Urteil des OLG Köln vom 30.12.1998
OLG Köln (notar, zpo, willenserklärung, erklärung, form, genehmigung, beschwerde, verurteilung, urkunde, grundbuchamt)
Oberlandesgericht Köln, 2 Wx 23/98
Datum:
30.12.1998
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
2. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
2 Wx 23/98
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 11 T 25/98
Schlagworte:
Verurteilung Genehmigung in notarieller Form
Normen:
ZPO § 894
Leitsätze:
Bei einer Verurteilung mit dem Tenor "die notarielle Vereinbarung, Notar
E., UR.-Nr. ...., vom .... durch notarielle Erklärung zu genehmigen"
handelt es sich um ein Urteil im Sinne von § 894 Abs. 1 ZPO. Der im
Urteilstenor enthaltene Zusatz über die notarielle Form der
Genehmigung ist als gegenstandslos anzusehen.
Tenor:
Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2) vom 23. März 1998 gegen
den Beschluß der 11. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 5. März
1998 - 11 T 25 / 98 - wird zurückgewiesen. Die Kosten des Verfahrens
der weiteren Beschwerde werden der Beteiligten zu 2) auferlegt.
G r ü n d e:
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Die Beteiligten zu 1) und 2) sind im Grundbuch des Amtsgerichts Leverkusen von B.,
Blatt 1316, in Erbengemeinschaft als Eigentümer des Grundstücks Gemarkung B., Flur
14, Flurstück 188, eingetragen. Es handelt sich um das von der Beteiligten zu 1)
bewohnte Hausgrundstück F. - L. - Straße 10 in L.. In einem gerichtlichen Vergleich vor
dem Landgericht Köln vom 15. Dezember 1994 - 7 O 139/94 - regelten die Beteiligten
Einzelheiten der Erbauseinandersetzung. In dem Prozeßvergleich ist unter anderem
bestimmt, daß die Beteiligte zu 1) das Alleineigentum an dem genannten
Hausgrundstück übernehme. Der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten zu 2)
schloß in deren Namen als Vertreter ohne Vertretungsmacht mit der Beteiligten zu 1) am
19. August 1996 vor Notar H. E. in L. - UR-Nr. 1453/1996 - einen Vertrag betreffend die
Übertragung des Hausgrundstücks auf die Beteiligte zu 1) zu Alleineigentum.
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Gemäß Ziffer II § 2 des Vertrages sollte die Beteiligte zu 1) für die Übertragung an die
Beteiligte zu 2) 87.000,-- DM zahlen. Abschnitt III. des Vertrages regelt die Erklärungen
gegenüber dem Grundbuchamt. Unter Ziffer IV heißt es unter anderem:
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" Vollzugsanweisungen
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Die Beteiligten weisen den Notar jedoch an, den Antrag auf Umschreibung des
Eigentums erst dann dem Grundbuch einzureichen, wenn die Zahlung des
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Zahlungsbetrages erfolgt ist oder der Zahlungsbetrag, soweit er hinterlegt ist, ausgezahlt
werden kann. Die Beteiligten vereinbaren daher, daß nur der amtierende Notar, sein
Vertreter oder Rechtsnachfolger im Amt, Anträge aus dieser Urkunde stellen kann.... "
An demselben Tag schlossen die Beteiligten auch - die Beteiligte zu 2) wiederum durch
Rechtsanwalt T. vollmachtlos vertreten - einen Erbvertrag vor dem amtierenden Notar -
Urkundenrolle Nummer 1454 für 1996 -, in dem die Beteiligte zu 1) die Beteiligte zu 2)
zur alleinigen Erbin einsetzte.
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Der von der Beteiligten zu 1) als Gegenleistung für die Eigentumsübertragung an die
Beteiligte zu 2) zu zahlende Betrag ist bei dem Notar hinterlegt. Nachdem die Beteiligte
zu 2) den notariellen Übertragungsvertrag nicht genehmigte, kam es wegen dieser
Verpflichtung zu einem Rechtsstreit zwischen den Beteiligten vor dem Landgericht Köln.
Durch Versäumnisurteil des Landgerichts Köln vom 6. August 1997 - 7 O 49/97 - wurde
die Beteiligte zu 2) gemäß dem von der Beteiligten zu 1) gestellten Klageantrag
verurteilt, " die notarielle Vereinbarung, Notar H. E., Urkunden-Rolle-Nr. 1453/1996 vom
19.8.96 durch notarielle Erklärung zu genehmigen." Der hiergegen eingelegte
Einspruch der Beteiligten zu 2) vom 25. August 1997 wurde durch zweites
Versäumnisurteil vom 15. Oktober 1997 verworfen. Die Beteiligte zu 1) forderte den
Notar unter Bezugnahme auf das Versäumnisurteil auf, gemäß Ziffer IV des
Übertragungsvertrages die Eigentumsumschreibung bei dem Grundbuchamt zu
beantragen. Dies hat der Notar mit Schreiben vom 29. September 1997 und 14. Januar
1998 an die Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 1) abgelehnt, da nach seiner
Ansicht das vollstreckbare Urteil nach dessen Tenor nicht die Erklärung der Beteiligten
zu 2) ersetze. Daraufhin hat die Beteiligte zu 1) mit Schriftsatz vom 28. Januar 1998 bei
dem Landgericht Köln Beschwerde wegen Amtsverweigerung des Notars eingelegt.
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Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1) hat das Landgericht Köln durch Beschluß vom
5. März 1998 den Notar angewiesen, gemäß Ziffer IV seiner Urkunde UR-Nr. 1435/1996
den Antrag auf Eigentumsumschreibung unter Bezugnahme auf das gegen die
Beteiligte zu 2) ergangene Versäumnisurteil des Landgerichts Köln - 7 O 49/97 - vom 6.
August 1997 beim Amtsgericht ( Grundbuchamt ) Leverkusen einzureichen.
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Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2) vom 23. März 1998.
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Die weitere Beschwerde ist zulässig, sie ist insbesondere nach den §§ 15 Abs. 1
BNotO, 27 Abs. 1 FGG, 550 ZPO als Rechtsbeschwerde statthaft. Zutreffend hat das
Landgericht näher ausgeführt, daß § 15 Abs. 1 Satz 1 BNotO alle Fälle verweigerter
Amtstätigkeit, also auch die Verweigerung der Vollzugstätigkeit nach § 53 BeurkG erfaßt
( vgl. Senat, OLGZ 1990, 397; OLG Hamm, DNotZ 1985, 56; OLGZ 1994, 495; allgemein
dazu Schippel / Reithmann, BNotO, 6. Aufl., § 15 Rn 91 ).
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Die Beteiligte zu 2) ist beschwerdeberechtigt und durch die angefochtene Entscheidung
in ihren Rechten beeinträchtigt ( vgl. zur Beschwerdeberechtigung Arndt / Lerch /
Sandkühler, BNotO, 3. Aufl. , § 15 Rn 94, 108 mit weiteren Nachweisen ), weil danach
das Erfordernis einer von ihr zu erteilenden Genehmigung in notarieller Form entfällt.
Nach ihrer Auffassung hat eine Genehmigung durch notarielle Erklärung zu erfolgen
und kann nicht durch das Urteil in dem Rechtsstreit vor dem Landgericht Köln ersetzt
werden. Letztlich könnte die Frage der Beschwer der Beteiligten zu 2) durch den
Beschluß des Landgerichts vom 5. März 1998, der ohne ihre formelle Beteiligung
ergangen ist, im übrigen dahinstehen. Das Rechtsmittel ist jedenfalls unbegründet, weil
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die angefochtene Beschwerdeentscheidung nicht auf einer Verletzung des Gesetzes
beruht.
Das Landgericht hat zu Recht den amtierenden Notar angewiesen, gemäß Ziffer IV
seiner Urkunde 1435/1996 den Antrag auf Eigentumsumschreibung unter Bezugnahme
auf das gegen die Beteiligte zu 2) ergangene rechtskräftige Versäumnisurteil vom 6.
August 1997 bei dem Amtsgericht (Grundbuchamt) Leverkusen einzureichen. Der Notar
durfte seine Urkundstätigkeit nicht verweigern. Ein ausreichender Grund zur
Amtsverweigerung im Sinne von § 15 Abs. 1 Satz 1 BNotO bestand nicht, wie das
Landgericht rechtsfehlerfrei ausführt. Der notarielle Vertrag ist zum Vollzug reif,
nachdem das Versäumnisurteil vom 6. August 1997 in Rechtskraft erwachsen ist und
die übrigen Voraussetzungen vorliegen. Demnach hätte der Notar entsprechend der
Vollzugsanweisung in der Urkunde 1453/1996 tätig werden müssen.
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Mit der Rechtskraft des genannten Urteils gilt die im Tenor bezeichnete
Willenserklärung nach § 894 Abs. 1 Satz 1 ZPO als abgegeben. Die Verurteilung ersetzt
die Willenserklärung. Demnach gilt die zur Wirksamkeit des Vertrages erforderliche
Genehmigung der Beteiligten zu 2) als erteilt. Die Voraussetzungen des § 894 Abs. 1
Satz 1 ZPO sind erfüllt. Die nach dem Schuldtitel zu erbringende Leistung muß in der
Abgabe einer Willenserklärung bestehen. Außerdem ist erforderlich, daß die
abzugebende Erklärung einen bestimmten Inhalt hat, der dem Titel - notfalls durch
Auslegung - zu entnehmen ist. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben:
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Aus dem Tenor des Urteils, die darin bezeichnete notarielle Vereinbarung sei " durch
notarielle Erklärung zu genehmigen " geht unzweifelhaft hervor, daß eine
Genehmigungserklärung, also eine Willenserklärung, geschuldet ist. Unter den Begriff
der Willenserklärung im Sinne der Vorschrift fallen alle rechtsgeschäftlichen
Erklärungen, also auch eine Genehmigung nach § 177 Abs. 1 BGB ( vgl. Thomas /
Putzo, ZPO 21. Aufl. § 894, Rn. 5; Zöller / Stöber, ZPO, 21. Aufl., § 894 Rn 2; Baumbach
/ Lauterbach - Hartmann, ZPO, 57. Aufl., § 894 Rn 4 jeweils mit weiteren Nachweisen ).
Es handelt sich nicht um einen Fall der Vollstreckung gemäß § 888 Abs. 1 ZPO.
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Der im Urteilstenor enthaltene Zusatz über notarielle Form der Willenserklärung steht
diesem Ergebnis nicht entgegen. Er ist der Sache nach gegenstandslos. Bei der
Verurteilung zur Abgabe einer Willenserklärung wird jede Form gewahrt ( vgl. BayOblG
Rpfleger 1983, 391; Thomas / Putzo, a.a.O., § 894 Rn 8 ; Zöller / Stöber, a.a.O. , § 894
Rn 5 ). Das rechtskräftige Urteil ersetzt die Erklärung in der für sie erforderlichen Form.
Dieser Eintritt der Wirkung des § 894 Abs.1 Satz 1 ZPO ist Akt der Zwangsvollstreckung.
Weitere Vollstreckungsmaßnahmen sind weder nötig noch zulässig. Der Hinweis der
Beteiligten zu 1) auf eine Entscheidung des Landgerichts Ansbach ( MittBayNot 1996,
40 unter Berufung auf BayOblG JW 1934, 2247 ) geht fehl. In jenem Verfahren ging es
um eine Verurteilung, eine Abtretungserklärung öffentlich beglaubigen zu lassen, also
um die Vornahme einer Handlung. Im vorliegend zu entscheidenden Fall ist aber eine
Willenserklärung geschuldet.
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Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 15 Abs. 1 Satz 3 BNotO, 13 a Abs. 1 Satz 2
FGG.
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Wert des Verfahrens der weiteren Beschwerde: 3.000,-- DM
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