Urteil des OLG Köln vom 18.01.2008
OLG Köln: betriebskosten, treu und glauben, vermieter, falsche auskunft, verwaltungskosten, nebenkosten, begriff, transparenzgebot, mietvertrag, mietzins
Oberlandesgericht Köln, 1 U 40/07
Datum:
18.01.2008
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
1. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
1 U 40/07
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 27 O 284/05
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Köln
vom 26.04.2007 - 27 O 284/05 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die
Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des
aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der
Kläger vor der Vollstreckung in Höhe von 110 % des jeweils zu
vollstreckenden Betrages Sicherheit leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe:
1
I.
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Die Parteien streiten um die Zahlung von Miete, Nutzungsentschädigung und
Betriebskosten aus einem gewerblichen Mietverhältnis.
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Der Kläger ist Eigentümer eines Geschäftshauses in der F-Straße 88 in L. Der Kläger
als Vermieter und die Beklagte als Mieterin schlossen am 09.01.2004 einen Mietvertrag
über Gewerberäume in diesem Objekt. Der Mietvertrag war für den Zeitraum vom
01.03.2004 bis zum 31.02.2009 fest geschlossen. Der Mietzins betrug bis zum
31.12.2004 incl. Umsatzsteuer und Nebenkostenvorauszahlung 6.380,00 €, ab Januar
2005 insgesamt 6.467,80 €, ab September 2005 – wegen geänderter
Betriebskostenvorauszahlung – 6.609,82 € (insoweit streitig) und ab Januar 2006
wegen der Erhöhungsklausel des § 4 des Mietvertrages 7.047,80 €. Der Mietvertrag
enthält eine Anlage zur Aufstellung der Betriebskosten. In dieser Aufstellung ist in Ziff.
17 vereinbart, dass die Kosten für die "kaufmännische und technische Hausverwaltung"
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als sonstige Betriebskosten auf den Mieter umgelegt werden. Nähere Angaben zu der
Umlegung oder Anhaltspunkte zur Höhe dieser Kosten finden sich in Ziff. 17 nicht.
Wegen der Einzelheiten wird auf die zu den Akten gereichten Kopien des Mietvertrages
und der Anlage 1 Bezug genommen (Bl. 4 ff. GA).
Der Kläger ließ die Verwaltung des Hauses von der Fa. T Immobilien GmbH &
Management KG führen. Zwischen dem Kläger und der Fa. T Immobilien GmbH &
Management KG bestand seit dem 18.02.2000 ein Hausverwaltungsvertrag, der durch
einen Nachtrag vom 19.06.2001 ergänzt wurde. Der Nachtrag nimmt auf den
Hauptvertrag Bezug, ist von dem Kläger persönlich unterschrieben, weist jedoch bei der
Bezeichnung der Parteien den Namen des Sohnes des Klägers "B C" auf. Der Nachtrag
legt das Entgelt des Auftragnehmers auf 5,5 % der Brutto-Soll-Miete fest. Wegen der
weiteren Einzelheiten wird auf die zu den Akten gereichte Kopie des Verwaltervertrages
und des Nachtrages verwiesen (Bl. 130 ff. GA).
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Im Monat September 2004 zahlte die Beklagte einen um 880,- € verminderten Mietzins.
Ab Januar 2005 zahlte die Beklagte ebenfalls nicht mehr den vollständigen Mietzins.
Wegen der unstreitigen Zahlungen und der daraus folgenden Rückstände für das Jahr
2005 wird auf die Auflistung Bl. 47 GA verwiesen. Aufgrund der Mietrückstände kündigte
der Kläger das Mietverhältnis am 08.09.2005 fristlos. Die Parteien vereinbarten im
Anschluss an die Kündigung, dass die Beklagte das Objekt bis zum 15.01.2006 weiter
nutzen durfte. Die Einzelheiten im Hinblick auf diese Absprache, insbesondere die
Pflicht zur Zahlung einer Nutzungsentschädigung für den Monat Januar 2006, sind
streitig.
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Ende des Jahres 2005 erhielt die Beklagte die Nebenkostenabrechnung für das Jahr
2004, welche die von der Beklagten zu zahlenden Nebenkosten mit 6.080,01 € zzgl.
Mehrwertssteuer auswies, wobei 3.158,10 € auf die Verwalterkosten entfielen (Bl. 49 ff.
GA). Die Beklagte verlangte Belegeinsicht, welche ihr gewährt wurde. Am 10.01.2006
übergab die Beklagte das Mietobjekt an den Kläger. Am 15.01.2006 erfolgte die
Weitervermietung.
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Aufgrund der zu geringen Mietzinszahlungen ergaben sich verschiedentliche
Rückstände, die die Beklagte teilweise während des Prozesses ausglich.
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Letztlich hat der Kläger mit der Klage die Zahlung der Nutzungsentschädigung für den
halben Monat Januar 2006 und die Mietzahlung für den Monat September 2004 in Höhe
von insgesamt 4.479,05 € sowie die Zahlung der Betriebskosten in Höhe von 2.023,66 €
geltend gemacht. Der Kläger hat behauptet, eine Absprache bzgl. der zu zahlenden
Nutzungsentschädigung für Januar 2006 habe es nicht gegeben, so dass insoweit eine
Nutzungsentschädigung zu zahlen sei. Er hat die Ansicht vertreten, dass die
Betriebskosten für das Jahr 2004 geschuldet seien. Insbesondere sei die Umlage der
Verwalterkosten zulässig. Dazu hat der Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung
einen Verwaltervertrag vorgelegt und behauptet, dass es sich bei der hierin enthaltenen
Bezeichnung "B C" um ein Versehen gehandelt habe.
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Der Kläger hat den Rechtsstreit in Höhe der durch die Beklagte seit Juni 2005 gezahlten
Beträge für erledigt erklärt und hat beantragt,
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die Beklagte – unter Berücksichtigung der Erledigungserklärung – zu
verurteilen, an ihn 6.502,71 € nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten
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über dem Basiszinssatz aus 4.479,05 € seit dem 04.01.2006 sowie aus
2.023,66 € seit dem 30.09.2005 zu zahlen.
Die Beklagte hat einen Betrag von 455,44 € anerkannt und im Übrigen beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie hat behauptet, zwischen den Parteien sei vereinbart worden, dass die Beklage den
Gewerberaum für den Monat Januar 2006 habe unentgeltlich nutzen können. Die
Beklagte hat überdies die Ansicht vertreten, dass die Betriebskostenabrechnung nicht
zu einer Zahlungspflicht ihrerseits führe, denn zum einen habe sie die
Abrechnungsunterlagen nicht ausreichend einsehen können, insbesondere seien ihr
keine Kopien etc. zugeschickt worden – was unstreitig ist, zum anderen seien die
Verwalterkosten nicht umlagefähig. Da die Betriebskostenrechnung nicht akzeptiert
worden sei, greife auch die darin vorgesehene Erhöhung der Betriebskosten nicht.
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Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 6.427,56 € nebst Zinsen in Höhe von 8
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 4.403,90 € seit dem 04.01.2006 sowie aus
2.023,66 € seit dem 30.09.2005 stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen.
Zur Begründung hat es ausgeführt, der Anspruch auf Zahlung der Miete für den Monat
September 2004 bestehe gemäß § 535 BGB. Die Zahlungspflicht für die anteilige Miete
des Monats Januar 2006 ergebe sich bis zum 10.01.2006 aus § 546 a BGB und für die
Zeit vom 11.01.2006 bis zum 15.01.2006 aus Schadensersatzgesichtspunkten. Das
Gericht hat insoweit Beweis erhoben und ausgeführt, dass die Beklagte den ihr
obliegenden Beweis zu einer Vereinbarung über die unentgeltliche Nutzung des
Objekts im Monat Januar 2006 nicht habe führen können.
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Im Hinblick auf die Betriebskosten hat das Gericht dargelegt, dass die Verwalterkosten
umlagefähig seien und auch der Hausverwaltervertrag wirksam sei. Die Bezeichnung "B
C" sei ein Versehen, dass der Vertrag erst im Termin vorgelegt wurde, sei unschädlich,
da dies mangels Veranlassung zu einer weiteren Beweisaufnahme nicht zu einer
Verzögerung des Rechtsstreits geführt habe.
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Im Übrigen habe die Beklagte einen Betrag in Höhe von 455,44 € anerkannt.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil des Landgerichts Bezug
genommen (Bl. 158 ff. GA).
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Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Berufung eingelegt, mit welcher sie den
Klageabweisungsantrag – mit Ausnahme des anerkannten Betrages - weiter verfolgt.
Die Beklage stützt die Berufung im Wesentlichen auf zwei Punkte (vgl. Bl. 194 ff. GA):
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Zum einen sei die Beweisaufnahme im Hinblick auf die Verpflichtung zur Zahlung der
Nutzungsentschädigung bzgl. des Monats Januar 2006 verfahrensfehlerhaft. Das
Gericht habe die Aussage des Zeugen T fehlerhaft als eindeutig und plausibel
eingeordnet. Diese sei aber vielmehr unergiebig, da der Zeuge T mehrmals bekundet
habe, sich nicht genau an ein Gespräch mit dem Zeugen I zu erinnern. Im Gegensatz
dazu sei die Aussage des Zeugen I detailreich und plausibel gewesen, so dass
bewiesen sei, dass die Beklagte von der Zahlungspflicht in Bezug auf die
Nutzungsentschädigung befreit sei.
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Zum anderen seien die Verwalterkosten nicht umlagefähig, so dass die Betriebskosten
nicht geschuldet seien. Eine Umlagefähigkeit bestehe nicht, da die Verwalterkosten
lediglich pauschal angegeben seien. Die Beklagte beruft sich insoweit im Wesentlichen
auf die Entscheidung des 22. Zivilsenates des OLG Köln vom 04.07.2006 - 22 U 40/06 -,
in welcher der 22. Zivilsenat eine vergleichbare Klausel als überraschend i. S. des
§ 305 c BGB eingeordnet hat. Letztlich seien die Verwalterkosten auch nicht
nachvollziehbar dargelegt. Der Verwaltervertrag sei verspätet beigebracht worden und
zudem sei ein redaktionelles Versehen bei der Bezeichnung "B C" nicht bewiesen.
Auch sei das ihr zustehende Einsichtsrecht nicht erfüllt.
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Die Beklagte beantragt,
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unter Abänderung des am 26.04.2007 verkündeten Urteils des Landgerichts
Köln, Aktenzeichen 27 O 284/05, die über den anerkannten Betrag
hinausgehende Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Er verteidigt das Urteil des Landgerichts, soweit das Landgericht die Beweisfälligkeit der
Beklagten in Bezug auf die Vereinbarung für Januar 2006 angenommen hat und soweit
das Landgericht die Regelung über die Kostentragung der Hausverwaltung für wirksam
gehalten hat. Insbesondere handelt es sich nach Auffassung des Klägers bei der in Ziff.
17 der Betriebskostenaufstellung enthaltenen Klausel nicht um eine überraschende
Klausel.
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Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien im Berufungsrechtszug wird auf
die darin gewechselten Schriftsätze und die überreichten Urkunden Bezug genommen.
27
II.
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Die zulässige Berufung ist unbegründet.
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Das Landgericht hat dem Kläger zu Recht einen Anspruch auf Zahlung der
Nutzungsentschädigung für den Monat Januar 2006, auf Zahlung der Betriebskosten für
das Jahr 2004 und auf Zahlung der Miete für den Monat September 2004 zuerkannt.
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1. Nutzungsentschädigung für Januar 2006
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Der Anspruch auf Zahlung von Nutzungsentschädigung für den Monat Januar 2006
ergibt sich - wie das Landgericht zutreffend dargelegt hat - bis zum 10.01.2006 aus
§ 546 a BGB und für die Zeit vom 11.01.2006 bis zum 15.01.2006 aus
Schadensersatzgesichtspunkten.
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Der Einwand der Beklagten, dass die Beweisaufnahme des Gerichts im Hinblick auf die
Zahlungsvereinbarung für den Monat Januar 2006 fehlerhaft sei, trägt nicht. Gemäß
§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO hat das Berufungsgericht seiner Entscheidung die vom Gericht
des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen zugrunde zu legen, soweit nicht
konkrete Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen
Tatsachen bestehen. Im Berufungsverfahren ist daher zu prüfen, ob die
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Beweiswürdigung des erstinstanzlichen Gerichts unvollständig oder in sich
widersprüchlich ist, ob sie gegen Denkgesetzte oder Erfahrungssätze verstößt oder
wesentliche Teile des Beweisergebnisses unberücksichtigt lässt.
Die Beklagte beruft sich darauf, dass der Zeuge T sich nicht an das von dem Zeugen I
benannte Gespräch erinnern könne und seine Aussage daher nicht ergiebig sei. Die
Aussage des Zeugen I sei hingegen in sich stimmig, so dass dieser zu folgen sei.
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Das Landgericht hat die Aussage des Zeugen T jedoch derart verstanden, dass auch
dieser einen plausiblen Lebenssachverhalt geschildert hat, denn es sei nachvollziehbar,
dass der Zeuge T trotz fehlender genauer Erinnerung an einzelne Gespräche
ausschließen könne, dass er Zugeständnisse bzgl. der Januarmiete gemacht habe.
Immerhin habe sich der Zeuge T sonst gegenüber dem Vermieter – dem Kläger –
rechtfertigen müssen (vgl. S. 5f. d. U.). Diese Wertung des Gerichts ist nicht zu
beanstanden. Das Gericht hat die Zeugenaussagen lückenlos und ausgiebig gewürdigt
und diese für gleichermaßen glaubhaft erachtet. Es verstößt nicht gegen Denk- und
Erfahrungssätze, dass eine Person bzgl. genauer Inhalte und Zeiträume eines
Gesprächs Erinnerungslücken aufweist, jedoch eindeutig ausschließen kann, eine
bestimmte Aussage getätigt zu haben. Insbesondere ist die Annahme nachvollziehbar,
dass der Geschäftsführer einer Hausverwaltung, der täglich für Mietangelegenheiten
zuständig ist, ausschließen kann, finanzielle Zugeständnisse gemacht zu haben, denn
die Mietangelegenheiten betreffen seine tägliche Arbeit, so dass die Nichtabgabe
finanzieller Zusagen für ihn üblich sein kann.
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Unter der zutreffenden Annahme, dass die Beweislast für den Abschluss einer
entsprechenden Vereinbarung bei der Beklagten liegt, ist die Tatsachenfeststellung
durch das Landgericht nicht zu beanstanden.
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2. Betriebskosten
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Ebenfalls zu Recht hat das Landgericht dem Kläger einen Anspruch auf Zahlung der
Betriebskosten für das Jahr 2004 in Höhe von 2.023,66 € aus § 535 BGB zuerkannt.
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a. Umlagefähigkeit der Verwalterkosten
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Insbesondere sind die im Streit stehenden Verwalterkosten umlagefähig. Die
Vereinbarung in Ziff. 17 der Anlage 1 zum Mietvertrag ist entgegen der Ansicht der
Beklagten nicht unwirksam. Bei dieser formularmäßigen Vereinbarung handelt es sich
um eine allgemeine Geschäftsbedingung i. S. der § 305 ff. BGB, welche weder nach
§ 307 BGB noch nach § 305 c BGB unwirksam ist.
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aa.
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Zunächst verstößt die Klausel nicht gegen das Transparenzgebot und ist auch im
Übrigen nicht unangemessen i. S. des § 307 BGB. Es besteht in Rechtsprechung und
Schrifttum mittlerweile weitgehend Einigkeit, dass Verwaltungskosten auch
formularmäßig auf den Mieter abgewälzt werden können (vgl. etwa OLG Köln NZM
2006, 851; OLG Hamburg, WuM 2003, 268; KG, KG-Report 2004, 21; Beyerle in
Lindner-Figura/Oprée/Stellmann Kap. 11 Rn. 20). In jüngerer Zeit ist lediglich umstritten,
ob die Umlage von "Verwaltungskosten" hinreichend bestimmt ist und dem
Transparenzgebot gerecht wird (vgl. zum Meinungsstand: Ludley, NZM 2006, 851
42
m.w.N.). Nach Auffassung des Senats ist der Begriff "Verwalterkosten" nicht zu
unbestimmt. Dem Begriff fehlt nämlich nicht jede Auslegbarkeit dahingehend, dass sich
kein geltungsfähiger Sinn ermitteln ließe (so auch OLG Hamburg, WuM 2003, 268).
Einer solchen Annahme steht nämlich schon § 1 Abs. 2 Nr. 2 der
Betriebskostenverordnung entgegen, welcher besagt dass Verwaltungskosten die
"Kosten der zur Verwaltung des Gebäudes erforderlichen Arbeitskräfte und
Einrichtungen, die Kosten der Aufsicht, der Wert der vom Vermieter persönlich
geleisteten Verwaltungsarbeit, die Kosten für die gesetzlichen oder freiwilligen
Prüfungen des Jahresabschlusses und die Kosten für die Geschäftsführung sind."
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Von dieser Definition kann auch für die Geschäftsraummiete ausgegangen werden (vgl.
OLG Düsseldorf, DWW 2000, 194). Die Begriffe "Verwaltungskosten" oder "Kosten der
Hausverwaltung" genügen daher dem Bestimmtheitserfordernis für eine
Umlegungsvereinbarung. Diese Annahme wird auch dadurch gestützt, dass bei
Gewerberäumen die Notwendigkeit der Verwaltung im Sinne von Leitung, Organisation
und Koordination auf der Hand liegt und dass es üblich und von vornherein absehbar
ist, dass eine professionelle Hausverwalterfirma beauftragt wird (OLG Hamburg, WuM
2003, 268).
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Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot kann sich auch nicht aus dem Aspekt des
unbezifferten Regelungsgegenstandes ergeben, denn wenn der Regelungsgegenstand
als Solcher bestimmt genug ist, dann bedeutet dies, dass auch dessen Größenordnung
zumindest abschätzbar ist. Wenn der Vertragspartner des Verwenders erkennen kann,
welche Tätigkeiten unter den Begriff der Hausverwaltung fallen, so kann er sich auch
ein grobes Bild davon machen, welche Kosten auf ihn zukommen, denn er kennt die
Größe und Art des vermieteten Objekts und kann daher – wenn auch nur im Groben –
erkennen, welche Kosten anfallen. Einer konkreten Regelung, die die genaue Höhe der
Verwalterkosten beziffert, bedarf es somit gerade nicht, um dem Transparenzgebot zu
genügen.
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Dieser Betrachtungsweise steht auch die Entscheidung des BGH vom 06.04.2005 (NZM
2005, 863) nicht entgegen, in der sich der BGH mit der Wirksamkeit einer Klausel zu
befassen hatte, die unter anderem die Kosten der Verwaltung eines Einkaufszentrums
betraf. In diesem Fall scheiterte die Wirksamkeit der Klausel nämlich nicht an der
Umlage der Verwaltungskosten, sondern an dem Umstand, dass nach Auffassung des
BGH die sonstigen Angaben in der Klausel zu intransparent waren, wie etwa die
"üblichen" Versicherungen oder die Kosten, die für den "Betrieb" und die "Unterhaltung"
des "Gesamtobjekts" anfielen.
46
bb.
47
Die Klausel ist auch nicht überraschend i. S. des § 305 c BGB. Dies gilt unabhängig
davon, wie hoch die tatsächlichen Verwalterkosten letztlich sind und wie hoch die
vereinbarten Nebenkostenvorauszahlungen sind. Dass die Verwaltungskosten hier für
neun Monate 3.158,10 € und damit den maßgeblichen Anteil an den Betriebskosten
ausmachen, kann nach Auffassung des Senats nicht zur Anwendung des § 305 c BGB
führen. Eine Klausel ist nämlich nur dann überraschend i. S. des § 305 c BGB, wenn die
fragliche Klausel für den Mieter nach den Umständen ungewöhnlich ist und er auch
wegen fehlender Aufklärung nicht mit ihr rechnen musste. Dabei ist die
Ungewöhnlichkeit der Klausel allein nach objektiven Kriterien zu bestimmen, wobei das
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Gesamtbild des konkreten Vertrages und die Erwartungen, die der redliche Verkehr
typischerweise aufgrund des Verhaltens des Verwenders bei Vertragsschluss an den
Vertragsinhalt stellt, zu beachten sind (Ulmer/Brandner/Hensen AGB-Recht § 305 c Rn.
11, 12). Legt man aber rein objektive Kriterien zu Grunde, lässt sich nach dem oben
Gesagten feststellen, dass die Umlage der Verwalterkosten als solche verkehrsüblich ist
und der Vertragspartner des Verwenders grundsätzlich mit ihr rechnen muss (vgl. OLG
Hamburg WuM 2003, 268).
Dass sich im Einzelfall hinter der Klausel eine "enorme Kostenposition" verbergen kann,
die dann möglicherweise zu einem "Überraschungseffekt" bei dem betroffenen Mieter
führt, kann nach Auffassung des Senats nicht von Sinn und Zweck des § 305 c BGB
erfasst sein, denn dieselbe Klausel müsste folglich bei kleineren Gewerbeobjekten, bei
denen die Verwalterkosten tatsächlich niedrig sind und somit keine enorme
Kostenposition darstellen, wirksam sein. Bei Objekten hingegen, bei denen die
Verwalterkosten hoch sind und eine solch enorme Position darstellen, müsste die
Klausel unwirksam sein. Eine derartige Betrachtungsweise widerspräche AGB-
rechtlichen Auslegungsgrundsätzen, die auf objektive Kriterien abstellen. Zudem dürfte
es auch nicht sachgerecht sein, eine Klausel je nach Höhe der tatsächlich anfallenden
Kosten als wirksam oder unwirksam einzuordnen. Dies führte zu praktischen
Schwierigkeiten, eine Grenze festzulegen, die besagt, ab wann eine Unwirksamkeit
angenommen werden kann. Das Kriterium der Höhe der später tatsächlich anfallenden
Verwalterkosten ist damit nicht geeignet, die Ungewöhnlichkeit i. S. des § 305 c BGB zu
begründen.
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Auch ist die Verortung der Verwalterkosten unter die sonstigen Betriebskosten nicht
überraschend. Daraus und aus der Ausgestaltung der Umlageklausel ergibt sich nicht,
dass von dieser nur geringe Kostenpositionen erfasst sein sollen. Zwar ist der
§ 2 Nr. 17 BetrKV entlehnte Begriff der Betriebskosten als sog. Auffangtatbestand
konzipiert, jedoch soll dies gerade ermöglichen, Kosten aufgrund künftiger technischer
Entwicklung umzulegen (vgl. OLG Celle NZM 1999, 501; Langenberg, 4. Aufl., A., Rn.
131). Schon daraus folgt, dass nicht nur geringe Kosten erfasst sein sollen, denn die
künftige technische Entwicklung bringt eben nicht nur geringe Kosten mit sich, sondern
vielmehr auch erhebliche Kosten, welche gerade durch technische Fortschritte bedingt
sind. Auch bedeutet der Begriff des Auffangtatbestandes nicht zwingend, dass von
diesem nur geringe Positionen erfasst sein dürfen, denn zwischenzeitlich gehören zu
den sonstigen Betriebskosten beispielsweise auch die Kosten der
Gebäudeüberwachung (vgl. OLG Frankfurt a. M. NZM 2006, 660) oder die Kosten der
Wartung verschiedener Anlagen (vgl. Bl. 13 GA). Bereits dies zeigt, dass die sonstigen
Betriebskosten keinen unbedeutenden Teil der Nebenkosten mehr ausmachen, sondern
vielmehr erhebliche Kosten verursachen können. Allein die Verortung der
Verwalterkosten unter die sonstigen Betriebskosten, lässt damit keinen Rückschluss auf
deren Höhe zu.
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Letztlich ist die Aufführung der Verwalterkosten ohne Kostenbegrenzung auch in
Verbindung mit der mit 500,- € relativ niedrig vereinbarten
Nebenkostenvorauszahlungspflicht nicht ungewöhnlich und damit nicht überraschend,
denn es ist nicht üblich, dass der Mieter aus den Angaben des Mietvertrages erkennen
kann, in welcher genauen Größe neben der Kaltmiete Kosten auf ihn zukommen. Es gilt
lediglich der Grundsatz, dass der Mieter in der Lage sein muss, sich aufgrund der
Beschreibung der einzelnen Leistungen einen groben Überblick über anfallende Kosten
verschaffen zu können. Diesem Grundsatz ist aber Genüge getan, denn zur Wahrung
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dieses Grundsatzes müssen insbesondere die vereinbarten
Nebenkostenvorauszahlungen nicht den tatsächlichen Nebenkosten entsprechen. Für
den Vermieter besteht grundsätzlich keine Pflicht, die Höhe der tatsächlich anfallenden
Kosten anzugeben (BGH NZM 2004, 251; NZM 2004, 619). Der Vermieter ist nicht
gehalten, dem Mieter das Vertragsrisiko abzunehmen und dessen Interessen
wahrzunehmen. Der Mieter muss selbst prüfen und entscheiden, ob der beabsichtigte
Vertrag für ihn von Vorteil ist oder nicht. Es ist seine Sache, sich umfassend zu
informieren und zu klärungsbedürftigen Punkten in den Vertragsverhandlungen Fragen
zu stellen. Der Mieter darf ohne weitere Nachfragen nicht darauf vertrauen, dass die
Vorauszahlungen kostendeckend sind. Erst wenn der Mieter Fragen stellt oder der
Vermieter von sich aus Aussagen in Bezug auf das Mietobjekt macht, so müssen diese
Angaben richtig und vollständig sein (BGH NZM 2004, 619).
Aus alledem ergibt sich, dass das Abstellen auf die unbezifferte Angabe der
Verwalterkosten in Kombination mit der Höhe der Nebenkostenvorauszahlung für die
Entscheidung, ob die Klausel überraschend i. S. des § 305 c BGB ist, irrelevant ist.
Wenn nämlich zum einen keine Pflicht zur Angabe der tatsächlichen Kostenhöhe bei
der Nebenkostenvorauszahlung besteht und zum anderen bei Divergenz der
angegebenen Nebenkosten im Vergleich zu den tatsächlich anfallenden Nebenkosten
allenfalls ein Schadensersatzanspruch des Mieters gegen den Vermieter wegen
Verletzung eines Vertrauensverhältnisses in Betracht kommt (vgl. BGH NZM 2004, 251;
NZM 2004, 619), oder in solchen Fällen eine Korrektur nach den Grundsätzen von Treu
und Glauben i. S. des § 242 BGB vorzunehmen ist, dann kann bei der unbezifferten
Verortung der Verwalterkosten unter die sonstigen Betriebskosten nichts anderes
gelten. Wenn nämlich schon bei der vertraglichen Festlegung der
Nebenkostenvorauszahlungen die Kostenhöhe nicht angegeben werden muss, dann
kann dies nicht bei den einzelnen aufgeführten Positionen der Betriebskosten verlangt
werden. Insoweit kann dann keine Verpflichtung zur Angabe der konkreten Höhe der
Verwalterkosten bestehen. Erst wenn der Mieter nach der Höhe einzelner Positionen –
vorliegend nach der Höhe der Verwalterkosten - fragt und eine falsche Auskunft erhält,
oder wenn der Vermieter eine zu niedrige Höhe der Verwalterkosten angibt oder
suggeriert, kann es zu Schadensersatzansprüchen oder der Anwendung des § 242 BGB
kommen, keinesfalls jedoch zur Anwendung des § 305 c BGB.
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Für solche Schadensersatzansprüche oder eine Korrektur gemäß § 242 BGB bestehen
vorliegend keine Anhaltspunkte, denn die Verwalterkosten entsprechen mit 5,5 % der
Brutto-Soll-Miete der üblichen Höhe. Es liegt weder eine Täuschung des Vermieters vor,
noch hat dieser ein Vertrauensverhältnis geschaffen und dieses verletzt oder auf
Nachfrage des Mieters eine falsche Kostenhöhe angegeben.
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Im Hinblick darauf, dass der 22. Zivilsenat des OLG Köln in zwei Entscheidungen (Urteil
vom 04.07.206 – 22 U 40/06 - und jüngst Urteil vom 18.12.2007 – 22 U 67/07) bei
vergleichbaren Sachverhalten eine formularmäßige Klausel zur Umlage der
Verwaltungskosten wegen Verstoßes gegen § 305 c BGB für unwirksam gehalten hat,
war gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung
die Revision zuzulassen.
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b) nachvollziehbare Darlegung
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Die konkret angefallenen Verwalterkosten sind durch den Kläger nachvollziehbar
dargelegt worden. Insoweit hat das Landgericht zutreffend ausgeführt, dass sich die
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Höhe aus der Abrechnung in Verbindung mit dem Verwaltervertrag genau
nachvollziehen lässt (zu den Einzelheiten vgl. S. 6f. d. U.). Dem steht weder entgegen,
dass der Verwaltervertrag erst im Termin nachgereicht wurde, noch dass der Nachtrag
zum Verwaltervertrag den Namen "B C" trägt. Insoweit hat das Gericht zu Recht
ausgeführt erkannt, dass durch die verspätete Vorlage der Rechtsstreit nicht i. S. des
§ 296 ZPO verzögert wurde. Ein Verfahrensfehler liegt insoweit nicht vor. Auch ist von
einem Schreibversehen bei der Bezeichnung "B C" auszugehen, welches der
Wirksamkeit des Vertrages wegen des Grundsatzes "falsa demonstratio non nocet" nicht
entgegensteht. Für die Falschbezeichnung spricht, dass der Nachtrag von dem Kläger
unterzeichnet ist, der Nachtrag eindeutig auf den Hauptvertrag Bezug nimmt und der
Kläger nach wie vor der Eigentümer des vermieteten Objekts ist.
c) ausreichende Einsicht
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Auch wurde der Beklagten ausreichend Einsicht in die Belege gewährt. Es ist von dem
Grundsatz auszugehen, dass der Anspruch des Vermieters auf Zahlung der
Betriebskosten mit der Erteilung der formell ordnungsgemäßen Abrechnung fällig wird
und dem Mieter wegen mangelnder Überprüfungsmöglichkeit der Belege allenfalls ein
Zurückbehaltungsrecht zustehen kann. Es bedarf für die ordnungsgemäße
Belegeinsicht nicht der Überlassung von Kopien etc. an den Mieter. Hierauf hat der
Mieter selbst im Wohnraummietrecht keinen Anspruch (BGH NZM 2006, 340). Da der
Beklagten die Einsicht gewährt wurde und sie diese Einsicht genommen hat, ist der
Anspruch des Klägers auf Zahlung der Betriebskosten fällig. Einsicht in den
Verwaltervertrag wurde der Beklagten jedenfalls während des Prozesses gewährt.
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3. Miete für September 2004
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Der Kläger hat einen Anspruch auf Zahlung der Septembermiete in Höhe von 880,- €
gemäß § 535 BGB. Die Septembermiete stand nur im Streit, da die Beklagte eine
Verrechnung auf diese Miete vorgenommen hat (vgl. Bl. 59 GA). Nach den obigen
Ausführungen sind jedoch sowohl die Nutzungsentschädigung für den halben Monat
Januar 2006 als auch die Betriebskosten zu zahlen. Die Verrechnung ist damit hinfällig.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10,
711 ZPO.
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Streitwert für das Berufungsverfahren: 5.972,12 € (6.472,56 € abzüglich der
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anerkannten 455,44 €)
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