Urteil des OLG Köln vom 18.07.2001
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Oberlandesgericht Köln, 6 U 17/01
Datum:
18.07.2001
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
6. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
6 U 17/01
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 33 O 395/00
Tenor:
Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das am 05.12.2000
verkündete Urteil der 33. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 33 O
395/00 - wird zurück-gewiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens
trägt die An-tragsgegnerin. Das Urteil ist mit seiner Verkündung
rechtskräftig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
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Die zulässige Berufung der Antragsgegnerin bleibt in der Sache ohne Erfolg. Denn das
Landgericht hat dem Verfügungsbegehren des Antragstellers zu Recht aus § 7 Abs. 1
UWG im Beschlusswege stattgegeben und seine einstweilige Verfügung vom
18.08.2000, durch die der Antragsgegnerin unter gleichzeitiger Androhung der
gesetzlichen Ordnungsmittel aufgegeben worden war, es zu unterlassen, in die auf den
Saison-Schlussverkauf hinweisenden Werbung wie nachstehend wiedergegeben nicht
schlussverkaufsfähige Waren - hier das Herzfrequenz-Messgerät "POLAR EDGE" -
einzubeziehen, durch das mit der Berufung angefochtene Urteil bestätigt:
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Auch der Begründung der angefochtenen Entscheidung schließt sich der Senat an und
nimmt sie gemäß § 543 Abs. 1 ZPO in Bezug. Auch nach seiner Auffassung ist das von
der Antragsgegnerin beworbene Herzfrequenz-Messgerät der Firma POLAR EDGE kein
Sportartikel. Dann aber unterfällt die Werbung der Beklagten nicht dem
Ausnahmetatbestand des § 7 Abs. 3 Nr. 1 UWG, weil in den vom Anwendungsbereich
des § 7 Abs. 1 UWG ausgenommenen Sommer- Schlussverkäufen nur Textilien,
Bekleidungsgegenstände, Schuhwaren, Lederwaren und Sportartikel zum Verkauf
gestellt werden dürfen. Ob es sich um solche Waren handelt, bestimmt sich maßgebend
nach der Verkehrsauffassung, die sich nach den Verwendungszweck, dem Material,
aber auch nach dem Herkommen richtet (statt vieler: Baumbach/Hefermehl,
Wettbewerbsrecht, 22. Auflage 2001, § 7 UWG Rn. 43 und Köhler/Piper, UWG, 2.
Auflage 2000, § 7 UWG Rn. 57). Sportartikel, nicht nur Sportbekleidung, sondern auch
Sportgeräte wie Skier, Bälle, Tennis- und Golfschläger, sind allerdings generell
schlussverkaufsfähig. Bei der Prüfung der Schlussverkaufsfähigkeit ist jeweils
maßgeblich darauf abzustellen, ob der beworbene Artikel aus der maßgeblichen Sicht
des angesprochenen Verkehrs primär Sportzwecken dient oder nicht (BGH GRUR
1990, 693 ff. "Fahrrad-Schlussverkaufswerbung"; vgl. auch Baumbach/Hefermehl,
a.a.O., sowie Köhler/Piper, a.a.O. Rn. 67). Ein wichtiges, allerdings nicht allein
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entscheidendes Indiz ist dabei die Saisonabhängigkeit der beworbenen Ware
(Köhler/Piper, a.a.O. Rn. 66).
Auf der Basis dieser Kriterien und aus der Sicht des angesprochenen Verkehrs ist, was
die Mitglieder des Senats als Teil der potenziell von der Werbung der Antragsgegnerin
angesprochenen Verkehrskreise wie auch die Mitglieder der Kammer ebenso aus
eigener Erfahrung und Sachkunde zu beurteilen in der Lage sind, ein Herzfrequenz-
Messgerät der beworbenen Art kein Sportgerät. Der Verkehr sieht nicht in jedem
Produkt, das in irgendeiner Form Einsatz und Verwendung bei einer sportlichen
Betätigung finden kann, zugleich auch einen Sportartikel. Er ist vielmehr daran gewöhnt,
dass es zahlreiche Produkte gibt, die im Zusammenhang mit einer sportlichen
Betätigung sinnvoll eingesetzt werden können, wie z.B. auch Anleitungs- oder
Trainingsbücher oder z.B. Bandagen oder Armschoner. Er setzt solche Produkte aber
einem Sportartikel nicht gleich. Das im Streitfall beworbene, jederzeit und unabhängig
von der jeweiligen Saison einsetzbare Gerät dient aus der Sicht des Verkehrs dazu, bei
der Ausübung eines bestimmten Sports die Auswirkungen dieser sportlichen Betätigung
auf die eigene Gesundheit und das Wohlbefinden zu überprüfen. Es erlaubt dem
Benutzer zudem, anhand der Messdaten Rückschlüsse zu ziehen, wie er seine
Leistungsfähigkeit ohne Gesundheitsgefährdung steigern kann, stellt sich aus seiner
Sicht aber nicht als ein Sportartikel dar.
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Hat das Landgericht seine einstweilige Verfügung demgemäß zu Recht bestätigt, verhilft
auch die im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat erhobene
Verjährungseinrede der Berufung der Antragsgegnerin nicht zum Erfolg. Dabei kann in
tatsächlicher Hinsicht dahinstehen, ob der Antragsteller - wie er im Termin zur
mündlichen Verhandlung vorgetragen hat - in nicht rechtsverjährter Zeit
Hauptsachenklage erhoben und dadurch die sechsmonatige Verjährungsfrist des § 21
UWG unterbrochen hat. Denn mit Rücksicht darauf, dass die Antragsgegnerin ihre nicht
dem Erlaubnistatbestand des § 7 Abs. 3 Nr. 1 UWG unterfallende und deshalb gegen §
7 Abs. 1 UWG verstoßende Werbung als rechtmäßig verteidigt, ohne deutlich zu
machen, dass dies ausschließlich der Verteidigung im vorliegenden Rechtsstreit dienen
könnte, berühmt sie sich zugleich des Rechts, Werbeanzeigen der beanstandeten Art
auch in Zukunft schalten zu dürfen. Dann aber liegt rechtlich Begehungsgefahr vor, aus
der jedenfalls ein vorbeugender Unterlassungsanspruch des Antragstellers folgt.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Das Urteil ist gemäß § 545 Abs. 2
Satz 1 ZPO mit seiner Verkündung rechtskräftig.
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