Urteil des OLG Köln vom 26.03.1999

OLG Köln (treu und glauben, haus, vertrag, scheck, gerüst, rechnung, ablauf der frist, kündigung, höhe, hochhaus)

Oberlandesgericht Köln, 4 U 47/98
Datum:
26.03.1999
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
4. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Grund- und Teilurteil
Aktenzeichen:
4 U 47/98
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 86 O 141/96
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Köln vom
20. August 1998 - 86 O 141/96 - teilweise abgeändert und die Klage
hinsichtlich der Rechnung der Klägerin vom 10.09.1996 über 155.132,05
DM dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt.
Im übrigen werden die weitergehende Berufung der Klägerin und die
Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlußurteil vorbehalten.
Der Wert der Beschwer liegt für die Beklagten über 60.000,00 DM, für
die Klägerin unter 60.000,00 DM.
T a t b e s t a n d
1
Die Beklagte zu 1), deren persönlich haftende Gesellschafterin die Beklagte zu 2) ist,
wurde mit der Erneuerung der Fensteranlagen sowie der Sanierung der Fassaden an
dem Objekt Konrad-Adenauer-Kaserne in Köln, das mehrere Häuser umfaßt, beauftragt.
In diesem Zusammenhang beauftragte sie ihrerseits die Klägerin mit den
Gerüstbauarbeiten.
2
Mit Schreiben vom 17.10.1995 bat die Beklagte zu 1) die Klägerin um Abgabe eines
Angebotes, das die Klägerin unter dem 18.10.1995 erteilte; auf den Inhalt des
Schreibens und des Angebotes wird verwiesen. Aufgrund telefonischer Verhandlungen
zwischen den Parteien im April 1996 wurden der Einheitspreis für die angebotene
Gerüstgruppe III sowie für die Vorhaltung des Gerüstes über die 4wöchige
Grundstandzeit hinaus reduziert. Unter Bezugnahme auf die "mündliche
Auftragserteilung vom 25.04.1996" bestätigte die Klägerin gegenüber der Beklagten zu
1) den Auftrag mit Schreiben vom 29.04.1996 gemäß ihren umseitig abgedruckten
Vertragsbedingungen; in dem Schreiben hielt sie die geänderten Preise fest und wies
darauf hin, daß die Einrüstung in Teilabschnitten erfolge, d. h. ein Block werde
3
eingerüstet, nach Beendigung der Arbeiten abgerüstet und das Gerüst zum nächsten
Block umgesetzt, wobei mit dem Aufbau ab dem 06.05.1996 begonnen werden solle.
Die Beklagte zu 1) ihrerseits erteilte den Auftrag mit Hinweis auf einen vorläufigen
Terminablaufplan mit Schreiben vom 30.04.1996; nach dem Vortrag der Klägerin erhielt
sie dieses Schreiben aber erst nach Beginn der Arbeiten, als ihr mit Schreiben der
Beklagten zu 1) vom 15.07.1996 eine Kopie dieses Schreibens übersandt wurde.
Einen vorläufigen Terminablaufplan, der im Juli geändert wurde, erhielt die Klägerin bei
Beginn der Arbeiten am 06.05.1996 auf der Baustelle.
4
Mit Schreiben vom 03.06.1996 bat die Klägerin die Beklagte zu 1) um Leistung einer
Sicherheit von vorerst 70.000,00 DM gemäß § 648 a BGB. Obwohl die Beklagte zu 1)
diese auch innerhalb einer ihr gesetzten Nachfrist nicht erbrachte, ließ die Klägerin trotz
angedrohter Leistungsverweigerung die Gerüste nicht abbauen.
5
Mit Schreiben vom 22.06.1996 teilte die Klägerin der Beklagten zu 1) mit, für die
Einrüstung des Hochhauses sei ein Gerüst der Gruppe IV erforderlich; sie bat um
Erteilung eines Nachauftrages. Die Beklagte zu 1) erklärte sich mit Schreiben vom
12.07.1996 mit der Änderung der Gerüstart im Bereich des Hochhauses zum
Einheitspreis von 11,80 DM/qm einverstanden. Diesen Preis hatte die Klägerin für den
Fall alternativer Verwendung der Gerüstgruppe IV in ihrem Angebot vom 18.10.1995
vorgesehen. Die Klägerin bestätigte die Beauftragung mit Schreiben vom 15.07.1996
und ergänzte den Preis für die Überstandzeiten ab der 4. Woche mit 0,59 DM/qm. Dem
widersprach die Beklagte zu 1) mit Schreiben vom 17.07.1996: Sie verwies auf die
Bedingungen des Hauptauftrages, nach dem für die Überstandzeit ab der 4. Woche ein
Preis von 0,32 DM/qm vereinbart war. Die Klägerin erklärte sich in der Folgezeit bereit,
den Einheitspreis für die Überstandzeiten auf 0,50 DM/qm zu ermäßigen. Die Beklagte
zu 1) ging hierauf nicht ein, sondern forderte die Klägerin mit Schreiben vom 22.07.1996
auf, das Hochhaus bis zum 24.07.1996 einzurüsten, und zwar zu den Einheitspreisen
von 11,80 DM/qm und 0,35 DM/qm, dem ursprünglichen Einheitspreis aus dem Angebot
der Klägerin vom 18.10.1995 für die Überstandzeiten. Da die Klägerin nicht reagierte,
teilte die Beklagte zu 1) ihr mit Schreiben vom 24.07.1996 mit, sie gehe davon aus, eine
Einigung über das Aufstellen des Gerüsts am Hochhaus sei nicht zustande gekommen,
weshalb sie eine andere Gerüstbaufirma mit dieser Leistung beauftragen werde. Die
Klägerin ihrerseits erteilte unter dem 29.07.1996 eine Rechnung für den Bauteil
Hochhaus abzüglich ersparter Aufwendungen in Höhe von 19.980,00 DM.
6
Mit Schreiben vom 27.08.1996 erinnerte die Beklagte zu 1) die Klägerin daran, daß
gemäß dem am 19.08.1996 übersandten, zum 2. Mal geänderten Terminplan, Stand
13.8.1996, am 02.09.1996 die Arbeiten an Haus 3 beginnen sollten. Die Klägerin
verwies ihrerseits mit Schreiben vom 29.08.1996 auf den ursprünglichen Bauzeitenplan,
wonach die Einrüstung von Haus 3 erst ab dem 09.12.1996 vorgesehen war; im übrigen
wies sie darauf hin, daß nach ihrer Auftragsbestätigung die Einrüstung blockweise zu
erfolgen habe und die Arbeiten an Haus 2 noch nicht beendet seien. Die Beklagte zu 1)
bestritt mit Schreiben ebenfalls vom 29.08.1996 eine solche Vereinbarung und forderte
die Klägerin auf, das Haus 3 bis spätestens zum 06.09.1996 einzurüsten; andernfalls
werde sie eine andere Firma beauftragen und der Klägerin den Restauftrag für das
Bauvorhaben entziehen.
7
Die Klägerin wies die Fristsetzung mit Schreiben vom 02.09.1996 zurück und verwies
auf die vertraglichen Vereinbarungen sowie darauf, daß sie zur Geltendmachung eines
8
Zurückbehaltungsrechts berechtigt sei, weil die Beklagte zu 1) trotz wiederholter
Fristsetzung die Sicherheit gemäß § 648 a BGB nicht geleistet habe. Seitens der
Beklagten zu 1) wurde daraufhin mit Anwaltsschreiben vom 06.09.1996 wegen der
Weigerung der Klägerin, Haus 3 umgehend einzurüsten, die Geschäftsbeziehung
zwischen den Parteien mit Ausnahme der Vereinbarung hinsichtlich Haus 2 als
endgültig beendet angesehen. Unter dem 10.09.1996 rechnete die Klägerin ihre nicht
erbrachten Leistungen abzüglich ersparter Aufwendungen mit 155.132,05 DM ab.
Hinsichtlich der von ihr an Haus 2 ausgeführten Gerüstbauarbeiten erteilte die Klägerin,
die berechtigt war, ihre Leistungen abschnittsweise zu berechnen, unter dem
06.09.1996 ihre 5. Zwischenrechnung über 31.462,90 DM. Mit Schreiben vom
17.09.1996 setzte die Klägerin der Beklagten zu 1) zur Zahlung des Betrages eine Frist
bis zum 22.09.1996, wobei sie ankündigte, bei fruchtlosem Ablauf der Frist die Gerüste
abzubauen. Ob die Beklagte zu 1) einen auf den 20.09.1996 datierten Scheck am
24.09.1996 abgesandt und dieser die Klägerin zeitnah erreicht hat, ist zwischen den
Parteien streitig; jedenfalls erfolgte keine Einlösung dieses Schecks. Unter dem
14.10.1996 schrieb die Beklagte zu 1) an ihren eigenen Auftraggeber unter Hinweis auf
eine Baustellenbegehung vom 26.09.1996, die Klägerin werde ihre Gerüste abbauen
und die Gerüstanker entfernen, und übersandte der Klägerin eine Kopie dieses
Schreibens. Daraufhin erklärte die Klägerin mit Schreiben vom 22.10.1996 an die
Beklagte zu 1), ihr sei die Baustellenbegehung vom 26.09.1996 nicht bekannt; da die
Beklagte zu 1) den Gerüstabbau fordere, werde sie diesen vornehmen, zumal die
Beklagte zu 1) offene Rechnungen nicht bezahle. Die Beklagte zu 1) reagierte darauf
nicht. Die Klägerin baute einen Teil der an Haus 2 aufgestellten Gerüste ab. Mit
Schreiben vom 28.10.1996 forderte die Beklagte zu 1), die Abbauarbeiten sofort
einzustellen und das Gerüst wieder in den ursprünglichen Zustand zu versetzen.
Diesem Verlangen kam die Klägerin nicht nach.
9
Zwischenzeitlich, am 23.10.1996, hatte es ein Telefonat zwischen den Parteien
hinsichtlich der Bezahlung der Rechnung der Klägerin vom 06.09.1996 gegeben. Den
Scheck vom 20.09.1996, den die Klägerin nach ihrem Vortrag erst mit Schreiben der
Beklagten zu 1) vom 28.10.1996 erhalten haben will, ließ die Beklagte zu 1) sperren,
was die Geschäftsführerin der Klägerin Ende Oktober bei dem Versuch, diesen
einzulösen, feststellte. Mit Schreiben vom 31.10.1996 übersandte die Beklagte zu 1) der
Klägerin einen neuen, auf den 28.10.1996 datierten Scheck über 26.800,00 DM, der
eingelöst wurde. Der in dem Schreiben vom 31.10.1996 enthaltenen Aufforderung, das
Gerüst an Haus 2 bis zum 04.11.1996 wieder komplett in den beauftragten Zustand zu
versetzen, kam die Klägerin nicht nach.
10
Nach komplettem Abbau des Gerüstes an Haus 2 Anfang November 1996 berechnete
die Klägerin ihre Leistungen an Haus 2 in ihrer Schlußrechnung vom 17.12.1996 mit
90.578,96 DM. Den aus dieser Rechnung unter Berücksichtigung der erfolgten
Zahlungen von 64.502,95 DM verbleibenden Rest von 26.076,01 DM macht die
Klägerin in dem vorliegenden Verfahren neben den Beträgen aus den Rechnungen vom
29.07.1996 und 10.09.1996 geltend.
11
Die Klägerin hat beantragt,
12
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie DM 175.112,05 nebst
Zinsen in Höhe von 4 % über dem Diskontsatz der Deutschen Bundesbank seit
dem 29.10.1996 und weitere DM 26.076,01 nebst Zinsen in Höhe von 4 % über
13
dem Diskontsatz der Deutschen Bundesbank seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagten haben beantragt,
14
die Klage abzuweisen.
15
Die Beklagten haben die Ansicht vertreten, hinsichtlich der Gerüstarbeiten am
Hochhaus sei es mangels einer Eingigung der Parteien über die Preise zu keinem
Vertrag gekommen. Aufgrund der Weigerung der Klägerin, Haus 3 einzurüsten, sei die
Beklagte zu 1) berechtigt gewesen, die Geschäftsbeziehung zu beenden. Im übrigen
haben die Beklagten die Höhe der Rechnung für die Gerüstarbeiten an Haus 2
beanstandet. Im Hinblick darauf, daß die Klägerin ohne Kündigung das Gerüst abgebaut
habe, hätten sie für das zu erstellende Ersatzgerüst Kosten von 47.332,00 DM gehabt;
mit diesem Betrag werde die Aufrechnung erklärt.
16
Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen E. und J. sowie
durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen O.. Auf die
Sitzungsniederschrift vom 02.10.1997 sowie das Gutachten vom 22.02.1998 wird Bezug
genommen.
17
Durch Urteil vom 20.08.1998, auf das wegen seiner Einzelheiten verwiesen wird, hat
das Landgericht die Klage nur hinsichtlich der geringfügig gekürzten Rechnung der
Klägerin vom 17.12.1996 über die Gerüstbauarbeiten an Haus 2 für begründet erachtet
und die Klage im übrigen abgewiesen.
18
Gegen dieses ihr am 28.08.1998 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 28.09.1998
Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 30.12.
mit am 08.12.1998 eingegangenen Schriftsatz begründet.
19
Auch die Beklagten, denen das Urteil ebenfalls am 28.08.1998 zugestellt worden ist,
haben am 28.09.1998 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der
Begründungsfrist bis zum 30.11.1998 mit an diesem Tag eingegangenen Schriftsatz
begründet.
20
Beide Parteien wiederholen und vertiefen ihren erstinstanzlichen Vortrag.
21
Die Klägerin meint, sie habe der Beklagten zu 1) keinen berechtigten Anlaß zur
fristlosen Kündigung gegeben, sondern sich immer vertragstreu verhalten, so daß die
Beklagte zu 1) die Rechnung über die nicht erbrachten Leistungen an den Häusern 1, 3
und 4 zu bezahlen habe.
22
Hinsichtlich des Hochhauses sei in jedem Fall ein Vertrag über den Aufbau eines
Gerüstes der Gruppe III zustande gekommen, der mangels einer Einigung über die
Preise für die Gerüstgruppe IV bestehen geblieben sei, so daß die Beklagte zu 1) auch
die Rechnung über die nicht erbrachten Leistungen am Hochhaus zu bezahlen habe.
23
Die Klägerin beantragt,
24
das Urteil des Landgerichts Köln AZ 86 O 141/96 vom 20.08.1998 teilweise
abzuändern und die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin
weitere 175.112,05 DM nebst Zinsen in Höhe von 4 % über dem Diskontsatz der
25
Deutschen Bundesbank seit dem 29.10.1996 zu zahlen.
Die Beklagten beantragen,
26
das angefochtene Urteil teilweise abzuändern und die Klage insgesamt
abzuweisen.
27
Die Beklagten wenden sich dagegen, daß das Landgericht die gegen die Rechnung der
Klägerin über die Leistungen an Haus 2 eingewendete Aufrechnung nicht für begründet
gehalten hat. Die Klägerin habe die Gerüste nicht abbauen dürfen, weil sie den
behaupteten verspäteten Zugang des Schecks vom 20.09.1996 gegebenenfalls selbst
verschuldet habe. Sie hat nämlich auf ihren Briefköpfen u. a. eine Postfachanschrift an
ihrem Firmensitz in G. angegeben, die es unstreitig nicht gibt. Aus diesem Grunde sei
der Scheck - falls überhaupt - verspätet zugegangen. Außerdem seien sie davon
überzeugt, die Klägerin habe den Scheck bewußt zurückgehalten.
28
Im Hinblick auf die Berufung der Klägerin bestreiten die Beklagten die Höhe der von der
Klägerin für ihre nicht erbrachten Leistungen an den Häsuern 1, 3 und 4 erstellten
Rechnung.
29
Der Vortrag der Klägerin, sie habe lediglich die Kosten erspart, die sie an ihren
Subunternehmer mit 3,90 DM/qm bei den Gerüsten und 1,00 DM/qm bei der
Netzbespannung hätte zahlen müssen, sei unsubtantiiert. Sie habe weitere Kosten
dadurch eingespart, daß sie entgegen ihrem Vortrag sämtliche Gerüste von einem
Subunternehmen aufstellen lassen wollte und diesem 6,00 DM/qm und Vorhaltekosten
erst ab der 6. Woche Standzeit gezahlt hätte. Im übrigen seien die zugrunde gelegten
qm-Zahlen unrichtig, die Klägerin habe auch sonstige Aufwendungen erspart und
anderweitige Erlöse erzielt.
30
Beide Parteien beantragen,
31
die gegnerische Berufung zurückzuweisen.
32
Wegen aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den
vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien in beiden Rechtszügen gewechselten
Schriftsätze sowie auf die zu den Akten gereichten Unterlagen verwiesen.
33
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
34
Beide Rechtsmittel sind zulässig.
35
Die Berufung der Klägerin ist hinsichtlich ihrer Rechnung vom 10.09.1996 über die nicht
erbrachten Leistungen an den Häusern 1, 3 und 4 dem Grunde nach berechtigt.
36
Im übrigen sind die Berufungen unbegründet.
37
I.
38
Der gemäß Rechnung vom 10.09.1996 (Anl. K 21) geltend gemachte Anspruch der
Klägerin ist gemäß §§ 649, 426 BGB dem Grunde nach berechtigt.
39
1)
40
Die Parteien haben einen nach Werkvertragsrecht zu beurteilenden Vertrag
geschlossen.
41
a)
42
Zwischen ihnen ist ein Vertrag mit dem Inhalt zustande gekommen, wie er sich aus dem
Schreiben der Beklagten zu 1) vom 17.10.1995 mit der Aufforderung zur Abgabe eines
Angebots (Anl. B 1), dem Angebot der Klägerin vom 18.10.1995 (Anl. K 1) und ihrem
Bestätigungsschreiben vom 29.4.1996 (Anl. K 2) ergibt.
43
Es mag dahinstehen, ob der Auftrag, wie die Klägerin meint, fernmündlich bereits am
25.04.1996 erteilt worden ist, wofür viel spricht, weil sich die Parteien an diesem Tag
telefonisch über alle wesentlichen Merkmale des Vertrags einig waren, nachdem sie
einvernehmlich die Preise aus dem Angebot der Klägerin reduziert hatten. Spätestens
ist der Vertrag jedoch mit dem Bestätigungsschreiben der Klägerin vom 29.04.1996
zustande gekommen. Dieses gibt das Verhandlungsergebnis richtig wieder, bezieht sich
im übrigen auf das Angebot und wiederholt einige wesentliche Punkte, die entgegen der
Ansicht der Beklagten den erkennbaren Willen beider Vertragsparteien auch bezüglich
der "Einrüstung in Teilabschnitten" richtig wiedergibt. Es entspricht insoweit den
Vorgaben der Beklagten zu 1) in der ihrem Aufforderungsschreiben auszugsweise
beigefügten Leistungsbeschreibung, wo es auf Seite 126 heißt: "Das Gerüst wird nach
Beendigung der kompletten Leistungen abgebaut und etappenweise bei den nächsten
Bauabschnitten wieder verwendet." Die Titelbeschreibungen, z. B. unter Punkt 2.27.1
(Seite 165 der Leistungsbeschreibung), entsprechen dem, indem es dort heißt:
"Einzurüstende Fassade einschließlich Umsetzen." Entsprechend ist das Angebot der
Klägerin abgefaßt z. B. in Titel 2 "Vorhandenes Gerüst ... umsetzen, auf- und abbauen".
Nicht anders ist der Passus über die "Einrüstung ... in Teilabschnitten" im
Bestätigungsschreiben zu verstehen, der dahin erläutert wird: "ein Block wird
eingerüstet, nach Beendigung der Arbeiten abgerüstet und zum nächsten Block
umgesetzt u.s.w.".
44
Damit entspricht das Bestätigungsschreiben der Klägerin dem Verhandlungsergebnis in
jedem Punkt. Die Beklagte zu 1) hat dieses Bestätigungsschreiben unstreitig per Fax
sofort erhalten und dem nicht widersprochen. Dies gilt selbst dann, wenn zu ihren
Gunsten angenommen wird, ihr Schreiben vom 30.04.1996 (Anl. B 3) sei zeitnah bei der
Klägerin eingegangen, was die Beklagten aber nicht unter Beweis gestellt haben.
Hinsichtlich der Termine ist dort nur festgehalten, daß sie zwischen den Parteien
abgestimmt werden sollten, was der Einrüstung in Teilabschnitten nicht widerspricht.
Allerdings soll der sog. vorläufige Terminablaufplan dem Schreiben beigelegen haben,
aus dem sich gewisse zeitliche Überschneidungen bei der Einrüstung der einzelnen
Häuser ergaben. Da dies aber von der eigenen Vorgabe der Beklagten zu 1) hinsichtlich
des etappenweisen Vorgehens abwich und der Auftragsbestätigung der Klägerin
insoweit auch widersprach, hätte die Beklagte zu 1) ausdrücklich darauf hinweisen
müssen, daß es abweichend von den bisherigen Vertragsverhandlungen
Terminsüberschneidungen geben könnte. Die Klägerin hatte keinerlei Anlaß, den
Terminablaufplan auf derartige eventuelle Ungereimtheiten zu überprüfen. Es kommt
deshalb auch nicht darauf an, ob der - im übrigen unsubstantiierte Vortrag der Beklagten
zu 1), die Parteien seien sich einig gewesen, die Beklagte zu 1) habe den Auftrag
schriftlich erteilen sollen, zutrifft. Selbst wenn der Vertrag erst mit dem Schreiben vom
45
30.04.1996 zustande kommen sollte, mußte sich die Beklagte zu 1) nach Treu und
Glauben an dem nicht beanstandeten Inhalt des Bestätigungsschreibens der Klägerin
festhalten lassen.
b)
46
Der zwischen den Parteien zustande gekommene Vertrag ist im wesentlichen nach den
Vorschriften des Werkvertragsrechts zu beurteilen.
47
Denn die Klägerin hat die Gerüste nicht nur vermietet, sondern individuell bemessen
und zusammengestellt, in eigener Verantwortung über die Art der Gerüstgruppe, die
Konstruktion im Einzelnen (Lastenaufzüge, Arbeitsbühnen) entschieden, die Gerüste
montiert, an den Gebäuden fest verankert und wieder demontiert. Diese
Gerüsterstellung stellt ein Werk dar mit der Besonderheit, daß es nicht in das Eigentum
des Bestellers übergeht (Hamburg, BauR 1994, 123; Ingenstau/Korbion, VOB-
Kommentar, 13.Auflage B § 4 Rnr. 42, B § 16 Rnr. 368; Jagenburg NJW 1995, 91, 103
jeweils m.w.N.). Da der Schwerpunkt des Vertrags auf der Herstellung des Werks liegt,
sind die Vorschriften des Werkvertragsrechts anwendbar, so daß die Beklagte zu 1)
auch das Recht hatte, den Vertrag gemäß § 649 BGB jederzeit zu kündigen.
48
2)
49
Dies geschah mit Anwaltsschreiben vom 06.09.1996 (Anl. K 19), mit dem die Beklagte
zu 1) die Geschäftsbeziehung "für endgültig beendet" erklärt hat. In diesem
Zusammenhang ist letztlich ohne Bedeutung, daß die Beklagte zu 1) die von der
Klägerin verlangte Sicherheitsleistung nicht erbracht und die Klägerin für diesen Fall
"Abbau und Abrechnung" angekündigt hatte (Anl. K 7 und 8) und auch die Nachfrist
ergebnislos abgelaufen war, so daß der Vertrag gemäß § 643 Satz 2 BGB bereits vor
der Kündigung vom 06.09.1996 als gekündigt angesehen werden konnte, wenn die
Beklagte zu 1) berechtigt gewesen war, die Sicherheitsleistung gemäß § 648 a BGB zu
verlangen. Denn gegebenenfalls haben die Parteien durch konkludentes Handeln diese
Kündigung einvernehmlich wieder aufgehoben, indem sie den Vertrag übereinstimmend
als fortbestehend behandelt haben. Die Klägerin hat nämlich am 22.06.1996 trotz
abgelaufener Nachfrist um einen Nachtragsauftrag über die für das Hochhaus
nachträglich für erforderlich gehaltene Gerüstgruppe IV gebeten (Anl. K 9), die Beklagte
zu 1) hat später unter dem 01.07.1996 einen korrigierten Terminplan übersendet (Bl. 43
GA).
50
Der Werkvertrag zwischen den Parteien ist somit erst durch die Kündigung der
Beklagten zu 1) gemäß § 649 Satz 1 BGB beendet worden.
51
3)
52
Deshalb ist die Klägerin gemäß § 649 Satz 2 BGB dem Grunde nach berechtigt, die
vereinbarte Vergütung unter Anrechnung von Ersparnissen und Vorteilen zu verlangen.
53
a)
54
Dem können die Beklagten nicht mit Erfolg entgegenhalten, der Vergütungsanspruch
sei entfallen, weil zu Gunsten der Beklagten zu 1) ein wichtiger Kündigungsgrund
vorgelegen habe, als die Klägerin zu Unrecht ihre Leistung verweigert habe, indem sie
55
es abgelehnt habe, entsprechend der Weisung der Beklagten zu 1) das Haus 3 bis zum
02.09.1996 einzurüsten (vgl. Düsseldorf NJW-RR 1996, 1170; Hamm NJW-RR 1993,
717; Palandt-Sprau 58. Auflage, § 649 Rnr. 2 a.E.). Zu dieser Leistungsverweigerung
war die Klägerin berechtigt, weil die Parteien vertraglich vereinbart hatten, die Häuser
seien nacheinander einzurüsten und die Gerüste an Haus 2 noch benötigt wurden, also
nicht hätten umgesetzt werden können, so daß die Klägerin komplett neue Gerüste hätte
aufstellen müssen.
Auf diese vertragliche Vereinbarung der Umrüstung durfte sich die Klägerin auch
berufen. Dieses Verfahren stellt eine erhebliche Kosteneinsparung dar, die Klägerin
brauchte nach Einrüstung des ersten Hauses keine weiteren Gerüste bereitzuhalten, die
Aufsteller waren jeweils nur einmal einzusetzen, wenn sie unmittelbar nacheinander
das Gerüst abbauen und am nächsten Haus wieder aufbauen konnten. Dieses
Kostenfaktors war sich die Beklagte zu 1) auch bewußt, denn sie hat selbst dieses
Verfahren in ihrem Schreiben, mit dem sie die Klägerin um Abgabe eines Angebots bat,
in dieser Form vorgeschlagen. Zwar hat die Klägerin vorgetragen, sie habe ihrem
Subunternehmer gekündigt und des weiteren, also ab der Einrüstung von Haus 3,
eigene Gerüste einsetzen wollen (S. 10 des Schriftsatzes vom 20.2.97, Bl. 76 GA). Aber
auch dann hätte die zeitliche Überschneidung Mehrkosten verursacht, da sie zu gleicher
Zeit zwei Gerüste hätte finanzieren müssen. Hinzu kommt, daß die Klägerin ihren
Vortrag später dahin präzisiert hat, daß nur an der Längsseite die Gerüste des
Subunternehmers und an den Giebelseiten ihre eigenen Gerüste standen. Außerdem
hätten auch in diesem Fall die Arbeitskolonnen zweimal eingesetzt werden müssen und
nicht nur einmal, wie beim Umrüsten. In jedem Fall hätte ein gleichzeitiges Einrüsten
zweier Häuser für die Klägerin höhere Kosten verursacht als das vertraglich vereinbarte
Umrüsten. Außerdem brauchte sich die Klägerin auch nicht darauf einzulassen, daß die
Beklagte zu 1) wiederholt - möglicherweise, weil sie selbst von ihrem eigenen
Auftraggeber terminlich unter Druck gesetzt wurde - die Termine einseitig ohne
Rücksprache mit der Klägerin änderte. Auch nach schriftlicher "Auftragserteilung" der
Beklagten zu 1) vom 30.04.1996 sollten die Termine untereinander "abgestimmt"
werden. Die Beklagte zu 1) wollte sich bei Vertragsschluß also keineswegs das Recht
vorbehalten, einseitig die Termine verschieben zu dürfen. Daran ändern auch die der
Klägerin übersandten Terminpläne nichts, auch wenn sich daraus gewisse terminliche
Überschneidungen ergeben. Ohne besonderen Hinweis der Beklagten zu 1) mußte die
Klägerin nicht damit rechnen, daß die Terminpläne von der vertraglichen Vereinbarung
des Umrüstens abwichen. Auch brauchte sie sich nicht auf derartige
Terminsänderungen im Laufe der Bauzeit einzulassen, weil dies zu einer
Kostenerhöhung auf Seiten der Klägerin geführt hätte. Wenn die Beklagten in der
mündlichen Verhandlung vor dem Senat hierzu vorgetragen haben, "der Markt" sei
"aber anders", ist dies nicht nachvollziehbar und unsubstantiiert. Da die Beklagten ihre
Ansicht auch auf Nachfragen nicht erläutern konnten, kann dem mangels
Tatsachenvortrags auch nicht nachgegangen werden.
56
Die Weigerung der Klägerin, das Haus 3 einzurüsten, obwohl die Gerüste am Haus 2
nicht abgebaut werden konnten, war deshalb nicht zu beanstanden und berechtigte die
Beklagte zu 1) nicht zu einer Kündigung des Vertrags, so daß der Vergütungsanspruch
bestehen geblieben ist.
57
b)
58
Daneben hatte die Klägerin auch deshalb ein Leistungsverweigerungsrecht, weil die
59
Beklagte zu 1) der Bitte der Klägerin um Sicherheitsleistung gemäß § 648 a BGB nicht
nachgekommen war. Die Klägerin gehört als Gerüstbauer, der das Gerüst nicht nur
vermietet, zum geschützten Kreis der Unternehmer eines Bauwerks im Sinne von § 648
a BGB.
Zwar ist im Rahmen des § 648 BGB, der dem Bauhandwerker einen Anspruch auf eine
Sicherungshypothek gibt, der Grundsatz entwickelt worden, die Bauleistung müsse in
einem so engen Zusammenhang zum Grundstück stehen, daß sich sein Wert durch die
Bauleistung vergrößert (vgl. Palandt-Sprau, 58. Auflage, § 648 Rnr. 2 m.w.N.). Dies ist
bei einem Gerüstbauer unmittelbar nicht der Fall. Gleichwohl ist anerkannt, daß der auf
das Gerüstaufstellen bezogene Leistungsteil bei der Bestellung einer
Sicherungshypothek entweder in direkter oder analoger Anwendung des § 648 BGB
berücksichtigt wird, wenn der Gerüstbauer auch weitere werterhöhende Bauleistungen
erbracht hat (Hamburg a.a.O.; Ingenstau/Korbion, VOB-Kommentar, a.a.O., Jagenburg
a.a.O.). Ebenso wie das OLG Hamburg (a.a.O.) ist auch der Senat der Auffassung, daß
es mit Treu und Glauben nicht vereinbar ist, wenn nur der Gerüstbauer, der auch andere
Leistungen erbringt, in den Baugläubigerschutz einbezogen werden soll, nicht aber der
Gerüstbauer, der nur Gerüstbauarbeiten unternimmt. Richtig weist das OLG Hamburg
darauf hin, daß es für die letztlich eingetretene Wertsteigerung keinen Unterschied
bedeutet, ob sie der Gerüstbauer selbst oder ein anderer Baubeteiligter erbracht hat. In
jedem Fall hat auch die mittelbare Bauwerksleistung des Gerüstbauers zu der
Wertsteigerung geführt, weil sie unverzichtbar Voraussetzung dafür ist, daß die
unmittelbaren Bauwerksleistungen erbracht werden können. Nicht anders ist die
Rechtsprechung des BGH zu der wertsteigernden Leistung eines Architekten zu
verstehen (vgl. BGH, NW 1969, 419 ff.). Außerdem ist der Gerüstbauer auch
wirtschaftlich ebenso schutzwürdig wie andere Bauwerksunternehmer, auch er gewährt
dem Bauunternehmer durch seine Vorleistungen wirtschaftlich betrachtet einen Kredit
(Hamburg a.a.O.). Im übrigen geht es im vorliegenden Fall nicht um das Bestellen einer
Sicherungshypothek, sondern um die Erbringung einer grundstücksunabhängigen
Sicherheitsleistung gemäß § 648 a BGB. Diese Sicherheitsleistung steht nicht in
unmittelbarer Beziehung zum Grundstück, so daß hier auch nicht in dem Maße wie bei
der Frage der Bestellung einer Sicherungshypothek auf eine unmittelbare
Wertsteigerung des Grundstücks abzustellen ist. Deshalb kann der Kreis der
geschützten Bauwerksunternehmer im Rahmen des § 648 a BGB weiter gefaßt werden
als der des § 648 a BGB, so daß Bauleistungen, die zwangsläufig zur Bauherstellung
erforderlich sind und lediglich mittelbar zu einer Wertsteigerung des Grundstücks führen,
zur Stellung einer Sicherheitsleistung gemäß § 648 BGB ausreichen müssen (vgl.
Ingenstau/Korbion, a.a.O., § 4 Rnr. 42)am .
60
Da die Beklagte zu 1) die von der Klägerin berechtigterweise angeforderte
Sicherheitsleistung trotz mehrfacher Fristverlängerung nicht erbracht hatte, durfte die
Klägerin ihre Leistung, also das Einrüsten von Haus 3 auch aus diesem Grund
verweigern.
61
4)
62
Die Höhe der von der Klägerin geltend gemachten Vergütung ist noch nicht
entscheidungsreif, so daß insoweit zunächst nur ein Grundurteil ergeht.
63
II.
64
Die Berufung der Klägerin gegen die Abweisung ihres für die nicht erbrachten
Leistungen (Gerüstgruppe III) am Hochhaus in Höhe von 19.980 DM geltend gemachten
Vergütungsanspruchs ist hingegen nicht begründet.
65
Insoweit hat ein Vertrag zwischen den Parteien zu der Zeit, als die Beklagte zu 1) mit
Schreiben vom 24.07.1996 mitteilte, sie werde eine Drittfirma mit der Einrüstung des
Hochhauses beauftragen, nicht mehr bestanden, so daß dieses Schreiben keine
Kündigung im Sinne des § 649 BGB darstellte, also auch keinen Vergütungsanspruch
der Klägerin auslösen konnte.
66
Unstreitig hatten die Parteien hinsichtlich der Einrüstung auch des Hochhauses
zunächst die Verwendung eines Gerüstes der Gruppe III vereinbart. Später gelangten
die Parteien jedoch übereinstimmend zu der Auffassung, ein Gerüst der Gruppe III sei zu
schwach dimensioniert, um darauf die zu demontierenden Natursteinplatten der
Hochhausfassade zwischenzulagern, es sei deshalb ein Gerüst der Gruppe IV
erforderlich. Dementsprechend haben die Parteien den Vertrag über die Gerüstgruppe III
für das Hochhaus auch einvernehmlich aufgehoben. Die Klägerin hat nämlich mit
Schreiben vom 22.06.1996 um die Erteilung eines Nachtragsauftrags über die
Gerüstgruppe IV gebeten (Anl. K 9). Die Beklagte zu 1) war damit einverstanden. Da
man sich unstreitig nicht über den Preis für die Überstandzeiten einigen konnte, ist
dieser Nachtragsauftrag nicht zustande gekommen. Es mag dahinstehen, ob der
Ausgangspunkt der Klägerin, höhere Grundkosten bedingen auch höhere
Vorhaltekosten, richtig ist. Die Beklagte zu 1) war nicht verpflichtet, den Vertrag über die
Gerüstgruppe IV mit der Klägerin abzuschließen, auch nicht aus Gesichtspunkten von
Treu und Glauben. Schließlich lag die Ursache für das fehlerhafte Angebot der
Gerüstgruppe III ausschließlich bei der Klägerin. Im Leistungsverzeichnis der Beklagten
zu 1), dort Seite 126, Anl. B 1 heißt es nämlich wörtlich: "Bei der Bemessung und
Festlegung der Gerüstgruppe ist die Demontage der Natursteinbekleidung zu
berücksichtigen". Genau dies aber war der Grund, aus dem die Klägerin später selbst
ein Gerüst der Gruppe IV für erforderlich hielt. Das hätte sie als Fachfirma von Anfang an
erkennen und deshalb für die Einrüstung des Hochhauses von Anfang an ein Gerüst der
Gruppe IV anbieten müssen.
67
Die Klägerin hat deshalb keinen Anspruch auf Vergütung.
68
III.
69
Die Berufung der Beklagten dagegen, daß das Landgericht den Anspruch der Klägerin
auf restliche Vergütung ihrer Leistungen an Haus 2 zugesprochen hat, ist nicht
begründet.
70
Gegen den nach Grund und Höhe jetzt unstreitigen Anspruch steht der Beklagten zu 1)
kein aufrechenbarer Gegenanspruch deshalb zu, weil die Klägerin vor Beendigung der
Arbeiten am Haus 2 die Gerüste abgebaut und die Beklagte zu 1) deshalb Kosten für die
Erstellung eines neuen Gerüstes aufgewendet hat.
71
Zwar haben die Parteien trotz der Kündigung der Beklagten zu 1) vom 06.09.1996 den
Vertrag hinsichtlich der Gerüstbauarbeiten an Haus 2 übereinstimmend als
fortbestehend behandelt, haben diesen Vertragsteil also von der Kündigung
ausgenommen.
72
Die Klägerin war aber gleichwohl gemäß §§ 326, 346 BGB zum Abbau der Gerüste
berechtigt. Die Beklagte zu 1) befand sich mit der Bezahlung der 5. Zwischenrechnung
für Haus 2 vom 06.09.1996 in Verzug. Nach den Zahlungsbedingungen der Klägerin,
denen die Geschäftsbedingungen der Beklagten zu 1) nicht widersprechen, waren
Rechnungen innerhalb von 10 Tagen zu bezahlen. Nach Ablauf dieser Zahlungsfrist
setzte die Klägerin der Beklagten zu 1) eine zwar knappe, aber, da die Klägerin lediglich
eine Überweisung zu veranlassen oder einen Scheck zu übersenden hatte, doch
angemessene Nachfrist bis zum 22.09.1996. In der gleichzeitigen Androhung, bei nicht
fristgerechter Zahlung die Gerüste abzubauen, liegt zwar nicht wörtlich die Androhung,
die Annahme der Leistung nach Fristablauf abzulehnen, aber die Androhung des
Rücktritts vom Vertrag. Dies reicht zur Erfüllung der Voraussetzungen gemäß § 326 Abs.
1 Satz 1 BGB aus, weil mit dem Rücktritt eine der möglichen Folgen der
Ablehnungsandrohung angekündigt wird (vgl. Palandt-Heinrichs, 58. Auflage, § 326
Rnr. 18).
73
Die Beklagte zu 1) hat nicht fristgerecht gezahlt.
74
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme durch Vernehmung des Zeugen E., eines
Mitarbeiters der Beklagten zu 1), ist der Scheck mit Datum vom 20.09.1996 erst am
24.09.1996 frankiert und frühestens an diesem Tag bei der Post eingeliefert worden.
Selbst wenn also die Geschäftsbedingungen der Beklagten zu 1) über die Bestimmung
des Zahlungstags als dem Tag der Absendung oder der Hingabe des
Überweisungsauftrags auch für Schecks gelten sollten, wäre der Scheck nicht
fristgerecht abgeschickt worden. Nach Treu und Glauben hätte sich die Klägerin hierauf
allerdings nicht berufen dürfen, sondern sie wäre gehalten gewesen, die Gerüste
stehenzulassen, wäre der Scheck zeitnah bei ihr eingegangen (vgl. Palandt a.a.O. Rnr.
23 a.E.).
75
Der zeitnahe Zugang dieses Schecks ist aber nicht bewiesen. Der Zeuge E. konnte
lediglich bekunden, daß im Postaustragsbuch der 24.09.1996 als Absendedatum des
Schecks notiert ist. Nach der Aussage des Zeugen J., eines damaligen Gesellschafters
der Klägerin, ist dieser Scheck aber erst mit einem Schreiben der Beklagten zu 1) vom
28.10.1996 bei der Klägerin eingetroffen. Selbst wenn dem Zeugen E. zu glauben ist
und die persönliche Glaubwürdigkeit des Zeugen J. äußerst fraglich sein sollte, wie die
Beklagte zu 1) u.a. aus den gesellschaftlichen Verbindungen des Zeugen J. mit der
Klägerin und anderen am Bau beteiligten Firmen folgert, so ist damit nur der Abgang,
nicht aber der Zugang des Schecks bewiesen. Es kommt hinzu, daß auch der
unstreitige Sachverhalt eher gegen einen früheren Zugang des Schecks spricht. Jeder
vernünftige Kaufmann pflegt einen Scheck sofort zur Zahlung vorzulegen, insbesondere
wenn es sich hinsichtlich der Zahlungsziele um einen nicht unbedingt zuverlässigen
Vertragspartner handelt. Außerdem zeigt das ständige Zuwarten der Klägerin, daß sie
nicht am Abbruch aller Vertragsbeziehungen interessiert gewesen ist, also die
Vermutung der Beklagten, die Klägerin habe den Scheck zurückgehalten, um einen
"Kündigungsgrund" zu schaffen, eher fern liegt.
76
Es steht auch nicht fest, daß die Klägerin den verspäteten Zugang des Schecks selbst
zu verantworten hat, und ihr deshalb die Berufung darauf als widersprüchliches
Verhalten verwehrt wäre. Zwar hat sie auf ihrem Briefpapier neben der Postfachanschrift
in Köln und der Straßenanschrift in G. ein Postfach in G. angegeben, das unstreitig nicht
existiert, an das der Scheck aber adressiert worden ist. Damit steht aber nicht fest, daß
die konkrete Adressierung kausal dafür war, daß der Scheck verspätet zugegangen ist.
77
Nach den eigenen Angaben der Beklagten zu 1) ist G. ein kleiner Ort, in dem die dort
ansässige Firma der Klägerin so bekannt ist, daß Postsendungen der Klägerin in jedem
Fall zugestellt werden, auch wenn dort als Anschrift ein Postfach angegeben ist. Dies
entspricht auch aller Lebenserfahrung. Deshalb ist die Ursache des verspäteten
Zugangs auch angesichts der Adressierung an ein Postfach in G. nicht geklärt.
Damit ist die Beklagte zu 1) beweisfällig geblieben.
78
Die Klägerin war deshalb berechtigt, vom Vertrag zurückzutreten und die Gerüste
abzubauen. Unstreitig hatte die Klägerin bereits mit dem Abbau der Gerüste begonnen,
wie das Schreiben der Beklagten zu 1) vom 28.10.1996 zeigt, mit dem sie den Stop des
Abbaus fordert (Bl. 29 GA), als ihr der zweite Scheck mit Schreiben vom 31.10.1996
zuging.
79
Die Klägerin hatte keinen Anlaß, den begonnenen Abbau abzubrechen und die Gerüste
erneut aufzubauen. Das Vertragsverhältnis hatte sich bereits in das
Abwicklungsverhältnis umgewandelt.
80
Deshalb können die Beklagten dem Zahlungsanspruch der Klägerin die später von
ihnen für ein Gerüst an Haus 2 aufgewendeten Kosten nicht entgegenhalten.
81
Berufungswert: 155.132,05 DM Berufung
82
19.980,00 DM = der Klägerin
83
25.167,95 DM = Berufung der Beklagten
84
200.280,00 DM
85