Urteil des OLG Köln vom 18.02.2010

OLG Köln (partei, verweisung, nebenintervention, gegenstand, höhe, wechsel, schneider, streitverkündung, sache, klageerweiterung)

Oberlandesgericht Köln, 17 W 255 + 257/09
Datum:
18.02.2010
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
17. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
17 W 255 + 257/09
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 91 O 19/04
Schlagworte:
Streithelfer; Nebenintervention; Parteirolle; Angelegenheit
Normen:
RVG §§ 16 - 19, § 20 Satz 1
Leitsätze:
Der Wechsel von der Nebenintervention (als Streithelfer der beklagten
Partei) zur Verfahrensbeteiligung als beklagte Partei nach
entsprechender Klageerweiterung durch die klagende Partei führt selbst
dann nicht zur Annahme zweier - nach dem RVG gebührenrechtlich
gesondert zu vergütender - Angelegenheiten, wenn das Verfarhen
gegen den Streithelfer nach erfolgter Parteierweiterung abgetrennt und
an ein anderes Gericht verwiesen wird.
Tenor:
Auf die sofortige Beschwerden der Klägerin werden die Kostenfestset-
zungsbeschlüsse I und II des Rechtspflegers des Landgerichts Köln vom
09.06.2009 - Aktenzeichen jeweils: 91 O 19/04 - unter Zurückweisung
des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und insgesamt
wie folgt neu gefasst:
1. Aufgrund des Urteils der 11. Zivilkammer für Handelssachen des
Landgerichts Köln vom 17.12.2008 - 91 O 19/04 - sind von der Klägerin
1.868,24 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 07.03.2009 an die Streithelferin
zu 1) zu erstatten.
Das weiter gehende Kostenfestsetzungsgesuch der Streithelferin zu 1)
wird zurückgewiesen.
Die Kosten dieses Beschwerdeverfahrens tragen die Klägerin zu 1/3
und die Streithelferin zu 1) zu 2/3.
2. Aufgrund des Urteils der 11. Zivilkammer für Handelssachen des
Landgerichts Köln vom 17.12.2008 - 91 O 19/04 - sind von der Klägerin
959,60 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 31.12.2008 an die Streithelferin
zu 2) zu erstatten.
Das weitergehende Kostenfestsetzungsgesuch der Streithelferin zu 2)
wird zurückgewiesen.
Die Kosten dieses Beschwerdeverfahrens tragen die Klägerin zu 1/5
und die Streithelferin zu 2) zu 4/5.
3. Gegenstandswert für die Beschwerden:
Kostenfestsetzung zu Gunsten der Streithelferin zu 1) 5.966,24 €
Kostenfestsetzung zu Gunsten der Streithelferin zu 2) 4.957,60 €
Summe 10.923,84 €
G R Ü N D E
1
Die sofortige Beschwerde der Klägerin ist zulässig. In der Sache greift das Rechtsmittel
jedoch nur teilweise durch. Eine Kostenerstattung können die Streithelfer im
vorliegenden Verfahren nur insoweit verlangen, als die geltend gemachten Gebühren
und Auslagen nicht bereits durch die Kostenfestsetzung im Düsseldorfer
Parallelprozess – 14c O 165/08 – ausgeglichen worden sind.
2
Der Senat hält daran fest, dass die weiter gehenden Festsetzungsanträge beider
Streithelferinnen keinen erstattungsfähigen (Mehr)-Aufwand zum Gegenstand haben.
Die Tatsache, dass die Streithelferinnen im vorliegenden Verfahren nachträglich jeweils
auch als beklagte Partei in Anspruch genommen worden sind und dass insoweit eine
Abtrennung des Verfahrens und eine Verweisung an das Landgericht Düsseldorf erfolgt
ist, rechtfertigt nicht die Annahme eines in beiden Rechtsstreitigkeiten gesondert zu
veranschlagenden Gebührenanfalls.
3
Der Senat hat bereits mit Verfügung vom 11.11.2009 darauf hingewiesen, dass der
Wechsel von der Streithelferrolle in die der beklagten Partei (bzw. in umgekehrter
Reihenfolge) die Nämlichkeit der zugrunde liegenden Angelegenheit nicht in Frage
stellt (vgl. OLG Stuttgart, JurBüro 1983, 857; KG Rechtspfleger 1962, 37; N. Schneider
in: Schneider/Wolf, 4. Aufl., § 15 Rdn. 155; Gerold/Schmidt/Madert, RVG, 18. Aufl., § 15
Rdn. 27; Riedel/Sußbauer/Fraunholz, RVG, 9. Aufl., § 15 Rdn. 12). Demgegenüber
greifen die Einwendungen beider Streithelferinnen, mit denen sie das Vorliegen
gänzlich unterschiedlicher Angelegenheiten geltend machen wollen, nicht durch.
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Aus dem Regelungszusammenhang der §§ 16 – 19 RVG ergibt sich vielmehr, dass die
Nebenintervention gegenüber der Parteirolle nicht als gesonderte Angelegenheit zu
beurteilen ist. Im gegebenen Fall liegt auf der Hand, dass die Anwaltstätigkeit auf Seiten
beider Streithelferinnen sowohl im Zuge der Streithilfe als auch im Rahmen der
Vertretung der Streithelferinnen als beklagte Partei einen untrennbaren inneren
5
Zusammenhang aufwies (vgl. dazu Gerold/Schmidt/Madert, a. a. O., § 15 Rdn. 8 f.), aus
dem heraus es nicht gerechtfertigt ist, auf das Vorliegen zweier gesondert zu
vergütender Angelegenheiten zu schließen. Allein der Umstand, dass es zu einer
Abtrennung des Verfahrens gekommen ist, indiziert für sich weder das Vorliegen zweier
Angelegenheiten noch die aus anwaltlicher Sicht gegebene Notwendigkeit, in zwei
gebührenrechtlichen Angelegenheiten tätig werden zu müssen. Dass die Verweisung
an ein anderes Gericht die Nämlichkeit des Rechtszuges nicht in Frage stellt, ergibt sich
vielmehr unmittelbar aus § 20 S. 1 RVG.
Die Argumentation beider Streithelferinnen lässt gegenüber den vorstehend
aufgezeigten Grundsätzen außer Betracht, dass sich die Rechtsverteidigung der
Streithelferinnen – sei es im Rahmen der Nebenintervention, sei es im Rahmen der
Parteirolle – auch nach erfolgter Abtrennung und Verweisung keine durchgreifenden
qualitativen Unterschiede aufweist. Zwar erfolgt eine Nebenintervention unter Beitritt auf
Seiten einer beklagten Partei unter einem etwas anderen Blickwinkel, bei dem der
Nebenintervenient Regressansprüchen der von ihm unterstützen Partei vorbeugen will,
während der Wechsel in die Parteirolle als beklagte Partei dazu führt, dass nunmehr
unmittelbar die Abwehr von Ansprüchen der klagenden Partei zu verfolgen ist. Dies
ändert jedoch nichts daran, dass sich die Rechtsverteidigung in beiden Rollen in
tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht als Verfolgung eines einheitlichen
Rechtschutzinteresses darstellt. An den als haftungsbegründend zugrunde gelegten
Tatsachen änderte sich nichts.
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Die Klageerweiterung auf die beiden Streithelferinnen ist ausdrücklich darauf gestützt
worden, dass diejenigen Schadensersatzansprüche, die auch Gegenstand der
ursprünglich erhobenen Klage gewesen sind, nunmehr gesamtschuldnerisch auch von
den neuen Beklagten (Streithelferinnen) auszugleichen seien. Dem lag der nämliche
Schadensfall (Kranunfall) zugrunde, der bereits Gegenstand des bis dahin anhängigen
Rechtsstreits gewesen war. Sowohl die seitens der Erstbeklagten erfolgte
Streitverkündung vom 27.05.2004 als auch die seitens der Klägerin erfolgte
Streitverkündung vom 09.10.2006 hatten sich auf die Verantwortlichkeit beider
Streitverkündeten/-helferinnen in Bezug auf die zugrunde liegenden Schäden gestützt.
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Nach Abtrennung des Verfahrens und der insoweit erfolgten Verweisung an das
Landgericht Düsseldorf hat sich an dem so verstandenen Gegenstand des Rechtsstreits
nichts Grundlegendes geändert. Das Landgericht Köln hat die Klage im Folgenden im
Wesentlichen abgewiesen. Es hat vertragliche Ansprüche und
Schadensersatzansprüche verneint. Ein deliktischer Ersatzanspruch für den Einsturz
des Krans hat danach nicht bestanden. Dasselbe hat das Landgericht Düsseldorf in
seinem Urteil vom 03.09.2009 festgestellt, und zwar unter ausdrücklicher Hervorhebung
des Umstandes, dass bereits die Erstbeklagte im Kölner Verfahren und sodann auch die
weiteren Beklagten die Schadenshöhe rechtserheblich bestritten hätten, ohne dass
insoweit eine Schadenskonkretisierung erfolgt sei.
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Der gesamte Sach- und Streitstand vermittelt vor diesem Hintergrund keine
durchgreifenden Hinweise darauf, dass die Prozessbevollmächtigten der
Streithelferinnen gesonderte Angelegenheiten wahrzunehmen hatten. Ohne die
Abtrennung und Verweisung wäre es in einem einheitlichen Rechtsstreit ohne Weiteres
bei der nämlichen Rechtsverteidigung der Streithelferinnen geblieben, die keinen
doppelten Gebührenanfall rechtfertigen kann.
9
Auf der Grundlage der bestandskräftigen Kostengrundentscheidung im vorliegenden
Verfahren können daher nur diejenigen Kosten Berücksichtigung finden, die nicht
bereits im Düsseldorfer Verfahren festgesetzt worden sind. Deren Umfang ist im
Beschwerdeverfahren unstreitig geworden.
10
Da die Klägerin die im vorliegenden Verfahren angemeldeten Gebühren und Auslagen
(als zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendige Kosten im Sinne von §
91 Abs. 1 ZPO) der Sache nach nicht angreift, war eine Anrechnung der bereits im
Düsseldorfer Verfahren festgesetzten Kosten vorzunehmen, die zu den tenorierten
Erstattungsansprüchen führt.
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Danach reduziert sich der festgesetzte Erstattungsbetrag zu Gunsten der Streithelferin
zu 1) in Höhe von 5.966,24 €
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um die bereits festgesetzten 4.098,00 €
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auf 1.868,24 €.
14
Die zu Gunsten der Streithelferin zu 2) festgesetzten
15
Kosten von 4.957,60 €
16
reduzieren sich um bereits festgesetzte Kosten von 4.098,00 €
17
auf 959,60 €.
18
Die Kostenentscheidungen beruhen auf § 92 ZPO.
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