Urteil des OLG Köln vom 05.09.1997
OLG Köln (gewicht, transport von tieren, abweisung der klage, transport, erstellung, künstler, allgemeine geschäftsbedingungen, frachtgut, liste, spediteur)
Oberlandesgericht Köln, 19 U 238/94
Datum:
05.09.1997
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
19. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
19 U 238/94
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 86 O 162/91
Schlagworte:
Verbindlichkeit Kostenanschlag Luftbeförderung Artisten Material
Raubtiere Tiere
Normen:
BGB §§ 276, 650, ADSp. § 7
Leitsätze:
Erstellt der Unternehmer einen Kostenanschlag nach § 650 BGB (hier
über die Höhe voraussichtlicher Luftfrachtkosten) nicht mit der
erforderlichen Sorgfalt, kann er dem Besteller nach den Grundsätzen
des Verschuldens bei Vertragsschluß schadensersatzpflichtig sein. Als
Kostenanschlag ist dabei jede unverbindliche fachmännische
Berechnung der voraussichtlichen Kosten einer noch zu erbringenden
Werkleistung durch den Unternehmer anzusehen. Die Erstellung eines
Kostenanschlages im Sinne von § 650 BGB setzt begriffsnotwendig
voraus, daß der Unternehmer sich über die zugrundeliegenden
Bedingungen informiert, wenn er eine fachmännische Kalkulation
vornehmen soll. Dazu gehört es auch, daß er als Fachmann die für die
Preisermittlung wesentlichen Umstände abklärt und er sich die
notwendigen Angaben vom (künftigen) Besteller oder von dritter Seite
besorgt, im übrigen die Angaben des künftigen Bestellers nachprüft oder
ergänzt (Arg. § 7 Satz 3 ADSp). Zu diesen Umständen gehört das
frachtpflichtige Gewicht, für das einerseits das tatsächliche Gewicht,
andererseits aber auch Spezifika - insbesondere Art und Volumen (in
Anspruch genommener Raum) - des Frachtguts maßgeblich sind. Muß
der Spediteur damit rechnen, daß es sich bei dem Ladegut um sperrige
Gegenstände handelt, die möglicherweise nicht verpackt werden
können oder die das zulässige Palettengewicht nicht erreichen, hat er
aufgrund seiner besseren Sachkenntnis und mit Rücksicht auf die
praktischen Anforderungen des Luftfrachtverkehrs vor Erstellung eines
Kostenanschlages der Kalkulation des Stauraumverlustes durch
Frachtgut, das erkennbar besonderen Anforderungen oder
Verwendungszwecken unterliegt, erhöhte Aufmerksamkeit zu widmen.
Bei Artistenmaterial kann der pflichtgemäß handelnde Spediteur nicht
ohne weiteres davon ausgehen, daß eine Verladung wie normales, in
Kisten verpacktes Frachtgut möglich ist. Gehören zum Frachtgut Raub-
und Zirkustiere, sind bei der Kalkulation der Frachtkosten die
maßgeblichen IATA-Bestimmungen und deren Einhaltung für die
Verladung mit dem Frachtführer abzuklären.
Rechtskraft:
rechtskräftig
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das am 18.8.1994 verkündete Urteil
der 6. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln - 86 O 162/91 -
wird auf ihre Kosten zurückgewiesen. Das Urteil ist vorläufig
vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung
der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 22.000,--DM
abzuwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in
gleicher Höhe leistet. Die zu leistenden Sicherheiten können auch durch
unbefristete Bürgschaft einer deutschen Großbank, öffentlichen
Sparkasse oder Volksbank erbracht werden.
T a t b e s t a n d :
1
Anläßlich ihres 25-jährigen Jubiläums veranstaltete die Beklagte, die einen Freizeit- und
Erholungspark betreibt, am 22.6.1991 eine Show, in der eine Reihe von Künstlern
auftraten, darunter Siegfried ##blob##amp; Roy, zwei Zauberkünstler aus Las Vegas
(USA). Mit dem Transport der in deren Auftritt verwendeten 5 weißen Tiger und 2
Leoparden und des Artistenmaterials per Luftfracht von Los Angeles über Frankfurt/Main
nach B. und zurück beauftragte die Beklagte im Mai 1991 die Klägerin. Vor
Auftragserteilung hatte die Klägerin für die Beklagte unter dem 19.4.1991 eine
Kostenschätzung erstellt und die mutmaßlichen Gesamtkosten mit 95.883,40 DM
kalkuliert; in der Kostenaufstellung heißt es unter "PS" abschließend:
2
" Diese Kalkulation basiert auf den uns in
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USA vorliegenden Gewichts- und Abmessungs-
4
angaben und ist daher unverbindlich."
5
Wegen der Einzelheiten wird auf das Schreiben der Klägerin vom 19.4.1991 nebst
Anlage (Ablichtung Bl. 9/10/66 d.A.) verwiesen.
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Die Beförderung der Tiere nach Deutschland erfolgte am 13.6.1991 und der Transport
der weiteren Requisiten (Artistenmaterial) am 17.6.1991. Nach Durchführung des
Rücktransportes in die USA erteilte die Klägerin der Beklagten Rechnungen in
Gesamthöhe von 274.166,99 DM; wegen der Einzelheiten wird auf die von der Klägerin
in Ablichtung vorgelegten Rechnungen vom 17.6., 18.6. und 11.7.1991 (Bl. 11-17 d.A.)
Bezug genommen. Die Beklagte zahlte hierauf 131.548,78 DM. Der nicht bezahlte
Restbetrag von 142.618,21 DM ist Gegenstand der vorliegenden Zahlungsklage.
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Die Klägerin hat behauptet, die Kostenaufstellung vom 19.4.1991 habe auf den zu jener
Zeit den Beteiligten bekannten Angaben über das Gewicht der Tiere einschließlich ihrer
Käfige und deren Abmessungen sowie über Gewicht und Abmessungen der Kisten mit
dem Artistenmaterial beruht. Anhand der Unterlagen - Anlaß zu weiteren Erkundigungen
habe nicht bestanden - sei das maßgebliche Frachtgewicht ermittelt worden. Die
Kostensteigerung gegenüber der Aufstellung vom 19.4.1991 sei durch Umstände
verursacht worden, die von ihr nicht vorhersehbar gewesen seien. Erst unmittelbar vor
dem Transport sei Artistenmaterial hinzugekommen, das ursprüglich nicht vorgesehen
gewesen sei. Beim Verladen der Tiere habe zudem aufgrund tierärztlicher Anordnung
eine nicht vorgesehene weiträumigere Aufstellung der Käfige vorgenommen werden
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müssen. Infolge dieser Änderungen sei die Fracht von der frachtausführenden Lufthansa
auf Palettenbasis und nicht nach dem üblichen frachtpflichtigen Gewicht abgerechnet
worden. Die reinen Luftfrachtkosten hätten etwa 237.000,-- DM betragen.
Die Klägerin hat beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an sie
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142.618,21 DM nebst 9,5 % Zinsen seit dem 26.7.1991 zu zahlen.
11
Die Beklagte hat die Abweisung der Klage beantragt.
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Sie hat gemeint, die Klägerin habe es unterlassen, gebotene frühzeitige Erkundigungen
über die voraussichtlich anfallenden Kosten bei der Lufthansa einzuholen; dies hätte zu
einem wesentlich höheren Kostenansatz geführt. Auch habe die Klägerin sie nicht
rechtzeitig über die Kostensteigerung informiert. Bei rechtzeitiger Information über die
tatsächlich entstehenden Kosten hätte sie auf den Auftritt von Siegfried ##blob##amp;
Roy verzichtet bzw. diesen nur in geringerem Umfang - etwa unter Verwendung eigener
Tiere - stattfinden lassen. Das für die Veranstaltung insgesamt zur Verfügung stehende
Budget habe für deren Auftritt nur einen bestimmten Höchstbetrag vorgesehen, den sie
habe nicht überschreiten dürfen.
13
Das Landgericht hat durch das angefochtene Urteil vom 18.8.1994 die Klage
abgewiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des
landgerichtlichen Urteils verwiesen.
14
Gegen dieses, ihr am 19.9.1994 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit einem am
19.10.1994 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt, die sie nach
Fristverlängerung bis zum 21.1.1995 (Samstag) am 23.1.1995 (Montag) begründet hat.
Mit ihrer Berufung erstrebt die Klägerin ihr abgewiesenes Zahlungsbegehren weiter.
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Die Klägerin ist der Auffassung, das Schreiben vom 19.4.1991 sei kein Kostenanschlag
im Sinne von § 650 BGB, sondern eine unverbindliche Kostenaufstellung, die mit der
erforderlichen Sorgfalt erstellt worden sei. Hierbei habe davon ausgegangen werden
dürfen, daß die Tiere in ihren Spezialkäfigen neben- oder übereinander - auch quer zur
Flugrichtung - hätten gestapelt und das Artistenmaterial wie übliche Fracht in üblicher
Palettenhöhe hätte verstaut werden dürfen. Diese angenommenen
Transportvoraussetzungen seien branchenüblich und gälten grundsätzlich für jeden
Transport. Bei Verladung der Tiere hätten nach Weisung des Tierarztes Dr. D. pro
Palette nur zwei Käfige transportiert und diese ungestapelt in Flugrichtung aufgestellt
werden dürfen. Das Artistenmaterial habe getrennt auf Paletten verladen, teilweise nicht
nebeneinander aufgestellt und auf viele Paletten verteilt werden müssen. Hierdurch
habe sich das frachtpflichtige Gewicht von 6.687 kg auf 19.840 kg für den Hinflug und -
wegen des Zurücklassens eines Teiles der Ausrüstung in Deutschland - auf 13.566 kg
für den Rückflug erhöht. Der Zeuge Dr. D. habe nach Rücksprache mit der Lufthansa der
Beklagten den Hin- und Rückflug der Tiere (5 weiße Tiger) für insgesamt 27.000 US-$
angeboten. Mit einer Erweiterung des Transportumfangs bezüglich des Materials und
den hierzu beim Beladen gemachten Ladeanweisungen habe sie nicht zu rechnen
brauchen. Soweit der Mitarbeiter M. der Deutsche Lufthansa AG bekundet habe, daß am
17.5.1991 eine Transportgutliste vorgelegen habe, aufgrund derer er die Kosten für den
einfachen Flug auf nicht unter 70.000 US-$ geschätzt hätte, müsse sich der Zeuge irren
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oder habe bewußt die Unwahrheit bekundet; eine solche Liste sei dem Zeugen T. nicht
vorgelegt und auch nicht mit ihm erörtert worden. Zudem fehle es an einem Schaden der
Beklagten. Siegfried ##blob##amp; Roy seien die Zugnummer der Veranstaltung
gewesen; auf diese Künstler hätte die Beklagte - schon wegen erheblicher
Vertragsstrafenversprechen - nicht verzichtet.
Die Klägerin beantragt,
17
unter Abänderung des angefochtenen Urteils
18
die Beklagte zu verurteilen, an sie 142.618,21
19
DM nebst 9,5 % Zinsen seit dem 26.7.1991 zu
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zahlen sowie ihr zu gestatten, erforderliche
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Sicherheit auch durch selbstschuldnerische
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Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öf-
23
fentlichen Sparkasse erbringen zu dürfen.
24
Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen sowie ihr zu ge-
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statten, erforderliche Sicherheit auch die
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Bürgschaft einer deutschen Großbank, öffent-
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lichen Sparkasse oder Volksbank leisten zu
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dürfen.
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Sie verteidigt das angefochtene Urteil und macht im wesentlichen geltend, die Klägerin
sei nach Schadensersatzgrundsätzen verpflichtet, auf die mit der Klage verlangten
weiteren Vergütungsansprüche zu verzichten. Bereits bei der Kostenaufstellung vom
19.4.1991 sei die Klägerin nicht mit der nötigen Sorgfalt vorgegangen, indem sie allein
auf das mitgeteilte Gewicht und die Abmessungen, nicht aber auf die Besonderheiten
des zu transportierenden Gutes abgestellt habe. Insbesondere habe die Klägerin keinen
diesen Besonderheiten Rechnung tragenden Kostenvoranschlag der Lufthansa
eingeholt. Der Zeuge M. sei zur Erstellung eines solchen Voranschlages in der Lage
gewesen. Aus fachlicher Sicht sei es selbstverständlich, daß pro Palette nur zwei
Lattenkäfige transportiert werden könnten; eine übereinander vorzunehmende
Stapelung scheide von vornherein aus. Auch hinsichtlich des Materials habe sich die
Klägerin nicht bei den Künstlern und auch nicht bei der Beklagten erkundigt. Soweit das
Materialgewicht tatsächlich höher als kalkuliert gewesen sei, sei entsprechend Zahlung
an die Klägerin geleistet worden. Die vom Tierarzt Dr. D. bei der Verladung gegebenen
Anweisungen hätten zu keiner Verteuerung geführt. Die von ihm vorgelegte
Kostenkalkulation der Lufthansa habe nur 5 Tiere betroffen und sei nur vorübergehend
gewesen und tatsächlich nicht verifizierbar. Es sei Sache der Klägerin gewesen, sich
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über Art und Umfang des Transportgutes vor Durchführung des Transports eingehend
zu erkundigen. Der Zeuge M. habe die erwähnte Liste vom 17.5.1991 von der Klägerin
erhalten und sei in der Lage gewesen, die Transportkosten danach recht genau zu
schätzen. Die Klägerin habe dies ohne weiteres in Erfahrung bringen können. Die
Beklagte habe sich hierbei auf sie verlassen dürfen. Spätestens am 4.6.1991 - bei
Erstellung der Luftfrachtbriefe durch die Klägerin - habe die Klägerin über die
kostenauslösenden Umstände Bescheid gewußt, jedoch zu keinem Zeitpunkt
irgendeine Information erteilt. Der ihr - der Beklagten - aus der unzureichenden
Information über die Transportkosten entstandene Schaden liege in der Belastung mit
den jetzt geforderten Mehrkosten. Bei rechtzeitiger Aufklärung über die wahre
Kostenhöhe wären die Künstler Siegfried ##blob##amp; Roy nicht engagiert worden.
Jedenfalls hätten ihr eine Reihe von Möglichkeiten zur Verfügung gestanden, um das
vorgesehene Finanzbudget einzuhalten, so z.B. der Einkauf nur eines Teiles der Show
der genannten Künstler.
Der Senat hat Beweis erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf
das schriftliche Gutachten des Sachverständigen P. vom 27.8.1996 und dessen
ergänzende Darlegungen in der mündlichen Verhandlung vom 18.8.1997 verwiesen.
Wegen aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen
den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
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Die formell unbedenkliche Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
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Zu Recht hat das Landgericht die auf Zahlung einer weitergehenden
Speditionsvergütung gerichtete Klage abgewiesen, weil der Klägerin kein über den
bereits gezahlten Betrag von 131.548,78 DM hinausgehender Vergütungsanspruch
gegen die Beklagte zusteht. Die Beklagte ist nach den Grundsätzen des Verschuldens
bei Vertragsschluß berechtigt, weitere Vergütungszahlungen zu verweigern.
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1.
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Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, daß der Unternehmer, der einen
Kostenanschlag nach § 650 BGB nicht mit der erforderlichen Sorgfalt erstellt hat, dem
Besteller nach den Grundsätzen des Verschuldens bei Vertragsschluß
schadensersatzpflichtig sein kann (OLG Frankfurt NJW-RR 1989, 209; Palandt/Thomas,
BGB, 56. Aufl., § 650 Rn. 3; Münchener Kommentar-Soergel, BGB, 2. Aufl., § 650 Rn.
14; LG Köln NJW-RR 1990, 1498).
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Diese Voraussetzungen sind hier gegeben:
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a) Das Schreiben der Klägerin vom 19.4.1991 (Ablichtung Bl. 9/10/66 d.A.) ist als
"Kostenanschlag" im Sinne von § 650 BGB zu werten. Ein solcher Kostenanschlag ist
im Rechtssinne als unverbindliche fachmännische Berechnung der voraussichtlichen
Kosten, als gutachtliche Äußerung zur Kostenfrage zu verstehen (Palandt/Thomas,
a.a.O, Rn. 1; Münchener Kommentar-Soergel, a.a.O., Rn. 3). "Unverbindlich" heißt dabei
aber nur, daß der Unternehmer bei Erteilung des Auftrages hieran nicht gebunden ist,
nicht aber, daß der Voranschlag rechtlich folgenlos ist und er insbesondere nicht für die
Richtigkeit in gewissen Grenzen einstehen muß. Im Gegensatz zu einem verbindlich
vereinbarten oder garantierten Preis ist die Kostenanschlag-Kalkulation zwar
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typischerweise unverbindlich, gleichwohl war der Klägerin nach dem Inhalt des
Schreibens bewußt, daß die Beklagte diese Aufstellung zur Grundlage ihrer eigenen
Kostenkalkulationen machen wollte. Damit hatte die von der Klägerin erstellte
Kostenaufstellung die Bedeutung einer fachmännischen Kostenschätzung, auch wenn
sich noch später Abweichungen von Gewichts- und Maßangaben ergeben sollten.
b) Der Kostenanschlag vom 19.4.1991 ist dem später erteilten Speditionsauftrag auch
im Sinne von § 650 BGB "zugrundegelegt" worden. Selbst wenn die Parteien - wie die
Klägerin vorträgt - bei den weiteren Gesprächen und der mündlichen Auftragserteilung
auf die Aufstellung vom 19.4.1991 nicht mehr zurückgekommen sein sollten, ändert das
nichts daran, daß der in dieser Aufstellung enthaltene - von der Beklagten erbetene -
Voranschlag der Kosten dem später erteilten Auftrag stillschweigend zugrundegelegen
hat. Der Kostenanschlag wird nicht selbst Gegenstand des Auftrags, sondern nur
dessen Geschäftsgrundlage. Tatsächlich hatte die Klägerin später bei Erteilung der
Rechnungen die schon im Kostenanschlag genannten Frachtraten (Preise je kg
befördertes Gewicht) zugrunde gelegt.
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Nichts anderes ergibt sich - entgegen der Auffassung der Klägerin - aus § 4 ADSp. Die
Vorschrift ist im Streitfall nicht einschlägig. Zwar ist davon auszugehen, daß die ADSp
Vertragsinhalt geworden sind. Im kaufmännischen Verkehr können allgemeine
Geschäftsbedingungen auch ohne besonderen Hinweis Vertragsinhalt werden, was bei
den Allgemeinen Deutschen Spediteur-Bedingungen (ADSp) regelmäßig angenommen
werden kann, wenn jemand in vertragliche Beziehungen zu einem Spediteur tritt, der
seinen Geschäften die ADSp zugrunde zu legen pflegt, und er dies weiß oder wissen
muß (vgl. Baumbach/Duden/Hopt, HGB, 29. Aufl., Einl. 2 vor den ADSp m.w.N.;
Palandt/Heinrichs, BGB, 56. Aufl., § 2 AGBG
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Rn. 29). Für die Anwendbarkeit der ADSp kommt es - entgegen der Auffassung der
Beklagten - nicht darauf an, ob das Vertragsverhältnis nach § 413 HGB als Spedition zu
festen Spesen oder als Sammelladung nach Frachtrecht zu beurteilen ist, denn nach § 2
a ADSp finden die ADSp Anwendung für alle Verrichtungen des Spediteurs, die mit dem
Speditionsgewerbe zusammenhängen; sie sind also auch anwendbar, wenn der
Spediteur ein Frachtgeschäft ausführt (Baumbach/Duden/Hopt, a.a.O., § 2 ADSp Anm.
1).
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§ 4 ADSp befaßt sich lediglich mit Angeboten des Spediteurs und bestimmt, daß diese
nur bei unverzüglicher Annahme gelten. Für einen Voranschlag bzw. Kostenanschlag
läßt sich daraus nichts herleiten.
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c) Die Kostenaufstellung vom 19.4.1991 ist von der Klägerin nicht mit der Sorgfalt eines
ordentlichen Kaufmannes erstellt worden. Um die bei ihr nachgefragten Kosten der
Beförderung der 5 Tiger und 2 Leoparden und des von den Künstlern Siegfried
##blob##amp; Roy einzusetzenden Artistenmaterials zuverlässig abschätzen zu
können, mußte sich die Klägerin über die für die Kostenberechnung maßgeblichen
Umstände informieren. Die Kosten für einen Lufttransport richten sich nach dem
frachtpflichtigen Gewicht, für das einerseits das tatsächliche Gewicht, andererseits aber
auch Spezifika - insbesondere: Art und Volumen (in Anspruch genommener Raum) -
des Frachtguts maßgeblich sind.
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Die Klägerin hat ihre Berechnung ausschließlich anhand der mitgeteilten Gewichte und
Abmessungen der Transportbehältnisse auf der Grundlage erstellt, daß die zu
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transportierenden Güter beliebig gestapelt und verstaut werden könnten. Nach ihrer
Vorstellung sollten die Käfige der 5 Tiger und 2 Leoparden übereinander gestapelt und
auch quer zur Flugrichtung auf einer Palette transportiert werden, während später
tatsächlich nur 2 Tierkäfige pro Palette befördert wurden. Das Landgericht hat mit
zutreffenden Erwägungen dargelegt, daß die Klägerin bei ihren Berechnungen
von Grundlagen ausgegangen ist, die tatsächlich nicht einzuhalten waren. Zwingende
Voraussetzung der von der Klägerin aufgemachten Berechnung war die Einhaltung des
frachtpflichtigen Gewichts, das sich nach dem Volumen der zu transportierenden Kisten,
geteilt durch sechs, bestimmt. Dieses frachtpflichtige Gewicht ist allerdings nur
maßgeblich, wenn und soweit das tatsächliche Gewicht der Kisten nicht höher ist oder
nach anderer Grundlage - z.B. auf Palettenbasis - also auf der Grundlage des auf der
(gewichtsmäßig nicht ausgelasteten Palette) möglichen Gewichts - berechnet wird.
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(1) Bereits die von der Klägerin angenommene und der Kostenaufstellung vom
19.4.1991 zugrunde gelegte Beförderung der Tierkäfige auf einer Palette, über- und
dicht nebeneinander gestapelt, widersprach den Bestimmungen der International Air
Transportation Association (IATA) zum Lufttransport von Wildtieren (Live Animals
Regulations) und den bei Tiertransporten im Luftwege üblichen Gepflogenheiten und
durfte von der Klägerin nicht zur Grundlage ihrer Kostenkalkulation gemacht werden.
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Für den Transport von Tieren im Luftwege sagen die IATA-Bestimmungen unter der
Rubrik "Carriage Procedures" aus, daß genügend Luft zum Atmen vorhanden und
gewährleistet sein muß, daß die Ventilationsöffnungen der Transportbehältnisse nicht
durch anderes Frachtgut blockiert werden kann (S.77 der Bestimmungen) und daß eine
ausreichende Belüftung sichergestellt wird, wobei die überwiegende Luftzufuhr im
oberen Behälterbereich vorzusehen ist (S.81), wie der Sachverständige P. auf Seite 2
seines Gutachtens vom 27.8.1996 (Bl. 654 d.A.) dargelegt hat. Aus der Art des
Transportgutes ergab sich für die Klägerin erkennbar die Notwendigkeit, nähere
Erkundigungen über die Modalitäten des Transportes einzuholen, bevor die bei ihr
nachgefragten voraussichtlichen Kosten berechnet wurden. Das hier zu befördernde
Transportgut - die Raubtiere der Künstler Siegfried ##blob##amp; Roy - konnten schon
ihrer Art nach nicht üblichem Transportgut gleichgesetzt werden, so daß deshalb nicht
einfach auf die übliche Verladung für die Berechnung des frachtpflichtigen Gewichtes
abgestellt werden durfte, wie es die Klägerin aber nach ihrem eigenen Vorbringen
gemacht hat. Entgegen ihrer Behauptung im Berufungsverfahren entspricht der
Transport von 7 Käfigen mit Raubkatzen (Tiger und Leoparden) auf einer 6,06 x 2,44 m
großen Palette - übereinander gestapelt - keineswegs der Branchenüblichkeit; ein
solcher Transport ist vielmehr als nicht sachgerecht und damit als unüblich anzusehen,
wie der Sachverständige P. - Kurator für Raubtiere im K.er Zoo - nachvollziehbar
dargelegt hat. Bei Tiertransporten ist - wie in den IATA-Bestimmungen auch zum
Ausdruck kommt - generell zu gewährleisten, daß die Tiere gewartet werden können
und Streß für die in Käfigen zu transportierenden Tiere vermieden wird. Zu solchem
Streß gehören insbesondere Schwitzen in Ausnahmesituationen wie sie ein Transport
darstellt. Gerade Raubtiere können in solchen Situationen enorme Hitze entwickeln,
weshalb eine ausreichende Luftzufuhr und Belüftung sicherzustellen ist. Dies ist bei
einer Stapelung der Tierkäfige - nach dem Sachverständigen - nicht möglich.
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Auch konnte die Klägerin nicht davon ausgehen, daß eine Aufstellung der Tierkäfige
nebeneinander auf einer 6,06 m langen Palette zulässig sei. Eine solche Verladeweise
wäre auch nicht sachgerecht gewesen, weil für die in der Mitte der Palette stehenden
49
Tiere die Belüftung nicht ausreichend gewesen wäre, wie der Sachverständige P. in
seiner mündlichen Anhörung vor dem Senat dargelegt hat. Sie hätte deshalb der
Kostenschätzung vom 19.4.1991 nicht zugrundegelegt werden dürfen.
Soweit die Klägerin mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 20.8.1997 vorträgt, sie
habe bei Entgegennahme der Tierkäfige diese auf zwei 3,18 m lange Paletten verladen
wollen, ist dies für die Entscheidung unerheblich, weil diese - geänderte - Planung der
Klägerin zur Verladung der Tierkäfige nicht - worauf es hier allein ankommt - der
Kostenaufstellung vom 19.4.1991 zugrundegelegen hat.
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Die Vornahme entsprechender Erkundigungen über die näheren Einzelheiten des
durchzuführenden Tiertransports war nicht nur im Hinblick auf die Art des
Transportgutes und die maßgeblichen IATA-Bestimmungen, sondern auch deshalb
geboten, weil die Mitarbeiter der Klägerin bzw. Firma Schenker International, die von der
Klägerin eingeschaltet und für diese vor Ort in Los Angeles tätig war, keine Erfahrungen
mit Tiertransporten - erst recht nicht mit Raub- und Zirkustiertransporten - hatten. Solche
Erkundigungen wären ohne weiteres möglich gewesen, weil der Zeuge T. - seinerzeit
Abfertigungsleiter von Schenker International in Los Angeles - wegen des Transportes
in ständigem Kontakt zu dem Tierarzt Dr. D., dem Haus-Tierarzt von Siegfried
##blob##amp; Roy und auch im übrigen für den Zeugen der Kontakt zu diesen
Künstlern, bzw. dessen Büro gestanden hatte.
51
Hätte die Klägerin die danach gebotenen Erkundigungen eingeholt, wäre ihr - wie vom
Landgericht zutreffend ausgeführt - schon frühzeitig und nicht erst bei der Verladung der
Tiere bekannt geworden, daß die Raubtiere mit Abstand zueinander verladen werden
mußten und nicht wie normales Frachtgut behandelt werden konnten. Außerdem hätte
die Klägerin in Erfahrung gebracht, in welchem Umfang Verpflegung für die zu
transportierenden Tiere mitzunehmen war, so daß das Anfallen von
Verpflegungsaufwand und dessen Umfang bereits bei der Kostenaufstellung hätte
berücksichtigt werden können.
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(2) Bezüglich des Artistenmaterials hatte die Klägerin ebenfalls erforderliche
Erkundigungen über die Art der Verladung schuldhaft unterlassen. Das Landgericht hat
auch insoweit zu Recht einen Sorgfaltsverstoß der Klägerin bei der Erstellung des
Kostenanschlages vom 19.4.1991 angenommen. Der Kostenaufstellung lag unstreitig
die per Telefax vom
53
12.4.1991 übermittelte Materialliste vom selben Tage (Ablichtung Bl. 59 d.A.) zugrunde.
Diese Liste weist für die
54
zu transportierenden Requisiten - dort "props" (= Bühnen-Requisiten) genannt - ein
Gesamtgewicht von 9.115 amerikanischen Pfunden aus, was umgerechnet 4.134,47 kg
entspricht. Tatsächlich wurden - den in den vorgelegten Frachtbriefen enthaltenen
Angaben zufolge - an "props" von Los Angeles nach Frankfurt insgesamt 4.698 kg
befördert. Gleichwohl ergab sich gegenüber der Kostenaufstellung vom 19.4.1991, die
bei der Beförderung des Artistenmaterials einen Betrag von 56.658,95 DM Kosten
vorsah, eine erhebliche Abweichung dergestalt, daß - ohne das zusätzlich als
Verpflegung beförderte Pferdefleisch - nunmehr tatsächlich 156.157,14 DM in Rechnung
gestellt wurden. Die Mehrkosten von 99.498,19 DM beruhten nicht auf der Mitnahme von
entsprechend mehr Requisiten, sondern - wie das Landgericht zu Recht dargelegt hat -
darauf, daß auch insoweit auf Palettenbasis abgerechnet wurde, weil ein Teil der
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Requisiten nicht übereinander gestapelt werden konnte. Das gilt insbesondere für die zu
befördernde Kanone und den Thronsessel, die nach den Bekundungen der Zeugen T.
und H. gesondert hätten geladen werden müssen. Bei diesen und den weiteren
Gegenständen der "prop"-Liste handelte es sich ersichtlich nicht um übliches
Transportgut, sondern um Artistenmaterial, bei dem erfahrungsgemäß mit
unregelmäßigen Verpackungsformen zu rechnen ist und das die Klägerin zu weiteren
Nachfragen vor Abgabe der Kostenaufstellung hätte veranlassen müssen. Zu Unrecht
beruft sich die Klägerin in diesem Zusammenhang auf § 7 Satz 2 ADSp. Danach fallen
"die etwaigen Folgen unrichtiger oder unvollständiger Angaben über Zeichen,
Nummern, Anzahl, Art, Inhalt der zu befördernden Stücke und alle sonstigen für die
Ausführung des Speditionsauftrages erheblichen Angaben" dem Auftraggeber zur Last.
Die Bestimmung betrifft vom Wortlaut und Regelungsgehalt her einen bereits erteilten
Speditionsauftrag. Auf einen Kostenanschlag ist die Bestimmung nicht anwendbar.
Wenn auch die Angaben der Beklagten Ausgangspunkt für die Berechnung der Klägerin
sein durften, so setzt die Erstellung eines Kostenanschlages im Sinne von § 650 BGB
gleichwohl begriffsnotwendig voraus, daß der Unternehmer sich über die
zugrundeliegenden Bedingungen informiert, wenn er eine fachmännische Kalkulation
vornehmen soll. Dazu gehört es auch, daß er als Fachmann die für die Preisermittlung
maßgeblichen Umstände abklärt und er sich die notwendigen Angaben vom (künftigen)
Besteller oder von dritter Seite besorgt, im übrigen die Angaben des künftigen Bestellers
nachprüft oder ergänzt (arg. § 7 Satz 3 ADSp). Muß der Spediteur damit rechnen, daß es
sich bei dem Ladegut um sperrige Gegenstände handelt, die möglicherweise nicht
verpackt werden können oder die das zulässige Palettengewicht nicht erreichen, hat er
aufgrund seiner besseren Sachkenntnis und mit Rücksicht auf die praktischen
Anforderungen des Luftfrachtverkehrs vor Erstellung eines Kostenanschlages der
Kalkulation des Stauraumverlustes durch Frachtgut, das erkennbar besonderen
Anforderungen oder Verwendungszwecken unterliegt, erhöhte Aufmerksamkeit zu
widmen. Bei Artistenmaterial kann der pflichtgemäß handelnde Spediteur nicht ohne
weiteres davon ausgehen, daß eine Verladung wie normales, in Kisten verpacktes
Frachtgut möglich ist.
Er muß nachfragen und sich bezüglich der Beschaffenheit des Gutes vergewissern, daß
es so gestapelt werden kann, daß das tatsächliche Gewicht und nicht die
Palettenanzahl maßgeblich ist. Der Zeuge T. hat hierzu bekundet, daß er - obwohl er in
dem Zeugen Dr. D. auch bezüglich des Artistenmaterials einen Ansprechpartner gehabt
habe - hierzu keine konkreten Nachfragen vorgenommen habe.
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Soweit die Klägerin unter Antritt von Sachverständigenbeweis behauptet, es sei
branchenüblich (gewesen), bei der Kostenermittlung aufgrund des Telefaxschreibens
vom 12.4.1991 (Bl. 59 d.A.) ohne vorherige Nachfrage davon auszugehen, daß das
Artistenmaterial wie übliches Transportgut verstaut, gestapelt und mit Transportgut
anderer Versender gemeinsam auf Paletten verladen werden dürfe, ist die Einholung
eines Sachverständigengutachtens für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht mehr
erforderlich, worauf die Parteien im Verhandlungstermin vom 18.8.1997 hingewiesen
worden sind. Bei Artistenmaterial handelt es sich gerade um kein übliches Transportgut,
wie der 20. Zivilsenat in der im Verhandlungstermin angesprochenen Entscheidung vom
4.3.1994 (20 U 140/93 = 87 O 38/92 LG Köln) vergleichbar bezüglich zu verladender
Musikinstrumente eines Symphonieorchesters festgestellt hat. Die bei
Musikinstrumenten vorliegenden Besonderheiten in der Behandlung und Beförderung
als Ladegut gelten nach Auffassung des Senats ebenso bei Objekten, die
künstlerischem Einsatz zu dienen bestimmt sind. Auch hier ist erfahrungsgemäß mit
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unregelmäßigen Verpackungen zu rechnen. Von einer "Branchenüblichkeit" der
Verladung von Artistenmaterial wie übliches Transportgut kann danach keine Rede
sein; eine solche Verladeweise ist vielmehr nicht als üblich und damit nicht als
sachgemäß anzusehen. (Das gilt jedenfalls dann, wenn die Angaben des Bestellers
(Kanone, Thronsessel) Anhaltspunkte enthalten, die auf eine besondere Beschaffenheit
des Gutes hinweisen). Das anderslautende Vorbringen der Klägerin beachtet diese
Besonderheiten nicht, weshalb die Einholung eines Sachverständigengutachtens
insoweit nicht mehr in Betracht kommt, worauf der Senat im Termin vom 18.8.1997
hingewiesen hat.
(3) Die Klägerin kann sich hier nicht auf § 20 ADSp berufen, wonach Angebote des
Spediteurs (und Vereinbarungen mit ihm über Preise und Leistungen) sich stets (nur auf
die namentlich aufgeführten eigenen Leistungen und/oder Leistungen Dritter und), wenn
nichts anderes vereinbart ist, "nur auf Güter normalen Umfangs, normalen Gewichts und
normaler Beschaffenheit beziehen". Die Art der zu transportierenden Güter war der
Klägerin bei Erstellung der Kostenschätzung bekannt gewesen. Damit stand aber für die
Klägerin auch fest, daß erhebliche Abweichungen von den "normalen Bedingungen"
vorlagen und demgemäß nicht von normalen Gütern im Sinne von § 20 ADSp
ausgegangen werden konnte. Lagen aber hier Besonderheiten vor, die die Klägerin zu
Erkundigungen verpflichteten, so waren die Umstände, die zu einer Verteuerung des
Transports führen mußten und auch führten, für die Klägerin gerade nicht
unvorhersehbar.
58
Soweit sich aus den Frachtbriefen ein gegenüber der Liste vom 12.4.1991 (Bl. 59 d.A.)
höheres tatsächliches Gewicht für die Requisiten von (4.698 kg - 4.134,47 kg =) 563,53
kg ergibt, hat die Klägerin zu den zusätzlich hinzugekommenen Teilen konkret nichts
näheres vorgetragen. Gleichwohl läßt dieses tatsächliche Mehrgewicht an Requisiten
die dargelegte Unsachgemäßheit des erstellten Kostenanschlages nicht entfallen. Mit
der Gewichtsdifferenz von 563,53 kg bei einer Frachtvergütung von 3,90 DM/kg können
die berechneten Mehrkosten von fast 100.000,-- DM nicht erklärt werden.
59
Die Beklagte hat zudem über die Voranschlagskosten für die Requisiten von 56.658,95
DM Mehrzahlungen in Höhe von (131.548,78 DM - 95.883,40 DM =) 35.665,38 DM
geleistet. Damit sind nicht nur die sich aus dem Mehrgewicht der Requisiten unter
Berücksichtigung der Frachtrate entstandenen Mehrkosten von (563,53 kg mal 3,90
DM/kg laut Rechnung vom 18.6.1991 - Bl. 13 d.A. =) 2.197,77 DM abgegolten, sondern
auch die zusätzlich angefallenen Kosten für den Transport der Tierverpflegung in Höhe
von 9.049,58 DM (laut Rechnung vom 11.7.1991 - Bl. 15 d.A.).
60
Soweit die Klägerin geltend macht, das Artistenmaterial habe nicht mit dem Frachtgut
anderer Versender auf eine Palette geladen werden dürfen, was auf einer "Anweisung"
beruht habe, ist dieses - von der Beklagten bestrittene - Sachvorbringen nicht im
einzelnen nachvollziehbar und nachprüfbar. Es fehlt an einer konkreten Darlegung
dazu, von wem und unter welchen Umständen eine solche Anweisung erteilt worden
sein soll, weshalb dem hierzu erfolgten Beweisantritt nicht nachzugehen ist. Die
Vernehmung des Zeugen T. liefe auf eine prozessual unzulässige Ausforschung des
Sachverhaltes hinaus.
61
Soweit die Klägerin weiter vorträgt, einzelne Gegenstände seien nicht in Kisten
verpackt, sondern nur eingewickelt gewesen, handelte es sich konkret nur um die
Kanone und den Thron, wie den Bekundungen der Zeugen T. und H. entnommen
62
werden kann; zu anderen Gegenständen fehlt es an spezifiziertem Vortrag. Beide
Gegenstände - Kanone und Thron - waren aber als solche auf der Liste vom 12.4.1991
aufgeführt, so daß sich die Klägerin ihretwegen bereits vor Abgabe der erwünschten
Kostenschätzung hätte erkundigen müssen, wie das Landgericht zutreffend dargelegt
hat. Tatsächlich hatte die Klägerin aber keine Rückfrage bei der Beklagten oder bei
Siegfried ##blob##amp; Roy bzw. dem Büro von deren Tierarzt Dr. D. vorgenommen.
Soweit die Klägerin in der Berufungsbegründung vorbringt, daß ihr auf Nachfrage
entsprechende Auskünfte nicht erteilt worden wären, ist dieses Vorbringen nicht
substantiiert und damit prozessual unbeachtlich; es ist nicht erkennbar und auch nicht
nachvollziehbar vorgetragen, weshalb die für den Transport Verantwortlichen die
erforderlichen Auskünfte nicht hätten erteilen sollen.
63
d) Durch die Verletzung der Sorgfaltspflicht ist der Beklagten auch ein
Vermögensschaden entstanden. Ein solcher Schaden liegt hier in den Mehrkosten, die
der Beklagten über den Betrag des Kostenanschlages und die Zusatzkosten für die
Beförderung der Tierverpflegung und das zusätzliche Gewicht beim Artistenmaterial
hinaus abverlangt werden.
64
Diese Mehrkosten wären nicht angefallen, weil die Beklagte bei ordnungsgemäßer
Erstellung des Kostenanschlages den Transportauftrag nicht, jedenfalls nicht in dem
später berechneten Umfang erteilt hätte. Dies steht - entgegen der Auffassung der
Klägerin - nach dem Ergebnis der in erster Instanz durchgeführten Beweisaufnahme
fest:
65
Nach den Angaben des Zeugen W., der seit Jahren für die Beklagte als
Versicherungsmakler tätig und auch vorliegend mit der versicherungstechnischen
Abwicklung des Auftritts von Siegfried ##blob##amp; Roy befaßt war, stand der
Beklagten ein gewisses Budget zur Verfügung. Dieses Budget wäre durch die
ursprünglich mit etwa 200.000 DM kalkulierte Versicherungsprämie erheblich
überschritten worden. Da dies unter allen Umständen vermieden werden sollte, wurden
die abzuschließende Versicherungsverträge so gefaßt, daß die zu zahlenden Prämien
nur etwa 67.000 DM betrugen. Bei einem am 13.5.1991 geführten Gespräch machten
die Geschäftsführer der Beklagten dem Zeugen S. deutlich, daß bei einer
Versicherungsprämie von 200.000 DM der Auftritt "nicht durchgezogen werden" könne.
Einschließlich der am 19.4.1991 vorkalkulierten Transportkosten wären für den Auftritt
von Siegfried ##blob##amp; Roy - ohne Honorar und Spesen der Künstler - dann etwa
300.000 DM an Kosten zu zahlen gewesen. Dazu waren die Geschäftsführer der
Beklagten aber nicht bereit gewesen, wie sich aus den Bekundungen der Zeugen S.
und W. ergibt. Die Beklagte hätte auch im Rahmen des sich selbst vorgegebenen
Budgets kostensparende Umdispositionen der Show dergestalt vornehmen können und
- nach den Bekundungen der Zeugen W. und K. - auch wollen, daß weniger Tiere zum
Einsatz kamen, was möglich gewesen wäre, da die Künstler Siegfried ##blob##amp;
Roy in ihren Zaubernummern nur mit beiden Leoparden arbeiteten, wie die Zeugin A.
bekundet hat. Ebenfalls in Frage gekommen wäre der Verzicht auf den Einsatz
sperrigen Materials wie z.B. der Kanone und des Throns. Immerhin waren zu Beginn der
Gespräche weniger Tiere vorgesehen, weshalb davon ausgegangen werden kann, daß
die Beteiligten (Beklagte und die Künstler) Kompromisse gesucht hätten, um die Kosten
zu senken. Notfalls hätte die Beklagte aber - wie aufgrund der glaubhaften Angaben der
Zeugen W. und S. feststeht - auf den Auftritt von Siegfried ##blob##amp; Roy gänzlich
verzichtet.
66
Soweit die Klägerin auf den mit den Künstlern abgeschlossenen Vertrag und dort
vereinbarte Vertragsstrafen hinweist, ist dies rechtlich ohne Belang, weil der
Engagementvertrag mit den Siegfried ##blob##amp; Roy vom 17.5.1991 datiert
(Ablichtung Bl. 420-426 d.A.), der hier maßgebliche Kostenanschlag aber bereits unter
dem 19.4.1991 erstellt worden war. Bei Vorlage dieser Kostenaufstellung war die
Beklagte gegenüber den beiden Künstlern mithin vertraglich noch nicht gebunden
gewesen.
67
Auch wenn davon auszugehen ist, daß der Tierarzt Dr. D. bei der Verladung der Tiere
konkrete Anweisungen zur Aufstellung der Tierkäfige gegeben hatte, die dazu führten,
daß nur zwei Tierkäfige pro Palette aufgestellt wurden, sind der Klägerin - die ihre
Planung dem Schriftsatz vom 20.8.1997 zufolge auf die Verwendung von 3,18 m langen
Paletten geändert hatte - hierdurch keine Mehrkosten durch die Frachtführerin Lufthansa
berechnet worden, wie die Zeugen M. und Dr. D. bekundet haben.
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e) Ein Mitverschulden (§ 254 BGB) an der Entstehung der Mehrkosten trifft die Beklagte
nicht. Auch wenn man Siegfried ##blob##amp; Roy als Erfüllungsgehilfen der
Beklagten hinsichtlich der vom Auftraggeber zu machenden Angaben ansieht, deren
Verschulden sich die Beklagte nach § 278 BGB zurechnen lassen müßte, kann ein
Verschulden der beiden Künstler im vorgenannten Sinne nicht festgestellt werden. Zwar
kann aus der Übersendung der "prop"-Liste vom 12.4.1991 (Bl. 59 d.A.) geschlossen
werden, daß sie nach Maßen und Gewichten gefragt wurden. Daß diese Angaben für
Siegfried ##blob##amp; Roy erkennbar zu einer Kostenkalkulation verwendet werden
sollten, ist nicht festzustellen. Ohne konkrete Nachfrage war es nicht Aufgabe der
beiden Künstler, der Klägerin fachmännischen Rat und Hinweise zu geben.
69
2.
70
Soweit das Landgericht eine Haftung der Klägerin nach den Grundsätzen der positiven
Vertragsverletzung unter dem Gesichtspunkt angenommen hat, die Klägerin habe sich
pflichtwidrig nicht rechtzeitig über die Transportbedingungen informiert, bedarf die
entsprechende Feststellung eines zum Schadensersatz verpflichtenden Verhaltens der
Klägerin keiner weiteren Aufklärung, weil die Klage aufgrund des von der Beklagten
erhobenen Einwandes der sorgfaltswidrigen Erstellung des Kostenanschlages keinen
Erfolg hat.
71
3.
72
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711,
108 ZPO.
73
Streitwert für das Berufungsverfahren und Wert der Beschwer der Klägerin: 142.618,21
DM
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