Urteil des OLG Köln vom 30.06.2000
OLG Köln: culpa in contrahendo, festpreis, erneuerung, werkstatt, vergütung, gespräch, sicherheit, reparatur, vollstreckbarkeit, anzeigepflicht
Oberlandesgericht Köln, 3 U 182/99 BSch
Datum:
30.06.2000
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
3. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
3 U 182/99 BSch
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 18. Okto-ber 1999 verkündete
Urteil des Schiffahrtsgerichts Duisburg-Ruhrort - 5 C 30/98 BSch -
teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.917,71 DM zuzüglich
10,5% Zinsen aus 6.707,52 DM vom 23.11.1997 bis zum 24.02.1998
und aus 3.707,52 DM seit dem 25.02.1998 zu zahlen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
1
Die in formeller Hinsicht nicht zu beanstandende Berufung der Klägerin hat in der Sache
Erfolg.
2
Ihr steht ein restlicher Werklohnanspruch in Höhe von 3.707,52 DM zu, §§ 631, 632
BGB.
3
Das Schiffahrtsgericht ist zwar im Grundsatz zutreffend davon ausgegangen, dass die
Klägerin die Beweislast dafür trifft, dass die vom Beklagten behauptete bestimmte
Vergütung nicht vereinbart worden ist. An diese Negativbeweisführung dürfen aber
keine zu strengen Anforderungen gestellt werden. Der Besteller hat die Vereinbarung
nach Ort, Zeit und Höhe substantiiert darzulegen; denn nur so wird es dem Unternehmer
ermöglicht, die Unrichtigkeit dieser Behauptung zu beweisen (vgl. Palandt/Sprau, BGB,
59. Aufl., § 632 Rn. 11; BGH NJW-RR 96, 952).
4
Ausgehend von diesen Grundsätzen hat die Klägerin entgegen der Auffassung des
Schiffahrtsgerichts den Nachweis geführt, dass zwischen den Parteien eine
Festpreisvereinbarung über 13.000,00 DM nicht getroffen worden ist.
5
Der Beklagte hatte in erster Instanz behauptet, bei Auftragserteilung sei ein maximaler
Festbetrag von 13.000,00 DM vereinbart worden. Dies ist nach dem Ergebnis der
Beweisaufnahme widerlegt. Nach den Aussagen der Zeugen B. und G. hat der erste
Kontakt zwischen den Parteien zwischen dem Zeugen Benninghoff und dem Beklagten
stattgefunden. Zunächst war vermutet worden, dass die Hauptbremszylinder der
Ankerwinde defekt seien, und der Auftrag ging auf Erneuerung der Hauptbremszylinder.
Dabei mag bereits ein Richtpreis von 10.000,00 DM seitens des Zeugen B. genannt
worden sein, wie dies der Zeuge G. bekundet hat. Der Zeuge B. will diesen Preis
allerdings erst anlässlich eines Gesprächs zwischen ihm und dem Zeugen G. bei der
Messe genannt haben. Dies kann aber dahinstehen. Bei dem anfänglichen Richtpreis
von 10.000,00 DM ist es nämlich unstreitig nicht geblieben. Die Erneuerung der
Hauptbremszylinder führte nicht zum Erfolg. Bei den von dem Zeugen G. durchgeführten
Arbeiten stellte sich nämlich heraus, dass tatsächlich die Antriebswelle defekt war. Die
Hauptbremszylinder wurden wieder ausgebaut und ausweislich der Rechnung der
Klägerin vom 23.10.1997 auch nicht berechnet.
6
Der Zeuge G. hat bekundet, er habe bei den Reparaturarbeiten, zu denen er mit dem
Reparaturboot der Klägerin zu dem Schiff des Beklagten hinausgefahren sei,
festgestellt, dass weitere Arbeiten erforderlich waren und der zunächst genannte Preis
von 10.000,00 DM nicht ausreichte. Er habe deshalb vom Schiff aus per Handy mit dem
Zeugen B. telefoniert, der gesagt habe, zu den 10.000,00 DM kämen noch die Kosten für
die weiter notwendigen Arbeiten. Dies habe er dem Beklagten berichtet, aber einen
entgültigen Preis nicht genannt, weil er auch gar nicht gewusst habe, welcher Aufwand
noch erforderlich war. Der Beklagte habe an diesem Tag dann noch nichts entschieden.
Am nächsten Tag sei er - der Zeuge - nur beauftragt worden, wieder hinauszufahren, um
das Hochziehen der Ankerkette zu ermöglichen, damit das Schiff in die Werkstatt habe
fahren können. Danach habe er mit der Sache nichts mehr zu tun gehabt.
7
Der Beklagte behauptet nunmehr in zweiter Instanz, der Zeuge G. habe ihm aufgrund
seines Telefonats mit dem Zeugen B. erklärt, dass mit maximalen Kosten von 13.000,00
DM zu rechnen sei. Dies hat der Zeuge G. aber definitiv ausgeschlossen. Der Senat hält
seine diesbezügliche Aussage für glaubhaft. Dem Zeugen kann abgenommen werden,
dass er bei der teilweisen Demontage der Ankerwinde den entgültigen Umfang der
erforderlichen Reparaturarbeiten noch nicht absehen und deshalb auch noch keinen
Festpreis nennen konnte. Die genauere Prüfung sollte erst in der Werkstatt erfolgen, und
der Beklagte wollte sich offenbar auch noch überlegen, ob er die holländische Firma in
Anspruch nehmen wollte, die seine Ankerwinde kurz vorher "generalüberholt" hatte. Der
Zeuge B. konnte aufgrund eines bloßen Telefongesprächs mit dem Zeugen Gn., ohne
die Ankerwinde in teildemontiertem Zustand überhaupt gesehen zu haben, mit
Sicherheit auch noch keinen entgültigen Festpreis nennen. Es spricht daher alles dafür,
dass der entgültige Auftrag erst am nächsten Tag anlässlich des Werkstattaufenthaltes
des Schiffes erteilt worden ist. Dafür spricht auch die Aussage der Zeugin K.-v. V., die
bekundet hat, sie habe, als das Schiff bei der Werft der Klägerin gelegen habe, ein
Gespräch zwischen dem Beklagten und einem - von ihr als "Herr K." bezeichneten -
Monteur mitbekommen, bei dem dieser einen Preis von 10.000,00 DM bis 12.000,00 DM
für die Reparatur genannt habe. Die Zeugin hat im übrigen eingeräumt, dass sie das
nicht so genau mitbekommen habe, und konnte auch nicht sagen, ob es sich um einen
verbindlichen Preis oder eine bloße Schätzung gehandelt hatte.
8
Die vom Beklagten behauptete Vereinbarung eines Festpreises von 13.000,00 DM mit
dem Zeugen G. anlässlich des von diesem ausgeführten Reparaturversuchs außerhalb
9
der Werft ist somit widerlegt. Der Beklagte behauptet selbst nicht, anschließend auf der
Werft mit einem der Mitarbeiter der Klägerin eine Festpreisvereinbarung getroffen zu
haben. Hierfür geben auch die unsicheren Angaben der Zeugin K.-v. V. nichts her. Unter
diesen Umständen sieht der Senat keine Veranlassung, die von der Klägerin benannten
Zeugen zu ihrer Behauptung zu vernehmen, anlässlich der Reparaturarbeiten auf der
Werft sei von ihren Mitarbeitern kein Festpreis oder Richtpreis mit dem Beklagten
vereinbart worden.
Der Beklagte kann auch aus § 650 BGB nicht zu seinen Gunsten herleiten, dass der
ursprünglich genannte Richtpreis von 10.000,00 DM nicht um mehr als 20%
überschritten werden dürfe. Die Klägerin ist ihrer Anzeigepflicht nach § 650 Abs. 2 BGB
nachgekommen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht fest, dass der Zeuge G.
unmittelbar, nachdem sich herausgestellt hatte, dass tatsächlich das Getriebe defekt
war, dies dem Beklagten mitgeteilt und erklärt hat, mit den ursprünglich genannten
10.000,00 DM komme man nicht hin, die zusätzlich erforderlich werdenden Arbeiten
müssten auch berechnet werden. Der Beklagte hat danach nicht gekündigt, sondern die
weitern Arbeiten auf der Werft der Klägerin durchführen lassen. Der
Vergütungsanspruch der Klägerin richtet sich daher nicht nach § 645 Abs. 1 BGB.
Vielmehr hat sie Anspruch auf die übliche Vergütung, § 632 Abs. 2 BGB. Unstreitig sind
die von ihr in Rechnung gestellten Preise angemessen.
10
Für einen Schadensersatzanspruch des Beklagten aus culpa in contrahendo oder
positiver Forderungsverletzung wegen unzureichender Aufklärung über den Umfang
des weiteren Reparaturaufwandes ist nichts dargetan.
11
Nach alledem steht der Klägerin ein restlicher Werklohnanspruch in Höhe von 3.707,52
DM zu.
12
Der Zinsanspruch ist aus dem Gesichtspunkt des Verzuges gemäß §§ 284, 288 Abs. 2,
286 Abs. 1 BGB gerechtfertigt.
13
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
14
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713
ZPO.
15
Streitwert für das Berufungsverfahren und Beschwer des Beklagten: 3.707.52 DM.
16