Urteil des OLG Köln vom 23.04.1999

OLG Köln (urkunde, beschwerde, geschäftsführer, eintragung, akten, verfügung, handelsregister, unterlagen, anmeldung, erklärung)

Oberlandesgericht Köln, 2 Wx 8/99
Datum:
23.04.1999
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
2. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
2 Wx 8/99
Vorinstanz:
Landgericht Aachen, 44 T 21-22/98
Tenor:
Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) vom 6. Februar
1999 gegen den Beschluß der 4. Kammer für Handelssachen des
Landgerichts Aachen vom 4. Januar 1999 - 44 T 21-22/98 - wird
zurückgewiesen.
G r ü n d e
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1.
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Mit Schriftsatz vom 18. November 1997 hat der Verfahrensbevollmächtigte der
Beteiligten zu 1) und 2) die Eintragung der Firma "E. Deutschland GmbH" in das
Handelsregister angemeldet. Dem Schriftsatz waren unter anderem eine notariell
beglaubigte Handelsregisteranmeldung des Beteiligten zu 1) vom 17. April 1997 (UR-
Nr.: xxx/xxxx des Notars Dr. N.), eine Ausfertigung der von dem Notar Dr. N. am 17. April
1997 beurkundeten Gesellschaftsgründung (UR-Nr. xxx/xxxx), eine Liste der
Gesellschafter der E. Deutschland GmbH, eine beglaubigte Abschrift des Protokolls der
Gesellschafterversammlung der E. Deutschland GmbH i.G. vom 29. August 1997 und
eine von dem Notar van de V. in Brüssel beglaubigte Handelsregisteranmeldung des
Beteiligten zu 2) als Geschäftsführer vom 29. August 1997 beigefügt. Mit Verfügung vom
13. März 1998 hat das Registergericht unter anderem eine Erklärung der
Geschäftsführer angefordert, aus der sich zahlenmäßig die Höhe der einzelnen
gezahlten Stammeinlagen ergibt. Weiterhin hat das Registergericht beanstandet, daß
die Urkunde der Anmeldung des Geschäftsführers W. vom 29. August 1997 nicht
gesiegelt sondern nur "getackert" sei. Unter dem 30. März 1998 hat der
Verfahrensbevollmächtigte des Beteiligten zu 1) und 2) um die Rücksendung der
Urkunde vom 29. August 1997 gebeten, damit er diese ordnungsgemäß beglaubigen
könne. Mit Schriftsatz vom 20. Mai 1998 hat der Verfahrensbevollmächtigte Erklärungen
der Geschäftsführer B. und W. über die Höhe der eingezahlten Geschäftsanteile sowie
erneut die (zuvor zurückgereichte) Urkunde über die Anmeldung des Geschäftsführers
W. vom 29. August 1997 eingereicht. Hierauf hat das Registergericht unter dem 8. Juni
1998 dem Verfahrensbevollmächtigten mitgeteilt, daß die Beanstandungen hinsichtlich
der Urkunde des Notars van de V. vom 29. August 1997 aufrechterhalten bleiben und
daß die nachgereichten Erklärungen der Geschäftsführer B. und W. öffentlich beglaubigt
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werden müßten.
Gegen diese Zwischenentscheidungen des Amtsgerichts vom 13. März 1998 und 8.
Juni 1998 hat der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten zu 1) und 2) mit Schreiben
vom 23. September 1998 Beschwerde eingelegt. Diese hat das Landgericht Aachen
durch den angefochtenen Beschluß vom 4. Januar 1999 zurückgewiesen. Hiergegen
richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) vom 6. Februar 1999.
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2.
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Die weitere Beschwerde ist zulässig, wobei der Senat die Beschwerdeschrift
dahingehend auslegt, daß der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten zu 1) und 2)
die weitere Beschwerde nicht in eigenem Namen sondern ebenfalls, entsprechend den
Ausführungen in dem Schriftsatz vom 23. September 1998, im Namen der zur
Eintragung verpflichteten Geschäftsführer, die durch die Entscheidung des Landgerichts
beschwert werden, eingelegt hat.
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Die auch im übrigen gemäß § 27 Abs. 1 FGG statthafte, in rechter Form (§ 29 Abs. 1
Satz 2 FGG) und Frist (§§ 22 Abs. 1, 29 Abs. 2, 139 Abs. 1 FGG) eingelegte weitere
Beschwerde ist indes nicht begründet. Die Entscheidung des Landgerichts beruht nicht
auf einer Verletzung des Gesetzes (§§ 27 Abs. 1 Satz 2 FGG, 550 ZPO).
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Der Zulässigkeit der Erstbeschwerde steht nicht entgegen, daß dieses Rechtsmittel
nicht gegen eine Entscheidung, sondern nur gegen die bloß vorbereitenden
Verfügungen des Registergerichts Heinsberg vom 13. März 1998 und 8. Juni 1998
gerichtet war. Solche Zwischenverfügungen sind nach einhelliger Weise anfechtbar,
soweit sie bereits in Rechte Beteiligter eingreifen (vgl. z.B. OLG Hamm, MittRhNotK
1986, 128 m.w.N.).
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In der Sache hat das Landgericht in rechtlich nicht zu beanstandender Weise und mit
überzeugender Begründung, auf die der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen
verweist, ausgeführt, daß das Registergericht zu Recht die Entscheidung über die
Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister von der Vorlage weiterer Unterlagen
abhängig mache. Hiergegen vermag auch die weitere Beschwerde nichts Erhebliches
vorzubringen. Die von den Beteiligten mit der Beschwerdebegründung und dem
Schriftsatz vom 20. April 1999 erhobenen Einwände sind nicht geeignet, Rechtsfehler
des angefochtenen Beschlusses aufzuzeigen.
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a)
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Es bestehen keine rechtlichen Bedenken, daß das Landgericht in Übereinstimmung mit
dem Registergericht die zu den Akten gereichte Urkunde des Notars van de V. vom 29.
August 1998 über die Anmeldung des Geschäftsführers W. beanstandet hat. Gemäß §
39 Abs. 1 GmbHG ist jede Änderung in der Person des Geschäftsführers zur Eintragung
in das Handelsregister anzumelden. Die Anmeldung ist von dem Anmeldepflichtigen
schriftlich abzufassen und mit notariell beglaubigten Unterschriften zu versehen. Damit
soll sichergestellt werden, daß die Erklärungen auch von den Personen stammen, die
hierzu sachlich berechtigt sind (Sonnenschein/Weitermeyer in Heymann, HGB, 2.
Auflage 1995, § 12 Rdnr. 1).
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Vorliegend kann es dahingestellt bleiben, inwieweit gemäß Art. 11 EGBGB die
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Erstellung der Urkunde vom 29. August 1997 sich nach belgischem Recht richtet und ob
die Urkunde überhaupt den belgischen Beurkundungsvorschriften entspricht. So kann
nach den Ausführungen der Beteiligten zu 1) und 2) in dem Schriftsatz vom 20. April
1999 im belgischen Beurkundungsrecht die Zusammengehörigkeit mehrerer Seiten
einer Urkunde statt durch eine feste, untrennbare Verbindung dadurch dokumentiert
werden, daß die Seiten einzeln durchnumeriert sind und die Numerierung die
Unterschrift bzw. Paraphe aller Unterzeichneten trägt, soweit die Seite nicht schon an
anderer Stelle eine Unterschrift aufweist. Eine entsprechende Durchnumerierung und
Paraphierung enthält die von den Beteiligten vorgelegte und vom Registergericht
beanstandete Urkunde indes nicht.
Im Rahmen des Eintragungsverfahrens hat das Registergericht - auch bei der Vorlage
von ausländischen Unterlagen - die Einhaltung der nach deutschem Recht
maßgeblichen Eintragungsvoraussetzungen (§§ 39 GmbHG, 12 HGB) zu prüfen.
Insoweit hat es in eigener Verantwortung zu klären, ob eine vorgelegte Urkunde die
beantragte Eintragung in das deutsche Handelsregister rechtfertigt (Lutter/Hommelhoff,
GmbH, 14. Auflage 1995, § 39 Rdnr. 9). Wenn Anlaß zu Bedenken bestehen, dann darf
das Registergericht weitere Ermittlungen anstellen (§ 12 FGG).
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Die Anforderung weiterer Nachweise durch das Registergericht weist keine
Ermessensfehler auf. Aus der von den Beteiligten zu den Akten gereichten Urkunde
vom 29. August 1997 läßt sich nicht zweifelsfrei entnehmen, ob der Eintragungsantrag
von denjenigen Personen gestellt wird, die die Seite 2 der Urkunde unterzeichnet
haben. Die aus zwei Seiten bestehende Urkunde war ursprünglich lediglich "getackert".
Erst im Nachhinein sind die Seiten der Urkunde von dem Verfahrensbevollmächtigten
der Beteiligten mit einer Öse verbunden und gesiegelt worden, ohne daß ersichtlich ist,
daß dies in Kenntnis und mit Einverständnis der Unterzeichner erfolgte. Bereits wegen
der ursprünglich fehlenden festen Verbindung der Seite 2 zu der Seite 1 der Urkunde ist
weder gewährleistet, daß die Unterschriften den Text auf Seite 1 betreffen, noch daß die
Urkunde überhaupt zum Zeitpunkt der Unterzeichnung nur aus 2 Seiten bestand.
Insoweit läßt sich die Seite 2 nicht hinreichend der Seite 1 zuordnen. So passen die auf
Seite 2 der Urkunde befindlichen drei Unterschriften nicht zu dem in der "Ich-Form"
gehaltenen Wortlaut der Seite 1 der Urkunde. Zudem erlaubt die auf Seite 2 über den
Unterschriften gewählte Formulierung "Ich zeichne meine Namensunterschrift unter der
Firma der Gesellschaft bei deren Vertretung" nicht zwingend den Schluß, daß sich diese
Erklärung auf den auf Seite 1 formulierten Eintragungsantrag bezieht.
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b)
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Das Landgericht hat weiterhin zu Recht keinen Verfahrensfehler darin gesehen, daß
das Registergericht nicht alle Eintragungshindernisse in einer einzigen
Zwischenverfügung festgestellt hat. Hierin kann kein Verstoß gegen das Gebot eines
fairen Verfahrens gesehen werden. Das Registergericht durfte zunächst mit Verfügung
vom 13. März 1998 eine Erklärung des Geschäftsführers anfordern, aus der sich
zahlenmäßig die Höhe der einzelnen gezahlten Stammeinlagen ergibt. Dieses
Verlangen war bereits deshalb geboten, weil der Geschäftsführer P. T. B. in der notariell
beglaubigten Neuanmeldung zum Handelsregister vom 17. April 1997 ausgeführt hat
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"Nach Belehrung versichere ich hiermit ferner, daß die Stammeinlagen in Höhe
von DM 50.00,00 zur Hälfte in bar eingezahlt sind und daß sich die eingezahlten
Beträge endgültig zu meiner freien Verfügung als Geschäftsführer befinden."
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Diese Erklärung ist bereits wegen der Zahlenangabe "50.00,00" nicht eindeutig, so daß
es einer weiteren Erläuterung und Aufschlüsselung des Betrages seitens des
Geschäftsführers bedurfte. Zudem stand diese Angabe im Widerspruch zu der
ursprünglich vorgelegten Liste der Gesellschafter der E. Deutschland GmbH, in der in
Abweichung von § 4 Ziffer 2 des Gesellschaftervertrages eine Gesamtstammeinlage von
51.000,00 DM aufgeführt ist. Die von dem Registergericht mit der Verfügung vom 8. Juni
1998 erhobenen neuen Beanstandungen beziehen sich auf die erst mit Schreiben des
Notars vom 20. Mai 1998 zu den Akten gereichten unbeglaubigten Erklärungen der
Geschäftsführer. Diese Beanstandungen konnte das Registergericht mit der ersten
Verfügung vom 13. März 1998 noch nicht erheben.
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c)
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Die Rüge der weiteren Beschwerde, das Registergericht habe bei seiner Entscheidung
gegen den Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs verstoßen, bleibt ohne Erfolg.
Art. 103 Abs. 1 GG gibt den Verfahrensbeteiligten das Recht, sich nicht nur zu dem für
die gerichtliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt, sondern auch zur Rechtslage
zu äußern. Die Vorschrift verpflichtet außerdem das Gericht, den Vortrag der Beteiligten
zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (vgl. BVerfG, NJW 1998, 2515,
2523 m.w.N.).
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Ein Verstoß hiergegen ist im Streitfall nicht erkennbar. Die Beteiligten hatten
ausreichend Gelegenheit, den Rechtsansichten des Registergerichts entgegenzutreten.
Das Amtsgericht hatte zudem auf seine Rechtsansicht mit den Zwischenverfügungen
hingewiesen. Die Beteiligten konnten sich daher schon in dem Verfahren vor dem
Amtsgericht auf die nach dessen Auffassung maßgeblichen rechtlichen Gesichtspunkte
einstellen. Das Landgericht hat auch entgegen der Ansicht der weiteren Beschwerde
die Ausführungen der Beteiligten zur Frage der Anwendbarkeit des belgischen Rechts
zur Kenntnis genommen und bei seiner Entscheidung in Erwägung gezogen.
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Ein Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs ist auch nicht darin zu sehen,
daß das Amtsgerichts und das Landgericht sich nicht mit den Ausführungen des auch
dem Senat nicht bekannten Schriftsatzes vom 14. Juli 1998 befaßt hat. Es kann nicht
festgestellt werden, daß dieser Schriftsatz zu den Akten gelangt oder auch nur bei
Gericht eingereicht worden wäre. Dies haben die Beteiligten trotz des Hinweises des
Senates, der Schriftsatz befinde sich nicht bei den Akten, weder belegt noch konkret
dargetan.
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d)
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Zu Unrecht machen die Beteiligten zu 1) und 2) geltend, das Registergericht habe durch
das plötzliche Anfordern von Erklärungen über die Leistungen von Einlagen gegen das
Verbot von Überraschungsentscheidungen verstoßen. Insoweit war, wie vorstehend
ausgeführt, die Vorlage weiterer Unterlagen geboten. Zudem hat das Registergericht
nicht etwa die Eintragung der GmbH wegen der fehlenden Vorlage der Unterlagen
abgelehnt, sondern gerade durch die Zwischenverfügung der Beteiligten zu 1) und 2)
Gelegenheit gegeben, die noch erforderlichen Unterlagen nachzureichen.
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3.
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Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlaßt, weil den Beschwerdeführern kein Gegner
gegenübersteht.
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Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde:
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5.000,00 DM (§§ 30 Abs. 2 Satz 1, 131 Abs. 2 KostO)
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