Urteil des OLG Köln vom 21.06.2000
OLG Köln: verwechslungsgefahr, kennzeichnungskraft, in verkehr bringen, wortmarke, produkt, inhaber, sicherheitsleistung, markenrecht, steigerung, kollision
Oberlandesgericht Köln, 6 U 179/99
Datum:
21.06.2000
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
6. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
6 U 179/99
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 81 O 25/99
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das am 24.09.1999 verkündete Urteil
der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln - 81 O 25/99 -
wird zurückgewiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die
Beklagte. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, soweit nicht die
Verurteilung der Beklagten in Rede steht, in die Löschung ihrer beim
Deut-schen Patentamt eingetragenen Wortmarke "Mentholinos" (AZ.: H
70446/30 Wz) einzuwilligen. Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung
durch Sicherheitsleistung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der
Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Sicherheitsleistung
beträgt hinsichtlich des Unterlassungsanspruchs 200.000,00 DM und
hinsichtlich des Kostenerstattungsanspruchs 40.000,00 DM. Beiden
Parteien wird gestattet, die Sicherheitsleistung auch durch
unwiderrufliche, unbefristete und unbedingte selbstschuldnerische
Bürgschaft eines in der Bundesrepublik Deutschland als Zoll- und
Steuerbürge zugelassenen Kreditinstituts zu erbringen.
T a t b e s t a n d:
1
Die Parteien sind Wettbewerber bei der Herstellung und dem Vertrieb von Zuckerwaren.
Zur Produktpalette der Klägerin gehört unter anderem ein Kaubonbon, das sie in der
Bundesrepublik Deutschland seit langen Jahren unter der Bezeichnung "mentos"
vertreibt. "mentos" wird in verschiedenen Geschmacksrichtungen angeboten, z.B.
"Eukalyptus", "mint", "fruit" oder "Lakritze". Wegen der Einzelheiten wird auf den
Sachvortrag der Klägerin in der Klageschrift und die zu den Akten gereichten
Originalprodukte verwiesen. Ein mentholhaltiges Kaubonbon "mentos" vertreibt die
Klägerin dagegen nicht.
2
Die Klägerin ist Inhaberin der international und für das Gebiet der Bundesrepublik
Deutschland geschützten Marke "MENTOS", aus der sie mit der vorliegenden Klage
gegen die später, nämlich im Jahre 1993 zugunsten der Beklagten für "Zuckerwaren"
geschützte Marke "Mentholinos" vorgeht, nachdem das von ihr betriebene
patentamtliche Widerspruchsverfahren ohne Erfolg geblieben ist.
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Die Klägerin hat behauptet, ihre Marke sei im Verkehr überdurchschnittlich bekannt.
Infolge intensiven Werbeeinsatzes und eines erfolgreichen Produktmarketings sei es ihr
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gelungen, den in Deutschland mit "mentos" erzielten Gesamtumsatz in den letzten 10
Jahren zu vervielfachen. Während der Umsatz mit "mentos" 1989 noch bei ca.
15.000.000,00 DM gelegen habe, habe er im Jahre 1992 bereits 47.000.000,00 DM und
in 1998 - dem Zeitpunkt der Klageerhebung - bereits mehr als 60.000.000,00 DM
betragen. Wegen der Einzelheiten des Sachvortrags der Klägerin zu ihren
Werbemaßnahmen, ihren Marktanteilen und den im Laufe der Jahre erzielten Umsätzen
wird auf den Inhalt der Klageschrift nebst Anlagen verwiesen. Ihre Marke - so hat die
Klägerin gemeint - sei von Hause aus phantasievoll und schon deshalb
kennzeichnungskräftig. Für den Verbraucher wirke "Mentho-linos" als
Verkleinerungsform von "mentos". Unter Berücksichtigung der Warenidentität sowie der
hohen Bekanntheit der Marke "mentos" bringe der Verbraucher die Marken
"Mentholinos" und "mentos" deshalb zumindest gedanklich in Verbindung, es bestehe
mittelbare Verwechslungsgefahr. Außerdem handele die Beklagte unter dem
Gesichtspunkt der sittenwidrigen Annäherung an fremde bekannte Kennzeichen sowie
der Rufausbeutung unlauter im Sinne des § 1 UWG.
Die Klägerin hat beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen,
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1.
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10
es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht
festzusetzenden Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu 500.000,00 DM zu unterlassen,
im geschäftlichen Verkehr das Zeichen
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"Mentholinos"
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auf Zuckerwaren oder deren Aufmachung oder Verpackung anzubringen, unter dem
Zeichen Zuckerwaren anzubieten oder anbieten zu lassen, in Verkehr zu bringen
oder in Verkehr bringen zu lassen sowie zu den genannten Zwecken zu besitzen,
unter diesem Zeichen Zuckerwaren einzuführen oder auszuführen oder dieses
Zeichen in Geschäftspapieren oder in der Werbung im Zusammenhang mit derartigen
Produkten zu benutzen,
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2.
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18
in die Löschung ihrer beim Deutschen Patentamt eingetragenen Wortmarke
"Mentholinos" (AZ.: H 70446/30 Wz) einzuwilligen.
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Die Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie hat die rechtserhaltene Benutzung der eingetragenen Marke bestritten und die
Auffassung vertreten, die Klagemarke "mentos" sei an den Begriff "Menthol" angelehnt,
deshalb beschreibend und folglich ohne Schutzbereich. Jedenfalls halte "Mentholinos"
schon wegen der konkreten Schreibweise (mit "h") einen ausreichend großen Abstand
zu "mentos". Die von der Klägerin vorgetragenen Umsatzzahlen, Marktanteile pp. hat
die Beklagte mit Nichtwissen bestritten.
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Durch das angefochtene Urteil, auf das wegen der Einzelheiten verwiesen wird (Blatt
143 ff. d.A.), hat das Landgericht die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Zur Begründung
seiner Entscheidung hat es im wesentlichen ausgeführt, die Klägerin könne von der
Beklagten Unterlassung und Einwilligung in die Löschung in bezug auf die Marke
"Mentholinos" gemäß §§ 4, 14 MarkenG verlangen, weil diese Marke ältere Rechte der
Klägerin aus der Marke "mentos" verletze. Für Zuckerwaren habe "mentos" von Hause
aus durchschnittliche Kennzeichnungskraft, diese habe bezogen auf den Zeitpunkt der
ersten Kollision im Jahr 1993 durch die der Größenordnung nach nicht substantiiert
bestrittenen Marktanteile und Umsätze eine Steigerung erfahren. Diese gesteigerte
Kennzeichnungskraft führe dazu, die Verwechslungsgefahr über den Sinngehalt der
Verletzungsmarke zu bejahen.
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Gegen das ihr am 05.10.1999 zugestellte Urteil des Landgerichts hat die Beklagte am
04.11.1999 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der
Berufungsbegründungsfrist bis zum 06.01.2000 mit einem an diesem Tag bei Gericht
eingegangenen Schriftsatz begründet.
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Die Beklagte, die die Benutzung der Marke "Mentholinos" nach dem unstreitigen
Sachvortrag der Parteien insbesondere im Termin zur mündlichen Verhandlung vom
17.03.2000 bislang nicht aufgenommen hat, wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches
Vorbringen, bestreitet die von der Klägerin vorgetragenen Umsatzzahlen,
Werbemaßnahmen etc. weiterhin mit Nichtwissen und steht auf dem Standpunkt, die
sich gegenüberstehenden Zeichen "mentos" auf der einen und "Mentholinos" auf der
anderen Seite seien weder unmittelbar noch mittelbar miteinander
verwechselungsfähig. Im übrigen sei nicht erkennbar, warum die Anmeldung der Marke
"Mentholinos" den Unlauterkeitsvorwurf im Sinne des § 1 UWG nach sich ziehen könne.
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Die Beklagte beantragt,
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das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Auch sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und verteidigt das
angefochtene Urteil.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die gewechselten
Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen, die sämtlich Gegenstand der mündlichen
Verhandlung waren.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
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Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht
hat der Klage vielmehr zu Recht und mit zutreffender Begründung stattgegeben. Der
Senat schließt sich den Ausführungen des Landgerichts an und nimmt sie zur
Vermeidung von Wiederholungen vorab in Bezug, § 543 Abs. 1 ZPO. Das
Berufungsvorbringen der Beklagten gibt dem Senat keinen Anlass, die von der Klägerin
namentlich aus Markenrecht geltend gemachten Unterlassungs- und
Löschungsansprüche anders zu beurteilen, als das Landgericht es getan hat.
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Der Unterlassungsanspruch der Klägerin folgt bereits aus §§ 4 Nr. 1, 14 Abs. 2 Nr. 2,
Abs. 5, 152 MarkenG, so dass im übrigen offen bleiben kann, ob und inwieweit die
Anmeldung der Marke "Mentholinos" Rechte der Klägerin aus § 1 UWG verletzt,
insbesondere unter dem Gesichtspunkt der sittenwidrigen Annäherung an fremde
bekannte Kennzeichen sowie der Rufausbeutung.
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Nach § 14 Abs. 1 MarkenG gewährt der Erwerb des Markenschutzes nach § 4 MarkenG
dem Inhaber der Marken ein ausschließliches Recht. Dritten ist es bei anderweitiger
Unterlassungspflicht (§ 14 Abs. 5 MarkenG) untersagt, ein mit der Marke identisches
Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, die mit denjenigen identisch
sind, für die sie Schutz genießt (§ 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG), oder ein Zeichen zu
benutzen, wenn wegen der Identität oder Ähnlichkeit des Zeichens mit der Marke oder
der Identität oder Ähnlichkeit der durch die Marke und das Zeichen erfassten Waren
oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht,
einschließlich der Gefahr, dass das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung
gebracht wird (§ 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG). Diese Vorschriften finden im Streitfall
Anwendung, obwohl das Markengesetz erst am 01.01.1995 in Kraft getreten ist, die
Beklagte die Marke "Mentholinos" aber bereits im Jahre 1993 angemeldet hat. Denn die
Übergangsvorschrift des § 152 MarkenG bestimmt ausdrücklich, dass die Vorschriften
des Markengesetzes auch auf Marken Anwendung finden, die vor dem 01.01.1995 nach
den bis dahin geltenden Vorschriften des Warenzeichengesetzes geschützt waren. Da
mangels Markenidentität nur ein Verstoß der Beklagten gegen § 14 Abs. 2 Nr. 2
MarkenG in Betracht kommt, kommt es im Streitfall entscheidend auf die Frage der
Verwechslungsgefahr an, eine Frage, die nach allgemeiner Meinung und ständiger
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine reine Rechtsfrage ist (siehe statt vieler
nur: BGH GRUR 1995, 808, 810 "P3-plastoclin" m.w.N.). Die Prüfung der
Verwechslungsgefahr hat nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der
Europäischen Gemeinschaften unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles
umfassend zu erfolgen; sie impliziert eine Wechselbeziehung zwischen den in Betracht
kommenden Faktoren wie der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit
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gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke (BGH,
Urteil vom 20.10.1999, WRP 2000, 529, 531 "ARD-1"; BGH, Beschluss vom 06.05.1999,
GRUR 1999, 995, 997 = WRP 1999, 936 "HONKA" m.w.N.). Für die Prüfung der
Markenähnlichkeit ist auf den jeweiligen Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden
Zeichen abzustellen (ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, vgl. nur BGH,
a.a.O., "ARD-1" und BGH, Beschluss vom 08.07.1999, WRP 2000, 173, 174
"RAUSCH/ELFI RAUCH", m.w.N.). Das gilt auch dann, wenn die Frage einer
Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne in Rede steht (BGH, a.a.O., "ARD-1").
Hinsichtlich der Verwechslungsgefahr kommt es auf die Nähe der in Betracht zu
ziehenden Waren, auf die Kennzeichnungskraft der Klagemarke sowie auf das Maß der
Ähnlichkeit der zu vergleichenden Bezeichnungen an, wobei zwischen diesen die
Verwechslungsgefahr bestimmenden Faktoren eine Wechselwirkung dergestalt besteht,
dass der Ähnlichkeitsgrad um so geringer sein kann, je größer die Kennzeichnungskraft
und/oder die Warennähe ist, während umgekehrt ein höherer Ähnlichkeitsgrad
erforderlich ist, wenn die Kennzeichnungskraft der Klagemarke nur schwach und/oder
der Warenabstand größer ist (BGH, a.a.O. "ARD-1" m.w.N.). An diesem das
Kennzeichenrecht beherrschenden Grundsatz hat sich auch durch die Umsetzung der
Ersten Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21.12.1988 zur Angleichung der
Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über die Marken durch das Markengesetz nichts
geändert. Vielmehr haben die von der Rechtsprechung zu den §§ 24, 31 WZG
entwickelten Grundsätze (vgl. BGH GRUR 1993, 118, 119 "corvaton/corvasal" und BGH
GRUR 1995, 50, 51 "indorektal/indohexal") gleichermaßen für die Prüfung der
Verwechslungsgefahr im Rahmen des § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG Geltung. Das hat der
Bundesgerichtshof wiederholt ausgesprochen (vgl. z. B.: BGH WRP 1998, 755, 757
"nitragin"; BGH GRUR 1996, 775, 776 "Sali Toft"; BGH GRUR 1996, 777, 778 "JOY";
BGH GRUR 1996, 196, 198, 199 "Springende Raubkatze"; BGH GRUR 1996, 200, 201
"Innovadiclophlont"; BGH GRUR 1996, 404, 405 "Blendax Pep" und BGH GRUR 1996,
406 "JUWEL"; siehe auch EuGH GRUR 1998, 387 "Springende Raubkatze" zur
Auslegung von Art. 4 Abs. 1 b MarkenRl, der durch § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG
umgesetzt worden ist).
Zu Recht ist das Landgericht bei Anwendung dieser Grundsätze von einer
Verwechslungsgefahr zwischen der Klagemarke "mentos" und der zugunsten der
Beklagten eingetragenen Marke "Mentholinos" ausgegangen, die zur Bejahung des
Tatbestands des § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG führt und folglich den
Unterlassungsanspruch der Klägerin aus § 14 Abs. 5 MarkenG auslöst. Der Wortmarke
"MENTOS" für ein nicht mentholhaltiges Kaubonbon kommt von vornherein normale
Unterscheidungskraft zu. Der Senat macht sich gemäß § 543 Abs. 1 ZPO die richtigen
und überzeugenden Ausführungen des Landgerichts zu eigen. Insbesondere teilt der
Senat die Auffassung des Landgerichts, dass die zweisilbige, "hart" als "MENNTOSS"
gesprochene Bezeichnung "mentos" für eine nicht mentholhaltigen Kaubonbon
eigenartig und keineswegs beschreibender Natur ist; sie ist ohne weiteres lautlich
aussprechbar, prägt sich leicht ein und ist für ein Kaubonbon auch nach Auffassung des
Senats phantasievoll, originell und sowohl nach Klang- als auch Schriftbild geeignet, für
das Publikum dergestalt kennzeichnend zu wirken, dass es die Marke erinnert und das
mit ihr gekennzeichnete Produkt wiedererkennt. Die Assoziation, es könne sich bei dem
so beworbenen Kaubonbon wegen seines Produktnamens um einen mentholhaltige
Zuckerware handeln, liegt nach Auffassung des Verkehrs, zu dem die Mitglieder des
Senats ebenso gehören wie die Mitglieder der Kammer, schon in Anbetracht der
konkreten Aussprache von "mentos" als "MENNTOSS" eher fern.
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Diese von Hause aus gegebene durchschnittliche Kennzeichnungskraft ist nicht durch
ähnlich klingende oder ähnlich geschriebene Drittmarken geschwächt worden, sondern
hat im Gegenteil infolge der Benutzungshäufigkeit eine Steigerung erfahren. Soweit die
Beklagte im Laufe des ersten Rechtszugs eine Schwächung der Kennzeichnungskraft
infolge der auf Seiten 2 und 3 der Klageerwiderung vom 02.03.1999 (Blatt 35/36 d.A.)
genannten Marken behauptet hat, kommt es nicht darauf an, dass die Marken zum Teil
nach dem eigenen Sachvortrag der Beklagten nicht in Kraft stehen und dass sie zum
Teil - wie z.B. die Marke "MENTHOLANA" - mentholhaltige Zuckerwaren und Bonbons
betreffen. Denn von einer nennenswerten Schwächung der von Haus aus
durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Marke "mentos" durch die in der
Klageerwiderung näher bezeichneten Drittmarken kann schon deshalb nicht
ausgegangen werden, weil es an jedwedem Sachvortrag der insoweit darlegungs- und
beweispflichtigen Beklagten dazu fehlt, ob und in welchem Umfang diese Drittzeichen
dem Verkehr im Markt begegnet sind und daher geeignet (gewesen) sein könnten, auf
die Kennzeichnungskraft der Klagemarke in dem von der Beklagten vorgetragenen
Sinne Einfluss zu nehmen. Im Gegenteil ist davon auszugehen, dass die
durchschnittliche Kennzeichnungskraft von "mentos" infolge ihrer Benutzungshäufigkeit
erheblich gesteigert ist. Dabei muss nicht aufgeklärt werden, ob die von der Klägerin
vorgetragenen und von der Beklagten mit Nichtwissen bestrittenen Zahlen bezüglich
des Absatzes und des Marktanteils von "mentos" für den maßgeblichen ersten
Kollisionszeitpunkt und damit das Jahr 1993 exakt zutreffen, also z.B. davon
ausgegangen werden muss, bereits im Jahre 1992 habe der jährliche Umsatz der
Klägerin in Deutschland bezogen auf das Produkt "mentos" mehr als 47.000.000,00 DM
betragen. Denn den Mitgliedern des Senats ist aus eigenem Wissen heraus bekannt,
dass das Produkt "mentos" über lange Zeit hinweg äußerst intensiv beworben worden
ist und im Verkehr eine hohe Bekanntheit erlangt hat, namentlich auch durch eine
Vielzahl vom Fernseh- und Rundfunkspots. Bei dieser Sachlage teilt der Senat die
Auffassung des Landgerichts, dass es nicht der exakten Feststellung der Umsatzzahlen
etc. auf "Mark und Pfennig" bedarf, um von einer hohen, die Kennzeichnungskraft der
Klagemarke stärkenden Verkehrsbekanntheit auszugehen. Der Vernehmung des von
der Klägerin zu diesem Themenkomplex und namentlich auch der Umsatzentwicklung
nach dem Zeitpunkt der ersten Kollision der Marken benannten Zeugen K. bedurfte es
demgemäß nicht.
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Auch der Einwand nicht rechtserhaltender Benutzung verhilft dem
Verteidigungsvorbringen der Beklagten nicht zum Erfolg. Zwar ist es richtig, dass die
Wortmarke "MENTOS" aus Großbuchstaben besteht, während die Marke dem Verkehr
in kleiner Schrift "mentos" begegnet. Das ist jedoch unschädlich. Denn maßgeblich für
die Frage der rechtserhaltenden Benutzung ist, ob der Verkehr, insbesondere also der
Endverbraucher, die eingetragene und die benutzte Marke als dasselbe Zeichen ansieht
(BGH GRUR 1975, 135, 138 "KIM-Mohr"). Das ist hier der Fall, und zwar schon deshalb,
weil die Verwendung einer abweichenden Schrifttype oder eine andere Schreibweise
der Wortmarke in aller Regel nicht dazu führt, dass der Verkehr die eingetragene und
die benutzte Marke als zwei verschiedene Zeichen ansieht, soweit nicht gerade - was
hier offensichtlich ausscheidet - erst ein besonderes Schriftbild oder eine besondere
Schriftart die Schutzfähigkeit der Marke begründet (vgl. hierzu BGH GRUR 1979, 707,
708/709 "Haller I"; Senat, MD 1996, 1114, 1116 "Salzige Heringe" und Ingerl/Rohnke,
Markengesetz, 1998, § 26 Rn. 87 m.w.N.).
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Ist demgemäß davon auszugehen, dass die Marke der Klägerin rechtserhaltend benutzt
worden ist und dass ihr bereits in 1993 als dem maßgeblichen Kollisionszeitpunkt eine
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gesteigerte Kennzeichnungskraft zukam, kann in Anbetracht der Tatsache, dass die
Beklagte die Marke "Mentholinos" für identische Waren hat eintragen lassen (und nach
ihren Erklärungen der Parteien im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 17.03.2000
beabsichtigt, unter der Marke "Mentholinos" eine spezielle Art von Zuckerwaren,
nämlich ebenfalls Kaubonbons herzustellen und zu vertreiben), an der für den
Unterlassungsanspruch notwendigen Verwechslungsgefahr auch nach Auffassung des
Senats ein durchgreifender Zweifel nicht bestehen. Der Senat teilt vielmehr die
Auffassung des Landgerichts und nimmt sie in Bezug (§ 543 Abs. 1 ZPO), dass ein
erheblicher Teil des angesprochenen Verkehrs glauben wird, unter der Marke
"Mentholinos" angebotene Zuckerwaren oder gar Kaubonbons seien "kleine mentos".
Mit dem Landgericht stellen auch die Mitglieder des Senats als Teil der
angesprochenen Verkehrskreise aufgrund eigener Erfahrung und Sachkunde fest, dass
der Verkehr die Endsilbe "-lino" dem heute vorherrschenden Sprachgefühl folgend als
Verkleinerung versteht und deshalb ggf. davon ausgeht, nunmehr gebe es nicht nur die
"normalen" Zuckerwaren/Kaubon-bons der Marke "mentos", sondern eine neue
Verpackungseinheit, die - was die Einzelgröße angeht - kleiner als die vorherige Ware
ist und deshalb "Mentholino" heißt. Deshalb wird der Verkehr entweder annehmen, das
mit der Marke "Mentholino" versehene Produkt stamme aus dem Hause, das die ihm
bekannten Kaubonbons der Marke "mentos" vertreibt, oder aber glauben, der Inhaber
der Marke "Mentholinos" biete dieses Produkt unter dieser Bezeichnung zum Kauf an,
weil ihn der Inhaber der Marke "mentos" dazu autorisiert habe. Dann aber liegt
mittelbare Verwechslungsgefahr vor, die der Markeninhaber gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 2 in
Verbindung mit Abs. 5 MarkenG ebensowenig hinzunehmen braucht wie eine
unmittelbare Verwechslungsgefahr. Dass die Marke der Beklagten ein "h" enthält,
rechtfertigt ersichtlich keine abweichende Beurteilung, und zwar schon deshalb nicht,
weil es nicht auffällt und vor allem nicht ausgesprochen wird, die Betonung vielmehr auf
dem Wortanfang und dem Wortende liegt und deshalb jedenfalls akustische
Verwechslungsgefahr angenommen werden muss.
Als entscheidungsunerheblich offen bleiben kann, ob der hiernach aus Markenrecht
gegebene Unterlassungsanspruch der Klägerin im Streitfall gemäß § 153 Abs. 1
MarkenG voraussetzt, dass er auch nach altem, vor Inkrafttreten des Markengesetzes
maßgeblichen Recht bestanden hätte, wogegen die Verwendung des Begriffs der
"Weiterbenutzung" in § 153 Abs. 1 MarkenG spricht. Die Frage bedarf keiner
Entscheidung, weil wegen der bestehenden mittelbaren Verwechslungsgefahr der
Unterlassungsanspruch auch gemäß §§ 15 Abs. 1, 24 Abs. 1, 31 WZG nach allem
Recht bestanden hätte.
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Aus dem Gesagten folgt zugleich die Begründetheit des geltend gemachten
Löschungsanspruchs: Dieser Anspruch der Klägerin auf Einwilligung der Beklagten in
die Löschung der beim Deutschen Patentamt eingetragenen Wortmarke "Mentholinos"
folgt aus §§ 4, 9 Abs. 1 Ziffer 2, 51 Abs. 1, 55 Abs. 1 und Abs. 2 Ziffer 2 MarkenG und -
vor Inkrafttreten des Markengesetzes - aus § 1004 Abs. 1 BGB.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 894 Abs. 1 Satz 1, 108
ZPO.
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Die gemäß § 546 Abs. 2 ZPO festzusetzende Beschwer der Beklagten übersteigt
60.000,00 DM.
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