Urteil des OLG Köln vom 23.08.2006

OLG Köln: behandlungsfehler, zahnärztliche behandlung, therapie, dokumentation, fahrtkosten, rechtshängigkeit, anhörung, versorgung, diagnose, schmerzensgeld

Oberlandesgericht Köln, 5 U 22/04
Datum:
23.08.2006
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
5. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
5 U 22/04
Vorinstanz:
Landgericht Aachen, 11 O 494/95
Tenor:
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 28. Januar 2004
verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Aachen 11 O
494/95 - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels
teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt,
1.
an die Klägerin 15.000,- € nebst 4% Zinsen seit dem 20. Dezember 1995
zu zahlen;
2.
an die Klägerin 592,13 € nebst 4% Zinsen seit dem 20. Dezember 1995
zu zahlen;
3.
an die Klägerin 13.955,77 € nebst 4% Zinsen seit dem 27. April 2000 zu
zahlen;
4.
an die Klägerin 5.924,37 € nebst 5 Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz seit dem 24. November 2003 zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin
sämtliche zukünftigen materiellen und immateriellen Schäden, die aus
der Behandlung des Beklagten in den Jahren 1990 bis 1991 resultieren,
zu ersetzen, soweit diese nicht auf Sozialversicherungsträger oder
sonstige Dritte übergegangen sind oder übergehen werden.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen haben die Klägerin zu
12% und der Beklagte zu 88% zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Parteien dürfen die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe
von 110% des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn die
gegnerische Partei nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher
Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
1
I.
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Die Klägerin begab sich 1990 in zahnärztliche Behandlung in die Praxis des Beklagten.
Es wurde zunächst – noch unter Mitwirkung des beim Beklagten damals tätigen
Zahnarztes Dr. F. – wegen Knackgeräuschen im Kiefer das Tragen einer
Knirscherschiene angeordnet. Die Schienentherapie wurde vom Beklagten fortgesetzt.
Im Januar 1991 nahm der Beklagte eine umfangreiche prothetische Neuversorgung vor,
die zum Einsatz von 18 Kronen und 3 Brückengliedern führte. Er extrahierte den Zahn
22.
3
Die Klägerin hat behauptet, im Anschluss an die Behandlung durch den Beklagten habe
sie Beschwerden vor allem an der Zunge und im Kiefergelenk verspürt. Vor der
Behandlung habe sie keine Beschwerden beim Kauen gehabt; die Bisslage sei
unproblematisch gewesen. Sie habe sich zunächst wegen des Austausches ihrer
Amalgam-Füllungen in die Behandlung des Beklagten begeben. Als sie ihn auf
Kiefergeräusche aufmerksam gemacht habe, habe er ihr erklärt, die Kiefergelenke seien
falsch belastet. Die vorgenommene prothetische Neuversorgung sei medizinisch nicht
indiziert gewesen. Es habe schon an einer hinreichenden diagnostischen Abklärung
gefehlt. Durch die vom Beklagten vorgenommenen Maßnahmen sei es zu einer
Bissfehlstellung gekommen, die auch durch zahlreiche Nachbehandlungen nicht habe
wirksam beseitigt werden können.
4
Die Klägerin hat vom Beklagten ein Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 30.000,-
DM sowie einen auf insgesamt 26.436,20 € bezifferten materiellen Schadensersatz
begehrt. Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf Bl. 17 ff., 434 ff. und 846 ff.
d.A. Bezug genommen.
5
Die Klägerin hat beantragt,
6
1.
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den Beklagten zu verurteilen, an sie ein angemessenes Schmerzensgeld zu
zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, nebst 3%
Zinsen seit Rechtshängigkeit;
8
2.
9
den Beklagten zu verurteilen, an sie 4.869,40 DM nebst 4% Zinsen seit
Rechtshängigkeit zu zahlen;
10
3.
11
den Beklagten zu verurteilen, an sie weitere 27.496,92 DM nebst 4% Zinsen seit
Rechtshängigkeit zu zahlen;
12
4.
13
den Beklagten zu verurteilen, an sie weitere 9.887,56 € nebst 5% Zinsen über
dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
14
5.
15
festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihr sämtliche zukünftigen
materiellen und immateriellen Schäden, die aus der Behandlung des Beklagten
resultieren, zu ersetzen, soweit diese nicht auf Sozialversicherungsträger oder
sonstige Dritte übergegangen sind oder übergehen werden.
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Der Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er hat Behandlungsfehler in Abrede gestellt und die Einrede der Verjährung erhoben.
19
Das Landgericht hat der Klage mit Urteil vom 28. Januar 2004, auf das wegen der
tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen wird, mit Ausnahme eines Betrages von
857,67 DM (vorgerichtliche Anwaltskosten) stattgegeben. Dagegen richtet sich die
Berufung des Beklagten mit dem Ziel der vollständigen Klageabweisung.
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Der Beklagte wendet sich mit der Berufung gegen die Feststellungen des Landgerichts,
wonach er ohne zureichende Diagnostik und Befunderhebung eine funktionelle
Therapie mit einer Knirscherschiene durchgeführt habe. Die Diagnose, die zur
Anwendung dieser Therapie geführt habe, sei von seinem Kollegen Herrn F., mit der er
in Praxisgemeinschaft gearbeitet habe, gestellt worden. Bei der Erstbehandlung habe er
den Gebissstatus erfasst und festgestellt, dass die bisherige prothetische Versorgung
unzureichend gewesen sei und die Klägerin eine behandlungsbedürftige Parodontose
gehabt habe. Im weiteren Verlauf hätten dann die Parodontosebehandlung und die
prothetische Neuversorgung ganz im Vordergrund gestanden; daneben sei dann auch
die Kiefergelenksproblematik angegangen worden, die aber für ihn, den Beklagten, (im
Gegensatz zur Klägerin) nicht ausschlaggebend gewesen sei. Die
Kiefergelenksproblematik sei auch dokumentiert worden. Ein konkret fassbarer Fehler
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bei der Behandlung sei nicht festgestellt worden. Im übrigen habe er keine endgültige
prothetische Versorgung vorgenommen; die falsche Bisslage habe nicht er, sondern
hätten die Vorbehandler verursacht.
Es möge zwar zutreffen, dass die Dokumentation der Diagnose unzureichend sei. Das
sei jedoch für sich genommen nicht als Behandlungsfehler zu werten. Der Nachweis
eines Behandlungsfehlers sei vorliegend jedenfalls nicht erschwert, weil die
Dokumentation sehr wohl Eintragungen zu den Kiefergelenksbeschwerden vor der
Behandlung durch ihn enthielten. Selbst wenn allerdings etwaige
Dokumentationsmängel dazu führen würden, dass der Klägerin der Nachweis eines
Behandlungsfehlers erleichtert sei, so würden diese Beweiserleichterungen nicht für die
weitere Frage, ob jener Fehler ursächlich für den eingetretenen Schaden sei, gelten.
Sichere Feststellungen seien insoweit nach den Feststellungen des Sachverständigen
Prof. G. nicht mehr möglich. Es stehe nicht fest, dass die funktionelle Behandlung
(Schienentherapie) für die jetzigen Beschwerden der Klägerin verantwortlich sei.
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Es stehe auch nicht fest, dass die bei der Klägerin vorgenommenen weiteren
Behandlungen auf eine fehlerhafte Behandlung durch ihn zurückzuführen seien. Die
Ausführungen des Sachverständigen H. hierzu seien unzureichend. Dieser habe sich
auch nicht im einzelnen mit den Rechnungspositionen beschäftigt.
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Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt die Zurückweisung der
Berufung.
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Wegen aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze
der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
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Der Senat hat Beweis erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf
das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. G. vom 10. Mai 2005, auf sein
Ergänzungsgutachten vom 5. Januar 2006 und auf das Protokoll der Sitzung vom 12.
Juni 2006 verwiesen.
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II.
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Die zulässige Berufung des Beklagten hat nur zu einem geringen Teil Erfolg.
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Das Landgericht hat im Ergebnis zu Recht eine Haftung des Beklagten angenommen.
Auf seine im wesentlichen zutreffenden Erwägungen nimmt der Senat Bezug. Dem
Beklagten ist, wie die ergänzende Befragung des Sachverständigen Prof. G. durch den
Senat ergeben hat, als Behandlungsfehler zur Last zu legen, dass er vor Beginn der
prothetischen Versorgung keine hinreichende Diagnostik in Bezug auf die von der
Klägerin geschilderten Kiefergelenksprobleme betrieben hat. Bevor mit der endgültigen
okklusalen Therapie begonnen wird, muss eine solche zielführende Diagnostik
veranlasst werden. Dass dies tatsächlich geschehen ist, ergibt sich aus der
Behandlungsdokumentation des Beklagten indes nicht. Der Sachverständige Prof. G.
hat insoweit festgestellt, dass die Dokumentation zwar verschiedene Maßnahmen in
Bezug auf die Schienentherapie belege. Es findet sich indes kein Befund, der einen
Schluss darauf zulässt, wohin die durchgeführten Maßnahmen führen sollen;
insbesondere ist nicht ersichtlich, ob und ggf. in welcher Weise eine Bissumstellung
erforderlich war. Der hierin liegende Dokumentationsmangel geht zu Lasten des
Beklagten. Liegt eine nur lückenhafte Dokumentation vor, besteht die Vermutung, dass
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eine vom Arzt nicht dokumentierte Maßnahme auch tatsächlich nicht getroffen worden
ist. Dass der Beklagte hier trotz fehlender Dokumentation gleichwohl eine zielführende
Diagnostik betrieben hat, hat er nicht bewiesen. Die insoweit in erster Instanz
durchgeführte Beweisaufnahme, die vom Landgericht zutreffend gewürdigt worden ist,
hat dies nicht ergeben. Damit ist von einem Behandlungsfehler auszugehen.
Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass der somit dem Beklagten anzulastende
Behandlungsfehler zu den von der Klägerin im Anschluss an die Behandlung geklagten
Beschwerden und Problemen geführt hat. Soweit sichere Feststellungen hierzu nicht
möglich sind, geht dies zu Lasten des Beklagten. Entgegen der Auffassung der Kammer
führt allerdings nicht schon der Dokumentationsmangel zu Beweiserleichterungen auch
hinsichtlich der Kausalität zwischen dem Behandlungsfehler und den behaupteten
Gesundheitsschäden; dies entspricht mittlerweile gefestigter Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, NJW 1988, 2949). Hier kommen der Klägerin indes
gleichwohl auch hinsichtlich der Kausalität Beweiserleichterungen zugute, denn bei
dem anzunehmenden Behandlungsfehler des Beklagten handelt es sich um einen
groben Fehler, wie der Sachverständige Prof. G. in seinem Ergänzungsgutachten unter
Vorgabe der einschlägigen Definition eines groben Behandlungsfehlers durch den
Bundesgerichtshof klar bestätigt hat: Das Fehlen einer funktionellen Befunderhebung für
die beabsichtigte restaurative Therapie stellt einen solchen groben Behandlungsfehler
dar, denn ohne eine vorausgehende Diagnostik fehlt der durchgeführten (irreversiblen)
Therapie eine medizinisch verantwortbare Grundlage. Es liegt auf der Hand, dass damit
klar und eindeutig ein Verstoß gegen den zahnmedizinischen Standard vorliegt, der
nicht verständlich ist und der einem Zahnarzt schlechterdings auch nicht unterlaufen
darf.
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Das Landgericht hat der Klägerin unter Berücksichtigung der zahlreichen, sich jetzt
schon über Jahre hinziehenden Nach- und Weiterbehandlungen, die eine
durchgreifende Besserung nicht ergeben haben, mit Recht und mit zutreffenden
Erwägungen, denen sich der Senat anschließt, ein Schmerzensgeld von 15.000,- €
zuerkannt.
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Soweit es die sonstigen materiellen Schäden angeht, ist die Entscheidung des
Landgerichts indes teilweise abzuändern. Hinsichtlich dieser Schäden greift die
Beweislastumkehr aufgrund des anzunehmenden groben Behandlungsfehlers nicht
mehr, weil es sich um Sekundärschäden handelt. Allerdings kommt der Klägerin die
Beweiserleichterung des § 287 ZPO zugute. Im einzelnen gilt insoweit:
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Von den mit dem Klageantrag zu 2. in einer Gesamthöhe von 4.869,10 DM geltend
gemachten Schadenspositionen steht der Klägerin nur ein Betrag von 1.158,10 DM (=
592,13 €) zu. Nicht verlangen kann die Klägerin (neben den schon erstinstanzlich
aberkannten vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 857,67 DM) die
Rückerstattung des an den Beklagten für die von ihm durchgeführte Behandlung
geleisteten Eigenanteils in Höhe von 2.853,54 DM. Steht einem Patienten wegen
fehlerhafter Behandlung durch den Zahnarzt ein Schadensersatzanspruch zu, dann
kann er entweder das Honorar zurückfordern oder die Kosten der Nachbehandlung als
Schadensersatz geltend machen. Beides nebeneinander kann er nicht beanspruchen,
weil dies auf eine dann insgesamt kostenfreie Behandlung hinausliefe. Da die Klägerin
hier (auch) die (höheren) Kosten der Nachbehandlungen ersetzt verlangt, schuldet sie
dem Beklagten das volle Honorar.
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Soweit die Klägerin Kosten der Nachbehandlungen (Eigenanteil, Fahrtkosten,
Fotokopierkosten) geltend macht, steht jedenfalls mit überwiegender Wahrscheinlichkeit
fest, dass diese zumindest auch (Mitkausalität reicht insoweit aus) auf die geänderte
Bissstellung durch die prothetischen Maßnahmen des Beklagten zurückzuführen sind.
Das hat der erstinstanzlich beauftragte Sachverständige H. unter Auswertung nicht nur
der vorgelegten Rechnungen, sondern auch der nachgereichten
Behandlungsunterlagen der Nachbehandler nach Prüfung überzeugend festgestellt. Die
hiergegen weiterhin vom Beklagten erhobenen Einwände ziehen nicht. Es kann ohne
weiteres davon ausgegangen werden, dass der Sachverständige H. die ihm zur
Verfügung gestellten Unterlagen eingehend ausgewertet hat, um dann
zusammenfassend festzuhalten, dass die einzelnen Maßnahmen in einem
Zusammenhang (auch) mit dem vom Beklagten zu verantwortenden Zustand der
Prothetik nach der von ihm durchgeführten Therapie stehen. Substantiierte Einwände in
Bezug auf einzelne Behandlungsmaßnahmen hat der Beklagte nicht erhoben, so dass
der Senat keine Veranlassung hat, erneut in eine Sachaufklärung einzutreten. Soweit
die Klägerin Fahrt- und Fotokopierkosten geltend macht, sind diese hinreichend belegt
(§ 287 ZPO).
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Von dem mit dem Klageantrag zu 3. verfolgten Schadenspositionen in Höhe von
27.496,92 DM stehen der Klägerin 27.295,12 DM (= 13.955,77 €) zu. Soweit
Eigenanteile an Nachbehandlungskosten sowie Fahrtkosten zu den Behandlern geltend
gemacht werden, sind diese hinreichend belegt; der Zusammenhang zu dem vom
Beklagten zu verantwortenden Behandlungsfehler ist durch die gutachterlichen
Äußerungen des Sachverständigen H. hinreichend nachgewiesen. Nicht erstattet
werden können der Klägerin die Fahrtkosten zu einer Fortbildungsveranstaltung in
Höhe von 103,- DM; es ist nicht dargelegt oder ersichtlich, dass die Teilnahme an dieser
Veranstaltung irgendeinen konkreten Nutzen für die Weiterbehandlung hatte. Gleiches
gilt für eine orthopädische Behandlung durch Herrn C.; ob die insoweit behandelte
Atlasblockierung mit den Kiefergelenksproblemen zusammenhängt, hat selbst der
Behandler allenfalls vermutet. Die der Klägerin entstandenen Fahrtkosten zu den
Behandlungen bei Herrn C. in Höhe von 98,80 DM muss der Beklagte daher nicht
ersetzen.
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Soweit schließlich mit dem Klageantrag zu 4. weiterer materieller Schaden in Höhe von
9.887,56 € geltend gemacht wird, ist der Beklagte lediglich zum Ausgleich eines Betrags
von 5.924,37 € verpflichtet. Dies betrifft die der Klägerin insoweit entstandenen
Aufwendungen für die weitere Behandlung durch die von ihr konsultierten Zahnärzte Dr.
T., Dr. N., Prof. B. und Dr. X.. Es kann mit dem Landgericht davon ausgegangen werden,
dass der Sachverständige H. auch diese Behandlungen im Rahmen seiner mündlichen
Anhörung einbezogen hat; sie waren Gegenstand von Fragen des
Prozessbevollmächtigten des Beklagten im Rahmen dieser Anhörung. Aus den
einzelnen Rechnungspositionen bzw. aus insoweit abgegebenen Stellungnahmen der
Nachbehandler (etwa besonders den Bescheinigungen von Dr. N. vom 19. November
2002) ist auch erkennbar, dass es sich um Maßnahmen handelte, die dazu dienten, eine
akzeptable Bissposition wiederherzustellen. Demgegenüber ist der Beklagte nicht
verpflichtet, der Klägerin die Kosten für orthopädische Behandlungen durch Dr. Q. sowie
für die angeordnete Krankengymnastik zu erstatten. Insoweit ist nicht ersichtlich, dass
diese mit überwiegender Wahrscheinlichkeit noch auf die Fehlbehandlung durch den
Beklagten zurückzuführen sind. Die von Dr. Q. gestellten Diagnosen (u.a.
Schmerzkrankheit, M. Bechterew, Cervicalsyndrom, Beckenverwringung, LWS-
Syndrom) sprechen, wenn auch die Kiefergelenksdysfunktion als eine weitere Diagnose
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mit aufgenommen worden ist, doch auf den ersten Blick klar gegen einen
Zusammenhang. Auch der Sachverständige H. hat insoweit bei seiner mündlichen
Anhörung vor der Kammer über die pauschale Bemerkung, die Gesamthaltung im
Wirbelsäulenapparat und der Biss hingen "schon irgendwie" zusammen, keine
konkreten Feststellungen treffen können, sondern lediglich festgehalten, die
orthopädischen Therapien zielten auf eine körpergerechte Haltung ab. Eine
substantiierte Darlegung, weshalb auch diese orthopädischen Behandlungen wegen
der dann schon über 10 Jahre zurückliegenden zahnärztlichen Behandlung durch den
Beklagten erforderlich gewesen sein sollten, fehlt. Damit kann der von der Klägerin zu
führende Beweis auch mit den Erleichterungen des § 287 ZPO insoweit nicht als geführt
angesehen werden. Die in diesem Zusammenhang geltend gemachten
Kostenpositionen (Eigenanteile der Behandlungen durch Dr. Q., Kosten für Reisen nach
und Aufenthalte in Rendsburg, Verpflegungsmehraufwand, Krankengymnastik) sind
daher nicht zu erstatten.
Auf die Einrede der Verjährung hat sich der Beklagte in der Rechtsmittelinstanz nicht
mehr ausdrücklich berufen. Sie würde, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat,
auch nicht durchgreifen.
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Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711
ZPO.
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Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO liegen
nicht vor.
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Berufungsstreitwert: 45.997,67 € (davon 5.000,- € für den Feststellungsantrag)
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