Urteil des OLG Köln vom 13.11.1996

OLG Köln (zpo, werbung, daten, auskunft, gegenstand, wert, sache, grund, werkstatt, beschwer)

Oberlandesgericht Köln, 6 U 27/96
Datum:
13.11.1996
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
6. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
6 U 27/96
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 81 O 165/95
Schlagworte:
Kundenliste
Normen:
ZPO §§ 91, 91a; BGB § 242
Leitsätze:
1. Entscheidet das erstinstanzliche Gericht nach teilweiser
übereinstimmender Erledigungserklärung über die Kosten des
Rechtsstreits teils nach § 91, teils auf der Grundlage des § 91 a ZPO,
wird von der einheitlichen Berufung die Kostenentscheidung auch
insoweit erfaßt, als diese auf § 91 a ZPO beruht. 2. Namen und
Anschriften von Erwerbern von Neufahrzeugen eines
Automobilherstellers stellen (auch) für diesen einen besonderen Wert
dar, da diese Erwerber erfolgversprechend für Neuanschaffungen
umworben werden können. Nach Beendigung der Vertragsbeziehungen
zwischen dem Automobilhersteller und seinem Vertragshändler, über
den die Kunden, deren Namen und Anschriften der Hersteller besitzt,
ihre Fahrzeuge erworben haben, ist der Hersteller - bei Fehlen einer
ausdrücklichen anderslautenden Vereinbarung - wettbewerbsrechtlich
nicht gehindert, bei diesen Kunden für den Neuwagenkauf zu werben
und hierbei auch den neuen Vertragshändler, der nunmehr für das
Verkaufsgebiet zuständig ist, namentlich zu benennen.
Rechtskraft:
rechtskräftig
Tenor:
1.) Die Berufung der Klägerin gegen das am 21.12.1995 verkündete
Urteil desd Landgerichts Köln - 81 O 165/95 - wird zurückgewiesen. 2.)
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen. 3.) Das
Urteil ist vorläufig vollstreckbar. 4.) Die Beschwer der Klägerin wird auf
5.000 DM festgesetzt.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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Die Berufung ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
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A
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Der Zulässigkeit der Berufung steht nicht entgegen, daß das Landgericht bezüglich des
Auskunftsanspruches nach übereinstimmender Erledigungserklärung gemäß § 91 a
ZPO über die Kosten entschieden hat und Entscheidungen nach § 91 a ZPO nicht mit
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der Berufung, sondern gem. § 91 a Abs.2 ZPO mit der sofortigen Beschwerde angreifbar
sind.
Nachdem die Parteien den Rechtsstreit nur teilweise, nämlich ausschließlich bezüglich
des Antrags zu 1), übereinstimmend für erledigt erklärt haben, stellt sich die
Kostenentscheidung des Landgerichts als "Kostenmischentscheidung" dar, die nur
hinsichtlich des erledigten Teils auf § 91 a ZPO, im übrigen aber auf § 91 ZPO beruht.
Es entspricht herrschender Auffassung (vgl. die Nachweise bei Zöller-Vollkommer, ZPO,
19. Auflage, § 91 a RZ 56), der sich der Senat anschließt, daß in einem derartigen Fall
die einheitliche Berufung die Kostenentscheidung auch insoweit umfaßt, als diese auf §
91 a ZPO beruht. Die anderenfalls zu verlangende Aufspaltung des Verfahrens in 2
getrennte Rechtsmittel wäre unökonomisch und der Sache nicht angemessen.
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B
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Zu Recht hat das Landgericht die Kosten des Rechtsstreits insoweit der Klägerin
auferlegt, als sie durch den übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärten
früheren Auskunftsanspruch entstanden sind. Dies entspricht im Sinne von § 91 a Abs.1
ZPO billigem Ermessen nach dem bis zur Erledigungserklärung bestehenden Sach-
und Streitstand. Denn die Klage wäre auch bezüglich des Antrags zu 1) abzuweisen
gewesen, wenn die Beklagte die Auskunft nicht erteilt hätte.
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Der Klägerin stand ein Auskunftsanspruch nicht zu.
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Ein solcher ergab sich weder aus Ziffer 7.8 des Händlervertrages, der die vertrauliche
Behandlung der ausgetauschten Daten zum Gegenstand hat, noch aus § 242 BGB.
Denn die Beklagte war auf Grund der vertraglichen Beziehungen zwischen den Parteien
berechtigt, die ihr übermittelten Namen und Anschriften der Neuwagenkunden in der
geschehenen Weise zu verwenden. Diese Daten standen der Beklagten deswegen zu,
weil es sich bei dem Kundenstamm um einen erheblichen Vermögenswert handelt, der
auch durch die kaufmännische Aktivität der Beklagten entstanden ist. Kunden, die in der
Vergangenheit ein KFZ einer bestimmten Marke gekauft haben, werden zu einem
großen Teil bei der Anschaffung eines neuen Wagens in erster Linie in Betracht ziehen,
erneut ein Fahrzeug derselben Marke zu erwerben. Das gilt wie für alle am Markt
erfolgreichen Unternehmen auch für C.-Fahrzeuge. Aus diesem Grunde stellen die
Namen und Anschriften der früheren Neuwagenkunden einen besonderen Wert dar,
weil sie die Möglichkeit eröffnen, sich gezielt an eine Personengruppe zu wenden, bei
der die Werbung mit neuen Fahrzeugen in besonderem Maße erfolgversprechend ist.
Diese Daten standen der Klägerin nicht deswegen allein zu, weil die Kunden die
Fahrzeuge bei ihr gekauft haben und vertragliche Beziehungen zwischen den Kunden
und der Beklagten nicht entstanden sind. Denn der Verkauf der Fahrzeuge an diesen
Kundenkreis ist der Klägerin nur durch die Zusammenarbeit mit der Beklagten auf der
Basis des Händlervertrages und seiner Vorgänger ermöglicht worden. Die Klägerin
konnte nur deswegen C. Neufahrzeuge exclusiv in T. vertreiben, weil sie hierzu
aufgrund des Händlervertrages berechtigt war und die Beklagte ihr die Fahrzeuge
zulieferte. Es handelt sich damit wirtschaftlich gesehen ebenso um Kunden der
Beklagten wie um solche der Klägerin.
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Im übrigen hat sich die Klägerin durch den Händlervertrag schon nach seinem Wortlaut
mit einer Übermittlung der personenbezogenen Daten einverstanden erklärt. In Ziffer 7.8
heißt es nämlich, "...Händler ist bekannt, daß personenbezogene und ...Daten
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...gespeichert, verarbeitet und übermittelt werden; Händler ist hiermit einverstanden."
Auch die Praxis der gemeinschaftlichen Werbung in der Vergangenheit, in der die
Beklagte ebenfalls die Daten für gezielte Werbeaktionen genutzt hat, zeigt, daß die
Parteien übereinstimmend davon ausgingen, daß die Beklagte hierzu berechtigt sein
sollte. Vor diesem Hintergrund kann die gezielte Ansprache gerade der Kunden im
Tübinger Raum, die in der Vergangenheit bei der Klägerin schon ein Fahrzeug gekauft
haben, der Beklagten nicht allein deswegen untersagt sein, weil die Klägerin nunmehr
nicht mehr ihre Vertragshändlerin ist und an ihre Stelle eine neue Vertragshändlerin
getreten ist und in der Werbung erwähnt wird. Da die Beklagte gerade über
Eigenhändler die Fahrzeuge vertreibt, muß es ihr auch gestattet sein, den nunmehrigen
exclusiven Vertragshändler, die Fa. E., in der Werbung zu benennen.
Der Senat hat nicht zu entscheiden, wie eine Werbung zu beurteilen wäre, die
ausschließlich oder zumindest schwerpunktmäßig die Reparatur von C.-Fahrzeugen
betrifft. Denn die beanstandete Werbung hatte ersichtlich den Neuerwerb von
Fahrzeugen zum Gegenstand. Hieran ändert die Erwähnung der Werkstatt der Fa.E.
nichts, weil auch im Bereich der Neuwagenwerbung das Vorhandensein einer Werkstatt
einen eigenen Werbewert hat, und neben der Vorstellung der Fa. E. augenfällig gerade
die 5 durch Gliederungspunkte hervorgehobenen Neuwagenangebote Gegenstand der
Werbung waren.
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War die Beklagte aus den vorstehenden Gründen berechtigt, die Daten in der
geschehenen Weise zu verwerten, so bestand auch kein Anspruch auf Auskunft über
deren Weitergabe.
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Die Klägerin ist nicht allein deswegen - etwa aus § 242 BGB - berechtigt, Auskunft zu
verlangen, weil sie auch nach der Kündigung des Händlervertrages mit der Beklagten
weiterhin Reparaturarbeiten an C.-Fahrzeugen durchführt und mit gebrauchten C.-
Fahrzeugen handelt und daher von der Mailing-Aktion mittelbar betroffen sein mag.
Denn aus dem von ihr beanstandeten Anschreiben geht nicht hervor, daß die Klägerin
nicht mehr auf diese Weise tätig sei. Im übrigen würde ein gezieltes Anschreiben gerade
der Kunden, die zunächst im Rahmen der Mailing-Aktion angeschrieben worden sind,
nunmehr durch die Klägerin in nicht unerheblichem Maße die Gefahr einer
Marktverwirrung mit sich bringen, die die Beklagte nicht durch die begehrte Auskunft zu
unterstützen verpflichtet ist.
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Was schließlich den Antrag zu Ziffer 2 angeht, so besteht ein Anspruch bereits
deswegen nicht, weil die Beklagte aus den vorstehenden Gründen schon zur
Auskunftserteilung nicht verpflichtet war. Überdies liegen aber auch die weiteren
Voraussetzungen des § 260 Abs.2 BGB nicht vor. So hat die Klägerin keinen Grund zu
der Annahme dargelegt, warum die vorgelegte Liste unvollständig und die Auskunft
damit unzutreffend sein soll. Allein die Tatsache, daß sie in insgesamt 34 Jahren mehr
als 832 Verkäufe getätigt hat, reicht hierfür ebensowenig aus, wie der Hinweis darauf,
daß die Liste zwar fortlaufend nach "PremNr." geordnet, aber nicht lückenlos ist.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs.1 ZPO.
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Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr.10, 713 ZPO.
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Die gemäß § 546 Abs.2 ZPO festzusetzende Beschwer der Klägerin entspricht dem
Wert ihres Unterliegens im Rechtsstreit.
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Streitwert für das Berufungsverfahren: 5.000 DM
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