Zum
maßgeblichen Kollisionszeitpunkt Juli 1987 sei die Zeitschrift in Deutschland praktisch
unbekannt gewesen. Die von der Klägerin behaupteten Stückzahlen seien als marginal
zu bezeichnen. In Anbetracht der Branchenverschiedenheit fehle es jedenfalls an einer
Verwechslungsgefahr auch in weiterem Sinne. Für eine Ausstrahlung des
Zeitschriftentitels "Marie Claire" auf entfernte Warengebiete zum Kollisionszeitpunkt
fehle es an jeglicher Grundlage. Auf das etwaige Lizenzsystem der Klägerin in anderen
Ländern komme es nicht an, es sei dem deutschen Verbraucher nicht bekannt.
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Im Wege der Widerklage haben die Beklagten beantragt,
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die Klägerin zu verurteilen,
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in den Teilverzicht bezüglich der IR-Marke 436 233 "LA BOUTIQUE DE MARIE-
CLAIRE" für folgende Waren einzuwilligen:
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Die Klägerin hat beantragt,
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die Widerklage abzuweisen.
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Durch das nur von den Beklagten, nicht aber von der Klägerin angefochtene Urteil vom
01.07.1997, auf das wegen der Einzelheiten verwiesen wird (Blatt 360 ff. d.A.) hat das
Landgericht der Widerklage rechtskräftig stattgegeben und die Beklagten unter
gleichzeitiger Abweisung der weitergehenden Klage im wesentlichen antragsgemäß
verurteilt, allerdings mit der Maßgabe, daß die Beklagten die Verwendung der
Kennzeichnung "Marie Claire COSMETIC" in der konkreten Verletzungsform nicht für
alle Produkte, sondern nur für Seifen, Parfümerien, ätherische Öle, Mittel zur Körper-
und Schönheitspflege mit Ausnahme von Haarfärbe- und Haartönungsmitteln und/oder
Zahnputzmitteln zu unterlassen haben. Auch den Auskunfts- und
Schadenersatzfeststellungsanspruch hat das Landgericht entsprechend beschränkt. Zur
Begründung seiner Entscheidung hat das Landgericht im wesentlichen ausgeführt, die
Klägerin könne von der Beklagten nach §§ 15 Abs. 2 und 4, 152, 153 MarkenG in
Verbindung mit § 16 Abs. 1 UWG Unterlassung der Benutzung der für die Beklagte zu 1)
eingetragenen Marke "Marie Claire COSMETIC" verlangen. Die Bezeichnung "Marie
Claire" für eine Frauenzeitschrift besitze von Haus aus Kennzeichnungskraft. Deshalb
komme dem Titel mit seiner Ingebrauchnahme, also dem Erscheinen der Zeitschrift in
Deutschland, Schutz nach § 5 Abs. 1 MarkenG einerseits und § 16 Abs. 1 UWG a.F.
andererseits zu, ohne daß es auf eine besondere Verkehrsbekanntheit oder gar eine
Verkehrsgeltung ankäme. Die konkrete Benutzung der Bezeichnung "Marie Claire
COSMETIC" durch die Beklagte begründe die Gefahr von Verwechslungen mit dem
Titel der Klägerin, und zwar im weiteren Sinne. Im Jahre 1987, dem Zeitpunkt der ersten
Kollision des Titels mit der angegriffenen Marke, habe der Titel eine durchschnittliche
Kennzeichnungskraft aufgewiesen. Bezogen auf die Verhältnisse im Jahre 1997 sei
infolge der jahrelangen Benutzung und der hochgradigen Verkehrsbekanntheit des
Zeitschriftentitels von einer erhöhten Kennzeichnungskraft auszugehen. Die
Tätigkeitsbereiche der Klägerin und der Beklagten zu 1) wiesen nicht so einen
deutlichen Abstand auf, daß trotz Identität der beiderseits verwendeten Bezeichnung
"Marie Claire" die Gefahr von Verwechslungen nicht mehr ernsthaft in Betracht komme.
Zwischen einer Frauenzeitschrift, die sich im Schwerpunkt mit Mode- und
Schönheitsthemen befasse, und Kosmetika bestünden vielmehr enge
Berührungspunkte, die im Streitfall die Annahme des Verkehrs rechtfertigten, zwischen
den betreffenden Unternehmen bestünden geschäftliche, wirtschaftliche oder
organisatorische Zusammenhänge. Gerade im Modesektor - und dies gelte auch für das
Jahr 1987 - sei die Vergabe von Lizenzen an bekannten auch nur annähernd
imageträchtigen Kennzeichnungen in zunehmendem Maße üblich. Lizenzierungen
und/oder andere Formen der Zusammenarbeit zwischen dem Herausgeber einer
Frauenzeitschrift und Herstellern von Modeartikeln bzw. Kosmetika seien dem Verkehr
auch bekannt. Das habe sich durch das Ergebnis des demoskopischen Gutachtens
erwiesen, das die Kammer aufgrund des Beweisbeschlusses vom 23.02.1993 (Blatt 207
f. d.A.) eingeholt hat. Danach erreiche der Titel "heute" einen Bekanntheitsgrad von 27,7
% in der allgemeinen Bevölkerung und von 36,6 % in der Zielgruppe der Frauen.
Insgesamt 25,1 % aller Befragten und 28,1 % der befragten Frauen hätten aufgrund der
Gemeinsamkeit der Bezeichnung "Marie Claire" Verbindungen zwischen dem
betreffenden Verlag und dem Kosmetikhersteller angenommen. Auch die mit der Klage
geltend gemachten Löschungs-, Auskunfts- und Schadenersatzfeststellungsansprüche
seien aus §§ 1004 BGB, 15 Abs. 5, 152, 153 MarkenG in Verbindung mit § 16 Abs. 2
UWG a.F. begründet. Die Begründetheit der Widerklage folge aus §§ 49 Abs. 1, 152,
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153 MarkenG in Verbindung mit § 11 Abs. 1 Nr. 4 WZG. Unstreitig sei das mit der
Widerklage angegriffene Zeichen innerhalb der spätestens am 03.10.1995 endenden
Benutzungsschonfrist nicht benutzt worden und damit löschungsreif.
Gegen das ihnen am 21.07.1997 zugestellte Urteil der 31. Zivilkammer des
Landgerichts Köln vom 01.07.1997 haben die Beklagten am 20.08.1997 Berufung
eingelegt und diese nach zweifacher Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis
zum 29.10.1997 mit einem an diesem Tag bei Gericht eingegangenen Schriftsatz
begründet.
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Die Beklagten wiederholen und vertiefen ihr erstinstanzliches Vorbringen und sind der
Auffassung, die Klage könne allenfalls dann Erfolg haben, wenn die Klägerin zum einen
mit ihrem Titel bereits vor dem 29.07.1987 auf dem deutschen Markt vertreten gewesen
sei, und zum anderen der Verkehr bereits zu diesem Zeitpunkt zumindest einer
Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne habe unterliegen können, indem er etwa an
eine Lizenzierung der Beklagten zu 1) für deren Kosmetik durch die Klägerin gedacht
habe. Beides sei nicht der Fall. Den Vertrieb von Kosmetikprodukten, die die
Kennzeichnung "Marie Claire" tragen, habe sie - so behauptet die Beklagte zu 1) - der
Firma R. Pharmazeutik GmbH ##blob##amp; Co. KG mit Sitz in B. G. durch schriftlichen
Lizenzvertrag vom 01.07.1989 übertragen. Die Firma R. habe ab März/April 1990 in der
Bundesrepublik Deutschland mit dem Vertrieb von mit dem Warenzeichen 1 138 906
gekennzeichneten Kosmetika begonnen. Etwaige Ansprüche der Klägerin auf
Auskunftserteilung und Schadenersatzfeststellung seien jedenfalls verjährt und verwirkt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Sachvorbringens der
Beklagten wird der Inhalt ihrer Berufungsbegründung vom 29.10.1997 (Blatt 391 ff. d.A.)
und ihrer Schriftsätze vom 27.04.1998 (Blatt 468 ff. d.A.), 09.09.1998 (Blatt 512 ff. d.A.),
07.10.1998 (Blatt 546 ff. d.A.), 09.11. 1998 (Blatt 582 f. d.A.), 30.11.1998 (Blatt 620 ff.
d.A.), 08.12.1998 (Blatt 629 ff. d.A.), 16.03.1999 (Blatt 701 ff. d.A.) und 28.10.1999 (Blatt
844 ff. d.A.) in Bezug genommen.
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Die Beklagten beantragen,
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das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.
48
Die Klägerin beantragt,
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50
die Berufung zurückzuweisen.
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Auch sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und verteidigt das
angefochtene Urteil. Sie behauptet, die Zeitschrift "Marie Claire" sei in der französischen
Originalausgabe seit 1954 bis einschließlich 1987 und in den nachfolgenden Jahren bis
zum Erscheinen der deutschsprachigen Ausgabe der Zeitschrift im ersten Quartal 1990
mit den von ihr - der Klägerin - in der Klageschrift bzw. in der damit überreichten Anlage
K 2 und im Schriftsatz vom 16.10.1992 (Blatt 114 d.A.) angeführten Zahlen in der
Bundesrepublik Deutschland vertrieben worden. Die halbjährlich erscheinende
Zeitschrift "Marie Claire BIS" sei seit 1980, davon seit 1985 mit den in ihrem Schriftsatz
vom 16.10.1992 (Blatt 117 d.A. und Anlagenkonvolut K 14) angeführten Zahlen in der
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Bundesrepublik Deutschland vertrieben worden. Maßgeblicher Kollisionszeitpunkt sei
nicht der 29.07.1987, sondern der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung.
Zwischen einer Frauenzeitschrift und Kosmetika bestünden aus Sicht des
angesprochenen Verkehrs die engsten Berührungspunkte. Bekannte Titel periodisch
erscheinender Druckschriften würden heute auch für andere branchennahe und
branchenferne Waren entweder vom Titelinhaber selbst verwendet oder aber lizensiert.
Das sei schon im Jahre 1987 der Fall gewesen, der angesprochene Verkehr wisse das
auch. Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Vorbringens der
Klägerin wird der Inhalt ihrer Berufungserwiderung vom 26.02.1998 (Blatt 416 ff. d.A.)
und ihrer Schriftsätze vom 08.09.1998 (Blatt 525 ff. d.A.), 29.09.1998 (Blatt 536 ff. d.A.),
11.12.1998 (Blatt 656 ff. d.A.), 21.12.1998 (Blatt 674 ff. d.A.), 03.05.1999 (Blatt 720 ff.
d.A.), 10.08.1999 (Blatt 769 ff. d.A.), 11.10.1999 (Blatt 823 ff. d.A.) und 14.10. 1999 (Blatt
840 d.A.) in Bezug genommen.
Der Senat hat aufgrund seiner Beweisbeschlüsse vom 09.10. 1998 (Blatt 560 i.V.m.
Blatt 481/482 d.A.) und vom 12.05. 1999 (Blatt 753 d.A.) Beweis erhoben zu der von der
Klägerin behaupteten Verbreitung der Zeitschriften "Marie Claire" und "Marie Claire
BIS" in der Bundesrepublik Deutschland, ferner zu der Behauptung der Beklagten,
aufgrund eines mit der Beklagten zu 1) am 01.07.1989 geschlossenen schriftlichen
Lizenzvertrages habe die Firma R. Pharmazeutik GmbH ##blob##amp; Co. KG ab
März/April 1990 in der Bundesrepublik Deutschland mit dem Vertrieb von Kosmetika
begonnen, die mit der zugunsten der Beklagten zu 1) eingetragenen Marke "Marie
Claire COSMETIC" versehen gewesen seien. Wegen des Ergebnisses der durch die
Vernehmung der Zeugen D. H., B. V., R. K., E. M. und B. M. bewirkten Beweisaufnahme
wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschriften vom 09.10.1998 (Blatt 568 ff. d.A.) und
13.08.1999 (Blatt 784 ff. d.A.) verwiesen. Der nicht nachgelassene Schriftsatz der
Klägerin vom 06.12.1999 hat vorgelegen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
54
Die zulässige Berufung der Beklagten hat auch in der Sache Erfolg. Sie führt zur
Änderung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage.
55
Der erhobene Unterlassungsanspruch wie auch die geltend gemachten
Folgeansprüche einschließlich des Löschungsanspruchs stehen der Klägerin unter
keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. Da sich die Klägerin mit ihrer Klage gegen die
Marke 1 138 906 und die IR-Marke 546 622 "Marie Claire COSMETIC" der Beklagten zu
1) wendet, und zwar in jedweder Schreibweise, ist hinsichtlich aller in Betracht
kommender Anspruchsgrundlagen, sei es aus § 15 Abs. 2 und 4 MarkenG, sei es aus §
16 Abs. 1 UWG a.F. oder sonstigem Rechtsgrund, auf den Zeitpunkt der Priorität der
beanstandeten Marken abzustellen, also auf den 29.07.1987. Nur und erst dann, wenn
der Anspruch der Klägerin bezogen auf diesen Zeitpunkt begründet wäre, würde sich
die weitere Frage stellen, ob die anspruchsbegründenden Voraussetzungen, namentlich
auch das Bestehen einer Verwechslungsgefahr, noch im Zeitpunkt der letzten
mündlichen Verhandlung vorlägen. Dies ist insoweit von streitentscheidender
Bedeutung, als von einer Verwechslungsgefahr in weiterem Sinne für den mehr als 12
Jahre zurückliegenden Kollisionszeitpunkt nicht ausgegangen werden kann.
56
Daß sich die Kollision verwechselbarer Zeichen grundsätzlich danach beurteilt,
welchem Zeichen der Zeitvorrang - die Priorität - zukommt, entspricht allgemeiner
Meinung (vgl. hierzu schon zum alten Warenzeichenrecht statt aller:
57
Baumbach/Hefermehl, Warenzeichenrecht, 12. Auflage 1985, § 31 WZG Rdnr. 169 und
§ 5 WZG Rdnr. 142). Bei einem Warenzeichen der vorliegenden Art bestimmt sich die
Priorität, wie aus § 5 Abs. 3 und Abs. 4 Satz 1, § 9 Abs. 1 und § 11 Abs. 1 Nr. 1 WZG
folgt, nach dem Tag des Eingangs der Anmeldung, hier dem 29.07.1987, falls - wie hier -
die Anmeldung auch zur Eintragung des Warenzeichens führt. Von diesem
Prioritätszeitpunkt ist bei der Kollision nicht nur von Warenzeichen untereinander,
sondern auch dann auszugehen, wenn ein unter § 16 Abs. 1 UWG a.F. fallendes
Kennzeichenrecht wie der Name, die Firma, die besondere Geschäftsbezeichnung oder
der Titel mit dem Warenzeichen kollidieren (ebenfalls allgemeine Meinung; vgl. statt
aller: Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 17. Auflage 1993, vor § 16 UWG Rdnr.
9). An diesen Grundsätzen hat sich auch durch die Einführung des neuen Markenrechts
zum 01.01.1995 nichts geändert. Auch hier gilt abgesehen von besonderen, hier nicht in
Betracht kommenden Fallkonstellationen das Prioritätsprinzip.
Beurteilt sich demnach die Kollision verwechselbarer Zeichen grundsätzlich danach,
welchem Zeichen der Zeitvorrang, die Priorität, zukommt, steht damit bereits fest, daß
die Klägerin ihre Unterlassungsansprüche nicht mit Erfolg auf ihre
Warenzeichen/Marken stützen kann. Die diesbezüglichen Ansprüche der Klägerin aus
§§ 4 Nr. 1, 14 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 5, 152, 153 Abs. 1 MarkenG in Verbindung mit §§ 15, 24
Abs. 1, 31 WZG scheitern daran, daß die Zeichen der Klägerin, soweit sie in der
Bundesrepublik Deutschland Geltung haben und für Kosmetika bzw. mit diesen
vergleichbare Produkte eingetragen sind, sämtlich eine spätere Priorität aufweisen.
Anders wäre dies allenfalls dann, wenn - die rechtserhaltende Benutzung bestimmter
Marken der Klägerin auch für Kosmetika unterstellt - in tatsächlicher Hinsicht davon
ausgegangen werden könnte, die zugunsten der Beklagten zu 1) eingetragene Marke
sei innerhalb der 5-jährigen Benutzungsschonfrist (vgl. hierzu: Baumbach/Hefermehl,
Warenzeichenrecht, a.a.O., § 5 WZG Rdnrn. 16 bis 18) nicht rechtserhaltend benutzt
worden. In diesem Fall könnte entweder Löschungsreife eingetreten oder zumindest von
einem späteren Kollisionszeitpunkt als dem Prioritätszeitpunkt der Marke der Beklagten
zu 1) und damit dem 29.07.1987 auszugehen sein. Nach dem Ergebnis der vor dem
Senat durchgeführten Beweisaufnahme steht jedoch zu seiner sicheren Überzeugung
fest, daß die Beklagte zu 1) mit der Firma R. Pharmazeutik GmbH ##blob##amp; Co. KG
am 01.07.1989 den aus Blatt 519 der Akten ersichtlichen Lizenzvertrag geschlossen hat
und daß die Lizenznehmerin im März/April 1990 damit begonnen hat, in der
Bundesrepublik Deutschland in relevantem Umfang mit der Bezeichnung "Marie Claire"
versehene Kosmetika zu vertreiben. Diese Benutzung der Kennzeichnung "Marie
Claire" stellt, worauf zurückzukommen sein wird, eine rechtserhaltende Benutzung des
Warenzeichens 1 138 906 "Marie Claire COSMETIC" dar und ist gemäß § 5 Abs. 7 Satz
2 WZG der Beklagten zu 1) zuzurechnen.
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Soweit die Klägerin die Authentizität des aus Blatt 519 der Akten ersichtlichen
Lizenzvertrages vom 01.07.1989 bestritten hat, sieht der Senat keinen Grund, die
Glaubhaftigkeit der Bekundungen des Zeugen K. anzuzweifeln, wonach er als
damaliger Inhaber der Firma R. mit den Vertretern der Beklagten am 01.07.1989
entsprechendes Einvernehmen erzielt hat. In tatsächlicher Hinsicht ist deshalb davon
auszugehen, daß die Beklagte zu 1) der Firma R. die Nutzung des Warenzeichens
"Marie Claire COSMETIC" für ihre Produkte überlassen hat. Zweifel an der Echtheit des
Vertrages hat der Senat im übrigen auch deshalb nicht, weil nach dem Ergebnis der
weiteren Beweisaufnahme feststeht, daß die Firma R. tatsächlich ab März/April 1990
von der Beklagten zu 1) unbeanstandet Kosmetika unter der Bezeichnung "Marie
Claire" vertrieben hat. Der Senat folgt hier den glaubhaften Bekundungen der Zeugin
59
B.M., die unter gleichzeitiger Vorlage von Rechnungen und Umsatzstatistiken zu den
Umsätzen bekundet hat, die die Firma R. bzw. ihre Rechtsnachfolgerin, die Firma Dr.
B.S. Nachf. GmbH ##blob##amp; Co. KG, mit Marie-Claire-Kosmetikprodukten getätigt
hat. Entgegen dem von der Klägerin in ihrem nachgelassenen Schriftsatz vom
11.10.1999 geäußerten Argwohn kann auch nach dem subjektiven Eindruck, den der
Senat von der Zeugin gewonnen hat, kein ernstlicher Zweifel daran bestehen, daß die
von der Zeugin bekundeten Umsatzzahlen richtig sind. Danach hat die Firma R. ab
März/April 1990 Kosmetikprodukte in der Bundesrepublik Deutschland in den Verkehr
gebracht, die die mit der Klage angegriffene Bezeichnung "Marie Claire" trugen, und
zwar in der im erstinstanzlichen Klageantrag der Klägerin wiedergegebenen
Schreibweise, allerdings ohne den Zusatz "COSMETIC". Sie hat im Jahre 1990
insgesamt etwa 13.000 und im Jahre 1991 insgesamt knapp 19.000 Kosmetikprodukte
umgesetzt, was einem Wert von etwa 43.000,00 DM im Jahre 1990 und einem solchen
von knapp 66.000,00 DM im Jahre 1991 entspricht. Die seit 1992 insgesamt
zurückgehenden Umsätze mit Kosmetika, die den eigentümlichen Schriftzug "Marie
Claire" tragen, hat die Zeugin auch für die nachfolgenden Jahre exakt beziffern können,
und zwar auf 47.727,00 DM im Jahre 1992, 36.719,00 DM im Jahre 1993, 44.264,00 DM
im Jahre 1994, 30.494,00 DM im Jahre 1995, 18.254,00 DM im Jahre 1996, 23.509,00
DM im Jahre 1997 und 21.238,00 DM im Jahre 1998.
Steht damit bereits aufgrund der glaubhaften Bekundungen der Zeugin B.M. zur
sicheren Überzeugung des Senats fest, daß die Firma R. Pharmazeutik GmbH
##blob##amp; Co. KG wie von der Beklagten zu 1) behauptet im März/April 1990 mit
dem Vertrieb von Kosmetika begonnen (und diesen auch fortgesetzt) hat, die den
Schriftzug "Marie Claire" trugen, und ist darüber hinaus der Sachvortrag der Beklagten
zu den vorstehend genannten Umsatzzahlen bewiesen, folgt daraus zweierlei: Zum
einen kommt es auf die - das ist der Klägerin zuzugestehen - zum Teil etwas konfusen
Bekundungen des im Termin zur Beweisaufnahme auf den Senat überfordert wirkenden
Zeugen E.M. zu den Produktionsmengen und zur Aufnahme des Vertriebs von
Kosmetika unter der Bezeichnung "Marie Claire" nicht mehr an, obwohl der Senat im
Ergebnis keine Bedenken hätte, auch dem Zeugen M. in seiner Bekundung zu folgen,
die Firma R. habe am 22.03.1990 mit der Produktion von Kosmetika der hier in Rede
stehenden Art begonnen. Zum anderen stellt die Benutzung der Bezeichnung "Marie
Claire" in der konkreten Schreibweise in Anbetracht der von der Zeugin Me. bekundeten
Stückzahlen und des erzielten Umsatzes eine rechtserhaltende Benutzung der Marke
"Marie Claire COSMETIC" dar. Soweit die Klägerin letzteres mit der Begründung in
Abrede gestellt hat, nach den Bekundungen der Zeugen M. und Me. könne allenfalls
von der Verwendung des Schriftzuges "Marie Claire" ohne den Zusatz "COSMETIC"
ausgegangen werden, deshalb fehle es an einer markenrechtlichen Benutzung der
eingetragenen Marke, diese sei deshalb löschungsreif, vermag sich der Senat dem nicht
anzuschließen. Zwar ist es richtig, daß die Benutzung eines Zeichens/einer Marke
grundsätzlich nur dann rechtserhaltend ist, wenn die Benutzung in der eingetragenen
Form erfolgt. Das gilt jedoch nicht ausnahmslos. Es ist vielmehr seit jeher anerkannt,
daß es eine rechtserhaltende Benutzung der Marke darstellt, wenn die Abweichung von
der eingetragenen Form sich nur auf Bestandteile der Marke bezieht, ohne dadurch ihre
Unterscheidungskraft zu beeinflussen (statt aller schon für das alte Warenzeichenrecht:
Baumbach/Hefermehl, a.a.O., § 5 WZG Rdnr. 23 m.w.N.). Grundvoraussetzung für die
rechtliche Anerkennung einer abgewandelten Verwendungsform ist lediglich, daß die
Abwandlung eine bestimmungsgemäße und verkehrsübliche oder durch den
praktischen Gebrauch gebotene Art der Benutzung ist. Wird von einem eingetragenen
Mehrwortzeichen ein Bestandteil weggelassen, kommt es für die Beurteilung der
60
Identität darauf an, ob dadurch der Gesamteindruck des eingetragenen Zeichens
beeinflußt wird (Baumbach/Hefermehl, a.a.O., § 5 WZG Rdnr. 29).
Auf der Basis dieser Kriterien hindert die Nichtverwendung des Wortbestandteiles
"COSMETIC" die Annahme der rechtserhaltenden Benutzung der Marke 1 138 906
"Marie Claire COSMETIC" nicht. Die Kennzeichnungskraft der Marke wird allein durch
die Worte "Marie Claire" geprägt, und zwar ungeachtet der konkreten, ungewöhnlichen
und augenfälligen Schreibweise dieser beiden Worte. Der Zusatz "COSMETIC" ist rein
beschreibender Natur. Eine Kennzeichnungswirkung kommt ihm nicht zu, Einfluß auf
die Unterscheidungskraft der Marke hat er nicht. Die Nichtverwendung dieses glatt
beschreibenden Zusatzes ändert deshalb nichts an der Feststellung, daß durch die
Benutzung der Bezeichnung "Marie Claire" die zugunsten der Beklagten zu 1)
eingetragene Marke "Marie Claire COSMETIC" rechtserhaltend benutzt worden ist.
61
Auch soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang eingewandt hat, die von den
Zeugen M. und Me. bekundeten Umsatzzahlen mit Marie-Claire-Kosmetikprodukten
seien marginal, deshalb könne von einer ernsthaften Benutzung von "Marie Claire" nicht
ausgegangen werden, vermag sich der Senat dem nicht anzuschließen. Die Umsätze
der Beklagten bzw. ihrer Lizenznehmerin mit Kosmetika, die die Bezeichnung "Marie
Claire" tragen, mögen relativ gering sein. Das allein aber schließt die Ernsthaftigkeit der
Benutzung nicht aus. Abgesehen davon, daß auch bei einem größeren Unternehmen
geringe Umsatzzahlen nicht zwangsläufig gegen die Ernsthaftigkeit der Benutzung
sprechen (vgl. dazu Baumbach/Hefermehl, a.a.O., § 5 WZG Rdnr. 68 und Senat GRUR
1977, 220, 223 - "Charlie" -), steht hier aufgrund der von der Zeugin Me. mitgeteilten
Umsatzzahlen fest, daß die Lizenznehmerin der Beklagten zu 1) bzw. später deren
Rechtsnachfolgerin jedenfalls seit Benutzungsaufnahme im Frühjahr 1990 kontinuierlich
Kosmetika mit der Marke "Marie Claire" in nicht völlig zu vernachlässigendem Umfang
produziert und im Markt plaziert hat. Jedenfalls in Anbetracht dieser kontinuierlich über
Jahre hinweg getätigten, wenn auch nicht besonders hohen Umsatzgeschäfte gibt es
keinen vernünftigen Grund, die Ernsthaftigkeit der Benutzung der Marke anzuzweifeln.
62
Sind Tatsachen, die den Rückschluß zuließen, die Bezeichnung "Marie Claire" könne
bereits im Jahre 1987 eine berühmte Marke gewesen sein, ersichtlich nicht schlüssig
vorgetragen, und steht damit fest, daß beide Marken der Beklagten zu 1) gegenüber den
eingetragenen Marken der Klägerin Priorität genießen, so daß sich die Beklagten
insoweit auf bessere und ältere Rechte berufen, kommt im Streitfall auch ein
Unternehmenskennzeichen- oder Werktitelschutz zugunsten der Klägerin nicht in
Betracht.
63
Die Vorschriften der nach § 152 Abs. 1 MarkenG seit dem 01.01.1995 anzuwendenden
§§ 5 Abs. 1 und 3, 15 Abs. 1, 2 und 4 MarkenG tragen das Unterlassungsbegehren
nicht. Zwar sind nach § 5 Abs. 1 MarkenG Werktitel, zu denen nach § 5 Abs. 3 MarkenG
auch die Namen oder besonderen Bezeichnungen von Druckschriften zählen,
geschützt. Der Erwerb des Schutzes eines solchen Werktitels gewährt dem Inhaber
gemäß § 15 Abs. 1 MarkenG ein ausschließliches Recht mit der Folge, daß er Dritte, die
den geschützten Werktitel oder ein ähnliches Zeichen im geschäftlichen Verkehr
unbefugt in einer Weise benutzen, die geeignet ist, Verwechslungen mit dem
geschützten Werktitel hervorzurufen, auf Unterlassung in Anspruch nehmen kann. Wird
der Titel einer Zeitschrift auch als betrieblicher Herkunftshinweis verstanden, ist
anerkannt, daß der Titelinhaber aus diesem Titel dann auch gegen andere Kennzeichen
vorgehen kann (ständige Rechtsprechung; vgl. z.B. BGH GRUR 1990, 247 - "Capital-
64
Service"; BGH GRUR 1990, 68, 69 - "VOGUE-Ski"; BGH GRUR 1991, 331 - "Ärztliche
Allgemeine"; BGH GRUR 1993, 692, 694 = NJW 1993, 852, 853/854 - "Guldenburg";
BGH WRP 1999, 519, 520 - "Max" sowie OLG Frankfurt, WRP 1994, 191, 192 -
"Brigitte"). Voraussetzung für den ohne sachliche Änderung an die Stelle des § 16 Abs.
1 UWG a.F. getretenen § 5 Abs. 1 und 3 MarkenG (vgl. hierzu die amtliche Begründung
zum Markenrechtsreformgesetz, abgedruckt in: von Mühlendahl, Deutsches
Markenrecht, S. 137 sowie BGH WRP 1999, 519, 520 - "Max" - m.w.N. aus der
Rechtsprechung) ist für diesen Fall jedoch nicht nur, daß der gewählte Titel bestimmt
und geeignet ist, das damit benannte Werk von anderen Werktiteln zu unterscheiden
(vgl. hierzu Althammer/Ströbele/Klaka, MarkenG, 5. Auflage 1997, § 5 Rdnr. 16 sowie
zur inhaltsgleichen Regelung des § 16 UWG a.F. Großkommentar/Teplitzky, § 16 UWG
Rdnr. 70 und Baumbach/Hefer- mehl, Wettbewerbsrecht, 17. Auflage 1993, § 16 UWG
Rdnr. 118a, jeweils m.w.N.). Denn Werktitel im Sinne des § 5 Abs. 3 MarkenG/§ 16
UWG a.F. dienen grundsätzlich nur der Unterscheidung eines Werkes von anderen,
stellen deshalb regelmäßig einen Hinweis auf den Hersteller oder Inhaber des Werkes
nicht dar (BGH WRP 1999, 1279, 1282 -"Szene"; BGH WRP 1999, 519, 520 - "Max";
BGH WRP 1999, 186, 188 - "Wheels Magazine" sowie BGH NJW 1993, 852, 853 -
"Guldenburg", jeweils m.w.N.), und sind in der Regel nur gegen die Gefahr einer
unmittelbaren Verwechslung im engeren Sinne geschützt. Allerdings kann der Verkehr
unter bestimmten Voraussetzungen mit einem Werktitel gleichzeitig auch die
Vorstellung einer betrieblichen Herkunft verbinden, wie dies in der Rechtsprechung
beispielsweise für bekannte Titel regelmäßig erscheinender periodischer Druckschriften
bejaht worden ist (vgl. hierzu nur BGH WRP 1999, 519, 521 - "Max" und BGH WRP
1999, 186, 188 - "Wheels Magazine", jeweils m.w.N.). Denn die Bekanntheit eines
solchen Titels und das regelmäßige Erscheinen im selben Verlag legen die
Schlußfolgerung nahe, daß er im Verkehr jedenfalls teilweise auch als Hinweis auf die
betriebliche Herkunft verstanden wird (BGH, a.a.O., "Max"). Nur in einem solchen Fall
kann der Titelinhaber aus seinem Titel mit Erfolg auch gegen andere Kennzeichen
vorgehen.
Für den Streitfall bedeutet das: Zwar teilt der Senat die Auffassung des Landgerichts,
daß die gewählte Bezeichnung "Marie Claire" für eine Frauenzeitschrift bestimmt und
geeignet ist, die damit benannte Druckschrift von anderen Werktiteln zu unterscheiden,
so daß der Titelschutz, an den nach allgemeiner Meinung nur relativ geringe
Anforderungen zu stellen sind, weil sich der Verkehr bei Titeln an mehr oder weniger
farblose oder auch Bezeichnungen mit beschreibenden Elementen gewöhnt hat, bereits
mit dem Zeitpunkt der Ingebrauchnahme des Werktitels entsteht (vgl. statt vieler:
Althammer/Ströbele/Klaka, a.a.O., mit zahlreichen Nachweisen aus der
Rechtsprechung). Um einen solchermaßen verstandenen Titelschutz geht es im
Streitfall jedoch nicht. Entscheidend ist vielmehr, ob der Verkehr als Folge der
Bekanntheit eines Zeitschriftentitels und des regelmäßigen Erscheinens im selben
Verlag mit dem Werktitel gleichzeitig auch die Vorstellung einer bestimmten
betrieblichen Herkunft verbindet. Von einer solchen hinreichenden Bekanntheit im
Verkehr, die als Folge die Vorstellung des Verkehrs nach sich ziehen könnte, daß der
Werktitel auch als betrieblicher Herkunftshinweis wirke, kann für den hier maßgeblichen
Kollisionszeitpunkt Juli 1987 jedoch nicht ausgegangen werden. Denn nach dem
Ergebnis der Beweisaufnahme, namentlich aufgrund der glaubhaften Bekundungen der
Zeuginnen D. H. und B. V., ist zwar davon auszugehen, daß die Klägerin die
französischsprachige Ausgabe ihrer Zeitschrift "Marie Claire" wie auch die
Halbjahreszeitschrift "Marie Claire BIS" schon vor 1987 regelmäßig auch nach
Deutschland geliefert und hier verkauft hat. Die von 1954 bis Juli 1987 und auch danach
65
bis März 1990, dem Zeitpunkt der Veröffentlichung der deutschsprachigen Ausgabe der
Zeitschrift "Marie Claire", von den Zeuginnen H. und V. bekundeten Stückzahlen der in
der Bundesrepublik Deutschland vertriebenen Exemplare der französischsprachigen
Ausgabe von "Marie Claire" mit 4.000 oder vielleicht auch 4.500 Exemplaren pro Monat
und der halbjährliche Vertrieb von "Marie Claire BIS" in einer Größenordnung von
maximal 20.000 Exemplaren sind aber als marginal zu bezeichnen. Das folgt bereits
aus dem eigenen Vortrag der Klägerin, wonach die deutsche Ausgabe ihrer Zeitschrift
"Marie Claire" bereits in den Jahren 1990 und 1991 mehr als 2,5 Millionen mal verkauft
worden ist und wonach bereits im ersten Halbjahr 1992 von den gedruckten rund 1,3
Millionen Exemplaren über 840.000 Stück in Deutschland abgesetzt werden konnten.
Bei diesen Zahlen läßt sich aus einem Vertrieb von (im Schnitt) weniger als monatlich
8.000 Exemplaren der französischsprachigen Ausgabe der Zeitschrift "Marie Claire" und
der "Marie Claire BIS" auch unter Berücksichtigung der bereits jahrzehntelangen
Präsenz der Klägerin auf dem deutschen Markt nur schwerlich der Schluß ziehen, es
habe sich bereits zum Kollisionszeitpunkt um einen im vorbezeichneten Sinne
bekannten Titel gehandelt. Dies gilt namentlich auch vor dem Hintergrund, daß die
Beklagten durch die mit Schriftsatz vom 08.12.1998 (Blatt 629 d.A.) zu den Akten
gereichte Auflagenliste 2/87 der Informationsgemeinschaft zur Feststellung der
Verbreitung von Werbeträgern e.V. (IVW), deren Inhalt die Klägerin nicht substantiiert
entgegengetreten ist, nachgewiesen hat, daß auch andere Frauenzeitschriften wie z.B.
"Burda Moden", "Brigitte" oder "Bild der Frau" im zweiten Quartal 1987 in einer
Stückzahl verkauft worden sind, die nicht bei 8000 Exemplaren im Monat, sondern
zwischen gut 1 Million und mehr als 2,5 Millionen Exemplare für ein Kalendervierteljahr
gelegen haben. Gegen die Annahme, daß es sich bei dem Zeitschriftentitel "Marie
Claire" bereits in 1987 um einen bekannten Titel gehandelt haben könnte, mit dem der
Verkehr schon damals auch die Vorstellung einer bestimmten betrieblichen Herkunft
verbunden haben könnte, spricht dann auch das Ergebnis des vom Landgericht
eingeholten demoskopischen Sachverständigengutachtens. Die Meinungsumfrage ist
im Jahre 1995 erfolgt, also zu einem Zeitpunkt, als die Klägerin nach ihrem eigenen
Vortrag schon lange, nämlich seit März 1990, mit großem Erfolg und erheblichem
Werbeaufwand mit ihrer deutschen Ausgabe im bundesdeutschen Markt vertreten war.
Der aufgrund dieser Verkehrsbefragung ermittelte Bekanntheitsgrad des Titels von
lediglich 27,7% in der allgemeinen Bevölkerung und 36,6% in der Zielgruppe der
Frauen läßt auch bei der gebotenen Zurückhaltung aus Sicht des Senats jedenfalls den
Schluß zu, daß der Bekanntheitsgrad im Juli 1987 wenn nicht völlig unbedeutend, so
jedoch jedenfalls wesentlich geringer gewesen sein muß.
Letztlich bedarf die Frage der Bekanntheit des Klagetitels im vorbezeichneten Sinn
jedoch keiner abschließenden Entscheidung, und zwar deshalb, weil auch bei
Annahme der in Rede stehenden Hinweisfunktion des Werktitels zum maßgeblichen
Kollisionszeitpunkt die für den Unterlassungsanspruch notwendige
Verwechslungsgefahr nicht angenommen werden kann. Denn selbst dann, wenn der
Titel der Zeitschrift der Klägerin auch zum maßgeblichen Kollisionszeitpunkt bereits als
betrieblicher Herkunftshinweis verstanden worden wäre, könnte die Klägerin nach der
vorzitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in Anbetracht der
unterschiedlichen Branchen, in denen sich die Parteien bewegen, aus ihrem
Zeitschriftentitel nur dann mit Erfolg gegen andere Kennzeichen vorgehen, wenn von
dem Vorliegen einer allein in Betracht zu ziehenden Verwechslungsgefahr im weiteren
Sinne ausgegangen werden könnte (BGH, a.a.O., "Max" m.w.N.). Zur Annahme einer
solchen Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne bedarf es zusätzlicher, besonderer
Umstände, um beim Verkehr die (Fehl-) Vorstellung einer wirtschaftlichen oder
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organisatorischen Verbindung, zu der auch ein Lizenzzusammenhang zu rechnen ist,
entstehen zu lassen. Angesichts der Flüchtigkeit, mit der erfahrungsgemäß der Verkehr
Kennzeichnungen im täglichen Geschäftsleben in der Regel zu begegnen pflegt,
erfordert die Annahme einer Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne gewisse Anstöße
und/oder erkennbare gedankliche Brücken zwischen der Wahrnehmung und der daraus
gezogenen Folgerung (BGH, a.a.O., "Max"). Solche hat die Rechtsprechung bisher
angenommen, wenn ein gewisser sachlicher Zusammenhang zwischen den
gekennzeichneten Waren und dem unter dem in Frage stehenden Titel veröffentlichten
Werk erkennbar war; sie hat sie verneint, wenn ein solcher Zusammenhang fehlte (BGH,
a.a.O., "Max" m.w.N.). Erfahrungsgemäß sind das Verlagsgeschäft mit Zeitschriften und
die Herstellung und der Vertrieb von Waren, hier Kosmetika, ganz überwiegend so
hinreichend voneinander abgegrenzt, daß die Annahme von wirtschaftlichen oder
organisatorischen Verbindungen für den Verkehr eher fernliegt. Deshalb kann ohne
besondere Umstände ebensowenig auf eine Verkehrsvorstellung über die allgemeine
Üblichkeit einer Zusammenarbeit zwischen Zeitschriftenverlegern und
Warenproduzenten geschlossen werden, wie aus der allgemeinen Erwägung, daß
Tendenzen zur Ausweitung von Merchandising vom Verkehr in Rechnung gestellt
würden (BGH, a.a.O., "Max").
Für den Streitfall bedeutet das: Es mag zwar sein, daß dem Verkehr heute bekannt ist,
daß die Lizenzvergabe für exklusive Marken auch zwischen branchenfremden
Unternehmen verbreitet ist. Für den maßgeblichen, heute mehr als ein Jahrzehnt
zurückliegenden Kollisionszeitpunkt fehlt es jedoch auch dann, wenn man die
Darlegungslast nicht überspannt, an jedwedem substantiierten Sachvortrag der Klägerin
schon dazu, daß bereits 1987 Lizenzierungen oder Kooperationen zwischen den
Verlegern von Frauenzeitschriften einerseits und den Herstellern von Kosmetika
andererseits üblich gewesen sein könnten und daß der Verkehr das bereits zum
damaligen Zeitpunkt gewußt haben könnte. Bis heute hat die Klägerin zwar viel zu ihrer
aktuellen Lizensierungspraxis im Ausland, namentlich Japan, vorgetragen. Alle
Lizenzen der Klägerin erstrecken sich jedoch nicht auf das Gebiet der Bundesrepublik
Deutschland. Ein Fall, in dem der Hersteller einer Zeitschrift den Hersteller/Vertreiber
von Kosmetika lizensiert hätte, diese Kosmetika unter dem Zeitschriftentitel zu
vertreiben, ist dem Senat für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland nicht bekannt
und von der Klägerin auch nicht vorgetragen. Die etwaige vorübergehende Lizensierung
einer Parfümerie in München vor 1987 reicht sicher nicht aus, um das
Verkehrsverständnis zu beeinflussen oder gar zu prägen. Vortrag der Klägerin zur
Lizensierungspraxis für Kosmetika in der Bundesrepublik Deutschland fehlt, erst recht
ein solcher Vortrag, der Rückschlüsse auf 1987 zuließe. Auch soweit die Klägerin auf
die Zeitschrift "Brigitte" und das Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt vom 26.08.1993
(WRP 1994, 191 ff. d.A.) verwiesen hat, ergibt sich aus dieser Entscheidung nichts für
eine Lizenzierung für Kosmetika. Auch die Hinweise der Klägerin auf die bekannten
Modemarken wie "Dior", "Jil Sander" und "JOOP" reichen nicht aus. Daß Designer oder
auch Persönlichkeiten zum Beispiel aus dem Bereich des Sports ihren Namen schon
seit vielen Jahrzehnten für Parfums und Kosmetika hergeben, besagt noch nichts für die
heutige oder gar mehr als ein Jahrzehnt zurückliegende Vorstellung des Verkehrs, ein
Unternehmen, dessen Handelsgegenstand ein Modejournal ist, werde unter dem Titel
des Modejournals entweder selbst oder durch einen Lizenznehmer Kosmetik
herausbringen.
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Kann demnach in tatsächlicher Hinsicht nicht davon ausgegangen werden, bei dem
Zeitschriftentitel "Marie Claire" habe es sich schon 1987 um eine exklusive
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Kennzeichnung gehandelt, schon damals habe es in einem beachtlichen Umfang
Lizenzierungen oder Kooperationen zwischen den Verlegern von
Frauenmodezeitschriften und Herstellern von Kosmetika gegeben, überdies sei dem
Verkehr das bekannt gewesen, kann die Annahme der (Fehl-) Vorstellung einer
wirtschaftlichen (Lizenz-) Verbindung nach der Rechtsprechung allenfalls noch unter
besonderen Umständen in Betracht gezogen werden, etwa wenn es sich bei der in
Frage stehenden Kennzeichnung um eine solche von besonderer Originalität und
Einprägsamkeit sowie weit überdurchschnittlicher Bekanntheit handelt, oder wenn ein
überaus bekannter Titel wörtlich übereinstimmend als Warenbezeichnung erscheint, so
daß im Verkehr nicht nur allgemein der Gedanke an den Titel, sondern auch die
erforderliche konkrete Vorstellung entsteht, der Warenhersteller habe hier ein Interesse
gerade an dieser werbewirksamen Bezeichnung erlangen wollen und das
Verwertungsrecht auch nur vom Inhaber des Werktitels erlangen können (BGH, WRP
1999, 519, 522 - "Max" unter Hinweis auf BGHZ, 228, 332 f. - "Guldenburg" = NJW
1993, 852, 854). Solche besonderen Umstände liegen nach dem Vorgesagten hier
bezogen auf den maßgeblichen Kollisionszeitpunkt aber ersichtlich nicht vor.
Steht damit zugleich fest, daß die Klägerin den geltend gemachten
Unterlassungsanspruch auch nicht mit Erfolg auf Firmenschutz stützen kann, weil dieser
ungeachtet der weiteren für den Unterlassungstatbestand nötigen Voraussetzungen im
Streitfall nicht weitergehen kann als der geltend gemachte Titelschutz, beruft sich die
Klägerin auch ohne Erfolg auf den Generaltatbestand des § 1 UWG. Denn § 1 UWG, der
hier allenfalls unter dem Gesichtspunkt der unlauteren Rufausbeutung in Betracht
kommen könnte, würde voraussetzen, daß sich die Klägerin in Deutschland bereits in
1987 für ihren Zeitschriftentitel "Marie Claire" einen bestimmten Bekanntheitsgrad, den
guten Ruf, erarbeitet hätte, den die Beklagte zu 1) dann auf ihre Kennzeichnung
übergeleitet haben könnte. Diese Feststellung läßt sich jedoch, was zwanglos bereits
aus dem Vorgesagten folgt, für das Jahr 1987 nicht treffen.
69
Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang die Auffassung vertreten hat, jedenfalls
hinsichtlich des Unterlassungsanspruchs aus § 1 UWG und auch aus Titelschutz
komme es nicht auf den Kollisionszeitpunkt Juli 1987, sondern auf den Zeitpunkt der
Benutzungsaufnahme durch die Beklagten an, würde sich im Ergebnis schon deshalb
nichts ändern, weil sich in tatsächlicher Hinsicht für den Zeitpunkt Frühjahr 1990 keine
andere Beurteilung ergibt als für 1987. Auch im Frühjahr 1990 war die Klägerin mit ihren
französischsprachigen Zeitschriften in Deutschland nur in bescheidenem Umfang
vertreten. Im übrigen mag es zwar durchaus sein, daß die Benutzung der angegriffenen
Marke erst aufgenommen wurde, als die Klägerin im März 1990 mit ihrer deutschen
Ausgabe der Zeitschrift "Marie Claire" auf den Markt gekommen war oder der Marktzutritt
bevorstand. Das kann aber den Beklagten entgegen der von der Klägerin geäußerten
Rechtsauffassung nicht, insbesondere nicht nach § 1 UWG, als unlauter zugerechnet
werden, und zwar schon deshalb nicht, weil sie nur die ihnen aus der Marke
zustehenden Rechte wahrgenommen haben. Ein anderer Kollisionszeitpunkt käme
allenfalls dann in Betracht, wenn die Benutzungsaufnahme durch die Beklagten erst
nach Ablauf der Benutzungsschonfrist erfolgt wäre. Dann wäre nicht auf den
29.07.1987, sondern auf einen späteren Zeitpunkt abzustellen, ohne daß es insoweit
des Rückgriffs auf § 1 UWG bedürfte. So liegt der Fall hier jedoch nicht, weil die
Aufnahme des Warenvertriebs durch die Lizenznehmerin der Beklagten zu 1) ab
März/April 1990 bewiesen ist.
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Erweist sich demnach schon der von der Klägerin erhobene Unterlassungsanspruch als
71
unbegründet und folgt daraus zugleich, daß die weiter erhobenen Ansprüche
(Löschung, Auskunft und Schadenersatzfeststellung) unbegründet sind, ohne daß es in
diesem Zusammenhang auf die von den Beklagten erhobene Verjährungs- und
Verwirkungseinrede ankommt, war das angefochtene Urteil auf die Berufung der
Beklagten zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 108 ZPO.
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Die gemäß § 546 Abs. 2 ZPO festzusetzende Beschwer der Klägerin übersteigt
60.000,00 DM.
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