Urteil des OLG Köln vom 27.08.2009
OLG Köln (begründung, zpo, sprache, beschwerde, umstände, korrespondenz, sache, erstattung, ausnahmefall, unterrichtung)
Oberlandesgericht Köln, 17 W 219/09
Datum:
27.08.2009
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
17. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
17 W 219/09
Vorinstanz:
Landgericht Bonn, 14 O 3/07
Tenor:
Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Beklagte.
Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren: 3.016,00 €.
G r ü n d e :
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I.
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Für die in Italien ansässige Klägerin führten ihre nunmehrigen
Verfahrensbevollmächtigten den Prozess in zwei Instanzen. Gegen die Entscheidung
des Berufungsgerichts legte die Beklagte Nichtzulassungsbeschwerde zum
Bundesgerichtshof ein. Dort sind die Verfahrensbevollmächtigten der Klägerin nicht
zugelassen. Der Bundesgerichtshof wies die Beschwerde der Beklagten gegen die
Nichtzulassung der Revision kostenpflichtig zurück.
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Zur Festsetzung angemeldet hat die Klägerin u.a. eine 1,0 Verfahrensgebühr nach Nr.
3400 VV RVG nebst Pauschale, insgesamt 3.016,00 €. Zur Begründung führt sie an,
anlässlich des Verfahrens vor dem Bundesgerichtshof hätten ihre
Verfahrensbevollmächtigten die Korrespondenz sowohl mit ihr als auch mit dem für das
Revisionsverfahren mandatierten Rechtsanwalt geführt. Mangels entsprechender
Rechts- und Sprachkenntnisse sei ihr eine zweckentsprechende Rechtsverteidigung
nicht möglich gewesen. Da ihre Verfahrensbevollmächtigten der italienischen Sprache
mächtig seien, hätten Besprechungen in ihrer Sprache unmittelbar geführt werden
können, wodurch Dolmetscher- und Übersetzungskosten vermieden worden seien.
Zudem sei es um komplizierte Rechtsfragen auf der Grundlage des italienischen Rechts
gegangen. Ihre Verfahrensbevollmächtigten seien in der Lage gewesen, ihre
Revisionsanwälte mit entsprechenden Informationen zu versorgen. Da bei der
Anwendung ausländischen Rechts grundsätzlich der Beibringungsgrundsatz gelte, sei
die Einschaltung ihrer heutigen Verfahrensbevollmächtigten auch von daher zur
zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig gewesen.
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Die Beklagte tritt dem entgegen und verweist darauf, dass die Beratung des Mandanten
wegen eines Rechtsmittels noch zum vorhergehenden Instanzenzug gehöre und mit
den dortigen Gebühren abgegolten sei. Angesichts dessen, dass der Sachverhalt in
zwei Instanzen geklärt worden sei, habe es einer Rücksprache der Klägerin mit einem
Rechtsanwalt in Deutschland nicht bedurft. Dies gelte um so mehr, als die
Revisionsinstanz reine Rechtsfragen betreffe.
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Die Rechtspflegerin hat die Kostenfestsetzung antragsgemäß vorgenommen und dem
Rechtsmittel nicht abgeholfen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die in Rede stehende
Gebühr sei ausnahmsweise erstattungsfähig. Die Einschaltung der
Prozessbevollmächtigten aus erster und zweiter Instanz sei notwendig gewesen, da die
Klägerin mangels entsprechender Kenntnisse keinen Revisionsanwalt hätte
beauftragen können. Auch wegen der italienischen Sprachkenntnisse der
Rechtsanwälte der Klägerin und deren Kenntnisse im italienischen Recht sei deren
Einschaltung zur Rechtsverteidigung notwendig gewesen. Ausnahmsweise sei
Erstattungsfähigkeit gegeben.
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II.
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Die gemäß § 104 Abs. 3 S. 1 ZPO i. V. m. § 11 Abs. 1 RpflG statthafte und auch
ansonsten verfahrensrechtlich unbedenklich zulässige sofortige Beschwerde hat in der
Sache selbst keinerlei Erfolg. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat die
Rechtspflegerin die in Rede stehenden Verkehrsanwaltsgebühren nach Nr. 3400 VV
RVG festgesetzt und zur Begründung ausgeführt, eine Erstattung komme
ausnahmsweise in Betracht.
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1.
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Nach einhelliger Ansicht sind zwar Gebühren für die Einschaltung eines
Verkehrsanwaltes für das Berufungsverfahren nicht mehr erstattungsfähig, da der
Sachverhalt in der Regel in erster Instanz geklärt wird (Zöller/Herget, ZPO, 27. Aufl., §
91 Rn. 13 "Verkehrsanwalt-Rechtsmittelverfahren"). Ebenso besteht jedoch Einigkeit,
dass sich eine schematische Betrachtungsweise verbietet. Aufgrund aller Fallumstände
ist eine Würdigung nach objektiven Maßstäben vorzunehmen (OLG Frankfurt AnwBl.
2000, 136; Müller-Rabe in: Gerold/Schmidt u.a., RVG, 18. Aufl., Nr. 3400 VV RVG Rn.
94 m. w. N.; Mümmler JB 1997, 519 f.). Deshalb können Kosten für die Einschaltung des
Korrespondenzanwaltes sogar für das Revisionsverfahren ausnahmsweise dann
erstattungsfähig sein, wenn das Revisionsgericht weiteren Sachvortrag auferlegt (OLG
Hamm AnwBl. 2003, 185; OLG Nürnberg MDR 2005, 298).
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Vorliegend handelt es sich ebenfalls um einen Ausnahmefall. Denn die Klägerin hat
unbestritten vorgetragen, dass durch die Einschaltung ihrer vormaligen
Prozessbevollmächtigten als Korrespondenzanwälte im Revisionsverfahren die
gesamte Korrespondenz unmitttelbar in italienischer Sprache geführt werden konnte
und dadurch Übersetzungs- bzw. Dolmetscherkosten gespart wurden. Darin liegt eine
sinnvolle Tätigkeit, die zur Bejahung der Notwendigkeit im Sinne des § 91 Abs. 1 S. 1
ZPO aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalles führt (OLG Düsseldorf JB
1987, 1551).
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Es kommt hinzu, dass mangels Bestreitens durch die Beklagte auch davon
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ausgegangen werden kann, dass die Verkehrsanwälte wegen ihrer Kenntnisse im
italienischen Recht in der Lage waren, den Revisionsanwalt entsprechend zu
informieren, was deshalb erforderlich war, weil dieses bei der Streitentscheidung eine
maßgebliche Rolle spielte. Aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalles war
deshalb auch insoweit die Unterrichtung des Revisionsanwaltes durch die vormaligen
Prozessbevollmächtigten der Klägerin als nunmehrige Verkehrsanwälte zur
Rechtsverteidigung notwendig (OLG Hamm und Nürnberg, jeweils a.a.O.; OLG
Saarbrücken OLGR 2005, 513).
2.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
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