Urteil des OLG Köln vom 19.10.2000
OLG Köln: beleihung, stadt, widerruf, öffentliches recht, angemessene entschädigung, unternehmer, kreis, umwelt, raumordnung, genehmigung
Oberlandesgericht Köln, 7 U 56/00
Datum:
19.10.2000
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
7. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
7 U 56/00
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 5 O 59/99
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Köln vom
28.10.1999 - 5 O 59/99 - wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die
Kosten des Berufungsverfahrens. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung des beklagten Landes gegen
Sicherheitsleistung von 210.000,00 DM abwenden, wenn nicht das
beklagte Land vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Beiden Parteien wird gestattet, die Sicherheitsleistung durch eine
unbedingte, unbefristete, unwiderrufliche und selbstschuldnerische
Bürgschaft eines als Zoll- und Kreditbürgen zugelassenen Bankinstituts
zu erbringen.
T a t b e s t a n d
1
Durch öffentlich-rechtlichen Vertrag vom 15.07.1976 hatten sich die kreisfreien Städte K.
und B. sowie der E.kreis und der R.-S.-Kreis zur Erfüllung ihrer Verpflichtung nach dem
Gesetz über die Beseitigung von Tierkörpern, Tierkörperteilen und tierischen
Erzeugnissen (Tierkörperbeseitigungsgesetz - TierKBG) vom 02.09.1975 (BGBl I, S.
2313) und dem Gesetz zur Ausführung des Gesetzes über die Beseitigung von
Tierkörpern, Tierkörperteilen und tierischen Erzeugnissen
(Landestierkörperbeseitigungsgesetz - LTierKBG) vom 15.07.1976 (GV. NW S. 267) zu
einem Tierkörperbeseitigungsverband zusammengeschlossen (§ 4 Abs. 1 S. 1 TierKBG
i.V.m. § 1 Abs. 1 LTierKBG und § 1 GKG NW). Die - technische - Abwicklung der
Tierkörperbeseitigung erfolgte in der (vormals) im Eigentum der Stadt K. stehenden und
von ihr betriebenen Tierkörperbeseitigungsanstalt (TBA) T.. Die dabei anfallenden
Abwässer wurden im Klärwerk K.-St. entsorgt, weil sich die an sich
abwasserbeseitigungspflichtige Stadt Ke. dazu nicht in der Lage sah.
2
Da sich die Unterhaltung und der Betrieb der TBA T. als defizitär erwies, suchte man
nach einer anderen Betriebsform. Ins Auge gefasst wurde schließlich eine Übernahme
der Tierkörperbeseitigung nach Maßgabe des § 4 Abs. 1 S. 2 TierKBG durch die
Klägerin. Dazu schlossen die genannten Gebietskörperschaften (letztere nur bezogen
auf den linksrheinischen Raum) in einem ersten Schritt mit der Klägerin am
11./23./24.07.1985 (im folgenden nur mit 11.07. bezeichnet) einen bis zum 31.12.2005
befristeten Entsorgungsvertrag (Anlage K 1). In § 1 Abs. 1 dieses Vertrages ist folgendes
bestimmt:
3
"Der Unternehmer erfüllt die Aufgaben, die den Aufgabenträgern nach dem Gesetz
über die Beseitigung von Tierkörpern, Tierkörperteilen und tierischen Erzeugnissen
(TierKBG) vom 02.09.1975 ..., dem Gesetz zur Ausführung des Gesetzes über die
Beseitigung von Tierkörpern, Tierkörperteilen und tierischen Erzeugnissen - LTierKBG
- vom 15. Juli 1976 ... und den auf Grund dieser Gesetze erlassenen
Rechtsvorschriften, behördlichen Anordnungen o.ä. in der jeweils geltenden Fassung
obliegen."
4
Zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses galt für den hier in Rede stehenden Bereich die
"Verordnung (des Regierungspräsidenten K.) zur Bestimmung der Einzugsbereiche der
Tierkörperbeseitigungsanstalten in Li. und T." vom 04.12.1978 (Abl. Köln 1978, S. 696 -
Anlage K 15). In § 4 dieser Verordnung ist folgendes bestimmt:
5
"Diese Verordnung tritt ab 31. Dezember 1993 außer Kraft, sofern nicht wegen einer
wesentlichen Veränderung in der nach § 1 und § 2 bestimmten Einzugsbereichen
vorhandenen Tierpopulation, des Abfalls von Konfiskaten, Schlachtabfällen und
Fleischverarbeitungsresten der Verkehrsverhältnisse oder der Leistungsfähigkeit der
Tierkörperbeseitigungsanstalten eine vorzeitige Neuregelung erforderlich wird."
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In einem weiteren Schritt erwarb die Klägerin mit notariellem Vertrag vom 08.08.1985
(Anlage K 3) von der Stadt K. die TBA T. (Grundstücke, Aufbauten einschließlich
Betriebsanlagen und vier Einfamilienwohnungen als Werkswohnungen) zu einem
Kaufpreis von 2.600.000,00 DM. Zugleich verpflichtete sich die Klägerin, die auf dem
Grundbesitz befindlichen und eventuellen künftigen Aufbauten bis zum 31.12.2005 nur
zum Betrieb einer Tierkörperbeseitigungsanstalt zu nutzen. Da die Beseitigung der
Betriebsabwässer rechtlich nach wie vor ungeklärt war, schlossen die Stadt K. und die
Klägerin ferner am 23.09.1985 einen sogenannten Gestattungsvertrag (Anlage K 5),
wonach die Klägerin berechtigt war, die Abwässer der TBA T. in einem im Vertrag näher
geregelten Umfang in das Klärwerk K.-St. einzuleiten. In § 8 dieses Vertrages ist ferner
bestimmt:
7
"Der Vertrag kann von beiden Parteien mit einer Frist von einem Monat zum 30.06. und
31.12. eines jeden Jahres gekündigt werden. Die Stadt hat - unbeschadet der in § 7
Abs. 2 getroffenen Regelung - das Recht, den Vertrag fristlos zu kündigen, wenn
Gründe des öffentlichen Wohles mit der Gestattung nicht mehr vereinbar sind."
8
Neben diesen auf Übernahme der Tierkörperbeseitigung gerichteten Vereinbarungen
wurde der Klägerin auf ihren Antrag vom 26.02.1985 mit Bescheid des
Regierungspräsidenten K. vom 04.09.1985 (Anlage K 6) im Wege der Beleihung gemäß
§ 4 Abs. 2 TierKBG die Beseitigung von Tierkörpern, Tierkörperteilen und Erzeugnissen
im Sinne des Tierkörperbeseitigungsgesetzes für den Bereich der Städte K. und B., des
E.kreises und des (linksrheinischen Teils) R.-S.-Kreises übertragen.
9
Nach der Übernahme der TBA T. durch die Klägerin kam es in der Folgezeit zu - teils
gerichtlich ausgetragenen - Auseinandersetzungen über die für die
Tierkörperbeseitigung zu zahlenden Entgelte.
10
Gegen Ende der 80iger Jahre liefen ferner unter Federführung des Ministeriums für
Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft (MURL) Überlegungen, die
Tierkörperbeseitigung landesweit neu zu ordnen. Diese Überlegungen gingen zunächst
11
dahin, der TBA T. zusätzlich den rechtsrheinischen Teil des R.-S.-Kreises
zuzuschlagen, sofern sich das Abwässerproblem lösen würde (Fachbesprechung vom
28.02.1989 - Anlage K 7). Im Anschluss an diese Besprechung legte die
Bezirksregierung K. mit Schreiben vom 16.08.1989 (Anlage K 8) dem Ministerium für
Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft den Entwurf eines
Tierkörperbeseitigungsplans für den Regierungsbezirk K. vor. In diesem Schreiben
heißt es u.a.:
"Zusammenfassend ist festzustellen, daß ich dem Erhalt der TBA T. den Vorzug gebe,
unter der Voraussetzung, daß eine Kläranlage gebaut wird. Sollte dies nicht
geschehen, bleibt als Alternative für die Entsorgung des gesamten Regierungsbezirks
K. der Ausbau der TBA Li.. Demgegenüber tritt die zweite Alternative zurück. Diese
umfasst die Entsorgung des Regierungsbezirks K. durch die TBA T., ohne den
Rheinisch-Berg.-Kreis, den Oberberg. Kreis sowie die Stadt Le., die durch die TBA M.
entsorgt werden könnten."
12
Mit Schreiben vom 18.10.1988 kündigte die Stadt K. den Ge- stattungsvertrag über die
Annahme von Abwässern. Sie begründete die Kündigung damit, dass ihr Klärwerk St.
durch die bis Ende 1991 laufenden Um- und Ausbauarbeiten ausgelastet und in seiner
Leistungsfähigkeit phasenweise reduziert sei. In der Folgezeit fanden zwischen den
Parteien des Entsorgungsvertrages und der Bezirksregierung K. zahlreiche Gespräche
statt, die von dem Bemühen getragen wurden, eine einvernehmliche Lösung der
Abwässersituation der TBA T. herbeizuführen. Die anfallenden Abwässer wurden
zunächst weiterhin vom Klärwerk St. - teilweise im reduzierten Umfang - abgenommen.
Im Oktober 1989 legte die Klägerin der Bezirksregierung K. die erste Stufe eines von
dem Sachverständigen Prof. P. entwickelten Abwässerbeseitigungskonzepts zur
Genehmigung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz vor. Auch danach fanden
noch zahlreiche Gespräche zwischen der Klägerin und der Bezirksregierung K. -
teilweise unter Einbeziehung von Vertretern des E.kreises und der Stadt K. - statt, in
denen es um die Lösung der Abwässerprobleme der Klägerin ging.
13
Mit Ablauf des 05.08.1990 verweigerte alsdann der Oberstadtdirektor der Stadt K. die
Annahme weiterer Abwässer der TBA T.. Dazu verwies er u.a. darauf, dass in der
Anlage nicht nur Schlachtabfälle und Konfiskate aus dem für die Anlage vorgesehenen
Entsorgungsgebiet, sondern auch Stoffe aus anderen Gebieten verarbeitet würden. Die
Klägerin legte daraufhin ihren Betrieb still. Um die Tierkörperbeseitigung weiter zu
gewährleisten, gestatteten die Bezirksregierungen Mü. und Dü. der Klägerin die
übergangsweise Mitbenutzung der Tierkörperbeseitigungsanstalten M., V. und B.-B..
Daneben wurden weiter Gespräche mit dem Ziel geführt, die Abwässerproblematik der
TBA T. zu klären.
14
Am 31.08.1990 stellte das Ministerium für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft
den Bezirksregierungen sein Konzept für die Neuordnung der Tierkörperbeseitigung im
Lande Nordrhein-Westfalen vor. Nach diesem Konzept war eine Beteiligung der TBA T.
an der Tierkörperbeseitigung nicht mehr vorgesehen. Die Bezirksregierung K. ordnete
auf der Grundlage dieses Konzepts durch Rechtsverordnungen vom 24.12.1990 und
14.01.1991 (beide Abl. Köln 1991, S. 12 - Anlage K 14) den Einzugsbereich der TBA T.
mit Wirkung vom 01.02.1991 den Tierkörperbeseitigungsanstalten M. und V. zu.
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Bereits zuvor hatte die Bezirksregierung K. die Klägerin mit Schreiben vom 06.09.1990
aufgefordert, ihre Planung bezüglich einer betrieblichen Abwässervorklärungsanlage
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und deren Finanzierung spätestens bis zum 01.10.1990 vorzulegen.
Mit Bescheid vom 04.12.1990 (Anlage K 9) widerrief die Bezirksregierung K. mit
Wirkung vom 01.02.1991 die der Klägerin im Wege der Beleihung übertragene
Tierkörperbeseitigung. Zur Begründung führte sie dazu im wesentlichen aus, dass der
Betrieb der TBA T. eingestellt und die Lösung der bevorstehenden Abwässerprobleme
wegen Fehlens eines konkretisierten Konzepts der Abwässerbehandlung und
Finanzierung innerhalb eines überschaubaren Zeitraums nicht möglich sei; ohne den
Widerruf sei das öffentliche Interesse gefährdet, weil aus seuchenhygienischen
Gründen eine geordnete, schnelle, sichere und unschädliche Beseitigung der Tierkörper
nicht gewährleistet sei. Den dagegen gerichteten Widerspruch der Klägerin wies die
Bezirksregierung zurück.
17
Die Klägerin hat daraufhin am 29.01.1991 vor dem Verwaltungsgericht Köln - 9 K
328/91 - Klage erhoben und beantragt, den Widerspruchsbescheid vom 04.12.1990
aufzuheben und ferner festzustellen, dass ihr ein Anspruch auf Rückübertragung der
Einzugsbereiche der Tierkörperbeseitigungsanstalten V. und M., soweit diese zuvor der
TBA T. zugewiesen waren, zusteht. Das Verwaltungsgericht Köln hat durch Urteil vom
22.06.1994 (Anlage K 18) die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung
hatte teilweise Erfolg. Das OVG Mü. hat durch Urteil vom 12.03.1997 (Anlage K 11) den
Bescheid vom 04.12.1990 aufgehoben und die Berufung im übrigen - hinsichtlich des
Feststellungsantrages - zurückgewiesen. Den angefochtenen Widerruf in der Gestalt
des Widerspruchsbescheids hat es (jedenfalls schon) deshalb als rechtswidrig
angesehen, weil der Ermessensentscheidung der Bezirksregierung ein unzutreffender
und nicht hinreichend ermittelter Sachverhalt zugrunde gelegt worden sei. Den
Feststellungsantrag hat es hingegen als unbegründet erachtet, weil der Erlass der
Einzugsbereichsverordnungen im nicht eingeschränkten normativen Ermessen des
Verordnungsgebers gestanden habe.
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Im Anschluss an die Rechtskraft des Urteils des OVG Mü. beantragte die Klägerin mit
Schreiben vom 13.05.1997 bei der Bezirksregierung K. die Feststellung einer
Entschädigung (auch) nach § 6 LTierKBG. Mit - der Klägerin am 16.11.1997
zugestelltem - Bescheid vom 10.11.1997 wurde der Antrag abgelehnt (Anlage K 16).
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Mit der vorstehenden - bei Gericht am 16.02.1999 eingereichten - Klage nimmt die
Klägerin das beklagte Land auf Entschädigung bzw. Schadensersatz in Anspruch. Ihren
Anspruch beziffert sie dabei wie folgt:
20
- aufgelaufene Verluste bis
21
zum 31.01.1991: 10.492.000,00 DM
22
- Ersatz des Betriebsvermögens: 2.258.000,00 DM
23
- Unternehmerlohn- und
24
Gewinn 1991 bis 2005: 1.881.000,00 DM
25
- Unternehmerlohn- und
26
Gewinn 1986 bis 1990: 1.139.000,00 DM
27
- Unternehmerlohn- und
28
Gewinn 1985
29
(seit 01.09.1985): 91.000,00 DM
30
zusammen: 15.861.000,00 DM
31
- abzüglich Eingänge auf
32
nicht erfasste Forderungen: 3.976.000,00 DM
33
verbleibender Anspruch: 11.885.000,00 DM
34
Die Klägerin stützt dabei ihre Klage zum einen auf den zu Unrecht erfolgten Widerruf
des Beleihungsbescheides vom 04.09.1985 und zum anderen darauf, dass ihr durch die
Änderung der Einzugsbereiche für die Tierkörperbeseitigung der Boden für einen
weiteren Betrieb der TBA T. entzogen worden sei.
35
Neben der hier verfolgten Zahlungsklage hat die Klägerin mit Schriftsatz vom
01.09.1998 Klage vor dem Verwaltungsgericht Köln (9 K 7161/98) mit dem Antrag
erhoben, das beklagte Land zum Erlass eines Entschädigungsfeststellungsbeschlusses
zu verpflichten und festzustellen, dass das beklagte Land an sie eine Entschädigung
von 10.000.000,00 DM zu zahlen hat.
36
Zur Begründung ihrer Klage hat die Klägerin im wesentlichen geltend gemacht:
37
Das beklagte Land sei nach dem LTierKBG entschädigungspflichtig. § 6 LTierKBG sei
als ausgleichspflichtige Inhaltsbestimmung des Eigentums im Sinne des Art. 14 Abs. 1
S. 2 GG anzusehen. Die Änderung der Einzugsbereiche durch die Verordnungen des
Regierungspräsidenten vom 24.12.1990 und 14.01.1991 sei als "Maßnahme" im Sinne
des § 6 LTierKBG zu qualifizieren, die entschädigungspflichtig in ihre durch Art. 14 GG
geschützte Rechtsposition eingreife, weil durch die vorgenommenen Änderungen der
Einzugsbereich der TBA T. weggefallen sei. Ihr Vertrauen in den Fortbestand des
ehemaligen Einzugsbereichs sei unter zweierlei Gesichtspunkten schutzwürdig: Zum
einen sei mit den (vormals) beseitigungspflichtigen Gebietskörperschaften im
Entsorgungsvertrag vom 11.07.1985 eine Laufzeit bis zum 31.12.2005 vereinbart
worden. Zum anderen sei aber auch die Beleihung dem Wortlaut nach unbefristet und
bei verständiger Würdigung zumindest unter dem Vorbehalt eines Neuzuschnitts der
Einzugsbereiche unter Einbeziehung des im Entsorgungsvertrag bis zum 31.12.2005
vereinbarten Ausschließlichkeitsrechts erfolgt.
38
Überdies stehe ihr ein Entschädigungsanspruch gemäß §§ 39, 40 OBG NW bzw. ein
Schadensersatzanspruch gemäß § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG zu, weil sie durch den
rechtswidrigen Widerruf des Bescheides vom 04.12.1990 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 23.12.1991 zu Schaden gekommen sei. Sie sei zwar
noch "Beliehene" und demzufolge nach den gesetzlichen Regelungen zur
Tierkörperbeseitigung verpflichtet; jedoch könne sie die ihr zugewiesenen Aufgaben
wegen der anderweitigen Zuweisung der Einzugsbereiche nicht wahrnehmen.
39
Ein Anspruch auf Entschädigung ergebe sich zudem aus § 49 Abs. 6 VwVfG NW. Nach
dieser Vorschrift werde zwar eine Entschädigung nur bei einem rechtmäßigen Widerruf
gewährt. Gleiches müsse aber erst recht gelten, wenn ein rechtswidriger begünstigender
Verwaltungsakt widerrufen werde. Im übrigen habe die Bezirksregierung K. einen darauf
gerichteten Anspruch bereits mit Schriftsatz vom 20.01.1994 anerkannt (Anlage K 13).
40
Schließlich stehe ihr auch unter dem Gesichtspunkt der positiven Forderungsverletzung
ein Schadensersatzanspruch zu. Durch die Beleihung mit öffentlichen Aufgaben werde
ein öffentlich-rechtliches Auftrags- und Treueverhältnis begründet. Der rechtswidrig und
schuldhaft erfolgte Widerruf der Beleihung stelle einen Eingriff in das öffentlich-
rechtliche Schuldverhältnis dar und löse deshalb Schadensersatzpflichten aus.
41
Die Klägerin hat beantragt,
42
das beklagte Land zu verurteilen, an sie 11.885.000,00 DM nebst 10 % Zinsen seit
dem 01.02.1991 zu zahlen.
43
Das beklagte Land hat beantragt,
44
die Klage abzuweisen.
45
Es hat im Hinblick auf das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Köln (9 K 7161/98) die
Einrede der anderweitigen Rechtshängigkeit erhoben. In der Sache selbst hält es einen
Entschädigungsanspruch nach § 6 LTierKBG nicht für gegeben. Zu Unrecht berufe sich
die Klägerin auf die im Entsorgungsvertrag bestimmte Vertragsdauer bis zum Jahre
2005. Diese sei mit dem Übertragungsbescheid vom 04.09.1985 gegenstandslos
geworden. Die eigentumsrechtlich maßgebliche Beleihung der Klägerin sei auf der
Grundlage der bis zum 31.12.1993 befristeten Einzugsbereichsverordnung vom
04.12.1978 erfolgt, die zudem unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit der
vorzeitigen Neuregelung noch vor dem 31.12.1993 eröffnet habe. Ein Anspruch auf
Fortgeltung des Einzugsbereichs der TBA T. über den 31.12.1993 hinaus habe nicht
bestanden. Dabei habe es sich allenfalls um eine von Art. 14 GG nicht erfasste Chance
gehandelt. Der Vorbehalt der Neuregelung der Einzugsbereiche setzte deshalb dem
Eigentumsschutz der Klägerin von vornherein eine Grenze. Durch die
Einzugsbereichsverordnungen vom 24.12.1990 und 14.01.1991 sei nicht in eine
geschützte Eigentumsposition eingegriffen, sondern lediglich eine der Rechtsstellung
der Klägerin von Anfang an immanente Schwäche aktualisiert worden. Dieses Ergebnis
sei auch nicht unbillig, weil die - ungelöste - Abwasserproblematik in die Risikosphäre
der Klägerin falle. Außerdem habe aufgrund der von ihr getroffenen Vereinbarung die
Gefahr bestanden, dass der Gestattungsvertrag von Seiten der Stadt K. - auch ohne
Vorliegen eines wichtigen Grundes - kurzfristig gekündigt werde.
46
Zu berücksichtigen sei schließlich auch, dass durch den Entsorgungsvertrag nur Rechte
und Pflichten zwischen der Klägerin und den beteiligten Gebietskörperschaften
begründet worden seien. Er betreffe mithin nicht das Verhältnis der Klägerin zu dem
beklagten Land und habe deshalb insbesondere auch nicht in die nach dem LTierKBG
zu treffenden Maßnahmen des beklagten Landes bzw. der Bezirksregierung eingreifen
können.
47
Ebensowenig stehe der Klägerin ein Anspruch gemäß §§ 39, 40 OBG NW oder § 839
BGB i.V.m. Art. 34 GG zu. Ursächlich für den (behaupteten) Schaden sei nicht der
48
rechtswidrige Widerruf der Beleihung, sondern die rechtmäßig vorgenommene
Änderung der Einzugsbereiche.
Das beklagte Land hat ferner die Einrede der Verjährung erhoben.
49
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und dazu in einer sehr ausführlichen
Begründung dargelegt, dass der Klägerin unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein
Schadensersatz- oder Entschädigungsanspruch zusteht. Zur Vermeidung von
Wiederholungen wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils (Bl. 284 - 314 d. GA)
verwiesen.
50
Die Klägerin hat gegen das ihr am 15.11.1999 zugestellte Urteil mit bei Gericht am
14.12.1999 eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt, die sie innerhalb der ihr bis
zum 13.03.2000 gewährten Fristverlängerungen mit einem bei Gericht am Tage des
Fristablaufs eingegangenem Schriftsatz begründet hat.
51
Im wesentlichen macht die Klägerin geltend: Nachdem das OVG Mü. durch Urteil vom
12.03.1997 die Änderung der Einzugsbereiche als rechtmäßig erachtet habe, könne es
im vorliegenden Verfahren nur noch darum gehen, ob es sich bei dieser Maßnahme um
eine Enteignung im Sinne von § 6 LTierKBG gehandelt habe. Dies sei entgegen der
Auffassung des Landgerichts zu bejahen. Die Erwartung der Klägerin, die TBA T. auch
in der Zeit vom 01.01.1994 bis 31.12.2005 betreiben zu können, habe sich nicht bloß als
eine von vornherein vom Schutzbereich des Art. 14 GG nicht umfasste Chance
dargestellt. Ein Mittel zur Verfestigung von bloßen Chancen zum rechtlich gesicherten
Vermögensobjekt stelle der Vertrag dar. Eine solche durch Vertrag eigentumsrechtlich
gesicherte Position ergebe sich aus dem mit der Stadt K. abgeschlossenen
Entsorgungsvertrag. Insofern sei die vorliegende Fallgestaltung vergleichbar mit der, die
der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 16.12.1976 (MDR 1977, 821 = DÖV
1977, 724) zugrunde gelegen habe. Die Ausführungen des Bundesgerichtshofs zum
eigentumsrechtlichen Schutz im Falle des Bestandes eines Unternehmervertrages
könnten ohne weiteres auf den gemäß § 4 Abs. 1 S. 2 TierKBG von der Klägerin mit den
genannten Kommunen abgeschlossenen Entsorgungsvertrag übertragen werden.
Entgegen der Annahme des Landgerichts sei der Entsorgungsvertrag durch die
Beleihung nicht "obsolet" geworden. Denn die Parteien des Entsorgungsvertrages
hätten bei seinem Abschluss vorausgesetzt, dass der Klägerin aufgrund ihres Antrags
vom 26.02.1985 die Pflicht zur Tierkörperbeseitigung übertragen werden würde. Wenn
in Kenntnis der unmittelbar bevorstehenden Beleihung der Entsorgungsvertrag
gleichwohl mit einer Laufzeit bis zum 31.12.2005 abgeschlossen worden sei, dann
hätten die Parteien offensichtlich in der Beleihung keinen Gegensatz zu den von ihnen
nach dem Entsorgungsvertrag intendierten wesentlichen Rechtsfolgen gesehen. Die
Beleihung sei daher die allen Parteien bekannte Geschäftsgrundlage. Sie könne daher
allenfalls für die Dauer ihrer Geltung die aus dem Entsorgungsvertrag folgende
Rechtslage "überlagern", soweit die sich aus § 4 Abs. 2 TierKBG ergebenden
Rechtsfolgen gegenüber der vertraglich begründeten Rechtslage vorrangig seien.
52
Das Landgericht hätte auch prüfen müssen, ob die Klägerin nicht mit der Beleihung über
eine als Eigentum im Sinne des Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG geschützte Rechtsposition
verfüge. Als ein rechtmäßiger Verwaltungsakt könne die Beleihung nur unter sehr engen
Voraussetzungen widerrufen werden. Entschädigungslos sei der Widerruf nur möglich,
wenn er durch Rechtsvorschrift zugelassen, im Verwaltungsakt vorbehalten oder der
begünstigende Verwaltungsakt mit einer Auflage verbunden sei. Keine dieser
53
Voraussetzungen liege hier vor. Da der Klägerin folglich die Beleihung nicht ohne einen
Ausgleich des mit dem Entzug verbundenen Vermögensvorteils hätte genommen
werden können, sei der Betrieb der Tierkörperbeseitigungsanstalt wegen der
(unbefristeten) Beleihung eigentumsähnlich abgesichert. Dem stehe nicht entgegen,
dass die Beleihung ein subjektiv-öffentliches Recht der Klägerin begründet habe. Unter
bestimmten - hier gegebenen - Voraussetzungen seien subjektiv-öffentliche Rechte dem
Eigentum im Sinne des Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG gleichzustellen. Vom Eigentumsschutz
der Beleihung sei folglich bei der hier gegebenen Sachlage auszugehen. Die
Übertragung der Aufgabe der Tierkörperbeseitigung beruhe in erster Linie auf der durch
eigene Leistung nachgewiesenen technischen und persönlichen Zuverlässigkeit der
Aufgabenerledigung. Verglichen mit dem durch einen Entsorgungsvertrag im Sinne von
§ 4 Abs. 1 S. 2 TierKBG gesicherten Unternehmer sei demgemäß der Beliehene, dem
entgegen einer mit dem Beleihungsakt gesicherten Perspektive die Nutzung der
Beleihung durch Hoheitsakt verwehrt werde, erst recht zu entschädigen.
Die Klägerin beantragt,
54
das Urteil des Landgerichts abzuändern und das beklagte Land nach dem in erster
Instanz gestellten Schlussantrag zu verurteilen.
55
Das beklagte Land beantragt,
56
die Berufung zurückzuweisen.
57
Nach seiner Ansicht vermögen die Ausführungen der Berufungsbegründung ein vom
landgerichtlichen Urteil abweichendes Ergebnis nicht zu rechtfertigen. Der
Neubestimmung der Einzugsbereiche komme keine enteignende Wirkung zu. Durch sie
sei nicht in das Grundstückseigentum eingegriffen worden. Ebensowenig komme ein
Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb in Betracht. Der Klägerin
könne nicht darin gefolgt werden, dass ihr durch die Beleihung eine im Rahmen des Art.
14 GG geschützte Rechtsposition verliehen und durch die Änderung der
Einzugsbereichsverordnung in diese Rechtsposition eingegriffen worden sei. Bereits
nach dem Wortlaut der Verordnung vom 04.12.1978 habe der Klägerin kein Anspruch
auf Neuerteilung der Beleihung zugestanden. Darüber hinaus sei die Beleihung durch
den in § 4 der Rechtsverordnung aufgenommenen Vorbehalt in ihrer
Rechtsbeständigkeit von vornherein beschränkt gewesen. Soweit die Klägerin aus dem
Entsorgungsvertrag etwas anderes herleiten wolle, verkenne sie, dass das beklagte
Land bzw. der Regierungspräsident mit diesem Vertrag nichts zu tun habe. Die in
Aussicht gestellte Beleihung sei unabhängig von dem Entsorgungsvertrag der Klägerin
mit der Stadt K. und den übrigen Gebietskörperschaften erfolgt. Soweit sich die Klägerin
wegen der Änderung der Einzugsbereichsverordnung auf den Wegfall der
Geschäftsgrundlage des Entsorgungsvertrages berufe, verkenne sie, dass dies
allenfalls zwischen den Partnern des Entsorgungsvertrages von Bedeutung sein könne.
58
Ein Entschädigungsanspruch nach § 49 Abs. 6 VwVfG komme schon deshalb nicht in
Betracht, weil die Beleihung nach wie vor Bestand habe. Zwar habe sie sich im Hinblick
auf die Änderung der Einzugsbereiche faktisch erledigt. Daraus lasse sich aber kein
Entschädigungsanspruch herleiten, weil diese "Erledigung" von vornherein in der
Beleihung angelegt gewesen sei.
59
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den
60
vorgetragenen Inhalt der beiderseits gewechselten Schriftsätze nebst ihren Anlagen
Bezug genommen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
61
Die in formeller Hinsicht nicht zu beanstandende Berufung hat in der Sache selbst
keinen Erfolg.
62
I.
63
1)
64
Das Landgericht hat mit Recht die Zulässigkeit der Klage bejaht. Der im Wege der
Feststellungsklage beim Verwaltungsgericht (9 K 7161/98) geltend gemachte
Entschädigungsanspruch stellt kein Prozesshindernis für die vorstehende
Leistungsklage dar. Dies folgt daraus, dass das Ziel der Leistungsklage und der
positiven Feststellungsklage nicht identisch ist. Sie stehen nicht in einem bloßen
Quantitätsverhältnis zueinander. Denn auch wenn die Verurteilung zur Leistung das
Bestehen des materiellen Anspruchs rechtskräftig feststellt, so kann die Abweisung der
Leistungsklage aus Gründen erfolgen, die der positiven Feststellungsklage nicht
entgegenstehen. Mag also die eine oder andere Klage früher erhoben sein, so steht der
zweiten der Einwand der Rechtshängigkeit nicht entgegen (so etwa
Stein/Jonas/Schumann, ZPO, 21. Aufl., § 261, Rz. 60 m.w.N.). Dies gilt auch dann, wenn
der Anspruch in verschiedenen Rechtswegen verfolgt wird (so etwa Eyermann/Fröhler,
VwGO, 10. Aufl., § 41 (§§ 17-17 b GVG), Rz. 14).
65
Aus den vom Landgericht genannten Gründen war auch nicht die Aussetzung des
Verfahrens nach § 148 ZPO in Erwägung zu ziehen.
66
2)
67
In der Sache selbst hat das Landgericht zutreffend angenommen, dass der Klägerin
gegenüber dem beklagten Land unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch
auf Schadensersatz oder Entschädigungsleistung zusteht.
68
a)
69
Ein Anspruch auf eine in Geld zu gewährende angemessene Entschädigung gemäß § 6
LTierKBG besteht nicht. Die Vorschrift gehört zu den sogenannten salvatorischen
Entschädigungsklauseln (BVerfGE 58, 300 (346)). Nach dieser Vorschrift getroffene
Schutzanordnungen zielen nicht auf eine Enteignung im Sinne des Art. 14 Abs. 3 GG
ab; vielmehr stellen sie lediglich eine Inhaltsbestimmung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 S.
2 GG dar. Sie sind nicht auf den Entzug konkreter Rechtspositionen gerichtet, sondern
bestimmen Inhalt und Umfang des Eigentums unter dem Gesichtspunkt der
Seuchenhygiene und aktualisieren damit die Sozialpflichtigkeit des Eigentums
(BverfGE; a.a.O.). Verendete oder totgeborene Tiere und Tierkörperteile müssen schnell
und auch unschädlich beseitigt werden; sie gefährden sonst die Gesundheit von Tieren
und Menschen. Diese Erkenntnis setzte sich bereits im 19. Jahrhundert, nicht zuletzt
unter dem Eindruck der zum Teil verheerenden Rinderpest-Seuchenzüge, durch (Pittler
in : Das Deutsche Bundesrecht, Erl. zum Tierkörperbeseitigungsgesetz).
70
Danach kann die Vorschrift des § 6 LTierKBG, wie alle vergleichbaren sogenannten
salvatorischen Entschädigungsklauseln im Natur-, Landschafts-, Umwelt- und
Denkmalschutzrecht nicht mehr als enteignungsentschädigungsrechtliche Regelung
i.S.d. Art. 14 Abs. 3 GG angesehen werden, sondern sie ist nach der neueren, vom
Senat geteilten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs als Ausgleichsregelung im
Rahmen der Inhaltsbestimmung des Eigentums nach Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG auszulegen
(BGHZ 121, 73 und 328; 123, 242; 126, 379; 128, 204 und BGH WM 1996, 1233). Nach
den verfassungsrechtlichen Vorgaben dient die Norm dem Zweck, eine dem Eigentümer
durch bestimmte rechtliche Maßnamen (hier: Festlegung von Einzugsbereichen) im
Einzelfall auferlegte b e s o n d e r e Belastung durch Zubilligung eines Ausgleichs auf
ein zumutbares Maß herabzumindern, um so die andernfalls eintretende Folge der
Verfassungswidrigkeit zu vermeiden (BGH, a.a.O.). Ausgleichsfähig ist damit eine
Beeinträchtigung einer als Eigentum oder Eigentumsbestandteil geschützten
Rechtsposition, durch die der Eigentümer unverhältnismäßig oder im Verhältnis zu
anderen ungleich in unzumutbarer Weise belastet wird.
71
Auf den Streitfall bezogen stellt sich mithin die Frage, ob die der Klägerin genommene
Möglichkeit, die von ihr in T. unterhaltene Tierkörperbeseitigungsanstalt zu nutzen,
enteignend im Sinne des § 6 LTierKBG wirkt, d.h. einen Eingriff in eine als Eigentum
geschützte Rechtsposition darstellt. Hieran fehlt es jedoch.
72
Allerdings ist unter Eigentum i.S.d. Art. 14 GG auch das Recht am eingerichteten und
ausgeübten Gewerbebetrieb zu verstehen. Der Gewerbebetrieb genießt nicht nur den
Schutz der einfachen Rechtsordnung als "sonstiges Recht" im Sinne des § 823 BGB,
sondern auch den des Eigentumsgrundrechts. Geschützt sind nicht nur der eigentliche
Bestand des Betriebes, sondern auch die geschäftlichen Verbindungen, Beziehungen,
der Kundenstamm, also "alles das, was in seiner Gesamtheit den wirtschaftlichen Wert
des konkreten Betriebes ausmacht" (BGHZ 23, 157; 30, 241; 45, 150; BGH VersR 1980,
715; BVerfGE 13, 226; 45, 142 (173); Kreft, Öffentlich-rechtliche Ersatzleistungen, Rz. 65
m.w.N.; Friauf, Bestandsschutz zwischen Investitionssicherheit und Anpassungsdruck,
WiVerw 1989, 121 ff.). Der Eigentumsschutz bezieht sich indessen nur auf vorhandene
konkrete Werte, so dass nur ins Werk gesetzte Gewerbe- und
Unternehmungstätigkeiten, die auf einer v o r h a n d e n e n Organisation sachlicher,
persönlicher und sonstiger Mittel gründen, von Art. 14 GG erfasst sind (BGHZ 45, 150
(155); BGH NJW 1990, 3260 (3262)). Dies bedeutet jedoch nicht, als würden damit alle
faktischen und rechtlichen Gegebenheiten von Art. 14 GG erfasst, die sich irgendwie
wertsteigernd oder gar wertbegründend und -erhaltend auf den Gewerbebetrieb
auswirken. Ein Gewerbebetrieb kann aus den konkreten rechtlichen, politischen,
ökonomischen und örtlichen Gegebenheiten Vorteile ziehen, ohne dass diese
Umstände und die sie vermittelnden Chancen als zum Gewerbebetrieb gehörig
angesehen werden können. Das Vertrauen des Unternehmers auf den Fortbestand
jener von außen herangetragenen, eher zufälligen Vorteile ist im allgemeinen rechtlich
nicht schutzwürdig, d.h. der Unternehmer darf sich nicht darauf verlassen, dass sie auf
Dauer erhalten bleiben (Maunz-Dürig-Papier, Art. 14, Rz. 101 m.w.N.). A u ß e r h a l b
des Eigentumsschutzes des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebes bleiben
die rechtlichen und tatsächlichen Rahmenbedingungen, unter denen der
Gewerbebetrieb tätig wird. Rahmenbedingungen sind keine Bestandteile des
Gewerbebetriebes und stehen damit außerhalb des Eigentumsschutzes, auch wenn sie
sich nachteilig auswirken, ihn womöglich zum Erliegen bringen (Ossenbühl,
Staatshaftungsrecht, 5. Aufl., S. 162). Ein Eigentumsschutz kann in diesen Fällen nur in
Betracht kommen, wenn der Unternehmer ausnahmsweise darauf vertrauen durfte, dass
73
jene Gegebenheiten auf Dauer oder zumindest für einen gewissen Zeitraum erhalten
bleiben und er aufgrund seines schutzwürdigen Vertrauens zu bestimmten Investitionen
oder sonstigen beträchtlichen Aufwendungen veranlasst worden ist (BGHZ 40, 355 =
NJW 1964, 863; BVerwG NJW 1982, 63 f.).
Im Streitfall konnte die Klägerin ein solches schutzwürdiges Vertrauen nicht für sich
beanspruchen. Dem Landgericht ist darin zu folgen, dass nach den gesetzlichen
Regelungen des Tierkörperbeseitigungsrechts die der Klägerin im Wege der Beleihung
übertragene Befugnis zur Tierkörperbeseitigung für einen bestimmten Einzugsbereich
unter den hier gegebenen Umständen keine Rechtsposition darstellte, die von der
Eigentumsgarantie des Art. 14 GG erfasst und damit vor einem entschädigungslosen
Entzug durch eine als Rechtsverordnung erfolgende Änderung des Einzugsbereichs
geschützt war.
74
Die der Klägerin auf ihren Antrag vom 26.02.1985 in Anwendung des § 4 Abs. 2
TierKBG mit Bescheid vom 04.09.1985 übertragene Beseitigung von Tierkörpern,
Tierkörperteilen und tierischen Erzeugnissen für den Bereich der Städte K. und B., des
E.kreises und des linksrheinischen Teils des R.-S.-Kreises stand von vornherein unter
dem Vorbehalt der zum Zeitpunkt der Beleihung geltenden "Verordnung zur
Bestimmung der Einzugsbereiche der Tierkörperbeseitigungsanstalten Li. und T." vom
04.12.1978. Die darin getroffene Bestimmung der Einzugsbereiche trat danach
jedenfalls am 31.12.1993 außer Kraft. Die Klägerin konnte mithin nicht darauf vertrauen,
dass ihr jene Gegebenheiten, die sie aufgrund der Beleihung ins Werk gesetzt hat, auf
Dauer erhalten bleiben. Vielmehr ist ihr Gewerbebetrieb unter der Geltung dieser
Verordnung aufgebaut worden. Mit dem Risiko einer Neuordnung der Einzugsbereiche
nach Ablauf dieser Frist war die Klägerin von vornherein belastet. Erlischt die
(notwendige) öffentlich-rechtliche Ge- stattung wegen Ablaufs der ihr kraft Gesetzes
immanenten Frist, so gewährt das Recht am eingerichteten und ausgeübten
Gewerbebetrieb nach § 14 GG schon nach allgemeinen Grundsätzen keinen Anspruch
auf Neuerteilung der Gestattung. In § 4 Abs. 2 S. 3 TierKBG ist dies sogar ausdrücklich
bestimmt.
75
Ausgehend von dieser Rechtslage ist die Feststellung des Landgerichts zutreffend, dass
die Erwartung der Klägerin, die TBA T. in Gemäßheit des Entsorgungsvertrages vom
11.07.1985 auch in der Zeit vom 01.01.1994 bis 31.12.2005 nutzen zu können, lediglich
eine von vornherein nicht vom Schutzbereich des Art. 14 GG umfasste Chance darstellt.
Aussichten auf erst zukünftig anfallende Gewinne gehören nicht zum geschützten Recht
am Gewerbebetrieb, das ausschließlich einen Bestands- und keinen (isolierten)
Erwerbsschutz gewährt (BVerfGE 30, 292 (335); 45, 272 (296); 68, 193 (222); 77, 84
(118); BGHZ 92, 34 (46); Ossenbühl, a.a.O., S. 243; Maunz-Dürig-Papier, a.a.O., Art. 14
Rz. 100).
76
Über die Fristbestimmung hinaus war aber die Beleihung überdies mit der Möglichkeit
einer noch vor Fristablauf vorzunehmenden Neuverteilung belastet. Die genannte
Verordnung lässt nämlich ein Außerkrafttreten und eine vorzeitige Neuregelung noch
vor Ablauf des 31.12.1993 u.a. für den Fall zu, dass dies wegen wesentlicher
Veränderungen der Tierkörperbeseitigungsanstalt T. erforderlich wird. Dieser
Tatbestand hat sich vorliegend auch verwirklicht. Bereits in einer ersten
Fachbesprechung am 08.02.1989 im Ministerium für Umwelt, Raumordnung und
Landwirtschaft zum Thema "Erarbeitung von Tierbeseitigungsplänen" ist die Frage der
Leistungsfähigkeit der TBA T. angeschnitten und vorgeschlagen worden, ihr zusätzlich
77
den rechtsrheinischen Teil des R.-S.-Kreises zuzuschlagen. Dies stand allerdings unter
dem Vorbehalt, dass der Klägerin die Abwässerentsorgung (dauerhaft) möglich ist.
Diese Möglichkeit war ihr aber durch die Kündigung des Gestattungsvertrages vom
18.10.1988 zum 31.12.1988 und durch die am 05.08.1990 ausgesprochene Weigerung
der Stadt K., weiterhin Abwässer abzunehmen, genommen. Der Vorschlag des
Regierungspräsidenten vom 16.08.1989 ging deshalb auch dahin, dass die TBA T. nur
erhalten bleiben kann, wenn eine Kläranlage gebaut wird. Wegen - jedenfalls kurzfristig
- nicht zu lösender Abwässerprobleme ist alsdann davon abgesehen worden, die TBA
T. künftig zu erhalten (vgl. Protokoll vom 31.08.1990; Bl. 89 d. GA). Im Hinblick hierauf
ist es zu einer die Klägerin nicht berücksichtigenden Neuverteilung der Einzugsbereiche
gekommen. Dies stellt nach der zutreffenden Ansicht des (in dieser Sache ergangenen)
Urteils des OVG Mü. vom 12.03.1997 im Rahmen des auch planerische Gesichtspunkte
umfassenden normativen Ermessens bei der Bestimmung der Einzugsbereiche -
ungeachtet der Frage der Möglichkeit der Lösung der Abwässerprobleme - eine
hinreichende Rechtfertigung für die anderweitig vorgenommene Regelung der
Einzugsbereiche dar. Dies wird auch von der Klägerin nicht anders gesehen (Bl. 382 d.
GA).
Ist aber die öffentlich-rechtliche Rechtsposition des Gewerbetreibenden, die essentiell
ist für die (Fort-)führung des Betriebes, mit der normativen Möglichkeit nachträglicher
Neuregelung behaftet und deswegen beschränkt, so ist auch das darauf aufbauende
Privateigentum am Gewerbebetrieb "labil" (Friauf, a.a.O.) mit der Folge, dass es
gegenüber der spezifischen Verwaltungsrechtsordnung keinen besonderen
gewerberechtlichen Bestandsschutz aus Art. 14 GG geben kann. Der eingerichtete und
ausgeübte Gewerbebetrieb kann deshalb nicht später ohne Schaffung eines b e s o n d
e r e n Vertrauenstatbestandes von dieser Risikohaftung und Situationsgebundenheit
gelöst und in den eigentumskräftigen Bestandsschutz eingebunden werden.
78
Entgegen der Ansicht der Klägerin ist durch den Entsorgungsvertrag vom 11.07.1985, in
dem die Vertragsdauer (mindestens) bis zum 31.12.2005 bestimmt war, ein solcher
besonderer Vertrauenstatbestand nicht geschaffen worden. Bestandsschützend für
vorgenommene Investitionen wirkt sich eine Genehmigung nur soweit aus, als sie in
concreto reicht (Friauf, a.a.O., S. 145). Voraussetzung hierfür ist wie in dem vom
Bundesgerichtshof entschiedenen und von der Klägerin als Beleg herangezogenen
Fall, dass die Tierkörperbeseitigungsanstalt auf der Grundlage eines zwischen dem
privaten Unternehmer und dem öffentlichen Aufgabenträger bestehenden
Unternehmensvertrages betrieben wird (BGH MDR 1977, 821 = DÖV 1977, 724 r. Sp.)
oder dass der private Unternehmer aufgrund von Zusicherungen des öffentlichen
Aufgabenträgers auf eine unbeschränkte Fortdauer oder jedenfalls langandauernde
Ausübung seines Gewerbebetriebes vertrauen konnte und durfte (BGHZ 40, 355 und
133, 265 (271); BGH LM GG Art. 14 (Cf) Nr. 35). An einem solchermaßen begründeten
schutzwürdigen Vertrauen fehlt es hier. Der von der Klägerin hierzu herangezogene
Entsorgungsvertrag ist dafür schon deshalb ungeeignet, weil die Beklagte nicht
Vertragspartner und deshalb aus ihm auch nicht berechtigt und verpflichtet war. Soweit
der Regierungspräsident K. den Übergang der Beseitigungspflicht von den vormals zu
einem Zweckverband verbundenen öffentlich-rechtlichen Aufgabenträgern (B., K.,
E.kreis und R.-S.-Kreis) auf die Klägerin nach §§ 24, 29 des Gesetzes über die
kommunale Gemeinschaftsarbeit (GKG) genehmigt hat, handelte er in seiner
Eigenschaft als kommunale Aufsichtsbehörde, der die Kontrolle über den Abschluss
und die Beendigung von öffentlich-rechtlichen Vereinbarungen obliegt. Die Aufgabe des
Regierungspräsidenten K. beschränkte sich danach allein auf die Genehmigung der
79
Aufhebung des bis dahin bestehenden Zweckverbandes. Der Entsorgungsvertrag
wurde hiermit nicht einmal berührt. Die (weitere) Genehmigung des
Regierungspräsidenten K. vom 07.08.1985 bezog sich in Ansehung der Vorschrift des §
77 Abs. 3 GO NW a.F. überhaupt nur auf die Veräußerung des Betriebsrundstücks an
die Klägerin durch die Stadt K.. Eine irgendwie geartete Zusicherung zur Dauer des
Entsorgungsertrages war hiermit ebensowenig verbunden.
Darüber hinaus war aber auch der Entsorgungsvertrag vom 11.07.1985, worauf das
Landgericht mit Recht verwiesen hat, mit der Beleihung vom 04.09.1985
gegenstandslos geworden (vgl. dazu Urteil des Senats vom 20.01.1994 - 7 U 130/93 -;
VG Köln, Urteil in dieser Sache vom 25.07.1990 - 9 K 4742/88 - Bl. 196, 204, 205 d. GA).
Die Klägerin unterscheidet nicht hinreichend zwischen der Pflichtigkeit, Tierkörper pp.
zu entsorgen, einerseits und der technischen Abwicklung andererseits. Auch nach
Abschluss des Entsorgungsvertrages war die öffentlich-rechtliche Verpflichtung zur
Entsorgung bei den öffentlich-rechtlichen Aufgabenträgern verblieben; nur die
Abwicklung ist der Klägerin übertragen worden. Dies änderte sich mit der Beleihung.
Die Klägerin war nunmehr Verpflichtete und Abwicklerin zugleich. Der Einwand der
Klägerin, der Entsorgungsvertrag habe weiter Bestand gehabt, geht deshalb an der
Sach- und Rechtslage vorbei. Es kann deshalb dahinstehen, ob die Beleihung die
Geschäftsgrundlage des Entsorgungsvertrages bildete. Wirkungen gegenüber dem
beklagten Land kamen ihr jedenfalls nicht zu. Wenn die Regelungen des
Entsorgungsvertrages auch Gegenstand der Beleihung hätten sein sollen, so hätte dies
in dem Bescheid zum Ausdruck kommen oder zumindest durch den
Regierungspräsidenten K. zugesichert werden müssen. Dies behauptet die Klägerin
jedoch selbst nicht. Ihre Auffassung, die Regelungen des Entsorgungsvertrages hätten
nach wie vor Bestand und würden nur von der Beleihung "überlagert", geht an der
Rechtslage vorbei.
80
c)
81
Das Landgericht ist auch zutreffend davon ausgegangen, dass der Klägerin weder ein
Entschädigungsanspruch nach §§ 39, 40 OBG NW noch ein Schadensersatzanspruch
aus § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG oder aus positiver Vertragsverletzung eines zwischen
ihr und der Beklagten begründeten öffentlich-rechtlichen Auftrags- und
Treueverhältnisses zusteht. Die Klägerin kommt in zweiter Instanz hierauf auch nicht
mehr zurück. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Gründe des
angefochtenen Urteils verwiesen.
82
d)
83
Schließlich hat das Landgericht auch das Bestehen eines Entschädigungsanspruchs
nach § 49 Abs. 6 VwVfG NW mit Recht verneint. Ein Anerkenntnis enthielt der
Schriftsatz der Bezirksregierung K. vom 20.01.1994 (Anlage K 13), wie das Landgericht
zutreffend ausgeführt hat, nicht. Erforderlich wäre dafür, dass das Verhalten des
Schuldners das Bewusstsein vom Bestehen der Schuld unzweideutig zum Ausdruck
bringt (BGH NJW 1997, 517). Dies kann, worauf das Landgericht mit Recht verwiesen
hat, nicht angenommen werden. Von der Klägerin wird dies auch nicht mehr weiter
vertieft. Im übrigen wurde der Klägerin durch den Widerruf der Beleihung keine
schutzwürdige Rechtsposition entzogen. Auch insofern ist dem Landgericht darin
beizutreten, dass die Klägerin aufgrund des tierkörperbeseitigungsrechtlichen
Regelungszusammenhangs nicht auf eine unbegrenzte Beleihung und Zuweisung
84
eines Einzugsbereiches zur Tierkörperbeseitigung vertrauen durfte. Ihre Rechtsposition,
die durch die Beleihung einerseits sowie die Zuweisung des Einzugsbereiches
andererseits auf der Grundlage der Einzugsbereichsverordnung vom 04.12.1978
begründet wurde, war bis zum 31.12.1993 begrenzt und stand im übrigen von
vornherein unter dem Vorbehalt der Neuregelung der Einzugsbereiche bei einer
wesentlichen Änderung der Verhältnisse. Mit der Änderung der Einzugsbereiche mit
Wirkung zum 01.02.1991 hat sich, wie oben bereits im einzelnen ausgeführt worden ist,
eine der Rechtsposition der Klägerin von Beginn an immanente Schwäche aktualisiert.
3)
85
Die Klage hat danach schon dem Grunde nach keinen Erfolg. Darüber hinaus erweist
sich die Klage auch der Höhe nach, wie der Senat im Rahmen der mündlichen
Erörterung eingehend dargelegt hat, schon vom rechtlichen Ansatz her als äußerst
problematisch.
86
Die nicht nachgelassenen Schriftsätze vom 19.09. und 04.10.2000 geben dem Senat
keinen Anlass, in die mündliche Verhandlung wieder einzutreten.
87
II.
88
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige
Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
89
Streitwert für das Berufungsverfahren
90
und zugleich Wert der Beschwer der Klägerin: 11.885.000,00 DM
91