Urteil des OLG Köln vom 03.11.1998
OLG Köln (zpo, sozialhilfe, rechtsnachfolger, ausfertigung, zukunft, zahlung, klagebefugnis, auflage, rechtsnachfolge, leistung)
Oberlandesgericht Köln, 4 WF 267/98
Datum:
03.11.1998
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
4. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
4 WF 267/98
Vorinstanz:
Amtsgericht Bonn, 46 F 198/93
Tenor:
Die Beschwerde wird auf Kosten der Beschwerdeführerin
zurückgewiesen.
G r ü n d e:
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I.
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In vorliegendem Verfahren ist zugunsten des Kindes O. V. ein Titel gegen den
Antragsgegner auf Zahlung von Unterhalt ab März 1995 ergangen. Seit Mai 1998 leistet
die Gemeinde E. dem Kind Hilfe zum Lebensunterhalt nach den Bestimmungen des
Bundessozialhilfegesetzes. Sie hat deshalb die Umschreibung des Titels gemäß § 727
ZPO auf sich beantragt. Dem hat das Amtsgericht für die Zeit, für die bereits Sozialhilfe
geleistet worden ist, entsprochen, die Umschreibung für die Zukunft jedoch durch den
angefochtenen Beschluß abgelehnt.
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II.
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Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Gemeinde ist zulässig, aber nicht begründet.
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Die Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung gemäß § 727 ZPO kann nur dem
Rechtsnachfolger des in dem Titel bezeichneten Gläubigers erteilt werden.
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Nach § 91 BSHG neue Fassung bedarf es zwar nicht mehr einer Überleitungsanzeige,
sondern der bürgerlich-rechtliche Unterhaltsanspruch des Hilfeempfängers geht kraft
Gesetzes auf den Träger der Sozialhilfe über. Dies hat jedoch nichts daran geändert,
daß der gesetzliche Forderungsübergang erst in dem Augenblick stattfindet, in dem die
Aufwendung tatsächlich geleistet wird (allgemeine Meinung, vgl. BGH NJW 1992, 1624
zur alten Fassung des § 91 BSHG; zur neuen Fassung vgl Zöller-Gröber, ZPO 20.
Auflage, § 727 Rn. 10; Schellhorn/Juracek/Seipp BSHG, 15. Auflage § 91 Rn. 117;
Derleder/Bartels FamRZ 1995, 1111 ff.; Künkel FamRZ 1994, 540 ff.; Murder NJW 1994,
494 ff.).
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Dies will die Beschwerdeführerin wohl auch nicht in Frage stellen.
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Auch die nunmehr in § 91 Abs. 3 Satz 2 BSHG normierte Befugnis des
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Sozialhilfeträgers, künftig fällig werdende Unterhaltsleistungen einzuklagen, die also an
den Sozialhilfeträger unmittelbar zu erbringen sind, ermöglicht nicht eine Umschreibung
des vom Hilfeempfänger erworbenen Titels vor Eintritt der Rechtsnachfolge.
Bereits nach früherem Recht stand dem Sozialhilfeträger nach der herrschenden
Rechtsprechung die nunmehr normierte Klagebefugnis zu (vgl. BGH a.a.O.). Die
Änderung des § 91 BSHG hat zwar zu einer Diskussion in Rechtsprechung und
Schrifttum darüber geführt, ob in dem Fall der Klage des Sozialhilfeträgers das Urteil -
wie früher von der Rechtsprechung verlangt - unter der Bedingung der tatsächlichen
Leistung der Sozialhilfe zu ergehen hat und ob der Sozialhilfeträger bei der
Beantragung einer vollstreckbaren Ausfertigung die entsprechende Leistung
nachweisen muß (vgl. Koblenz, FamRZ 1996, 756; Derleder/Bartels a.a.0. S. 1116;
Schellhorn a.a.O. Rn. 128; Künkel a.a.O. S. 548; Murder a.a.O. S. 497). Keinen Einfluß
hat die Regelung der Klagebefugnis jedoch auf den Fall, daß der Hilfeempfänger selbst
den Titel erworben hat.
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Hier muß es dabei bleiben, daß die Titelumschreibung gemäß § 727 ZPO voraussetzt,
daß der Sozialhilfeträger aufgrund des § 91 Abs. 1 Satz 1 BSHG sowie entspechender
Sozialhilfe-leistungen Rechtsnachfolger geworden ist. Dies kann jedenfalls nicht
fraglich sein, soweit schon bei einer eigenen Klage des Sozialhilfeträgers vor Erteilung
der Vollstreckungsklausel der Nachweis der Zahlungen verlangt wird (s.o.). Dies muß
aber auch gelten, soweit dies nicht für erforderlich gehalten wird. Dann steht der
Sozialhilfeträger im Fall der Titelumschreibung zwar schlechter als im Fall der eigenen
Klage. Dies rechtfertigt sich aber daraus, daß er die volle Rechtsstellung des
Rechtsinhabers nur dann inne hat, wenn er ein eigenes Recht geltend gemacht hat, im
Fall der Rechtsnachfolge aber die Rechtsstellung des Titelinhabers insoweit
unangetastet lassen muß, als er nicht durch tatsächliche Zahlung der
Sozialhilfeleistungen Rechtsnachfolger geworden ist (vgl. Derleder/Bartels a.a.O.). Die
Umschreibung des Titels gemäß § 727 ZPO setzt somit den Nachweis der Zahlungen
voraus, kann also nicht für die Zukunft erfolgen.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.
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Beschwerdewert: 3.492,00 DM
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