Urteil des OLG Köln vom 17.10.2002

OLG Köln: mangel, ausführung, mitverschulden, bauherr, einbau, nachbesserungsrecht, form, entsorgung, beweisverfahren, bestandteil

Oberlandesgericht Köln, 10 U 48/01
Datum:
17.10.2002
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
10. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
10 U 48/01
Vorinstanz:
Landgericht Bonn, 2 O 243/00
Tenor:
Die Berufungen der Beklagten zu 1) und 2) gegen das am
14.11.2001 verkündete Teilurteil der 2. Zivilkammer des
Landgerichts Bonn (2 0 243/00) werden zurückgewiesen.
Die Beklagten zu 1) und 2) tragen die Kosten des Berufungs-
verfahrens als Gesamtschuldner.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagten zu 1) und 2) können die Zwangsvollstreckung
durch Sicherheitsleistung von 21.000,00 € abwenden, wenn
nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher
Höhe leistet.
T a t b e s t a n d :
1
Die Klägerin beauftragte die Beklagten mit Architekten- und Ingenieurleistungen für die
Umbaumaßnahme "B.-A.-Haus" in R. Die Beklagten zu 1) und 2) waren mit der
Bauplanung bzw. –ausführung betraut. Nach dem Vertrag vom 07.08.1995 schuldete
der Beklagte zu 2) zunächst allein Architektenleistungen. Gemäß dreiseitiger
Vereinbarung vom 20.03./21.05./29.05.1996 trat die Beklagte zu 1) in
Arbeitsgemeinschaft (ARGE) mit dem Beklagten zu 2) in den bestehenden Vertrag ein,
wobei der Beklagte zu 2) federführend die Leistungsphasen 2–5 nach § 15 HOAI und
die Beklagte zu 1) die Phasen 6-8 gegenüber der Klägerin übernehmen sollte. Die
Beklagten zu 3) und 4) wurden von der Klägerin als Statikerbüro mit der
Tragwerksplanung beauftragt.
2
Nach Ausführung der Baumaßnahmen zeigten sich Mängel an den
Sonnenschutzdächern des Gebäudes, für deren Errichtung die Klägerin Material- und
Lohnkosten von insgesamt 65.389,95 DM aufgewandt hatte. Die aus Kerto-Q-
Schichtholzplatten bestehenden Kragarme der Sonnenschutzdächer bogen sich
sichtbar durch. Der unterseitige Anstrich warf flüssigkeitsgefüllte Blasen und Tropfen
dunkler, bräunlich öliger Flüssigkeit auf. Der in dem selbständigen Beweisverfahren 2
OH 20/97 beauftragte Sachverständige Prof. G. hat die Durchfeuchtungserscheinungen
im wesentlichen auf die fehlende Entlüftungsmöglichkeit an der Plattenoberfläche unter
der Carbofol-Abdichtung zurückgeführt und hierfür die Beklagten verantwortlich
gemacht.
3
Die Klägerin verlangt von den Beklagten Ersatz der nutzlos aufgewandten Kosten der
Herstellung der Sonnenschutzdächer und hält die Beklagten ferner für verpflichtet, die
Kosten des Abrisses und der Entsorgung der bestehenden Dächer sowie die Kosten der
bei einer Neuerrichtung möglicherweise erforderlichen Planung zu ersetzen.
4
Sie hat beantragt,
5
1.
6
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 65.389,95 DM
7
nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank
8
seit dem 05.06.2000 zu zahlen;
9
2.
10
festzustellen, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, der
Klägerin sämtliche weiteren Schäden zu ersetzen, die ihr über den Klageantrag zu
1) hinaus im Zusammenhang mit der Erneuerung bzw. Verstärkung der
Sonnenschutzdächer an dem näher bezeichneten Objekt entstehen.
11
Die Beklagten haben beantragt,
12
die Klage abzuweisen.
13
Die Beklagte zu 1) nimmt die Klägerin wegen ihrer Honoraransprüche im Wege der
Widerklage auf Zahlung von 165.814,86 DM nebst Zinsen in Anspruch, hat einen
entsprechenden Antrag in der Verhandlung vor dem Landgericht jedoch nicht gestellt.
Hinsichtlich der Klageforderung haben die Parteien im wesentlichen über die
Verantwortlichkeit der Beklagten für die Mängel an den Sonnenschutzdächern
gestritten. Das Landgericht hat hierzu ein ergänzendes mündliches Gutachten des
Sachverständigen Prof. G. eingeholt (Bl. 270-273 d.A.).
14
Auf die Klage hat es durch Teilurteil vom 14.11.2001, worauf Bezug genommen wird,
die Beklagten zu 1) und 2) einerseits und die Beklagten zu 3) und 4) andererseits
jeweils als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 32.694,50 DM (50 % des
Zahlungsanspruches) nebst Zinsen zu zahlen, und festgestellt, dass die Beklagten zu 1)
und 2) einerseits und die Beklagten zu 3) und 4) andererseits jeweils als
15
Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin 50 % der Kosten für den Abriss und die
Entsorgung der bestehenden Sonnenschutzdächer sowie 50 % der Kosten einer
Neuplanung neu zu errichtender Sonnenschutzdächer zu ersetzen. Das Landgericht hat
– soweit es die Beklagten zu 1) und 2) betrifft – in der Begründung dem
Sachverständigengutachten folgend ausgeführt, die Schadhaftigkeit der
Sonnenschutzdächer, insbesondere die Durchbiegungen hätten ihre Ursache in einer
von den Beklagten zu vertretenden mangelhaften Werkleistung. Die von dem Beklagten
zu 2) geplante und unter Aufsicht der Beklagten zu 1) ausgeführte unbelüftete
Dachabdichtung und die dadurch bedingten Quell- und Temperaturverformungen
bildeten eine selbständige Ursache der Durchbiegungen. Die Feuchteanreicherung an
der Plattenoberfläche werde vor allem durch die dampfsperrende Wirkung der
Abdichtungsfolie erreicht. Dadurch dass die Abdichtung nicht mit der von dem
Beklagten zu 2) geplanten dreilagigen Bitumenabklebung, sondern mit einer Lage
Carbofol-Bahn ausgeführt wurde, sei der Schaden nicht entstanden. Die Behauptung
des Beklagten zu 2), die Ursache der Feuchtigkeitserscheinungen sei darin zu suchen,
dass die Holzplatten vor ihrem Einbau ca. 6 Wochen vor der Witterung ungeschützt
gelagert und feucht eingebaut worden seien, sei unerheblich, da beim Einbau einer
Dachentlüftung etwaige vorher entstandene Holzfeuchtigkeit hätte abtrocknen können.
Die Beklagten zu 1) und 2) sowie die Beklagten zu 3) und 4) bildeten je eine
Haftungseinheit, wovon jede nach dem Gewicht ihres Verschuldensanteils
gesamtschuldnerisch zu 50 % hafte.
Gegen dieses Urteil haben die Beklagten zu 1) und 2) form- und fristgerecht Berufung
eingelegt und diese rechtzeitig in rechter Form begründet.
16
Der Beklagte zu 2) bestreitet weiterhin einen Mangel der von ihm geschuldeten
Werkleistung. Er behauptet, er sei mit der Detailplanung (§ 15 Nr. 5 HOAI) der
Sonnenschutzdächer nicht beauftragt worden; die Detailausführung sei von dem
Abteilungsleiter der in hohem Maße sachkundigen Bundesbaudirektion der Klägerin
festgelegt worden. Mit Schreiben vom 26.02.1996 habe er, der Beklagte zu 2), auf
Bedenken hinsichtlich der Einzelheiten hingewiesen und sich insoweit freigezeichnet,
ohne dass von Seiten der Klägerin widersprochen worden sei. Das Kerto-Q-Schichtholz
sei vor dem Einbau nicht gegen Witterungseinflüsse geschützt worden, was er sofort
gerügt habe. Die Abdichtung der Dächer mit Carbofol-Dichtungsbahnen statt einer
dreilagigen Bitumenbahnabdichtung sei von der Klägerin veranlasst und nicht mit ihm
abgestimmt worden. Zudem würden auf dem Markt Carbofol-Folien angeboten, die
unterseitig eine Fliesskaschierung besäßen und die Abführung von Dampf aus dem
Holz gewährleisteten, so dass es einer zusätzlichen Dampf- und Ausgleichsschicht
nicht bedurft habe. Überdies beeinträchtigten die festgestellten Verformungen der
Dachplatten, von denen vier nicht betroffen seien, die Funktion der Dächer nicht und
beeinflussten den optischen Eindruck allenfalls minimal; mit weiteren Durchbiegungen
sei nicht mehr zu rechnen. Sollte ein Mangel vorliegen, dann hätte das ausführende
Dachdeckerunternehmen die Notwendigkeit einer Entlüftung erkennen und darauf
hinweisen müssen, was sich die Klägerin, die ohnehin aufgrund ihrer hohen Sachkunde
ein Mitverschulden treffe, entgegenhalten lassen müsse. Schließlich sei ihm – dem
Beklagten zu 2) – wegen des Urheberrechtsschutzes seiner Planung ein
Nachbesserungsrecht zuzugestehen.
17
Die Beklagte zu 1) wendet sich zunächst gegen die Annahme einer
gesamtschuldnerischen Haftung und behauptet, für die in Rede stehenden
Planungsmängel habe vereinbarungsgemäß allein der Beklagte zu 2) einstehen sollen.
18
Sie ist der Auffassung, dass ein Mangel der von ihr übernommenen Bauüberwachung
nicht vorliege. Es sei nicht Aufgabe des bauleitenden Architekten, die Arbeit des
planenden Architekten in allen Details zumal dann nachzuprüfen, wenn es –wie hier-
um die Folgen komplexer bauphysikalischer Vorgänge gehe und kein Grund zu
Misstrauen gegenüber der Tätigkeit des Beklagten zu 2) und des Statikers bestanden
habe. Im übrigen macht sich die Beklagte zu 1) das Vorbringen des Beklagten zu 2) –
soweit es sie nicht benachteiligt – zu eigen.
Die Beklagten zu 1) und 2) beantragen,
19
unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils die gegen sie gerichtete
20
Klage abzuweisen.
21
Die Klägerin beantragt,
22
die Berufungen zurückzuweisen.
23
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und tritt dem Berufungsvorbringen der Beklagten
mit näheren Ausführungen entgegen. Sie weist auch auf weitere Mängel der
Sonnenschutzdächer – fehlende Entwässerung und korrodierendes Eisen – hin.
24
Wegen aller weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten
Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
25
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
26
Beide Berufungen sind in förmlicher Hinsicht unbedenklich, haben aber in der Sache
keinen Erfolg.
27
Das Urteil des Landgerichts ist auch unter Würdigung des teilweise neuen
Verteidigungsvorbringens der Beklagten im Ergebnis nicht zu beanstanden. Beide
Beklagte sind der Klägerin unabhängig von der Haftung des jeweils anderen allein
aufgrund ihrer eigenen Schadensbeiträge nach § 635 BGB zum Ersatz verpflichtet, ohne
dass es insoweit auf die Frage der Gesamtschuldnerschaft ankommt.
28
Der Beklagte zu 2) haftet der Klägerin wegen mangelhafter Planung der
Sonnenschutzdächer.
29
Seiner Auffassung, er sei nicht mit der Detailplanung (§ 15 Nr. 5 HOAI) beauftragt
worden, kann nicht gefolgt werden. Zwar hatten die Klägerin und der Beklagte zunächst
am 07.08.1995 einen Architektenvertrag über die Grundleistungen der Leistungsphasen
2, 3 und 4 des § 15 HOAI geschlossen, wobei die Erstreckung auf weitere Leistungen in
Aussicht gestellt war. Gemäß dem dreiseitigen Vertrag vom 20.03./21.05./29.05.1996
hat der Beklagte zu 2) jedoch die Federführung für die Leistungsphasen 2-5 neben der
für die Phasen 6-8 verantwortlichen Beklagten zu 1) übernommen. Daraus ergibt sich
seine vertragliche Verpflichtung zur fehlerfreien Ausführungsplanung. Hiervon ist der
Beklagte ausweislich seines Schreibens vom 14.02.1996 auch selbst ausgegangen.
Dort hat er die Klägerin darauf hingewiesen, dass sich seine Haftung auf die von ihm zu
erbringenden Leistungsphasen 2-5 beschränke (Bl. 488 d.A.). Zudem hat er unstreitig
auch die Leistungen nach § 15 Nr. 5 HOAI erbracht, insbesondere die hier
30
interessierenden Detailpläne 7.51 und 7.51 a erstellt und in Rechnung gestellt. Allein
deshalb würde er der Klägerin selbst dann haften, wenn er zur Ausführungsplanung
vertraglich nicht verpflichtet gewesen sein sollte. Übernimmt nämlich ein Vertragspartner
bei der Vertragsausführung Aufgaben, die nach den getroffenen Vereinbarungen nicht
geschuldet sind, so hat er für dabei schuldhaft verursachte Schäden einzustehen (BGH
BauR 1996, 418/9). Aufgrund der Übernahme der Detailplanung kann sich der Beklagte
auch nicht mit der Behauptung entlasten, die Detailausführung sei von dem
Abteilungsleiter der Bundesbaudirektion der Klägerin festgelegt worden.
Soweit er die Auffassung vertritt, er sei von der Haftung für die streitgegenständlichen
Mängel vereinbarungsgemäß freigestellt worden, kann ihm nach den vorgelegten
Urkunden ebenfalls nicht gefolgt werden. Das von allen drei Parteien unterzeichnete
Vertragsexemplar (Bl. 525 d.A.) beinhaltet keine solche Vereinbarung. Der Hinweis des
Beklagten in dem von ihm allein unterzeichneten Exemplar (Bl. 490 d.A.), Bestandteil
des Vertrages sei sein Schreiben vom 14.02.1996, führt ebenfalls nicht weiter, da in
diesem Schreiben (Bl. 488 d.A.) lediglich von der Beschränkung der Haftung auf die
Leistungsphasen 2-5 die Rede ist. Mit Schreiben vom 26.02.1996 (Bl. 495 d.A.) hat der
Beklagte eine Haftungsfreistellung wegen der Ausführung von sog. Nulldächern (ohne
Gefälle) verlangt. Diesem Ansinnen hat die Klägerin mit Schreiben vom 06.03.1996 (Bl.
526 d.A.) widersprochen. Insgesamt fehlt es an nachvollziehbarem Vorbringen des
Beklagten zu dem behaupteten Haftungsausschluss.
31
Der schadensursächliche Fehler des Beklagten liegt in der Planung einer unbelüfteten
Abdichtung und somit fehlender Entlüftung der Sonnenschutzdächer. Hierzu wird auf die
von der Berufung nicht entkräfteten Ausführungen des Landgerichts Bezug genommen,
das die Einwände des Beklagten, die Feuchtigkeitserscheinungen seien auf die nicht
mit ihm abgestimmte Verwendung von Carbofol-Dichtungsbahnen und feuchten Holzes
zurück zu führen, mit dem Sachverständigen Prof. G. folgender überzeugender
Begründung zurückgewiesen hat. Unerheblich ist auch die Behauptung des Beklagten,
es gebe Carbofol-Folien mit einer unterseitigen Fliesskaschierung, die die Abführung
von Dampf gewährleisteten. Denn es oblag allein dem Beklagten, eine geeignete
Entlüftung zu planen, wobei er aufgrund seiner Sachkunde vorzugeben hatte, auf
welche Weise diese im einzelnen ausgeführt werden sollte. Eine solche Maßnahme hat
der Beklagte aber schuldhaft nicht vorgesehen. Dies hat zu einem erheblichen Mangel
aller Sonnenschutzdächer des Gebäudes geführt, wobei es nicht darauf ankommt, in
welchem Ausmaß die Folgen bereits offen zu Tage getreten sind. Es genügt bereits die
allgemeine Erkenntnis, dass fehlende Sicherungen gegen Feuchtigkeit zu
Verformungen und Verrottung des Holzes und Korrosion der Stahlträger führen können.
Da diese Gefährdung allen Dächern innewohnt, sind sie mangelfrei neu zu planen und
entsprechend der geänderten Planung zu errichten.
32
Zu diesen Feststellungen bedarf es nach § 412 Abs. 1 ZPO weder der Einholung einer
ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen Prof. G. noch eines
Obergutachtens. Der Sachverständige hat sein in dem selbständigen Beweisverfahren
erstattetes Gutachten hinreichend vor dem Landgericht erläutert. Die Beklagten hatten
Gelegenheit zu Nachfragen. Die Einholung eines Obergutachtens käme dann in
Betracht, wenn das erste Gutachten unvollständig, widersprüchlich, nicht überzeugend
gewesen, der Sachverständige von falschen tatsächlichen Voraussetzungen
ausgegangen wäre oder er nicht über die notwendige Sachkunde verfügt hätte. Dies ist
hier indes weder genügend vorgetragen worden noch sonst ersichtlich, zumal die von
dem Beklagten vorgelegte Stellungnahme des Sachverständigen Prof. B. im
33
wesentlichen nichts anderes besagt. Dort wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass
die Platten allseitig zu belüften sind, "damit durch den unvermeidlichen Wechsel des
Feuchtegehaltes durch Klimaveränderungen keine großen Verformungen entstehen"
(Bl. 232 d.A.).
Der Beklagte ist aufgrund des schuldhaft verursachten Mangels seines Werkes zu dem
vom Landgericht ausgeurteilten Schadensersatz verpflichtet. Er kann sich nicht mit
Erfolg auf ein der Klägerin zuzurechnendes Mitverschulden berufen. Zwar verfügen die
Mitarbeiter der Bundesbaudirektion über eine hohe Sachkunde. Sie mögen u.U. selbst
in der Lage gewesen sein, die dem Beklagten übertragenen Aufgaben wahrzunehmen.
Hat sich die Klägerin aber für die Planungsphase der fachmännischen Hilfe des
Beklagten bedient, so hat dieser das Risiko von Planungsfehlern zu tragen.
Grundsätzlich trifft den Bauherrn bezüglich der Leistungen seines Architekten keine
Überprüfungs- oder Überwachungspflicht. Ein Mitverschulden kann daher nur in
Ausnahmefällen angenommen werden, etwa wenn der Bauherr einen Fehler des
Architekten bemerkt, ihn aber nicht reklamiert hat oder wenn der Mangel unbekannt
geblieben ist, obwohl er offen zu Tage getreten war, ferner wenn der Bauherr seiner
Pflicht zur Mitteilung der notwendigen Vorgaben nicht nachkommt und damit zur
Entstehung des Schadens beiträgt (vgl. Löffelmann/Fleischmann, Architektenrecht, 4.
Aufl., Rdn. 1590). Ein solcher Fall ist hier nicht gegeben. Die vom Beklagten für seine
abweichende Auffassung zitierte Entscheidung des OLG Karlsruhe (IBR 2000, 335)
betrifft einen anderen Sachverhalt. Dort hat der sachkundige Bauherr im Bestreben um
eine möglichst billige Lösung nicht für eine ausreichende Fachplanung gesorgt. Auch
der Hinweis des Beklagten auf die Erkennbarkeit des Mangels für das ausführende
Dachdeckerunternehmen führt im Verhältnis zur Klägerin nicht zu einer für ihn
günstigeren Entscheidung. Ein Verschulden des Dachdeckers könnte lediglich dazu
führen, dass neben den Beklagten ein weiterer Schuldner zum Schadensersatz
verpflichtet wäre. Im übrigen hat sich die Klägerin ein etwaiges Verschulden des
Dachdeckers nicht als Mitverschulden anrechnen zu lassen. Der Bauherr muss sich
aufgrund seiner vertraglichen Beziehung zum Architekten die Mitverursachung eines
Schadens durch diejenigen Personen zurechnen lassen, die als seine
Erfüllungsgehilfen anzusehen sind (§§ 254, 278 BGB). Hierzu zählen alle vom
Bauherren beauftragten Sonderfachleute, die in ihren Leistungsbereichen
eigenverantwortlich tätig sind und dem Architekten zuarbeiten, wie z.B. der Statiker oder
der Geologe (vgl. Löffelmann/Fleischmann, a.a.O. Rdn. 1592). Zu diesem Personenkreis
gehört der mit der Bauausführung befasste Dachdecker nicht.
34
Soweit der Beklagte schließlich geltend macht, ihm stehe ein Nachbesserungsrecht zu,
da seine Planung urheberrechtlich geschützt sei, ist sein Vorbringen ebenfalls
unerheblich. Dem Sachvortrag ist nämlich nicht hinreichend zu entnehmen, dass die
fachgerechte Planung der Sonnenschutzdächer eine gestalterische Höhe erreicht, die
die Annahme der Urheberrechtsschutzfähigkeit rechtfertigt. Da sich die fehlerhafte
Planung des Beklagten bereits in dem Bauwerk niedergeschlagen hat, bedurfte es zur
Begründung des Schadensersatzanspruches keiner Aufforderung des Beklagten zur
Vorlage einer geänderten Planung.
35
Auch die Beklagte zu 1) ist der Klägerin nach den zutreffenden Ausführungen des
angefochtenen Urteils gemäß § 635 BGB wegen eines von ihr zu vertretenden Mangels
der Bauüberwachung zum Schadensersatz verpflichtet. Soweit sie sich dem
Berufungsvorbringen des Beklagten zu 2) anschließt, wird auf die o.a. Erwägungen
verwiesen. Auch ihrem weiteren Berufungsvorbringen muss der Erfolg versagt bleiben.
36
Die Behauptung, die Beklagte zu 1) habe nach den ausdrücklichen Vereinbarungen der
Parteien nicht für ein Planungsverschulden des Beklagten zu 2) haften sollen, wird
durch die vorgelegten Urkunden nicht gestützt und ist im übrigen unsubstantiiert. Die
Beklagte war aufgrund des dreiseitigen Vertrages vom 20.03./21.05./29.05.1996 für die
Leistungsphasen 6-8 des § 15 HOAI, d.h. u.a. für die Bauüberwachung verantwortlich.
Der Vertragstext beinhaltet nicht die Vereinbarung einer Haftungseinschränkung. Selbst
wenn unterstellt wird, dass der handschriftliche Zusatz " Unser Schreiben vom 21. Mai
1996 wird Vertragsbestandteil" (Bl. 525 d.A.) den getroffenen Vereinbarungen
entspricht, so war damit keine Freistellung von der hier in Rede stehenden
Schadensersatzpflicht verbunden. Denn das Schreiben vom 21.05.1996 (Bl. 523 d.A.)
befasst sich mit Abrechnungsfragen und hat in keiner Weise Haftungsfragen zum
Gegenstand. Die Beklagte hat auch nicht dargelegt, wann, wo, mit welcher Begründung
und welchen konkreten Absprachen der behauptete Haftungsverzicht vereinbart worden
sein soll. Die hierzu beantragte Zeugenvernehmung würde daher auf eine prozessual
unzulässige Ausforschung hinauslaufen.
37
Entgegen ihrer Auffassung sind die Mängel der Sonnenschutzdächer, mögen sie ihren
Ursprung in dem Planungsfehler des Beklagten zu 2) haben, auch auf mangelhafte
Bauüberwachung der Beklagten zu 1) zurückzuführen. Denn der mit der
Bauüberwachung beauftragte Architekt schuldet neben der Plangerechtigkeit auch die
Mangelfreiheit des zu errichtenden Bauwerkes. Hierzu gehört es, dass die
Ausführungsplanung eines anderen Architekten auf ihre technische Richtigkeit und
Mangelfreiheit überprüft wird (vgl. OLG Düsseldorf BauR 1998, 582/3; OLG Köln – 18.
Senat – BauR 1997, 505). Aus den von den Parteien getroffenen Vereinbarungen ergibt
sich nichts anderes. Bei der ihr somit obliegenden Überprüfung der
Ausführungsplanung durfte sich die Beklagte zu 1) nicht auf die Vorgaben des
Beklagten zu 2) verlassen. Dies galt hier um so mehr, weil es sich bei den
Sonnenschutzdächern nach den Ausführungen des Sachverständigen Prof. G. um "ein
kritisches Bauteil" handelt (Bl. 271 d.A.), wobei der Bauleiter besonders auf die
Ausführung zu achten hat. Die Beklagte hätte daher bei der gebotenen sorgfältigen
Überprüfung erkennen können, dass es an einer fachgerechten Entlüftung der
Dachabdichtungen fehlte; sie hätte die geplante Ausführung unterbinden müssen. Zu
der von ihr hierzu beantragten ergänzenden Anhörung des Sachverständigen besteht
kein Anlass, weil dieser bereits vor dem Landgericht zweckentsprechend Stellung
genommen hat.
38
Gegen die in dem angefochtenen Urteil angenommene Haftung für 50 % des der Höhe
nach unstreitigen Schadens wenden sich die Berufungen im übrigen nicht. Nach § 427
BGB sind die Beklagten zu 1) und 2) der Klägerin als Gesamtschuldner verpflichtet, weil
sie sich gemäß dem Vertrag vom 20.03./21.05./29.05.1996 gemeinschaftlich zu einer
teilbaren Architektenleistung verpflichtet haben.
39
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 100 Abs. 4, 708
Nr. 10 und 711 ZPO.
40
Berufungsstreitwert und Beschwer der Beklagten: 21.716,43 € (siehe Senatsbeschluss
vom 16.04.2002).
41