Urteil des OLG Köln vom 16.06.2004

OLG Köln: treu und glauben, vollmacht, urkunde, zwangsvollstreckung, widersprüchliches verhalten, darlehensvertrag, beurkundung, eigentumswohnung, kaufpreis, vertretungsmacht

Oberlandesgericht Köln, 13 U 208/03
Datum:
16.06.2004
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
13. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
13 U 208/03
Vorinstanz:
Landgericht Aachen, 1 O 193/03
Tenor:
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des
Landgerichts Aachen vom 25. September 2003 - 1 O 193/03 - wird
zurückgewiesen.
Die Kläger haben auch die Kosten der Berufung zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die
Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des gegen
sie vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor
Sicherheit in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
G r ü n d e
1
I.
2
Die Kläger wenden sich gegen die Zwangsvollstreckung der Beklagten aus einer
notariellen Urkunde vom 06.06.1991.
3
Die Kläger erwarben 1991 im Rahmen eines Anlagemodells eine Eigentumswohnung
in dem Neubauobjekt Tstraße in B. Den Kaufpreis finanzierte die Beklagte. Mit Urkunde
vom 22.05.1991 des Notars Dr. X. in N. (Anlage K 2) boten die Kläger der T.
Steuerberatungs-GmbH in L. (nachfolgend nur noch T.) den Abschluss eines
umfassenden Geschäftsbesorgungsvertrages zum Erwerb der Eigentumswohnung an
und erteilten ihr in Ausführung des Geschäftsbesorgungsvertrages Vollmacht zur
Vornahme aller Rechtsgeschäfte, Rechtshandlungen und Maßnahmen, die für den
Eigentumserwerb und ggf. die Rückabwicklung erforderlich oder zweckmäßig
erschienen. Unter anderem wurde die Geschäftsbesorgerin bevollmächtigt, namens und
für Rechnung der Kläger den Grundstückskauf- und Werklieferungsvertrag zum Erwerb
der noch bezugsfertig zu errichtenden Eigentumswohnung sowie die Darlehensverträge
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für die Finanzierung einschließlich aller erforderlichen Sicherungsverträge
abzuschließen. Die Geschäftsbesorgerin nahm das Angebot an. Gemäß notarieller
Urkunde vom 06.06.1991 (Anlage K 1) bestellte die Voreigentümerin die nach § 800
ZPO vollstreckbare Grundschuld, während die Kläger - vertreten durch die T., "diese
handelnd aufgrund Vollmacht vom 22. Mai 1991 zu UR Nr. XXX des Notars Dr. L. X. in
N. , die in Ausfertigung vorlag und in beglaubigter Ablichtung als Anlage zu dieser
Urkunde genommen wurde" - die persönliche Haftung in Höhe des
Grundschuldbetrages und der Zinsen übernahmen und sich insoweit der
Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen unterwarfen. Eine vollstreckbare
Ausfertigung dieser Urkunde wurde der Beklagten am 07.06.1991 erteilt und am
16.02.1993 mit dem Vermerk versehen, dass die Kläger als Eigentümer im Grundbuch
eingetragen worden seien und der Beklagten die vollstreckbare Ausfertigung daher
"sowohl in dinglicher als auch in persönlicher Hinsicht" zum Zwecke der
Zwangsvollstreckung für Hauptsumme, Zinsen und Nebenleistungen erteilt werde.
Während die Kläger bei Abschluss des Darlehensvertrages vom 21./24.06.1991 (Anlage
K 15) noch von der T. vertreten wurden, haben sie später (am 04.10.1998) selbst neue
Darlehensverträge mit der Beklagten abgeschlossen, durch welche der
Darlehensvertrag vom 24.06.1991 ersetzt wurde (Bl. 93 ff. GA). In den neuen
Darlehensverträgen - mit Verpflichtung zur Eintragung einer Grundschuld nach
Vorgaben der Bank (Bl. 95/100 GA) - haben die Kläger zugleich die Verpflichtung zur
Übernahme der persönlichen Haftung für die Zahlung eines Geldbetrages in Höhe des
Grundschuldbetrages (einschließlich Nebenleistungen und Zinsen) sowie zur
Unterwerfung unter die Zwangsvollstreckung auch in das persönliche Vermögen
übernommen (Bl. 104 GA, unter Ziffer 5 der Darlehensbedingungen).
Mit der Klage haben die Kläger sowohl Angriffe gegen die Wirksamkeit des
Vollstreckungstitels geführt als auch materiell-rechtliche Einwendungen gegen den
titulierten Anspruch geltend gemacht. Die Beklagte hat in erster Linie die Abweisung der
Klage, hilfsweise im Wege der Widerklage die Verurteilung der Kläger zur Zahlung der
per 15.07.2003 auf 127.631,38 DM bezifferten Darlehensforderung nebst Zinsen
beantragt.
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Mit Urteil vom 25.09.2003, auf das hinsichtlich des erstinstanzlichen Sach- und
Streitstandes einschließlich der gestellten Anträge und der rechtlichen Würdigung durch
die Zivilkammer Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage abgewiesen.
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Mit der Berufung verfolgen die Kläger ihr Klagebegehren in vollem Umfang unter
Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens weiter. Sie meinen,
bei rechtsfehlerfreier Handhabung hätte das Landgericht der Klage stattgeben und die
Hilfswiderklage abweisen müssen. Vertrauensschutz auf eine wirksame
Bevollmächtigung der Geschäftsbesorgerin könne die Beklagte schon angesichts des
Schutzzwecks der Nichtigkeit der Vollmacht wegen Verstoßes gegen das
Rechtsberatungsgesetz sowie Beteiligung der Beklagten an der unerlaubten
Rechtsberatung der Geschäftsbesorgerin nicht beanspruchen. Der Inhalt der
Notarurkunde vom 06.06.1991 sei auch deshalb kein geeigneter Anknüpfungspunkt für
ein schutzwürdiges Vertrauen der Beklagten, weil nicht feststehe, dass der Beklagten
bei Abschluss des Darlehensvertrages eine Ausfertigung dieser Urkunde nebst einer
Abschrift der Vollmacht vorgelegen habe. Bei den von den Klägern selbst im Jahre 1998
abgeschlossenen Darlehensverträgen habe es sich nicht um eine Schuldumschaffung,
sondern lediglich um eine Vertragsänderung im Sinne einer Prolongationsvereinbarung
gehandelt. Darin komme auch kein Genehmigungswille der Kläger hinsichtlich des -
7
unerkannt - vollmachtlosen Handelns der T. gegenüber der Beklagten zum Ausdruck.
Die Kläger beantragen,
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unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Zwangsvollstreckung aus der
vollstreckbaren Ausfertigung der Urkunde des Notars I. O. in I. - UR. Nr. XXX - vom
06.06.1991 (Grundschuldbestellungsurkunde) für unzulässig zu erklären,
hilfsweise, die Sache gemäß § 538 ZPO unter Aufhebung des angefochtenen
Urteils an das Landgericht zur Sachaufklärung zurückzuverweisen.
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Die Beklagte beantragt,
10
die Berufung der Kläger zurückzuweisen.
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Sie verteidigt das angefochtene Urteil und tritt den Angriffen der Berufung entgegen.
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Wegen aller Einzelheiten des zweitinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf die
gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
13
II.
14
Die zulässige Berufung (dass der Berufungsantrag erst nach Ablauf der
Begründungsfrist formuliert worden ist, schadet nicht, da sich aus der
Berufungsbegründung der Umfang der Anfechtung des landgerichtlichen Urteils nach
Maßgabe des weiterverfolgten Klageantrags eindeutig ergibt) ist unbegründet.
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1. Die - in analoger Anwendung des § 767 ZPO zulässigen - Angriffe der Kläger gegen
die Wirksamkeit der notariellen Unterwerfungserklärung gemäß Urkunde des Notars
O.vom 06.06.1991 bleiben erfolglos; denn die Kläger sind jedenfalls gemäß § 242 BGB
gehindert, die Unwirksamkeit dieses Vollstreckungstitels aufgrund fehlender
Vertretungsmacht der T. geltend zu machen. Eine wegen Verstoß gegen Art.1 § 1
RBerG nach § 134 BGB unwirksame Vollmacht führt zwar zur Unwirksamkeit der
Vollstreckungsunterwerfung nach § 794 Abs.1 Nr.5 ZPO, wobei die Befugnis der
Vertreterin zur Abgabe solcher Unterwerfungserklärungen wegen ihres prozessualen
Charakters auch nicht aus Rechtsscheingesichtspunkten in analoger Anwendung der
§§ 172 ff. BGB gegenüber der Beklagten als gültig behandelt werden kann (gefestigte
Rechtsprechung des BGH, z.B. Urteile vom 22.10.2003 - IV ZR 398/02 -, WM 2003,
2372 = NJW 2004, 59 und IV ZR 33/03 -, WM 2003, 2375 = NJW 2004, 62; Urteile vom
18.11.2003 - XI ZR 332/02 -, WM 2004, 27 = NJW 2004, 844; vom 02.12.2003 - XI ZR
421/02 -, WM 2004, 372 = BKR 2004, 145). Den Klägern ist es jedoch unabhängig
davon, ob sie die in ihrem Namen abgegebenen Erklärungen bereits genehmigt haben,
verwehrt, sich auf die fehlende Vollmacht/Genehmigung und damit auf die
Unwirksamkeit der prozessualen Unterwerfungserklärung zu berufen. Zum einen waren
die Kläger bei Übernahme der persönlichen Haftung hinsichtlich des
Grundschuldbetrages (nebst Zinsen) gemäß der notariellen Urkunde vom 06.06.1991,
bei Abgabe der Sicherungszweckerklärung gleichen Datums (Bl. 151 f. GA) und bei
Abschluss des Darlehensvertrages vom 24.06.1991 wirksam vertreten, weil hinsichtlich
dieser materiellrechtlichen Erklärungen die unwirksame Vollmacht, welche die Kläger
der T. erteilt haben, aus Rechtsscheingesichtspunkten gegenüber der Beklagten als
gültig zu behandeln ist. Zum anderen haben die Kläger später selbst neue
Darlehensverträge mit der Beklagten abgeschlossen und darin die schuldrechtliche
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Verpflichtung zur Übernahme der persönlichen Haftung und zur Unterwerfung unter die
Zwangsvollstreckung auch in das persönliche Vermögen übernommen, so dass es ein
widersprüchliches und gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßendes
Verhalten darstellt, die Unwirksamkeit der von der Geschäftsbesorgerin bereits
abgegebenen Unterwerfungserklärung geltend zu machen.
a) Wer eine aus materiellen Gründen unwirksame notarielle Vollmacht erteilt, von der
bei der notariellen Beurkundung eines Rechtsgeschäfts Gebrauch gemacht wird, ist
dem im Beurkundungstermin nicht anwesenden oder vertretenen Geschäftsgegner
gegenüber aus Gründen der Rechtsscheinhaftung an die beurkundete Erklärung
gebunden, wenn der Notar das Vorliegen der Vollmacht ausdrücklich in die
Verhandlungsniederschrift aufnimmt und deren Ausfertigung zusammen mit einer
(beglaubigten) Abschrift der Vollmacht dem Geschäftsgegner zustellt (BGHZ 102, 60, 64
= NJW 1988, 697, 698; Urteil vom 12.11.2003 - IV ZR 43/03 -, Seite 10 des
Urteilsumdrucks). So ist dies hier in der notariellen Urkunde vom 06.06.1991, von der
der Beklagten am 07.06.1991 eine vollstreckbare Ausfertigung erteilt wurde, geschehen:
darin ist ausdrücklich festgestellt, dass die Vollmacht vom 22.05.1991 zu UR-Nr. XXX
des Notars Dr. X. in N. in Ausfertigung vorlag und in beglaubigter Abschrift als Anlage
zu dieser Urkunde genommen wurde. Darin liegt die Beurkundung "sonstiger Tatsachen
und Vorgänge" im Sinne des BeurkG, die letztlich auf der unwirksamen
Vollmachtserteilung beruht und das Vertrauen des Vertragsgegners in eine wirksame
Bevollmächtigung bestärkt (BGHZ 102, 60 = NJW 1988, 697; WM 1996, 2230 = NJW
1997, 312; WM 2002, 1273 = NJW 2002, 2325; Urteile des Senats vom 29.05.2002 - 13
U 151/01 - und vom 03.03.2004 - 13 U 18/03 -). Dem Schutz des Vertragsgegners und
des Rechtsverkehrs gebührt grundsätzlich Vorrang vor den Interessen des Vertretenen,
der durch die Erteilung einer - unerkannt - nichtigen notariellen Vollmacht die Ursache
für einen Rechtsschein gesetzt hat. Die Anforderungen an die dem Vertragsgegner im
eigenen Interesse obliegenden Prüfung der Vollmacht dürfen daher nicht überspannt
werden. Vielmehr soll sich der Vertragsgegner vor der Unwirksamkeit einer Vollmacht
grundsätzlich ohne weitere Prüfung dadurch schützen können, dass er sich eine
notarielle Ausfertigung der Vollmachtsurkunde vorlegen lässt. Dem steht es gleich,
wenn der Notar auf die ihm bei der Beurkundung in Ausfertigung vorliegende Vollmacht
Bezug nimmt und diese - wie hier - für die an der Beurkundung nicht beteiligte Beklagte
in beglaubigter Abschrift beifügt. Die Urteile des BGH vom 20.04.2004 - XI ZR 164/03
und XI ZR 171/03 -, in denen eine der Bank von der Geschäftsbesorgerin übersandte
"Notarbestätigung" als ungeeignet angesehen wurde, die Vorlage der beurkundeten
Ausfertigung zu ersetzen, stehen - wie der BGH dort ausdrücklich in Abgrenzung zu
dem der Entscheidung BGHZ 102, 60 zugrunde liegenden Sachverhalt klarstellt (Seite
13 f. der Urteilsumdrucke) - damit nicht in Widerspruch.
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b) Entgegen der Ansicht der Berufung schließt auch eine etwaige Mitwirkung der Bank
an der unerlaubten Rechtsbesorgung den Gutglaubensschutz nach den §§ 171 ff. BGB
nicht aus, wenn der Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz seinerzeit von den
Beteiligten nicht zu erkennen war (BGH, Urteil vom 02.12.2003 - XI ZR 53/02 -, WM
2004, 417, 421; Urteil vom 16.03.2004 - XI ZR 60/03 -, Seite 8 des Urteilsumdrucks).
Dabei kommt es nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes nicht auf die Kenntnis
oder das Kennenmüssen der den Mangel der Vertretungsmacht begründenden
Umstände, sondern auf die Kenntnis oder das Kennenmüssen des Mangels der
Vertretungsmacht selbst an. Damit erweist sich die Ansicht der Berufung, die Beklagte
sei im Hinblick auf den Inhalt der Vollmachtsurkunde nicht schutzwürdig, als ebenso
verfehlt wie die Annahme, die Beklagte könne sich auf Rechtsscheingesichtspunkte
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nicht berufen, weil die im Jahr 1991 bestehende Rechtsprechung bereits Anlass
gegeben habe, die Nichtigkeit des Geschäftsbesorgungsvertrages sowie eine
Unwirksamkeit der in notarieller Form erteilten Vollmacht wegen Verstoßes gegen das
Rechtsberatungsgesetz in Betracht zu ziehen.
c) Beim kreditfinanzierten Immobilienerwerb zu Steuersparzwecken ist der Kreditvertrag
regelmäßig nicht wirtschaftliches Teilstück der unzulässigen Rechtsbesorgung.
Gesamtzweck der Zusammenarbeit zwischen Rechtsbesorger und Bank ist vielmehr der
Erwerb einer Eigentumswohnung zu Steuersparzwecken (BGH, Urteil vom 03.06.2003 -
XI ZR 289/02 -, WM 2003, 1710 = BKR 2003, 623; Urteil vom 22.10.2003 - IV ZR 33/03 -,
WM 2003, 2375, 2379; Urteil vom 16.03.2004 - XI ZR 60/03 -; Senatsurteil vom
03.03.2004 - 13 U 18/03 -). Die Berufung zeigt nichts auf, was hier Veranlassung zu
einer anderen Beurteilung geben könnte.
19
d) Die hiernach wirksame darlehensvertragliche Verpflichtung der Kläger zur Eintragung
einer Grundschuld "gemäß Entwurf der Beklagten" lässt angesichts der hierzu in der
notariellen Urkunde vom 06.06.1991 bereits abgegebenen Erklärungen, die persönliche
Haftung zu übernehmen (wie auch die Sicherungszweckerklärung gleichen Datums
ausweist) und sich der sofortigen Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen zu
unterwerfen, die Geltendmachung der Unwirksamkeit der Unterwerfungserklärung als
widersprüchliches Verhalten erscheinen, unabhängig davon, dass auf die
Hilfswiderklage der Beklagten sogleich ein neuer Vollstreckungstitel geschaffen werden
müsste (worauf das Landgericht abgestellt hat). Für die dingliche Haftung der Kläger
kommt es auf die Frage einer unerlaubten Rechtsberatung seitens der T. und einer
Wirksamkeit der dieser Geschäftsbesorgerin durch die Kläger erteilten Vollmacht von
vornherein nicht an, weil die Grundschuldbestellung noch von der Voreigentümerin
zugunsten der Beklagten vorgenommen worden ist; die Kläger waren hieran weder im
eigenen Namen beteiligt noch ist die T. insoweit für sie aufgetreten.
20
e) Das Landgericht hat mit Recht als unstreitig angesehen, dass der Beklagten bei
Unterzeichnung des Darlehensvertrages eine vollstreckbare Ausfertigung der Urkunde
vom 06.06.1991 nebst als Anlage aufgeführter beglaubigter Abschrift der Vollmacht vom
22.05.1991 vorlag. Die Kläger haben die Urkunde vom 06.06.1991 selbst mitsamt dem
notariellen Vermerk vom 07.06.1991, dass die mit der Urschrift übereinstimmende
Ausfertigung der Beklagten erteilt wurde, in den Rechtsstreit eingeführt und auch nicht
ansatzweise in Frage gestellt, dass die Beklagte diese Ausfertigung entsprechend dem
notariellen Vermerk und mit der bezeichneten Anlage erhalten hat. Es bedurfte hierzu
daher keines eigenen Vorbringens der Beklagten mehr (anders als zu dem von den
Klägern ausdrücklich in Abrede gestellten Erhalt einer notariellen Ausfertigung der
Vollmacht vom 22.05.1991). Der Beklagten zu unterstellen, den Darlehensvertrag
abgeschlossen zu haben, ohne die ihr bereits am 07.06.1991 erteilte Ausfertigung der
notariellen Urkunde über die Grundpfandrechtsbestellung (durch die Voreigentümerin)
und das abstrakte Schuldversprechen mit Vollstreckungsunterwerfung (durch die
Kläger) vorliegen zu haben, erscheint auch derart fernliegend, dass die erstmals im
Berufungsverfahren willkürlich "ins Blaue hinein" aufgestellte gegenteilige Behauptung
der Kläger schon deshalb unbeachtlich ist. Wollte man dies anders sehen, müsste die
Zulassung dieses neuen Vorbringens jedenfalls an § 531 Abs.2 Nr.3 ZPO scheitern, da
es dann auf prozessualer Nachlässigkeit beruht, dass die Kläger in erster Instanz nicht -
auch - bestritten haben, dass die Beklagte die ihr am 07.06.1991 erteilte vollstreckbare
Ausfertigung nebst der in Bezug genommenen Anlage vor Darlehensabschluss erhalten
habe.
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f) Schließlich verstößt das Verhalten der Kläger auch deshalb gegen Treu und Glauben,
weil sie den Darlehensvertrag vom 24.06.1991 im Jahre 1998 durch neue, von ihnen
selbst unterzeichnete Darlehensverträge mit der Beklagten ersetzt und sich in diesen
Verträgen zur Eintragung einer Grundschuld nach Vorgaben der Bank sowie zur
Übernahme der persönlichen Haftung und Unterwerfung unter die Zwangsvollstreckung
auch in das persönliche Vermögen verpflichtet haben. Selbst wenn dieser nach Ablauf
der Zinsbindungsfrist erfolgten vertraglichen Neugestaltung des Darlehensverhältnisses
- wie regelmäßig - keine schuldumschaffende Wirkung beizumessen ist, folgt daraus
jedenfalls die Verpflichtung der Kläger zur Genehmigung der in der Urkunde vom
06.06.1991 anlässlich der Begründung und Besicherung des Darlehensverhältnisses in
ihrem Namen abgegebenen Unterwerfungserklärung, wenn diese mangels wirksamer
Vollmacht nicht gültig war. Der vertretene Anleger, der selbst noch einmal den
Darlehensvertrag mit der Bank mit Verpflichtung zur Unterwerfungserklärung eingeht,
bestätigt oder erneuert, kann sich nicht auf die Nichtigkeit der Vollmacht des
Treuhänders berufen (BGH, Urt. vom 29.04.2003 - XI ZR 201/02 -, BKR 2003, 636 = WM
2004, 21). Ob die vom Anleger selbst übernommenen Verpflichtungen vor oder nach der
prozessualen Unterwerfungserklärung eingegangen worden sind, ist für die Beurteilung
eines etwaigen treuwidrigen Verhaltens unerheblich (BGH, Urt. vom 22.10.2003 - IV ZR
33/03 -, WM 2003, 2375, 2378 = NJW 2004, 62, 63). Wenn die Kläger ihren eigenen
Wertungsgrundsätzen treu bleiben würden, müssten sie ein Abrücken der Beklagten
von den getroffenen Vereinbarungen wegen fehlender Abschlussvollmacht der
Geschäftsbesorgerin als unbillig empfinden; folgerichtig dürfen sie aus der eigenen
Nichterfüllung ihrer darlehensvertraglichen Verpflichtungen keine Vorteile ziehen.
22
g) Die Übernahme der persönlichen Haftung und die auch darauf bezogene
Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung als Sicherungsmittel ist
bankenüblich. Es entspricht jahrzehntelanger, höchstrichterlich gebilligter Praxis, dass
sich der mit dem persönlichen Kreditschuldner identische Grundschuldbesteller oder der
die Grundschuld übernehmende Erwerber bei Bankendarlehen regelmäßig der
Zwangsvollstreckung in sein gesamtes Vermögen unterwerfen muss. Die Übernahme
einer selbständigen, von der zu sichernden Kreditverbindlichkeit gelösten abstrakten
persönlichen Haftung in Höhe des Grundschuldbetrages soll in Verbindung mit der
Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung die Ansprüche der Beklagten aus
der bankmäßigen Geschäftsverbindung mit den Klägern sichern, indem sie deren
Durchsetzung erleichtert. Damit ist weder eine Überraschung (§ 3 AGBG) noch eine
unangemessene Benachteiligung (§ 9 AGBG) der Kläger verbunden.
23
2. Ein wirksamer Widerruf der notariell beurkundeten Vollmacht nach dem
Haustürwiderrufgesetz scheidet nach der eindeutigen Regelung des § 1 Abs.2 Nr.3
HWiG aus. Einem Widerruf des ursprünglichen Darlehensvertrages steht entgegen,
dass es im Falle des Vertragsschlusses durch einen Stellvertreter darauf ankommt, ob
der Vertreter zum Vertragsabschluss in einer Haustürsituation bestimmt worden ist
(BGH, Urt. vom 02.12.2003 - XI ZR 53/02 -, WM 2004, 417 m.w.Nachw.).
24
3. Zu Recht hat das Landgericht ferner die von den Klägern gegen den titulierten
Anspruch erhobenen materiellrechtlichen Einwendungen nicht durchgreifen lassen. Die
Beklagte hat weder gegenüber den Klägern bestehende Aufklärungspflichten verletzt,
noch hat sie für die von ihnen behaupteten unrichtigen Angaben des Vermittlers nach §
278 BGB einzustehen. Die Angriffe der Berufung geben dem Senat lediglich
Veranlassung zu folgender Ergänzung der zutreffenden Ausführungen des
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angefochtenen Urteils, auf die in erster Linie Bezug genommen werden kann:
a) Vergeblich stellen die Kläger darauf ab, bei dem von der Beklagten finanzierten
Immobilienerwerb habe es sich um ein einheitliches Geschäft gehandelt, das ihnen als
"Paket" angeboten worden sei. Es ist vielmehr zwischen dem Finanzierungs- und dem
finanzierten Geschäft zu trennen; die Annahme einer wirtschaftlichen oder rechtlichen
Einheit scheidet grundsätzlich aus (Senat in st. Rspr., z.B. OLGR 2001, 382 und OLGR
2002, 148; BGH in st. Rspr., z.B. Urt. vom 22.10.2003 - IV ZR 398/02 -, WM 2003, 2372 =
BKR 2004, 21). Es ist auch hier nicht erkennbar, dass die Beklagte in den Vertrieb der
Eigentumswohnungen derart eingeschaltet war, dass sie den Klägern nach außen
erkennbar gleichsam als Partei des zu finanzierenden Geschäfts erscheinen musste.
Selbst wenn für den Vertreiber des Anlagemodells die Verpflichtung bestanden haben
sollte, sämtliche Wohnungen mit einer von der Beklagten zu erstellenden
Vollfinanzierung anzubieten, betrifft dies ebenso wie die sonstigen von der Berufung
aufgestellten Verdachtsbehauptungen - durchweg ohne konkreten Bezug zum
konkreten Anlagemodell, wie schon die ständige Verwechselung der Beklagten zeigt -
rein interne Vorgänge, aus denen nicht der Schluss gezogen werden kann, das Projekt
habe sich für die Kläger nach außen als einheitliches Geschäft darstellen müssen, bei
dem die Beklagte ihre Kreditgeberrolle erkennbar überschritten habe. Falsche
Erklärungen des Vermittlers zur monatlichen Belastung der Kläger unter
Berücksichtigung von Mieteinnahmen, Steuervorteilen sowie Zins- und
Tilgungsaufwendungen betreffen nicht das Kreditgeschäft, sondern die Rentabilität des
Anlagegeschäfts und liegen damit außerhalb des Pflichtenkreises der Bank. Es ist auch
nicht erkennbar, dass die in dem persönlichen Berechnungsbeispiel (Anlage K 9)
enthaltenen Angaben über das Darlehen unrichtig gewesen wären. So ist es zur
Ermittlung der monatlichen Unterdeckung (unter "WIRTSCHAFTLICHE
BETRACHTUNG") nicht falsch, an die Nominalverzinsung anzuknüpfen, da sich
hiernach die Höhe der von den Klägern monatlich zu zahlenden Zinsen bemisst. Die mit
16.912,64 DM angesetzte Zinssumme (für das 1. Vermietungsjahr) entspricht einem
Nominalzins (bezogen auf das im Berechnungsbeispiel auf 233.278,-- DM
veranschlagte Bruttodarlehen incl. Damnum) von 7,25%; der im Darlehensvertrag vom
24.06.1991 tatsächlich vereinbarte nominelle Zinssatz betrug sogar nur 6,99%. Die
Nichteinbeziehung des Disagios bei der Liquiditätsberechnung in der Erwerbsphase ist
ebenfalls nicht zu beanstanden. Da sich diese Berechnung allein auf die
Eigenkapitalfinanzierung bezog - sie sollte den Klägern verdeutlichen, dass sie das
5%ige Eigenkapital aus der in der Erwerbsphase anfallenden Steuerersparnis
aufbringen konnten -, spielte das mit dem Hauptdarlehen vom 24.06.1991 mitfinanzierte
Disagio hier keine Rolle, was auch in der Fußnote ("Der Abfluß des Disagios wurde
nicht in Ansatz gebracht, da diesem ein liqu. Zufluß aus der Fremdfinanz.
gegenübersteht") zum Ausdruck kommt.
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b) Wenn - wie hier - ein Einwendungsdurchgriff (§ 9 Abs.3 S.1 VerbrKrG) nach § 3 Abs.2
Nr.2 VerbrKrG ausgeschlossen ist, kommt jedenfalls im Anwendungsbereich des § 1
VerbrKrG auch ein Einwendungsdurchgriff nach den aus § 242 BGB hergeleiteten
Rechtsprechungsgrundsätzen zum verbundenen Geschäft grundsätzlich nicht in
Betracht (BGH, Urt. vom 27.01.2004 - XI ZR 37/03 -, WM 2004, 620).
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c) Die Kläger können schließlich nicht mit Erfolg geltend machen, die Beklagte habe sie
über eine "versteckte" Innenprovision aufklären müssen. Eine Aufklärungspflicht der
Bank über etwaige, im finanzierten Kaufpreis enthaltene Provisionen kommt nur
ausnahmsweise in Betracht, falls nämlich die Innenprovision zu einer so wesentlichen
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Verschiebung der Relation zwischen Kaufpreis und Verkehrswert beiträgt, dass die
Bank von einer sittenwidrigen Übervorteilung des Käufers durch den Verkäufer
ausgehen muss. Auch dafür zeigt die Berufung nichts auf. Dass die Bank bei
Vermittlung einer prospektierten Kapitalanlage die Verpflichtung treffen kann, im
Prospekt nicht ausgewiesene Innenprovisionen für den Vertrieb offen zu legen (BGH,
Urt. v. 12.02.2004 - III ZR 359/02 -), gibt für die hier zu beurteilenden
Aufklärungspflichten einer den Immobilienvertrieb finanzierenden Bank nichts her (siehe
BGH, Urt. vom 23.03.2004 - XI ZR 194/02 -, Seite 16 f. des Urteilsumdrucks).
III.
29
Nach alledem bleibt festzustellen, dass das angefochtene Urteil nicht auf einer
Rechtsverletzung beruht (§§ 513 Abs.1, 546 ZPO) und sich aus dem
Berufungsvorbringen auch keine konkreten Anhaltspunkte ergeben, die Zweifel an der
Richtigkeit oder Vollständigkeit der erstinstanzlichen Feststellungen begründen könnten
(§§ 513 Abs.1, 529 Abs.1 Nr.1 ZPO). Aus den obigen Ausführungen (unter II.) erhellt
zugleich, dass kein gesetzlicher Grund i.S.d. § 543 Abs.2 ZPO besteht, die Revision
zuzulassen.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs.1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige
Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr.10, 711 ZPO.
31
Streitwert der Berufung: 127.631,38 EUR.
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