Urteil des OLG Köln vom 07.08.1998

OLG Köln (bezeichnung, computer, unternehmen, kennzeichnungskraft, firma, verwechslungsgefahr, verwendung, gruppe, verkehr, bestandteil)

Oberlandesgericht Köln, 6 U 171/95
Datum:
07.08.1998
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
6. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
6 U 171/95
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 81 O 135/94
Tenor:
1.) Die Berufung der Beklagten gegen das am 4.7.1995 verkündete
Urteil des Landgerichts Köln - 81 O 135/94 - wird zurückgewiesen.
2.) Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.
3.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann jedoch die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung
oder Hinterlegung in nachbenannter Höhe abwenden, wenn nicht die
Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit jeweils in derselben Höhe
leistet. Es ist Sicherheit in folgender Höhe zu leisten bzw. sind folgende
Beträge zu hinterlegen:
Bei Vollstreckung des Anspruches auf
a) Unterlassung: 250.000,00 DM;
b) Kostenerstattung: 27.000,00 DM.
4.) Die Beschwer der Beklagten wird auf 250.000,00 DM festgesetzt.
T a t b e s t a n d
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Die Parteien sind Wettbewerber im Bereich der elektronischen Kommunikationstechnik.
Die inzwischen in L. ansässige Klägerin hat die Beschaffung, Installation und Wartung
von PC-Netzwerken für gewerblich tätige Kunden zum Gegenstand. Zu ihren
Geschäftspartnern gehören größere und mittlere Wirtschaftsunternehmen. Die in X.
ansässige Beklagte, die seit 1993 eine Filiale in G. betreibt, vertreibt ebenfalls PC-Hard-
und Software, und zwar insbesondere für den Netzwerkbetrieb. Zu ihren Kunden
gehören vorwiegend Selbständige und kleine bis mittlere Unternehmen.
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Die Klägerin war zu Beginn des Verfahrens noch in I. ansäßig und betrieb in M. eine
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Zweigniederlassung. Sie firmierte damals als "CompuNet Computer Vertriebs-GmbH".
Mit dem vorliegenden Verfahren verlangt die Klägerin von der Beklagten unter dem
Gesichtspunkt der Verwechslungsgefahr und der Rufausbeute die Unterlassung von
deren Firmierung "ComNet Computer im Netzwerk Vertriebs GmbH".
Die Klägerin leitet ihre Priorität seit dem Jahre 1985 aus der früheren "CompuNet
Computer Vertriebs-GmbH" mit Sitz in M. ab. Sie hat hierzu behauptet, diese
Gesellschaft sei im Jahre 1992 durch den aus Bl.13 ersichtlichen
Verschmelzungsvertrag mit mehreren anderen Gesellschaften der CompuNet-Gruppe in
der "CompuNet DATA SERVICE Computer Vertriebs- und Beteiligungs-GmbH"
aufgegangen, die wiederum im Jahre 1994 mit anderen Gesellschaften mit ihr
verschmolzen worden sei. Seit der ersten Verschmelzung stelle die früher selbständige
GmbH mit Sitz in M. eine ihrer Zweigniederlassungen dar. Als solche habe sie bis zu
der zweiten Verschmelzung unter "CompuNet Computer Vertrieb M.,
Zweigniederlassung der CompuNet Computer Vertriebs- und Beteiligungs-GmbH"
firmiert und firmiere sie seitdem als "CompuNet Computer Vertrieb M.,
Zweigniederlassung der CompuNet Computer Vertriebs GmbH, Hamburg".
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Die Beklagte ist zum 1.4.1990 gegründet und am 30.5.1990 mit der angegriffenen
Firmierung in das Handelsregister eingetragen worden.
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Die Klägerin hat die Klage auf § 16 UWG a.F., 12 BGB und auf § 1 UWG unter dem
Gesichtspunkt der Rufausbeute gestützt. Hierzu hat sie unter Vorlage von
Presseberichten behauptet, bei der Bezeichnung "CompuNet" handele es sich um eine
jedenfalls seit dem Jahre 1990 in Fachkreisen sehr bekannte Marke, was u.a. auf der
Existenz von inzwischen bundesweit 20 Geschäftsstellen und der einheitlichen,
schwarz gehaltenen Gestaltung ihrer Geschäftsfahrzeuge beruhe. Sie habe von der
Existenz der Beklagten erst am 4.1.1994 durch Erhalt von deren - aus Bl.39 ersichtlicher
- Firmenbroschüre Kenntnis erlangt. Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, es
bestehe hinsichtlich der Firmenschlagworte "CompuNet" und "ComNet"
Verwechslungsgefahr. Die Bezeichnung "CompuNet" habe Kennzeichnungskraft und
sei daher schutzfähig. Die von Hause aus gegebene Kennzeichnungskraft sei durch die
Verwendung der Bezeichnung "ComNet" durch Dritte nicht maßgeblich geschwächt
worden, weil es sich bei den von der Beklagten im übrigen nicht hinreichend
substantiiert aufgeführten Unternehmen, die in der Vergangenheit diese Bezeichnung
verwendet hätten, sämtlich um Kleinunternehmen handele, die wegen ihrer geringen
wirtschaftlichen Größe und Bekanntheit eine nennenswerte Schwächung nicht bewirkt
hätten. Jedenfalls werde eine etwa von diesen Bezeichnungen ausgehende
Schwächung durch die inzwischen bestehende Berühmtheit ihrer Bezeichnung
"CompuNet" ausgeglichen. Der von der Beklagten verwendete Zusatz "Computer im
Netzwerk Vertriebs-GmbH" reiche zur Beseitigung der Verwechslungsgefahr nicht aus,
weil es sich um einen rein beschreibenden Teil der Firmierung handele und dieser
überdies - so hat sie behauptet - im Verkehr weggelassen werde, wie z.B. die aus
Bl.112 ersichtliche Werbeanzeige in der "Neue Woche" vom 31.8.1994 belege. Die
Verwechslungsgefahr sei durch die im Jahre 1993 erfolgte Gründung der Filiale der
Beklagten in G. noch erhöht worden, worauf sich der nachfolgend darzustellende
Hilfsantrag gründe.
6
Die Klägerin hat unter Neufassung ihrer vorher schriftsätzlich angekündigten Anträge b
e a n t r a g t,
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Die Beklagte unter Androhung von Ordnungsgeld zu verurteilen, es zu unterlassen,
im geschäftlichen Verkehr zur Bezeichnung ihres Unternehmens die Firma
"ComNet Computer im Netzwerk Vertriebs GmbH" zu verwenden;
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hilfsweise, die Beklagte unter Androhung von Ordnungsgeld zu verurteilen, es zu
unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zur Bezeichnung ihrer Filiale in 00000 G.,
B. X die vorstehende Firma zu verwenden.
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Die Beklagte hat b e a n t r a g t,
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die Klage abzuweisen;
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hilfsweise, ihr eine Umstellungsfrist von mindestens einem Jahr ab Rechtskraft
einzuräumen.
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Sie hat die Aktivlegitimation der Klägerin in Abrede gestellt und deren tatsächliches
Vorbringen hierzu bestritten.
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Die Beklagte hat im übrigen die behauptete Bekanntheit der klägerischen Bezeichnung
"CompuNet" bestritten und unwidersprochen vorgetragen, die Klägerin habe diese
Bezeichnung früher mit kleingeschriebenem "n" in der Mitte verwendet. Sie hat die
Meinung vertreten, eine Verwechslungsgefahr bestehe schon wegen des von ihr
verwendeteten Zusatzes "Computer im Netzwerk Vertriebs GmbH" nicht. Außerdem
seien die betroffenen Fachkreise daran gewöhnt, auch auf kleine Unterschiede in den
Bezeichnungen zu achten, weil für die Computertechnik typisch sei, daß ganz ähnliche
Begriffe Unterschiedliches bedeuteten. Jedenfalls habe die Bezeichnung "CompuNet"
im Hinblick auf die Verwendung durch 12 von ihr namentlich aufgeführte
Drittunternehmen eine erhebliche Schwächung erfahren.
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Schließlich hat sie die Einrede der Verjährung erhoben und sich auf Verwirkung
berufen. Zu letzterem hat sie unter Beweisantritt behauptet, der Vorstandsvorsitzende
der CompuNet-AG habe bereits kurz nach ihrer - der Beklagten - Gründung telefonisch
Bedenken wegen der Firmierung bei ihr angemeldet und die Angelegenheit dann bis
zur Klageerhebung auf sich beruhen lassen. Sie habe sich in der Zwischenzeit
wertvollen Besitzstand geschaffen. Unter den Kleinanwendern im Raum Aachen und im
Raum G. habe sich eine feste Vorstellung über sie gebildet, die mit ihrer Firmierung
verbunden sei.
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Das L a n d g e r i c h t hat die Beklagte unter Einräumung einer Umstellungsfrist von 6
Monaten nach dem Hauptantrag verurteilt und zur Begründung u.a. Folgendes
ausgeführt: Die Bezeichnung "CompuNet" sei von Hause aus zur Namensfunktion
geeignet. Eine gewisse auf der Erkennbarkeit der Ursprünge der Zusammensetzung
beruhende Schwächung der Kennzeichnungskraft werde durch die Bekanntheit der
Bezeichnung ausgeglichen. Die Klägerin habe zwar eine Verkehrsdurchsetzung nicht
dargelegt, mit Rücksicht auf ihren unwidersprochenen wirtschaftlichen Erfolg sei aber
insgesamt von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft auszugehen. Es bestehe
auch Verwechslungsgefahr. So seien die Firmenschlagworte sehr ähnlich und werde
der Zusatz "Computer im Netzwerk Vertriebs GmbH" in der Firma der Beklagten wegen
seiner Länge weggelassen. Die unterschiedliche grafische Darstellung trete im
akustischen Bereich nicht auf. Daß unterschiedliche Kürzel branchentypisch seien,
gelte nur für den fachlichen Bereich und nicht für Namen. Schließlich seien die
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Unternehmensgegenstände der Parteien identisch und überschnitten sich ihre
Kundenkreise.
Die Klägerin sei als Rechtsnachfolgerin der ursprünglich selbständigen "CompuNet
Computer Vertriebs-GmbH" mit Sitz in M. auch aktivlegitimiert und der Anspruch sei
weder verjährt noch verwirkt. Für die Annahme der Verwirkung reiche der Ablauf von 4
Jahren zwischen der Gründung der Beklagten und der Klageerhebung nicht aus.
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Ihre gegen dieses Urteil gerichtete B e r u f u n g begründet die Beklagte wie folgt:
Maßgeblicher Bestandteil der Firma der Klägerin sei die Zusammenfügung von
Abkürzungen aus den Begriffen "Computer" und "Netzwerk". Auf die Verwendung
dieser beschreibenden Hinweise sei indes jeder in dem Geschäftsbereich Tätige
angewiesen, was schon die Fülle anderer Unternehmen mit der Bezeichnung "ComNet"
zeige. Überdies reiche das Weglassen der Silbe "pu" aus der Bezeichnung der Klägerin
zur Unterscheidung aus, weil Abkürzungen in der Computerbranche üblich seien. Auch
durch die Schaltung von Werbeanzeigen der Parteien nebeneinander im Branchenbuch
werde deutlich, daß eine Verwechslungsgefahr nicht bestehe. Es seien auch bisher
keine Verwechslungen vorgekommen. Verkehrsgeltung der klägerischen Bezeichnung
dürfe nicht ohne weiteres unterstellt werden. Im übrigen weise die Computerbranche
eine Vielzahl von Bezeichnungen auf, die den Bestandteil "Compu" enthielten. Die
Beklagte hält die Behauptung einer Schwächung der klägerischen Bezeichnung durch
die Verwendung von "ComNet" durch Dritte aufrecht und trägt diesbezüglich ab Bl.305
im einzelnen zu insgesamt 16 Unternehmen vor, die - teilweise in abweichender
Schreibweise - diese Bezeichnung in ihrer Firma verwenden.
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Hilfsweise beruft sich die Beklagte auf Verwirkung. Dazu trägt sie unter Bezugnahme
auf die aus Bl.472 f ersichtlichen Anlagen vor, unter ihrer Firmierung erhebliche
Vertriebserfolge erzielt zu haben. So habe sich der Jahresumsatz von anfangs 1,6 Mio.
DM auf 7,2 Mio. DM im Jahre 1997 entwickelt. Die Zahl der Mitarbeiter sei von 8 auf 21
gesteigert worden. Überdies seien die Werbeausgaben von 35.700 DM auf 144.000 DM
im Jahr gesteigert worden. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags der Beklagten
zu ihrem Besitzstand wird auf die Ausführungen in ihrem Schriftsatz vom 25.2.1997
(Bl.402 ff) Bezug genommen. Bezüglich der Kenntnis der Klägerin von ihrer Existenz
und Firmierung wiederholt sie ihre Behauptung, der damalige Vorstandsvorsitzende der
CompuNet-AG, der Zeuge T., wisse seit April 1990 von ihrer Existenz. Er habe in dem
oben erwähnten Telefonat ausdrücklich erklärt, er sei von den Geschäftsführern C. und
U. über ihren Marktzutritt informiert worden.
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Die Beklagte b e a n t r a g t,
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unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin b e a n t r a g t,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Als Klägerin tritt im Berufungsverfahren ein als "CompuNet Computer AG & Co oHG"
firmierendes Unternehmen mit der Behauptung auf, durch eine zwischenzeitlich erfolgte
Umstrukturierung der CompuNet-Gruppe Rechtsnachfolgerin der in erster Instanz
klagenden Partei geworden zu sein. Hierzu beruft sie sich auf die als Bl.463 a - 463 e in
Kopie bei den Akten befindlichen Handelsregisterauszüge.
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Die Klägerin ist der Auffassung, daß ein etwaiges Freihaltebedürfnis jedenfalls nicht für
die von ihr gewählte Kombination der Abkürzungen bestehe. Im übrigen wiederholt und
vertieft sie ihre Auffassung, wonach der Bezeichnung "CompuNet" von Hause aus
Kennzeichnungskraft zukommt, und meint, wenn man dies anders sehen wolle, komme
es auf die Verkehrsgeltung der Bezeichnungen an. Diese sei aber aus den in erster
Instanz dargelegten Gründen für ihre Bezeichnung "CompuNet" gegeben, während eine
Verkehrsdurchsetzung der Bezeichnung der Beklagten nicht vorgetragen sei. Die im
einzelnen im Berufungsverfahren von der Beklagten angeführten Drittfirmierungen
führten nicht zu einer Schwächung der Kennzeichnungskraft von "CompuNet". So
schieden einige hierfür schon wegen zu großen Abstandes aus. Bestimmte andere
wiesen hinreichend unterscheidende Zusätze auf und bezüglich weiterer fehle es an
hinreichenden Darlegungen der Beklagten über deren Marktaktivitäten. Schließlich
habe sie die ab Bl.334 aufgelisteten Unternehmen abgemahnt und beabsichtige, gegen
diese nach dem Abschluß des vorliegenden, von ihr als Musterprozeß angesehenen
Verfahrens ebenfalls gerichtlich vorzugehen. Im übrigen sei ihre Kennzeichnung wegen
der gegebenen Verkehrsdurchsetzung gegen den schwächenden Einfluß von Dritten
stärker geschützt als andere Kennzeichnungen.
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Schließlich sei ihr Anspruch auch nicht verwirkt. Es fehle schon an dem nunmehr nach §
21 MarkenG erforderlichen Ablauf von 5 Jahren, zudem seien auch Interessen der
Allgemeinheit berührt. Die behaupteten Angaben der Beklagten zu ihrer
Geschäftsentwicklung träfen nicht zu. Zur Kenntnis von der Beklagten und ihre
Firmierung wiederholt sie ihre Behauptung, von dieser erst im Januar 1994 erfahren zu
haben.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die gewechselten
Schriftsätze Bezug genommen, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung
waren.
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Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin N.-V. und der Zeugen V.
und T.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Niederschriften der
Sitzungen vom 6.2.1998 (Bl.499 ff) und 13.5.1998 (Bl.522 ff) Bezug genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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Die Berufung ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
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Die Klage ist begründet, weil die angegriffene Firmierung "ComNet Computer im
Netzwerk Vertriebs GmbH" der Beklagten aufgrund der Ähnlichkeit der Begriffe
"ComNet" und "CompuNet" mit der Firma "CompuNet Computer AG & Co oHG"
verwechslungsfähig ist und der hieraus resultierende Unterlassungsanspruch nicht
verwirkt ist und der - jetzigen - Klägerin zusteht.
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A
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Der geltendgemachte Unterlassungsanspruch ergibt sich aus §§ 5 Abs.1 und 2, 15
Abs.2 und 4, 153 Abs.1 MarkenG i.V.m. § 16 UWG a.F..
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Die von der Klägerin in ihrer Firma verwendete Bezeichnung "CompuNet" ist
schutzfähig, weil sie ihrer Art nach geeignet ist, ohne weiteres als namensmäßiger
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Hinweis zu wirken. Es handelt sich um ein aussprechbares Kunstwort, das als solches
Phantasiegehalt besitzt und daher zur Kennzeichnung geeignet ist. Daß die Herkunft
seiner beiden ersten Silben "Compu" von dem Wort "Computer" und seiner letzten Silbe
"Net" von dem Wort "Netzwerk" zumindest für diejenigen Verkehrskreise, die
Branchenkenntnis besitzen, naheliegend sein mag, macht die Wortschöpfung nicht von
vornherein zur Bezeichnung des Unternehmens der Klägerin bzw. der
Unternehmensgruppe, der sie angehört, ungeeignet (vgl. für die umgekehrte
Kombination "NetCom" BGH GRUR 97,468 f m.w.N.). Denn auch wer diese Herkunft
der Bestandteile der Bezeichnung erkennt, wird ihre Zusammenfügung zu einem neuen
Wort als Namen ansehen und nicht etwa annehmen, mit dem Wort solle die Gattung des
Unternehmens beschrieben werden. Dies ergibt sich schon daraus, daß das Wort
"CompuNet" der deutschen Sprache - auch der in der Computerbranche entwickelten
Fachsprache - fremd und daher zur Beschreibung einer Gattung ungeeignet ist.
Überdies ist allgemein bekannt, daß die Zusammenziehung von Anfangssilben
mehrerer hierfür in Betracht kommender Wörter aus der betreffenden Branche nicht
selten benutzt wird, um auf diese Weise ein individuelles und gerade der namentlichen
Bezeichnung dienendes neues (Kunst-)Wort zu schaffen. Im übrigen kann auch nicht
ohne weiteres davon ausgegangen werden, daß alle auch potentiellen Kunden der
Klägerin die beschriebene Herkunft der Bestandteile von "CompuNet" erkennen. Denn
es wird eine Anzahl der von der Klägerin etwa in der Werbung angesprochenen
Geschäftsleute zwar die Verwendung von EDV-Anlagen zumindest in Betracht ziehen,
sich aber mit der Materie gleichwohl (noch) so wenig beschäftigt haben, daß ihnen etwa
der Begriff "Netzwerk" in seiner Bedeutung nicht geläufig ist. Letzteres wird auch in
Fällen gelten, wo das Netzwerke verwendende Unternehmen über eine eigene
kaufmännische Abteilung verfügt, bei deren Mitarbeitern die Kenntnis der Materie nicht
ohne weiteres unterstellt werden kann. Der Senat hat in diesem Zusammenhang der
von der Beklagten in erster Instanz ohne nähere Konkretisierung aufgestellten
Behauptung nicht nachzugehen, die Klägerin habe die Bezeichnung "CompuNet" früher
in abweichender Schreibweise, nämlich mit kleingeschriebenem "n" verwendet. Denn
die vorstehend aufgeführten Gesichtspunkte gelten uneingeschränkt auch bei der
Schreibweise "Compunet", wenn auch die in der deutschen Sprache ungewöhnliche
Verwendung eines Großbuchstabens innerhalb eines im übrigen mit Kleinbuchstaben
geschriebenen Wortes die Namensfunktion noch verstärkt. Überdies hat die
Schreibweise im akustischen Bereich ohnehin keine Auswirkungen.
Der Schutzfähigkeit von "CompuNet" steht schließlich auch die Tatsache nicht
entgegen, daß es sich nur um einen Teil der Firma der Klägerin handelt. Denn auch
Teile von Firmen unterfallen dem Schutz der vorstehenden Bestimmungen, sofern sie
unterscheidungskräftig und ihrer Art nach geeignet sind, im Verkehr ohne weiteres als
namensmäßiger Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen zu wirken (vgl. die
Nachweise der insoweit gefestigten Rechtsprechung bei Baumbach/Hefermehl,
Wettbewerbsrecht, 17.Aufl., § 16 UWG RZ 133). Dies ist indes aus den dargelegten
Gründen der Fall. Es kommt hinzu, daß die übrigen Teile der Firma der Klägerin rein
beschreibender Art sind und daher auch die vollständige Firma ihre Namensfunktion
allein durch den Bestandteil "CompuNet" wahrnimmt. Das gilt nicht nur für den früher
verwendeten Zusatz "Computer Vertriebs-GmbH", sondern ebenso für den nunmehr
verwendeten Zusatz "Computer AG & Co oHG". Beide Zusätze zu dem - mithin allein
kennzeichnenden - Begriff "CompuNet" beschreiben lediglich, daß das so auftretende
Unternehmen, sich mit Computern bzw. dem Vertrieb von Computern befaßt, und geben
im übrigen lediglich die Gesellschaftsform an.
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Dem vorstehenden Ergebnis der Schutzfähigkeit steht nicht entgegen, daß der Verkehr -
wie die Beklagte im Berufungsrechtszuge vorträgt - auf den Gebrauch der Begriffe
"Computer" und "Netzwerk" nicht verzichten kann. Dies mag so sein, ändert aber nichts
daran, daß der auf die beschriebene Weise gebildeten Wortneuschöpfung "CompuNet",
um deren Schutzfähigkeit es allein geht, diese aus den dargelegten Gründen zukommt
(vgl. BGH a.a.O.).
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Die Bezeichnung der Klägerin ist auch prioritätsälter als diejenige der Beklagten, die
diese seit ihrer Gründung im Jahre 1990 benutzt. Denn die Klägerin ist
Rechtsnachfolgerin der früheren "CompuNet Computer Vertriebs-GmbH" mit Sitz in M..
Ihr kommt daher deren Priorität zum Jahre 1985 zu Gute. Davon, daß die - frühere -
Klägerin Rechtsnachfolgerin jenes Unternehmens ist, ist ohne weiteres auszugehen,
weil die Beklagte diese - zutreffende -Erkenntnis des Landgerichts nicht zum
Gegenstand des Berufungsverfahrens macht (§ 519 Abs.3 Ziff.2 ZPO). Außerdem ergibt
sich die Rechtsnachfolge auch ohne weiteres aus den erstinstanzlich von der Klägerin
im einzelnen vorgetragenen Verschmelzungsvorgängen.
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Da die Beklagte die Bezeichnung "ComNet" auch namensmäßig gebraucht, kommt es -
zunächst abgesehen von der Frage der Verwirkung - für das Bestehen des Anspruchs
allein noch auf die Frage an, ob diese Bezeichnung der Beklagten die Gefahr der
Verwechslung beider Unternehmen bewirkt. Diese Frage ist indes zu bejahen.
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Der Bezeichnung der Klägerin kommt aus den bereits von dem Landgericht dargelegten
Gründen eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft zu. Diese ist von Hause aus
allerdings geschwächt, weil die Begriffe "Computer" und "Netzwerk", auf die die
Bezeichnung "CompuNet" zurückgeht, rein beschreibender Art sind und die
beschriebene Zusammensetzung des Phantasiewortes "CompuNet" aus den Anfängen
dieser in der Computersprache häufig gebrauchten Begriffe jedenfalls für die ganz
überwiegende Mehrheit der angesprochenen Verkehrskreise, denen nämlich beide
Wörter zumindest als Fachbegriffe geläufig sind, leicht erkennbar ist. Diese
Schwächung wird indes durch die Verkehrsbekanntheit der Klägerin ausgeglichen.
Diese ergibt sich - und zwar auch für den maßgeblichen Zeitpunkt der ersten Kollision
im Frühjahr 1990 - hinreichend aus dem unwidersprochen gebliebenen Umfang der
geschäftlichen Tätigkeit der Klägerin bzw. der CompuNet-Gruppe, deren Auswirkungen
als ihrem Mitglied auch der Klägerin zugutekommen. Danach hat die CompuNet-Gruppe
im Geschäftsjahr 1994 einen Umsatz von 925 Mio. DM erwirtschaftet. Dieser hohe
Umsatz und die Tatsache, daß die CompuNet-Gruppe über 20 Geschäftsstellen im
Bundesgebiet und einen einheitlich aufgemachten Wagenpark verfügt, läßt auf eine
nicht unerhebliche Verkehrsbekanntheit schließen, zumal ein Umsatz in dieser Höhe
auf dem von vielen Wettbewerbern umkämpften Markt der elektronischen
Kommunikationstechnik auch einen erheblichen Werbeaufwand mit entsprechenden
Auswirkungen auf die Bekanntheit erforderlich macht. Angesichts des Umstandes, daß
die Rechtsvorgängerin der Klägerin bereits seit dem Jahre 1985 auf dem Markt war und
von einer kontinuierlichen Geschäftsentwicklung auszugehen ist, gilt dies auch schon
für den Kollisionszeitpunkt im Frühjahr 1990. Es kann dahinstehen, ob die Klägerin mit
ihren Angaben bereits eine Verkehrsdurchsetzung dargelegt hat, und ob diese - wie sie
meint - aus der Tatsache abgeleitet werden kann, daß der Name "CompuNet" im Jahre
1990 in einem Artikel im "Handelsblatt" (Anlage K 5 zur Klageschrift) als "bekannte
Marke" bezeichnet worden ist. Denn jedenfalls belegen die vorstehenden Angaben
einen derartigen Umfang der Verkehrsbekanntheit der Klägerin bzw. der Unternehmen
mit der Bezeichnung "CompuNet", daß insgesamt von einer mittleren
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Kennzeichnungskraft dieser Bezeichnung auszugehen ist.
Diese durchschnittliche Kennzeichnungskraft wird durch Drittfirmierungen nicht
nennenswert geschwächt. Das gilt hinsichtlich sämtlicher 16 in diesem Zusammenhang
von der Beklagten angeführten Unternehmen. Die Beklagte hat nämlich - worauf der
Senat ausdrücklich hingewiesen hat - bezüglich all dieser 16 Unternehmen nicht
hinreichend substantiiert dargelegt, welchen Umfang deren Tätigkeit und Bekanntheit
am Markt haben soll, so daß eventuelle Auswirkungen auf die Kennzeichnungskraft der
Bezeichnung "CompuNet" nicht festgestellt werden können. Aus diesem Grunde kommt
auch eine Vernehmung der Geschäftsführer der genannten Unternehmen, die sich als
Erhebung eines Ausforschungsbeweises darstellen würde, nicht in Betracht. Die
Beklagte legt lediglich hinsichtlich zweier dieser Gesellschaften überhaupt deren
Unternehmensgegenstand dar, der im übrigen auch noch von demjenigen der Parteien
abweicht, und behauptet außerdem lediglich pauschal, die angegebenen
Unternehmungen erreichten einen Geschäftsumfang und -umsatz, der demjenigen der
Klägerin entspreche. Damit genügt sie indes ihrer Darlegungslast nicht. Es obliegt der
Beklagten insoweit, im einzelnen für die jeweiligen Unternehmen darzustellen, auf
welche Weise diese welchen Bekanntheitsgrad gerade bei den potentiellen Kunden der
Klägerin erreicht haben sollen. Hierzu müßten der Geschäftsgegenstand und die Größe
und Verbreitung der einzelnen Unternehmen dargelegt werden. Entgegen der
Auffassung der Beklagten ist sie hiervon nicht allein wegen der Anzahl der von ihr
benannten Unternehmen entbunden. Auf eine Differenzierung kann insoweit schon
deswegen nicht verzichtet werden, weil einzelne der angeführten Bezeichnungen schon
durch ihre Zusätze hinreichenden Abstand von derjenigen der Klägerin halten und
daher auch bei einer eventuellen Bekanntheit nicht berücksichtigt werden können. Das
gilt zumindest für die in der Auflistung ab S.10 der Berufungsbegründung (Bl.305 f) unter
den Ziffern 7,8 und 12 aufgeführten Gesellschaften, weil die Zusätze zu dem Begriff
"Comnet" bzw. "COMNET" dort so eng mit jener Bezeichnung verbunden sind, daß ihr
Weglassen nicht zu erwarten ist. Es ist nach dem Vortrag der Beklagten indes nicht
auszuschließen, daß gerade diese drei Gesellschaften einen erheblichen Anteil des
angeblichen Umsatzes der Drittunternehmen erzielen und damit Bekanntheit für
Bezeichnungen bewirken, die diejenige der Klägerin nicht zu schwächen vermögen.
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Im übrigen wäre der Anspruch aber auch dann begründet, wenn eine Schwächung der
Kennzeichnungskraft der klägerischen Bezeichnung durch die Drittfirmierungen
anzunehmen wäre. Denn auch bei nur noch geringer Kennzeichnungskraft von
"CompuNet" bestünde auf Grund der Firmierung der Beklagten Verwechslungsgefahr
zwischen den Parteien. Das ergibt sich aus der großen Ähnlichkeit der Bezeichnungen
und der Tatsache, daß die Parteien in derselben Branche tätig sind und sogar vom Typ
und dem Verwendungszweck her identische Produkte anbieten und dabei ihre
Kundenkreise großenteils dieselben sind.
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Beide Parteien bieten den Vertrieb und die Installation und Betreuung von PC-
Netzwerken an Geschäftskunden an. Ungeachtet der Tatsache, daß jedes Netzwerk an
die individuellen Bedürfnisse des einzelnen Kunden angepaßt werden muß, haben sie
damit identische Produkte in ihrem Angebot. Diese vertreiben sie auch im wesentlichen
in denselben Kundenkreisen. Das gilt nicht nur regional, sondern auch bezüglich der
Größe der belieferten Kunden. Daß die Klägerin in erster Linie mittlere bis größere
Unternehmen beliefert, während die Beklagte ihre Kunden unter kleineren
Wirtschaftstreibenden hat, stellt keinen nennenswerten Unterschied dar. Zum einen sind
die Grenzen insoweit fließend und zum anderen hat die Klägerin hierzu
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unwidersprochen dargelegt, auch mittlere und kleine Unternehmungen zu ihren Kunden
zu zählen.
Angesichts dieser erheblichen Nähe der beiderseitigen Geschäftsgegenstände und
Kundenkreise bestünde Verwechslungsgefahr im engeren Sinne sogar dann, wenn der
Bezeichnung "Compu-Net" nur noch eine geringe Kennzeichnungskraft zukäme. Denn
die verwendeten Bezeichnungen sind einander so ähnlich, daß eine Verwechslung der
Identität beider Unternehmen zu befürchten ist. Die ansonsten identischen
Bezeichnungen unterscheiden sich nur dadurch, daß die Bezeichnung der Beklagten
die Silbe "pu" aus der klägerischen Bezeichnung "CompuNet" nicht enthält. Diesem
geringfügigen Unterschied kommt eine nennenswerte Bedeutung indes nicht zu. Er ist
insbesondere nicht geeignet, die wegen der Identität der Bezeichnungen im übrigen
ohne weiteres gegebene Verwechslungsgefahr zu beseitigen oder auch nur
nennenswert zu vermindern. Das Fehlen der Silbe "pu" in der Bezeichnung "ComNet"
fällt aus mehreren Gründen im Verkehr kaum auf: So handelt es sich zunächst um eine
sehr kurze Silbe, die aus nur zwei Buchstaben besteht und damit kürzer als die übrigen
Silben der klägerischen Bezeichnung ist. Sie steht überdies dort in der Mitte des Wortes
und damit an unauffälliger Stelle. Auch liegt die Betonung der Bezeichnung
"CompuNet" nicht auf ihr sondern auf der ersten Silbe, was zumindest bei schneller und
damit undeutlicher Sprechweise die Unauffälligkeit von "pu" in der klägerischen
Bezeichnung weiter erhöht. Es kommt hinzu, daß dieser Silbe auch vom Sinngehalt der
Wortschöpfung her keine wesentliche Bedeutung zukommt. Der Verkehr wird nicht nur
bei "CompuNet", sondern auch wenn aus diesem Kunstwort die mittlere Silbe "pu"
weggelassen wird, also bei der Bezeichnung der Beklagten, leicht die Herkunft der
beiden Wortteile aus den beschreibenden Begriffen "Computer" und "Netzwerk"
erkennen und daher auch aus diesem Grunde bei der klägerischen Bezeichnung der
Silbe "pu" die weitaus geringste Beachtung schenken. Was die schriftliche Verwendung
angeht, so kommt hinzu, daß die in der deutschen Sprache bis vor kurzem noch völlig
unbekannte Großschreibung eines einzelnen Buchstabens innerhalb eines im übrigen
mit Kleinbuchstaben geschriebenen Wortes die Aufmerksamkeit zusätzlich von der
unbedeutenden Silbe "pu" weg zu der in beiden Bezeichnungen vorkommenden letzten
Silbe "Net" hinlenkt.
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Aus der mithin gegebenen großen Nähe und Ähnlichkeit der Bezeichnungen resultiert
angesichts des nahezu identischen Betätigungsfeldes der Parteien auch bei einer -
tatsächlich ohnehin nicht gegebenen - Schwächung der durchschnittlichen
Kennzeichnungskraft von "CompuNet" die Gefahr der Verwechslung der Unternehmen.
Hieran ändert auch die von der Beklagten behauptete Gewöhnung von mit EDV
vertrauten Verkehrskreisen an Abkürzungen und nur geringfügige Unterscheidungen
von Produktbezeichnungen nichts. Abgesehen davon, daß aus den bereits oben
dargelegten Gründen nicht ausschließlich auf solche Kreise abgestellt werden darf,
bezieht sich die angebliche branchenbedingte Schärfung der Aufmerksamkeit auf
kleinere Unterscheidungen jedenfalls gerade nicht auf Unternehmenskennzeichnungen.
Es mag sein, daß für sich nicht sinnhafte Abkürzungen oder Zahlen aus der
Computersprache wie "dx" und "sx" oder (für die Computerkapazität) "386" und "486"
wegen ihrer Bekanntheit in Fachkreisen zu der Erkenntnis geführt haben, daß schon
geringe Abweichungen bei Produktbezeichnungen erhebliche Unterscheidungen
anzeigen können - was im übrigen zumindest bei Zahlen ohnehin nicht ungewöhnlich
ist. Hieraus kann jedoch nicht geschlossen werden, daß der Verkehr in der
Computerbranche mehr als allgemein üblich auf Unterscheidungen bei den
Bezeichnungen der Unternehmen achtet. Im Gegenteil wird der sich immer mehr
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ausdehnende Markt der elektronischen Kommunikationstechnik angesichts der Vielzahl
der Anbieter auf klare Unterscheidungen der Unternehmen angewiesen sein.
Aus den von dem Landgericht bereits ausgeführten Gründen ändert im übrigen auch die
Tatsache, daß die Beklagte zusätzlich zu "ComNet" noch die Worte "Computer im
Netzwerk Vertriebs GmbH" in ihrer Firma führt, nichts an der großen Ähnlichkeit der
Bezeichnungen und der mithin gegebenen Gefahr der Verwechslung der Parteien durch
den Verkehr. Denn zum einen handelt es sich abgesehen von der die Gesellschaftsform
beschreibenden Abkürzung "GmbH" lediglich um den Geschäftsgegenstand der
Beklagten beschreibende und damit nicht deren Identität kennzeichnende Bestandteile
der Firma und zum anderen werden diese im Verkehr schon wegen ihrer Länge und des
Bedürfnisses einer schlagwortartigen Bezeichnung, das die Beklagte in der als Anlage
K 11 von der Klägerin vorgelegten Anzeige in der "Neue Woche" vom 31.8. 1994 selbst
belegt hat, weggelassen.
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Nach alledem ist bei der gebotenen Zugrundelegung einer durchschnittlichen
Kennzeichnungskraft von "CompuNet", aber auch bei Unterstellung einer Schwächung
dieser Bezeichnung durch Drittfirmen, von dem Bestehen einer Verwechslungsgefahr
auszugehen, die die erstinstanzlichen Bevollmächtigten der Beklagten im übrigen durch
die von der Klägerin in deren Schriftsatz vom 27. 1.1995 im einzelnen aufgeführten
schriftsätzlichen Verwechslungen der Parteien augenfällig gemacht haben.
46
B
47
Der aus den vorstehenden Gründen entstandene und angesichts der fortdauernden
Benutzung der angegriffenen Firma durch die Beklagte ersichtlich nicht verjährte
Anspruch ist auch nicht verwirkt.
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Die Verwirkung kann zunächst nicht aus § 21 Abs.1 MarkenG hergeleitet werden, weil
die Klägerin die Nutzung der angegriffenen Bezeichnung nicht 5 Jahre lang geduldet
hat. Im Zeitpunkt der im Juni 1994 erfolgten Abmahnung und der anschließenden
Klageerhebung waren seit der Gründung der Beklagten im Jahre 1990 5 Jahre noch
nicht vergangen.
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Aber auch nach den gemäß § 21 Abs.4 MarkenG neben der Vorschrift des § 21 Abs.1
MarkenG weiter maßgeblichen allgemeinen Grundsätzen ist Verwirkung nicht
eingetreten.
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Die Verwirkung von Marken- bzw. Kennzeichen rechtlichen Unterlassungsansprüchen
setzt zunächst voraus, daß der Verletzer durch eine länger andauernde, redliche und
ungestörte Benutzung einer Bezeichnung einen Zustand geschaffen hat, der für ihn
einen beachtlichen Wert darstellt. Darüber hinaus muß der Berechtigte über einen
längeren Zeitraum untätig gewesen sein und dadurch die Entstehung des redlichen
Besitzstandes ermöglicht haben (vgl. Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 19.
Aufl., Einl. UWG RZ 431, 435 m.w.N.). Zumindest an letzterem fehlt es, weil nicht
feststeht, daß die Rechtsvorgängerin der Klägerin oder leitende Mitarbeiter von mit ihr
verbundenen Unternehmen vor Beginn des Jahres 1994 überhaupt Kenntnis von der
Beklagten und ihrer Firmierung hatten. Dies wäre indes Voraussetzung, um die
Untätigkeit der Klägerin zu Gunsten der Beklagten als verwirkungsbegründend
anzusehen.
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Der Senat hat zunächst einige Zweifel daran, ob die von der Zeugin N.-V. bekundeten
geschäftlichen Aktivitäten der Beklagten in dem fraglichen Zeitraum bis zur Abmahnung
bzw. Klageerhebung im Sommer 1994 die vorstehenden Anforderungen an einen
geschäftlichen Besitzstand erfüllen, der die Verwirkung von Unterlassungsansprüchen
bewirken kann. Die Bekundungen der Zeugin ergeben eine rein regionale Tätigkeit der
Beklagten. Deren Werbeausgaben einschließlich des Sport-Sponsoring halten sich bei
Zugrundelegung der Bekundungen der Zeugin zudem - auch unter Berücksichtigung der
mit Schriftsatz der Beklagten vom 7.5.1998 eingereichten, in einem gesonderten Ordner
bei den Akten befindlichen Unterlagen - in recht engen Grenzen. Andererseits ergibt die
als Anlage 2 zum Schriftsatz der Beklagten vom 25.2.1997 vorgelegte Übersicht
(Bl.473), die die Zeugin erstellt haben will, eine nicht unbeachtliche Steigerung der
Umsatzzahlen.
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Der Senat läßt die Frage offen, ob trotz der hiergegen von der Klägerin eingewandten
Zweifel an der Richtigkeit der Bekundungen der Zeugin bei einer Gesamtwürdigung von
der in der erwähnten Übersicht ausgewiesenen Umsatzsteigerung ausgegangen
werden und diese zur Annahme der Verwirkung ausreichen könnte. Diese Frage kann
unentschieden bleiben, weil es an der weiter erforderlichen längeren Untätigkeit der
Rechtsvorgängerin der Klägerin fehlt. Diese ist zwar in dem Zeitraum zwischen der
Gründung der Beklagten im Jahre 1990 und der im Juni 1994 erfolgten Abmahnung,
mithin während der Entstehung des etwaigen schutzwürdigen Besitzstandes, nicht
gegen die Beklagte vorgegangen, das reicht indes deswegen nicht aus, weil nicht
feststeht, daß sie oder mit ihr verbundene Unternehmen damals überhaupt Kenntnis von
der Beklagten und ihrer Firmierung hatten.
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Die insoweit beweisbelastete Beklagte behauptet hierzu zwar, der damalige
Vorstandsvorsitzende der CompuNet-AG, der Zeuge T., habe im Jahre 1990 kurz nach
ihrer Gründung bei ihr angerufen und gegenüber dem Zeugen V. wegen der Ähnlichkeit
der - ihm mithin bekannten - Firmierung Bedenken geäußert. Diese Behauptung hat sie
aber nicht zu beweisen vermocht.
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Allerdings hat der Zeuge V. das behauptete Telefonat bei seiner Vernehmung vor dem
Senat bestätigt. Dies allein reicht indes zur Beweisführung nicht aus. Denn die
Bekundungen des Zeugen begegnen bereits aus sich heraus erheblichen Bedenken
und stehen im übrigen nicht im Einklang mit den Bekundungen des Zeugen T..
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Die Darstellung des Zeugen V. ist zunächst für sich genommen wenig glaubhaft. Es ist
nämlich kaum vorstellbar, daß der Zeuge T. nach einem Hinweis auf eine angebliche
"Genehmigung" der zuständigen IHK die Sache auf sich beruhen lassen haben könnte.
Es ist zunächst schon nicht Sache der IHK, die Bezeichnung auf ihre markenrechtliche
Vereinbarkeit mit anderen Firmierungen zu überprüfen, um die es indes nach den
Bekundungen des Zeugen V. in dem Telefonat allein gegangen sein soll. Überdies sind
sich die Bezeichnungen bei Branchenidentität aus den oben im einzelnen dargelegten
Gründen sehr ähnlich. Es erscheint vor diesem Hintergrund bereits nahezu
ausgeschlossen, daß der Zeuge T. sich zwar einerseits veranlaßt gesehen haben
könnte, bei der Beklagten Einwände zu erheben, sich dann aber nach dem Hinweis auf
eine Genehmigung der IHK entschlossen haben soll, diese nicht weiter zu verfolgen.
Das gilt insbesondere vor dem Hintergrund, daß der Zeuge T. als damaliger
Vorstandsvorsitzender der CompuNet-AG persönlich bei der Beklagten angerufen
haben soll. Denn dadurch hätte er zum Ausdruck gebracht, der Angelegenheit
besondere Bedeutung beizumessen, die der ansonsten üblichen Delegation auf
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Mitarbeiter entgegenstand. Es kommt hinzu, daß der Zeuge T. und die von ihm
vertretenen Gesellschaften der CompuNet-Gruppe nach seinen Bekundungen bereits
damals ständig von der Kanzlei der Rechtsanwälte E., W. und Partner vertreten worden
sind, die - wie schon die spätere Klageerhebung zeigt - die unabhängig von einer
angeblichen Genehmigung der IHK bestehende Rechtswidrigkeit der Firmierung
erkannt hätten.
Im übrigen stehen die Bekundungen des Zeugen auch in mehreren Punkten nicht im
Einklang mit den entsprechenden Behauptungen der Beklagten. So hat diese - worauf
auch der Beweisbeschluß des Senats vom 10.9.1997 unter Ziffer I.2. abstellt (Bl.465) -
schon in erster Instanz und auch im Berufungsverfahren behauptet, der Zeuge V. habe
sich gegenüber dem Zeugen T. auf die Eintragung der Beklagten im Handelsregister,
mithin nicht auf eine "Genehmigung" der IHK bezogen. Außerdem hat die Beklagte (in
der Klageerwiderung, Bl.62) vorgetragen, der Zeuge T. habe den Zeugen V. wohl irrig
für ihren Inhaber gehalten, während der Zeuge V. bekundet hat, er habe den Zeugen T.
eingangs des Gesprächs über seine Funktion bei der Beklagten aufgeklärt. Schließlich
steht auch die Schilderung des Zeugen V., wonach der Zeuge T. einleitend erklärt
haben soll, ihm gratulierten Kunden zu einer Filiale in D., im gewissen Widerspruch zu
der Darstellung der Beklagten über die telefonischen Äußerungen des Zeugen T..
Danach soll dieser nämlich erklärt haben, die Geschäftsführer C. und U. hätten ihn auf
die Firmierung der Beklagten aufmerksam gemacht. Diese - teils allerdings nicht
gravierenden - Abweichungen lassen sich kaum mit Informatiosfehlern der Beklagten
erklären, weil der Zeuge V., einer ihrer Gesellschafter, bei der Beklagten mitarbeitet.
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Schließlich ist auch zweifelhaft, daß der an dem Ausgang des Rechtsstreits interessierte
Zeuge V., der über das Gespräch keine Aufzeichnungen gemacht haben will, sich nach
Ablauf von gut 8 Jahren so detailliert wie er dies bekundet hat, an die Einzelheiten des
Gespräches erinnern könnte.
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Es kommt hinzu, daß die Beklagte keine weiteren Zeugen benennt, obwohl nach ihrer
eigenen Behauptung die Geschäftsführer C. und U. aus der CompuNet-Gruppe den
Zeugen T. auf ihre Firmierung aufmerksam gemacht haben sollen und der Zeuge V. die
Angelegenheit ein oder zwei Wochen nach dem angeblichen Telefonat mit dem Inhaber
ihres Werbebüros, einem Herren Y., besprochen haben will. Die Beklagte hat die
Zeugen C. und U. im Berufungsverfahren nicht (mehr) benannt. Hiervon ist auszugehen,
nachdem sie auf den Hinweis des Senats unter Ziffer 1) seines Hinweis- und
Auflagenbeschlusses vom 30.8.1996 (Bl.381), wonach ihr diesbezüglicher Vortrag ohne
nähere Konkretisierung einer Beweisaufnahme nicht zugänglich sei, auf die Benennung
dieser Zeugen nicht mehr zurückgekommen ist.
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Bereits aus diesen Gründen kann allein aufgrund der Bekundungen des Zeugen V. nicht
festgestellt werden, daß der Zeuge T. bereits im Frühjahr 1990 Kenntnis von der
Firmierung der Beklagten hatte. Es kommt hinzu, daß der Zeuge T. das angebliche
Gespräch nicht bestätigt, sondern bekundet hat, sich an ein solches nicht erinnern zu
können. Es ist zwar - insbesondere angesichts der von dem Zeugen anschaulich
geschilderten Vielzahl der von ihm üblicherweise geführten Telefongespräche - nicht
ausgeschlossen, daß einzelne Gespräche in Vergessenheit geraten. Dies ist indes
bezüglich des angeblichen Telefonats der beiden Zeugen wenig wahrscheinlich. Der
Zeuge T. hat nämlich bekundet, es habe damals bereits eine Arbeitsgruppe
"Unternehmenskommunikation" im Unternehmen gegeben, die die Aufgabe gehabt
habe, etwaige Markenrechtsverletzungen festzustellen und sie - auch unter
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Einschaltung der erwähnten Anwaltskanzlei - zu verfolgen. Danach hat für den Zeugen
persönlich kein Anlaß bestanden, anstelle der Mitarbeiter dieser Gruppe bei der
Beklagten vorstellig zu werden. Überdies hat der Zeuge bekundet, es sei auch nicht
seine Art, etwaige Markenrechtskollisionen selbst und telefonisch zu klären.
Kann aus den vorstehenden Gründen auch nach Durchführung der Beweisaufnahme
nicht von einer Kenntnis der Rechtsvorgängerin der Klägerin oder ihr verbundener
Unternehmen ausgegangen werden, so scheidet die Verwirkung des Anspruches aus.
Denn diese Kenntnis ist regelmäßig Voraussetzung für den Eintritt der Verwirkung (vgl.
Baumbach/Hefermehl, a.a.O., RZ 436). Das gilt auch im vorliegenden Verfahren. Es
besteht nämlich kein Anlaß, zum Nachteil der Klägerin allein mit Blick auf den Zeitablauf
die Verwirkung als eingetreten zu betrachten. Dies kann zwar ausnahmsweise in
Einzelfällen in Betracht kommen, in denen die Interessenlage eine derartige
Entscheidung zu Lasten des Verletzten gebietet (vgl. die Darstellung bei
Baumbach/Hefermehl, a.a.O., m.w.N.), dafür besteht allerdings im Streitfall keine
Veranlassung. Die Rechtsvorgängerin der Klägerin hatte nämlich insbesondere nicht
etwa die Pflicht, in dem fraglichen Zeitraum den Markt im Raum X. und später in G.
darauf zu beobachten, ob dort regional tätige Wettbewerber von der - relativ geringen -
wirtschaftlichen Größe der Beklagten unter Verletzung ihres Firmenrechtes geschäftlich
tätig waren.
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Die Beklagte verstößt aus diesen Gründen mit der Geltendmachung ihres aus §§ 5
Abs.1 und 2, 15 Abs.2 und 4 MarkenG bestehenden Unterlassungsanspruches nicht
unter dem Gesichtspunkt der Verwirkung gegen den im § 242 BGB normierten
Grundsatz von Treu und Glauben.
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Ihr Anspruch hat im übrigen - wie dies § 153 Abs.1 MarkenG voraussetzt - auch schon
vor Inkrafttreten des Markengesetzes, und zwar aus § 16 Abs.1 UWG a.F., bestanden
und seine Geltendmachung war auch nach früherem Recht nicht verwirkt. Zur
Begründung wird auf die vorstehenden Ausführungen Bezug genommen werden, die
uneingeschränkt auch für den früheren Rechtszustand vor Inkrafttreten des
Markengesetzes gelten.
63
C
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Der Anspruch steht schließlich auch der - jetzigen - Klägerin zu. Denn diese ist
Rechtsnachfolgerin der CompuNet Computer Vertriebs-GmbH, der früheren Klägerin.
Das ergibt sich aus den als Bl.463 a - 463 e in Kopie bei den Akten befindlichen
Handelsregisterauszügen. Wegen der Einzelheiten hierzu wird auf die detaillierte
Erläuterung der Klägerin im Schriftsatz vom 10.10.1997 unter Ziffer 2 (Bl.482 f)
verwiesen, aus der sich die Rechtsnachfolge ergibt. Der Senat sieht hierzu von weiteren
Ausführungen ab, nachdem die Beklagte auf diesen Vortrag nicht mehr erwidert und
insbesondere die darin dargestellten Verschmelzungsvorgänge nicht mehr in Abrede
gestellt hat.
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Durch die Zurückweisung der Berufung bleibt die von dem Landgericht gewährte 6-
monatige Umstellungsfrist bestehen, sofern sie nicht bereits abgelaufen ist. Nachdem
das Landgericht diese Frist eingeräumt hat, besteht für den Senat kein Anlaß und mit
Blick auf § 536 ZPO auch keine Möglichkeit, auf die Berufung der Beklagten hin zu
deren Nachteil von Amts wegen die Umstellungsfrist abzusprechen. Ein
berücksichtigungsfähiger diesbezüglicher Antrag der Klägerin liegt indes nicht vor. Die
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Klägerin hat zwar - erstmals - mit dem ihr nachgelassenen Schriftsatz vom 17.6.1998
unter Ziff.3 ausgeführt, die Einräumung einer (weiteren) 6-monatigen Aufbrauchs- und
Umstellungsfrist komme nicht in Betracht (Bl.538), dieser Vortrag kann indes nicht
berücksichtigt werden. Denn er ist nach Schluß der mündlichen Verhandlung in der
Sitzung vom 13.5.1998 erfolgt und nicht von dem gem. §§ 283,523 ZPO eingeräumten
Schriftsatznachlaß erfaßt, der ausschließlich das Ergebnis der Beweisaufnahme und
den - andere Frage betreffenden - Schriftsatz der Beklagten vom 7.5.1998 zum
Gegenstand hatte.
Es ist im übrigen auch nicht ersichtlich, aus welchen Gründen der Beklagten die
Umstellungsfrist nicht mehr eingeräumt werden sollte, wenn die Klägerin während der
Dauer des Berufungsverfahrens davon abgesehen hat, die Zwangsvollstreckung
einzuleiten. Sollte dies indes bereits geschehen sein, ist die Fristeinräumung ohnehin
gegenstandslos.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs.1 ZPO.
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Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr.10, 711 ZPO.
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Die gemäß § 546 Abs.2 ZPO festzusetzende Beschwer der Beklagten entspricht dem
Wert ihres Unterliegens im Rechtsstreit.
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Streitwert für das Berufungsverfahren: 250.000,00 DM.
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