Urteil des OLG Köln vom 06.05.1996

OLG Köln (gesellschaft mit beschränkter haftung, freiwillige gerichtsbarkeit, prokura, umwandlung, beschwerde, anmeldung, handelsregister, identität, eintragung, notar)

Oberlandesgericht Köln, 2 Wx 9/96
Datum:
06.05.1996
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
2. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
2 Wx 9/96
Vorinstanz:
Landgericht Bonn, 4 T 82/96
Normen:
FGG §§ 30 Abs. 1, 125 Abs. 1; HGB §§ 52, 53 Abs. 1; UmwG §§ 190 ff.
Leitsätze:
1) Für die Entscheidung über die Beschwerde in einer
Handelsregistersache ist die bei dem Landgericht eingerichtete Kammer
für Handelssachen funktionell zuständig. Entscheidet über eine in einer
Handelsregistersache eingelegte Beschwerde stattdessen die
Zivilkammer, so muß die Sache auf die weitere Beschwerde vom
Oberlandesgericht an die funktionell zuständige Kammer für
Handelssachen verwiesen werden. 2) Wird eine GmbH durch
Umwandlungsbeschluß formwechselnd in eine GmbH & Co. KG
umgewandelt, so bedarf die Eintragung einer bestehen bleibenden,
bisher in Abteilung B des Handelsregisters eingetragenen Prokura in
Abteilung A keiner erneuten Anmeldung nach § 53 Abs. 1 HGB.
Tenor:
Auf die weitere Beschwerde des Antragstellerin wird der Beschluß der 4.
Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 21. Februar 1996 - 4 T 82/96 -
aufgehoben. Die Sache wird zur Entscheidung über die Beschwerde der
Antragstellerin gegen die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Bonn
vom 18. Januar 1996 an die funktionell zuständige Kammer für
Handelssachen des Landgerichts Bonn verwiesen.
G r ü n d e
1
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2
I.
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Die Antragstellerin, eine GmbH ##blob##amp; Co. KG, ist durch notariell beurkundeten
Umwandlungsbeschluß der Anteilseigner der vormaligen Gesellschaft mit
beschränkter Haftung gleichen Namens gebildet worden. Der Formwechsel ist im
Handelsregister B vermerkt worden. Die KG ist inzwischen antragsgemäß im
Handelsregister A eingetragen. Für die GmbH war im Handelsregister B eine Prokura
eingetragen. Unter Hinweis darauf und auf die formwandelnde Umwandlung bat der
antragstellende Notar, die Prokura nunmehr ohne besonderen Antrag bei der
Kommanditgesellschaft einzutragen. Auf den Hinweis des Rechtspflegers, es sei eine
Anmeldung erforderlich, weil die Zeichnung von neuer Firma und Namensunterschrift
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nach § 53 Abs. 2 HGB erforderlich und anzumelden sei, überreichte der Notar die von
ihm beglaubigte Zeichnung der neuen Firma durch den Prokuristen nebst dessen
Namensunterschrift und dem die Prokura andeutenden Zusatz "ppa". Daraufhin
schrieb der Rechtspfleger an den Notar, es werde in Ergänzung zu der nunmehr
überreichten Urkunde um Zusendung einer notariell beglaubigten Anmeldung
gebeten. Der Notar hat dem entgegengehalten, durch die formwechselnde
Umwandlung sei die Prokura nicht erloschen, es bedürfe deshalb keiner neuen
Anmeldung; er bitte, sein Schreiben gegebenenfalls als Beschwerde anzusehen. Der
Rechtspfleger hat dies Begehren als Erinnerung angesehen; er hat der Erinnerung
nicht abgeholfen und sie dem Abteilungsrichter vorgelegt. Dieser hat der Erinnerung -
unter Hinweis auf OLG Hamm OLGZ 1983, 728 - ebenfalls nicht abgeholfen und die
Sache dem Landgericht - Kammer für Handelssachen - zur Entscheidung vorgelegt.
Durch den angefochtenen Beschluß hat die 4. Zivilkammer des Landgerichts Bonn die
Beschwerde zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die weitere Beschwerde der
Antragstellerin, mit der diese ihre bereits in den Vorinstanzen geäußerte Rechtsansicht
wiederholt.
II.
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Die weitere Beschwerde ist gemäß den §§ 27, 29 FGG zulässig.
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Sie hat auch Erfolg.
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1) Der angefochtene Beschluß muß schon deshalb aufgehoben werden, weil die 4.
Zivilkammer des Landgerichts funktionell für die Entscheidung über die
Erstbeschwerde unzuständig war.
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Nach § 30 Abs. 1 Satz 2 FGG erfolgt die Entscheidung über eine Beschwerde in
Handelssachen bei dem Landgericht durch die Kammer für Handelssachen, wenn bei
dem Landgericht eine solche Kammer gebildet ist.
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Der zu entscheidende Fall betrifft eine Handelssache. Handelssachen sind unter
anderem die im 7. Abschnitt des FGG behandelten Angelegenheiten ( vgl. Bassenge /
Herbst, FGG / RPflG, 7.Aufl., Vor §§ 125 ff Rn. 2; Bumiller / Winkler, Freiwillige
Gerichtsbarkeit, 6.Aufl., § 30 Anm. 2 und Vor § 125 Anm. 2 a; Winkler in:
Keidel/Kuntze/Winkler, Freiwillige Gerichtsbarkeit, Teil A: FGG, 13. Aufl., § 30 Rn. 4
und Vorb §§ 125 - 158 Rn. 1). Dazu zählt nach den §§ 125 Abs. 1 FGG, 53 Abs. 1 HGB
auch das auf Eintragung der Prokura in das Handelsregister gerichtete
Ausgangsverfahren.
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Bei dem Landgericht Bonn sind Kammern für Handelssachen gebildet. Der Amtsrichter
hat die Sache demgemäß auch zutreffend der Kammer für Handelssachen zur
Entscheidung vorgelegt. Die Entscheidung durch die 4. Zivilkammer war mithin
unzulässig. Der Senat muß die angefochtene Entscheidung daher aufheben und an
die funktionell zuständige Kammer für Handelssachen bei dem Landgericht Bonn
verweisen.
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2) Für die nunmehr zu treffende Entscheidung weist der Senat auf folgendes hin:
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Der in der angefochtenen Zwischenverfügung und vom Landgericht vertretenen
Auffassung, die Eintragung der Prokura auf dem Registerblatt der
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Kommanditgesellschaft bedürfe einer Anmeldung nach § 53 Abs. 1 HGB, kann nicht
gefolgt werden. Sie verkennt die Wirkung einer formwandelnden Umwandlung, wie sie
hier vorgenommen wurde.
Die Umwandlung der Antragstellerin wurde nach dem 1. Januar 1995 in die Wege
geleitet. Ihre rechtliche Behandlung richtet sich mithin nach dem Umwandlungsgesetz
(UmwG) vom 28. Oktober 1994 (vgl. § 318 UmwG). Nach den § 190 UmwG kann ein
Rechtsträger durch Formwechsel eine andere Rechtsform erhalten. Nach § 191 Abs. 1
Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2 UmwG kann eine Kapitalgesellschaft - wozu nach § 3 Abs. 1 Nr. 2
UmwG Gesellschaften mit beschränkter Haftung gehören - durch Formwechsel in eine
Personenhandelsgesellschaft umgewandelt werden. Hier ist die Antragstellerin, die
ursprünglich in der Form einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung bestand, in eine
Kommanditgesellschaft umgewandelt worden.
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Die §§ 198 ff UmwG enthalten allgemeine Vorschriften über die vorzunehmende
Anmeldung sowie die Eintragungen und ihre Wirkungen. Eine besondere Vorschrift
über die Anmeldung des Formwechsels bei der formwechselnden Umwandlung einer
Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft enthält § 235 UmwG. Sämtliche
genannten Vorschriften tragen der Tatsache Rechnung, daß sich bei der
formwechselnden Umwandlung allein die rechtliche Organisation des
Unternehmensträgers ändert, während dessen wirtschaftliche und rechtliche Identität
gleich bleibt (vgl. Dehmer, UmwG / UmwStG, 2. Aufl. 1996, § 190 Rn. 5 ff. unter
Hinweis auf RegEBegr BR-Drs 75/94 zum Fünften Buch des UmwG). Ob die Identität
gesellschaftsrechtlich dogmatisch zu begründen ist oder ob es sich um eine
gesetzliche Fiktion handelt (zum Streitstand vgl. Dehmer a.a.O. Rn. 10), ist für die
vorliegende Fragestellung ohne Bedeutung, da die gesetzliche Regelung für das hier
allein interessierende Umwandlungsrecht eindeutig von der Identität des
Rechtsträgers vor und nach dem Formwechsel ausgeht (vgl. insbesondere § 202 Abs.
1 Nr. 1 UmwG, wonach der formwechselnde Rechtsträger in der in dem
Umwandlungsbeschluß bestimmten Rechtsform weiterbesteht).
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Dementsprechend enthalten die genannten Vorschriften Anmeldungs- und
Eintragungserfordernisse nur insoweit, als diese zur Herbeiführung der
Umwandlungswirkungen und zur Verlautbarung der Umwandlung in den Registern
erforderlich sind. Eine Neuanmeldung sämtlicher nach Handelsrecht
anmeldungspflichtiger Vorgänge sieht das Gesetz nicht vor. Eine dahingehende
Regelung stünde auch im Widerspruch zu der vom Gesetz bei der formwechselnden
Umwandlung angeordneten Identität des Rechtsträgers.
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Die mit der Zwischenverfügung verlangte Neuanmeldung der Prokura wäre danach
nur erforderlich, wenn die von der GmbH erteilte Prokura aufgrund des Formwechsels
erloschen wäre. In diesem Fall wäre sie neu zu erteilen (§ 48 Abs. 1 HGB), die
Neuerteilung müßte sodann zum Handelsregister angemeldet werden (§ 53 Abs. 1
HGB). Ein Erlöschen wegen des Wegfalls des Rechtsträgers, der die Prokura erteilt
hat, kommt nach den vorstehenden Ausführungen bei der formwechselnden
Umwandlung nicht in Betracht, denn der Rechtsträger des Unternehmens besteht -
wenn auch in anderer Form - fort (vgl. Heymann / Sonnenschein / Weitemeyer, HGB,
2.Aufl., § 52 Rn. 31; Schlegelberger / Schröder, HGB, 5.Aufl., § 52 Rn. 21; Staub /
Joost, HGB, 4.Aufl., § 52 Rn. 60). Für einen Widerruf der Prokura (§ 52 Abs. 1 HGB)
anläßlich des Formwechsels oder einen sonstigen Erlöschensgrund (vgl. Baumbach /
Hopt, HGB, 29.Aufl., § 52 Rn. 4 ff.; Heymann / Sonnenschein / Weitemeyer a.a.O. § 52
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Rn. 18 ff.; Staub / Joost a.a.O. § 52 Rn. 16, 29 ff.) haben die Vorinstanzen nichts
festgestellt. Die in dem angefochtenen Beschluß zitierte Entscheidung (BayObLG BB
1971, 238 f) betrifft die vorliegende Problematik nicht, da es dort nicht um eine
formwechselnde Umwandlung ging, sondern um den Eintritt eines Kommanditisten in
ein Einzelhandelsgeschäft.
Die Eintragung der Prokura auf dem neuen Registerblatt darf mithin nicht von der
Vorlage einer Anmeldung in der Form des § 12 HGB abhängig gemacht werden.
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