Urteil des OLG Köln vom 07.09.2000
OLG Köln: lebensversicherung, datum, bausparvertrag, verfügung, unzumutbarkeit, kauf, aufteilung, auszahlung, fälligkeit, eigentum
Oberlandesgericht Köln, 14 WF 106/00
Datum:
07.09.2000
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
14. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
14 WF 106/00
Vorinstanz:
Amtsgericht Euskirchen, 14 F 85/99
Tenor:
Auf die Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluß des
Amtsgerichts Euskirchen vom 2.8.2000 (14 F 85/00 Gü) wird dieser
Beschluß aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das
Amtsgericht zurückverwiesen.
G R Ü N D E
1
I.
2
Das Amtsgericht hat der Antragstellerin Prozeßkostenhilfe für eine Folgesache
Zugewinnausgleich, mit der sie die Zahlung von 67.668,80 DM und die Zustimmung zur
hälftigen Aufteilung eines Bausparvertrages verlangt, bewilligt und dabei im Hinblick auf
die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse festgesetzt, daß eine "einmalige
Zahlung aus dem Vermögen in Höhe der Kosten zunächst bis zum 31.12.2000" geleistet
werden soll.
3
Mit der Beschwerde hat die Antragstellerin sich gegen die Festsetzung von Zahlungen
gewandt, da die Höhe des zu zahlenden Betrages nicht genannt werde und weil das
vorhandene Vermögen (1/2-Eigentum am Haus, Bausparvertrag und
Lebensversicherung) nicht zumutbar verwertbar sei.
4
In seiner Nichtabhilfeentscheidung hat das Amtsgericht weiter ausgeführt, daß
Rückkaufverluste bei Bausparvertrag und Lebensversicherung hingenommen werden
müßten und die Bestimmung "zunächst bis zum 31.12.2000" bedeute, daß der Zeitpunkt
der Zahlung verschoben werden könne, wenn bis zum 31.12.2000 hinreichende Mittel
nicht zur Verfügung stünden.
5
II.
6
Die gem. § 127 II ZPO zulässige Beschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen
Beschlusses und Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht.
7
Gem. §§ 115 II, 120 I ZPO setzt das Gericht aus dem Vermögen zu zahlende Beträge
fest. Schon aus diesem Gesetzeswortlaut ergibt sich, daß die Partei mit der PKH-
Entscheidung erfahren muß, in welcher konkreten Höhe sie einmalige Leistungen oder
8
laufende Monatsraten zu erbringen hat. Nur dann kann sie beurteilen, ob das Gericht
ihre Vermögensverhältnisse richtig ermittelt hat und ob ggf. ein Rechtsbehelf gegen die
Entscheidung Aussicht auf Erfolg hat. Richtig ist zwar, daß bei der Festsetzung von aus
dem Vermögen zu zahlenden Raten kein Endzeitpunkt der Ratenzahlung festgesetzt
werden kann, weil das Gesetz eine Begrenzung auf 48 Monatsraten (§ 115 I 3 ZPO)
bzw. bei Kostendeckung (§ 120 III 3 ZPO) vorsieht. Dennoch weiß der Antragsteller bei
dieser Sachlage, welche Beträge er monatlich aufzubringen hat und kann überprüfen,
ob die Festlegung dem nach dem Gesetz einsatzpflichtigen Einkommen bzw. Vermögen
entspricht. Da das Gesetz bei Einmalzahlungen aus dem Vermögen (naturgemäß) keine
zeitliche Begrenzung kennt, muß bei der Anordnung von Einmalzahlungen der
einzusetzende Betrag ziffernmäßig angegeben werden (ebenso Zimmermann,
Prozeßkostenhilfe in Familiensachen, 2. Aufl. (2000) Rn. 285 "anzugeben ist der Betrag
und das Datum der Fälligkeit"; Zöller/Philippi, ZPO, 21. Aufl. (1999), § 120 Rn. 10),
damit z.B. die Einhaltung der Vermögensschongrenzen überprüft werden kann. Das
Gericht muß dabei überschlägig prüfen, ob die Einmalzahlung die Höhe der
voraussichtlichen Prozeßkosten erreicht, denn die Voraussetzungen für eine
Prozeßkostenhilfebewilligung sind nicht gegeben, wenn die Partei Einmalzahlungen in
Höhe der Prozeßkosten sofort oder alsbald aufbringen kann, denn dann fehlt es an der
Voraussetzung des § 114 ZPO, daß die Partei die Kosten nur zum Teil (oder in Raten)
aufbringen kann. Auch daraus ergibt sich, daß die sofortige oder alsbaldige
Einmalzahlung unter den voraussichtlichen Kosten der Prozeßführung liegen muß.
Nach Auffassung des Senats ist es auch nicht möglich, eine Einmalzahlung zu
bestimmen, deren Zeitpunkt aber offenzulassen ("zunächst"), weil noch nicht sicher ist,
wann hinreichende Mittel zur Verfügung stehen. Sind hinreichende Mittel noch nicht
vorhanden und steht der genaue Zeitpunkt, wann sie vorhanden sein werden, noch nicht
fest, muß zunächst Prozeßkostenhilfe ohne Ratenzahlungen gewährt werden und es
kann eine Änderung der PKH-Entscheidung gem. § 120 IV ZPO erfolgen, sobald die
erforderlichen Mittel vorhanden sind bzw. der Zeitpunkt ihres Vorhandenseins
zuverlässig feststeht (Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozeßkostenhilfe und
Beratungshilfe, 2. Aufl. (1999) Rn. 352, 387 ff.). Insoweit kann der Partei im PKH-
Bewilligungsbeschluß schon eine entsprechende Erklärungsauflage gemacht werden
und es können auch Wiedervorlagefristen für Nachfragen notiert werden. Wenn der
Zeitpunkt der Vermögenseinsatzmöglichkeit schon feststeht, und es erforderlich ist, den
Zeitraum bis dahin durch eine Prozeßkostenhilfebewilligung zu überbrücken, kann der
Zeitpunkt und die Höhe der Zahlung auch gem. § 120 I S.2 ZPO sofort festgesetzt
werden (OLG Koblenz FamRZ 1996, 43).
9
Das Amtsgericht wird bei der Festsetzung einer bestimmten Summe weiter zu prüfen
haben, in welchem Umfang das Einkommen schon jetzt einsatzfähig ist. Bei Vermögen,
das im Rahmen von Bausparverträgen oder Lebensversicherungen festgelegt ist, kommt
es darauf an, ob der Einsatz schon jetzt zumutbar ist. Das kann von der Höhe des
Vermögens selbst, von der Höhe der eintretenden Verluste bei vorzeitiger Auszahlung
oder von der Dauer der notwendigen Auseinandersetzung mit Mitberechtigten
abhängen. Wer Prozeßkostenhilfe begehrt und sich auf die Unzumutbarkeit des
Vermögenseinsatzes beruft, muß konkret darlegen, welche Nachteile er durch den
gegenwärtigen Einsatz erleidet oder warum das Vermögen derzeit nicht einsetzbar ist.
Nach Auffassung des Senats kann nicht generell gesagt werden, daß
"Verwertungsverluste" in Kauf genommen werden müssen, sondern es muß im
Einzelfall die Zumutbarkeit nach deren Höhe geprüft werden (vgl.
Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, a.a.O., Rn. 321, 327; Zimmermann,
10
Prozeßkostenhilfe in Familiensachen, 2. Aufl. (2000) Rn. 139, 149 - in Einzelheiten wird
die Zumutbarkeit unterschiedlich beurteilt).