Urteil des OLG Köln vom 07.02.2006
OLG Köln: geschäftsführung ohne auftrag, wohnung, wertsteigerung, haus, grundstück, realisierung, eigentümer, werterhöhung, sicherheit, form
Oberlandesgericht Köln, 3 U 111/04
Datum:
07.02.2006
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
3. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
3 U 111/04
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 15 O 783/03
Schlagworte:
Aufwendungen auf fremden Grundstück aufgedrängte Bereicherung
Normen:
BGB § 812 Abs. 1 Satz 2
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 15. Zivilkammer des
Landgerichts Köln vom 17. Juni 2004 (15 O 783/03) abgeändert. Die
Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung
durch die Beklagten durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von 110%
des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die
Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe:
1
I.
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Der Kläger verlangt von den Beklagten Wertersatz für Umbaumaßnahmen am Haus der
Beklagten.
3
Der Kläger ist der Sohn der Beklagten. Er wohnte von jeher in dem Haus der Beklagten
in der I Str. 4 in F, das 1953/4 errichtet worden war. Zwischen 1975 und 1996 führte der
Kläger an dem Haus umfangreiche Umbaumaßnahmen durch. Eine Erstattung der
Aufwendungen des Klägers durch die Beklagten war nicht vorgesehen. Ca. 20 Jahre
lang wohnte der Kläger mit seiner Ehefrau in der neu ausgebauten Wohnung im ersten
und zweiten Obergeschoss. Eine Gegenleistung für die Überlassung der Wohnung an
den Kläger und seine Ehefrau war nicht vereinbart. Mitte der 90er Jahre trennte sich der
Kläger von seiner Ehefrau. Im Laufe des Jahres 1995 verlegte der Kläger seinen
Lebensmittelpunkt in die Wohnung seiner neuen Lebensgefährtin. Anfang 1996 kam es
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zwischen den Parteien zum Streit über die weitere Nutzung der Wohnung im Haus der
Beklagten durch den Kläger; mit Urteil des Landgerichts Köln vom 31.07.1997, 6 S
535/96, wurde eine auf Wiedereinräumung des Besitzes an der Wohnung gerichtete
Widerklage des jetzigen Klägers abgewiesen.
Der Kläger behauptet, die von ihm in Erwartung dauerhafter unentgeltlicher Nutzung der
Wohnung und in Erwartung späteren Erwerbs des Hauses durchgeführten
Umbauarbeiten hätten zu einer Wertsteigerung des Grundstücks der Beklagten in Höhe
von 450.000 DM geführt. Die Beklagten seien mit den Umbaumaßnahmen immer
einverstanden gewesen. Noch vor Beginn der Umbaumaßnahmen hätten die Beklagten
ihm erklärt, er könne im Rahmen des Umbaus tun und lassen, was er wolle; er werde
das elterliche Haus später einmal erhalten.
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Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu
verurteilen, an ihn 230.000 Euro nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem
1.1.2000 zu zahlen.
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Die Beklagten haben Klageabweisung beantragt, hilfsweise, den Kläger zu verurteilen,
an sie 45.000 Euro zu zahlen.
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Die Beklagten behaupten, der Kläger habe die Umbaumaßnahmen eigenmächtig
vorgenommen, insbesondere sei deren Umfang nicht mit ihnen abgestimmt worden. Die
Wohnung im ersten und zweiten Obergeschoss sei nach dem Auszug des Klägers nicht
vermietet worden und befinde sich zudem in einem nicht vermietungsfähigen Zustand.
Der Kläger habe versucht, den Beklagten zu 1. zu überfahren und sei daher
erbunwürdig. Ein etwaiger Wertzuwachs ihres Grundstücks stelle zudem eine
aufgedrängte Bereicherung dar. Im Übrigen habe der Kläger seine Investitionen
inzwischen "abgewohnt"; § 242 BGB gebiete insoweit jedenfalls die Zuerkennung einer
nachträglichen Nutzungsentschädigung zugunsten der Beklagten. Einem
Zahlungsanspruch des Klägers könnten sie die für die Fertigstellung der
Umbaumaßnahmen erforderlichen Kosten in Höhe von 93.000 DM im Wege des
Zurückbehaltungsrechts entgegen halten. Im Übrigen sei der Kläger hinsichtlich der
Wertsteigerung nicht allein aktivlegitimiert, da auch Dritte und die Beklagten selbst zu
den Umbaukosten beigetragen hätten. Schließlich erheben die Beklagten die Einrede
der Verjährung.
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Das Landgericht hat der Klage in Höhe eines Betrages von 153.899 Euro nebst Zinsen
stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Es hat den Anspruch des Klägers auf §
812 Abs.1 S.2 2.Alt. BGB gestützt. Zur Höhe ist das Landgericht nach Einholung eines
Sachverständigengutachtens von einer dem Kläger zurechenbaren Wertsteigerung in
Höhe von 445.000 DM ausgegangen und hat hiervon einen Wohnwert für 20 Jahre in
Höhe von 144.000 DM in Abzug gebracht. Den Hilfsantrag der Beklagten hat das
Landgericht als Hilfswiderklage behandelt und mangels Einhaltung der Anforderungen
gem. § 253 ZPO als unzulässig abgewiesen. Wegen der Einzelheiten der Begründung
wird auf die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.
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Die Beklagten verfolgen mit ihrer Berufung ihre erstinstanzlichen Anträge weiter, die
Hilfswiderklage allerdings mit der Maßgabe, dass an jeden Beklagten 22.500,00 EUR
nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszins zu zahlen sind. Sie machen geltend,
das Landgericht habe außer acht gelassen, dass im Verfahren AG Brühl, 24 C 282/96,
bereits rechtskräftig festgestellt worden sei, dass dem Kläger kein
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Zurückbehaltungsrecht wegen Verwendungen - auch nicht aus ungerechtfertigter
Bereicherung - zustehe; die Klage sei daher unzulässig. Im übrigen seien Ansprüche
aus ungerechtfertigter Bereicherung nicht gegeben. Investitionen im Rahmen eines
mietähnlichen Verhältnisses seien jedenfalls nach 6 Monaten verjährt. Ferner fehle es
an einer Leistung des Klägers, da er nicht ziel- und zweckgerichtet ihr Vermögen habe
vermehren wollen, vielmehr ein eigenes Geschäft geführt habe. Hinsichtlich einer
etwaigen Bereicherung sei weder auf die Baukosten, noch auf die Werterhöhung des
Bauwerks, sondern allein auf die Vorteile abzustellen, die der "Bereicherte" aus der
vorzeitigen Nutzungsmöglichkeit ziehe. Sie zögen aber keinerlei Vorteile aus den
Baumaßnahmen, da die Wohnung leer stehe und nur Kosten verursache. Zudem
entstammten die Leistungen nicht - vollständig - dem Vermögen des Klägers.
Rechtsgrund für die Leistungen sei nicht eine Übertragungs- oder Erbaussicht gewesen,
sondern das kostenfreie Wohnen im Hause der Eltern. Jedenfalls entstehe der geltend
gemachte Anspruch erst, wenn endgültig feststehe, dass der Erfolg nicht eintrete; das
sei hier noch nicht der Fall. Wenn überhaupt, handele es sich um eine aufgedrängte
Bereicherung. Keinesfalls stehe dem Kläger der Anspruch allein zu, sondern der
Rechtsgemeinschaft zwischen ihm, seiner Ehefrau und seinen Schwiegereltern. Das
Landgericht habe alleinige Leistungen des Klägers unterstellt mit der Folge, dass sie
Gefahr liefen, die Leistungen zweimal bezahlen zu müssen. Zudem sei die
Wertsteigerung von dem Sachverständigen Q viel zu hoch geschätzt worden. Allenfalls
sei eine Wertsteigerung von ca. 108.000,00 EUR eingetreten, die mit Sicherheit
"abgewohnt" sei. Bei der gebotenen Saldierung hätte auch berücksichtigt werden
müssen, dass ihnen durch die höhere Baumasse höhere Kosten wie Grundsteuern,
Versicherungen, Abwassergebühren usw. entstanden seien. Um die
Nutzungsmöglichkeit der Wohnung seien sie ohnehin nicht bereichert, da diese wegen
der unvollständigen und mangelhaften Bauarbeiten nicht vermietbar sei und ihnen in
Anbetracht ihres Alters eine Vermietung an Dritte auch nicht zumutbar sei. Die
Investitionen in ihrer eigenen Wohnung hätten sie selbst bezahlt. In Anbetracht des
langen Zeitablaufs sei der Anspruch auch verwirkt. Das Landgericht habe den
Wohnwert zu gering eingeschätzt. Schließlich hafteten sie nicht gesamtschuldnerisch,
sondern nur anteilig.
Die vorsorglich wiederholte Hilfswiderklage sei zulässig und begründet. Ihnen habe
jedenfalls ein Zurückbehaltungsrecht in Höhe des dreifachen Betrages der zur
endgültigen Fertigstellung erforderlichen Aufwendungen zugestanden. Mit dem bloßen
Abzug der Kosten der Restarbeiten werde ihnen das volle Risiko der unfachmännischen
Arbeiten des Klägers aufgebürdet. Wenn man schon eine Berechnung auf
Verkehrswertbasis vornehme, müsse der Wert des fertigen und bewohnbaren Objektes
zugrundegelegt und ihnen der zur endgültigen Fertigstellung erforderliche Betrag zur
Verfügung gestellt werden. Im derzeitigen Zustand sei die Baukörpererweiterung für sie
wertlos. Im Rahmen der Kostenentscheidung habe das Landgericht gesondert über die
Kosten des Beweissicherungsverfahrens entscheiden müssen.
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Die Beklagten beantragen,
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das Urteil des Landgerichts Köln vom 17. Juni 2004 aufzuheben und die Klage
abzuweisen,
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hilfsweise,
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den Kläger zu verurteilen, an die Beklagten je 22.500 Euro nebst Zinsen in Höhe
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von 5% über dem Basiszinssatz zu zahlen.
Der Kläger beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen und die Hilfswiderklage abzuweisen.
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Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil. Er habe die Leistung in der Erwartung
getätigt, weiterhin im elterlichen Haus wohnen zu können und später im Erbgang
Eigentümer zu werden. Der diesbezügliche Zweck sei stillschweigend vereinbart
worden. Den Beklagten sei seine Leistung auch in Form der Wertsteigerung des
Grundstücks zu Gute gekommen, wobei unerheblich sei, ob sie hieraus tatsächlich
Vorteile zögen oder die Wohnung leer stehen ließen. Dass zeitweise andere Personen
mitgeholfen hätten, stehe der Aktivlegitimation nicht entgegen, da sich etwaige
Ansprüche dieser Personen nur gegen ihn, nicht aber gegen die Beklagten richten
könnten. Der Rechtsgrund für seine Leistungen sei jedenfalls weggefallen, nachdem die
Beklagten ihm die Nutzung der Wohnung entzogen hätten und sogar Pflichtteilsrechte
für verwirkt hielten. Die Berechnung des Sachverständigen Q sei zutreffend. Weitere
Abzüge wegen angeblicher Mängel seien nicht gerechtfertigt. Für ihre eigene Wohnung
hätten die Beklagten allein die Tür bezahlt (Anlage 9 im Anlagenhefter zur
Berufungsbegründung). Eine Verjährung oder Verwirkung seines Anspruchs sei nicht
eingetreten. Den Wohnwert habe das Landgericht allenfalls zu hoch eingeschätzt unter
Berücksichtigung dessen, dass er mit seiner Familie 20 Jahre lang auf einer Baustelle
gelebt habe.
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Die Akten AG Brühl, 24 C 148/96 und 24 C 282/96 lagen vor und waren Gegenstand der
mündlichen Verhandlung vor dem Senat. Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes
wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug
genommen.
19
II.
20
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten hat in vollem Umfang
Erfolg. Dem Kläger steht der geltend gemachte und vom Landgericht zuerkannte
Anspruch derzeit nicht zu.
21
1.
22
Die Klage ist zulässig. Ihr steht der von den Beklagten erhobene Einwand, dass durch
das Amtsgericht Brühl über den Streitgegenstand bereits rechtskräftig entschieden sei, §
322 ZPO, nicht entgegen. Die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts unter
Hinweis auf seine Aufwendungen in Zusammenhang mit den Umbaumaßnahmen durch
den jetzigen Kläger konnte nicht zu einer rechtskräftigen Entscheidung über einen
Anspruch des Klägers führen, weil im Fall der Geltendmachung eines
Zurückbehaltungsrechts die Entscheidung insoweit gerade nicht in Rechtskraft erwächst
(BGH NJW-RR 1996, 828 f.). Soweit die Beklagten darüber hinaus auf ihre
Hilfswiderklage verwiesen haben, fehlt es schon an einer Entscheidung überhaupt.
Denn die Bedingung für den erstmals im Schriftsatz vom 18.09.1996 für den Fall der
Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung angekündigten Hilfswiderklageantrag ist,
da die mündliche Verhandlung nach dem Termin vom 17.09.1996 nicht wiedereröffnet
worden ist, nicht eingetreten.
23
2.
24
Ein Anspruch des Klägers auf Ausgleich einer von ihm geschaffenen Wertsteigerung
des Grundstücks der Beklagten besteht weder auf vertraglicher noch auf
quasivertraglicher Grundlage.
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Ein Anspruch auf Verwendungsersatz gem. § 601 Abs.2 S.1 BGB in Verbindung mit den
Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag, §§ 677 ff. BGB, scheidet aus, weil
der Kläger unstreitig bei Vornahme der Umbauarbeiten nicht die Absicht hatte, Ersatz zu
verlangen, § 685 BGB. § 601 BGB ist anwendbar, denn mit der unstreitigen langjährigen
Gebrauchsüberlassung bezüglich der nach und nach vom Kläger ausgebauten
Wohnung im Haus seiner Eltern liegt ein Leihvertrag zwischen den Parteien vor (BGH
NJW 1985, 313). Die fehlende Absicht des Klägers, für die im Rahmen des Umbaus
aufgewendeten Kosten Ersatz zu verlangen, führt zu einem umfassenden Ausschluss
aller Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag, sei es gem. § 683 BGB, sei es
gem. §§ 684 S.1, 812 ff. BGB (BGH NJW 1985, 313, 314; NJW 1989, 2745, 2746).
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Der Anspruch ergibt sich auch nicht nach den Grundsätzen über den Wegfall der
Geschäftsgrundlage. Denn die Beklagten haben hier ersichtlich nicht neben der
langjährigen unentgeltlichen Überlassung der vom Kläger ausgebauten Wohnung auch
noch das Risiko eines Fehlschlages der für die Umbauarbeiten getätigten
Aufwendungen infolge Scheiterns der Ehe des Klägers übernommen (vgl. BGH NJW
1985, 313, 314).
27
3.
28
Für einen danach allein noch in Betracht kommenden Anspruch aus ungerechtfertigter
Bereicherung gem. § 812 BGB fehlt es derzeit an einer feststellbaren Bereicherung der
Beklagten. Insoweit ist zunächst zu differenzieren. Hier hat der Kläger geltend gemacht,
er habe die Aufwendungen einerseits im Hinblick darauf getätigt, er werde in dem Haus
der Beklagten auf Dauer gemeinsam mit seiner Familie unentgeltlich wohnen,
andererseits aber auch im Hinblick darauf, dass er das Grundstück später, wie von den
Beklagten angeblich zugesagt, "überschrieben" bekommen werde.
29
a.
30
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, von der abzuweichen der Senat
keine Veranlassung sieht, bemisst sich der Bereicherungsanspruch desjenigen, der auf
einem fremden Grundstück Aufwendungen in der Erwartung macht, er werde das
Grundstück dauerhaft unentgeltlich zur Nutzung überlassen bekommen, nur nach den
Vorteilen, die der Eigentümer daraus erzielt, dass er das Objekt vorzeitig zurückerhält,
indem er etwa nunmehr einen (höheren) Mietzins erzielt; nicht maßgeblich ist hingegen
die gegebenenfalls eingetretene Werterhöhung des Grundstücks, die der Kläger hier
geltend macht und die auch das Landgericht als Maßstab herangezogen hat (BGH NJW
1985, 313, 315; vgl. auch BGH NJW 1990, 1789, 1790). Dass die Beklagten hier
derartige Vorteile ziehen oder schon gezogen haben, hat der Kläger zudem nicht
substantiiert dargelegt; vielmehr hat er insoweit lediglich mit Nichtwissen bestritten, dass
die Wohnung nicht vermietet ist. Das geht, da ihn für das Vorliegen und den Umfang
einer ausgleichungspflichtigen Bereicherung die Darlegungs- und Beweislast trifft (BGH
NJW 1959, 872 ff.; Palandt-Sprau, § 818 BGB Rn55), zu Lasten des Klägers.
31
b.
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Soweit der Kläger seinen Anspruch daneben auch darauf stützt, dass er die
Aufwendungen nicht nur im Vertrauen auf eine dauerhafte unentgeltliche Überlassung
der Wohnung, sondern auch im Vertrauen auf einen künftigen Eigentumserwerb getätigt
habe, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung. Soweit Aufwendungen auf einem
fremden Grundstück in der Erwartung späteren Eigentumserwerbs getätigt werden,
können diese allerdings ggf. auch in weiter gehendem Umfang ausgleichungspflichtig
sein, weil als Maßstab insoweit auf die Erhöhung des Verkehrswertes des Grundstücks
abzustellen ist (BGH WM 1961, 700, 703; BGH NJW 1966, 540, 542; ebenso OLG
Koblenz, VersR 1996, 238 f.). Ob die von der Rechtsprechung für einen solchen
Anspruch (zur Anspruchsgrundlage vgl. BGH NJW 1996, 52 f.; NJW 1989, 2745 ff.)
formulierten Voraussetzungen hier sämtlich erfüllt sind, ist bereits zweifelhaft, kann aber
im Ergebnis dahinstehen. Denn eine etwaige Erhöhung des Verkehrswertes des
Grundstücks der Beklagten ist nach den für eine aufgedrängte Bereicherung geltenden
Grundsätzen jedenfalls derzeit nicht ausgleichungspflichtig; die Klage ist insoweit
derzeit unbegründet.
33
aa.
34
Der auf Ersatz der Werterhöhung gerichtete Bereicherungsanspruch setzt voraus, dass
Aufwendungen gerade in Erwartung des zukünftigen Eigentumserwerbs und nicht im
Hinblick auf die Erwartung zukünftiger unentgeltlicher Nutzung getätigt worden sind
(OLG Hamm, FamRZ 1997, 1474 ff.). Hier dürfte das Vorbringen des Klägers schon
nicht ausreichend differenziert sein, um die im Einzelnen getätigten Aufwendungen
sachgerecht abgrenzen zu können. Zudem hatte der Kläger im Verfahren AG Brühl, 24
C 282/96 zunächst auch nur vorgetragen, die Aufwendungen gerade im Hinblick auf den
Fortbestand des Dauernutzungsrechts getätigt zu haben (Schriftsatz vom 06.08.1996,
S.9, GA AG Brühl, 24 C 282/96 Bl.21); er habe die Investitionen abwohnen wollen
(Schriftsatz vom 5.12.1996, S.4, GA AG Brühl 24 C 282/96 Bl.76).
35
bb.
36
Des weiteren muss die Erwartung zukünftigen Eigentumserwerbs begründet sein (BGH
NJW 1989, 2745, 2746); die bloße Spekulation auf eine erhoffte zukünftige Entwicklung
genügt nicht (KG MDR 1984, 492). Hierzu hat der Kläger allerdings unter Beweisantritt
behauptet, die Beklagten hätten ihm den späteren Eigentumserwerb zugesagt; das
reicht aus.
37
cc.
38
Schließlich muss auch feststehen, dass es zu der beabsichtigten Eigentumsübertragung
nicht kommt (BGH NJW 1989, 2745, 2747). Ob diese Voraussetzung hier zu bejahen ist,
obwohl es durchaus noch denkbar ist, dass der Kläger - etwa im Wege der Erbfolge -
noch Eigentümer des Hausgrundstücks der Beklagten wird, kann letztlich offen bleiben.
Angesichts des offensichtlich zerrütteten Verhältnisses der Parteien spricht, nachdem
der Beklagte schriftsätzlich einen Mordversuch des Klägers behauptet hat, der deshalb
aus seiner Sicht sein Pflichtteilsrecht verwirkt habe, wohl manches dafür, dass mit dem
in Aussicht genommenen Erwerb ernsthaft nicht mehr zu rechnen ist (vgl. OLG Koblenz
VersR 1996, 238 f.; BGH, Urt. v. 12.3.1976, Az.IV ZR 49/75, n.v., zit. bei Johannsen, WM
1977, 280).
39
dd.
40
Es liegt hier aber eine aufgedrängte Bereicherung vor, deren Wert vor Realisierung
einer etwaigen Wertsteigerung des Grundstücks durch Veräußerung bzw. Eintritt des
Erbfalls nur nach dem subjektiven Interesse der Beklagten zu bestimmen ist. Der Senat
schließt sich insoweit der wohl überwiegenden Auffassung an, nach der der
Bereicherungsschuldner eines besonderen Schutzes in den Fällen bedarf, in denen er
trotz objektiv vorhandener Wertsteigerung subjektiv keinen entsprechenden Nutzen
zieht (vgl. Lorenz, in: Staudinger, BGB, 13.Aufl. 1999, Vorbem. zu §§ 812 ff. BGB Rn 46;
Lieb, in: Münchner Kommentar, § 812 BGB Rn307, 309 a.E., 313 f.; Giesen, Jura 1995,
242; Kindl, in: Bamberger-Roth-Kindl, § 951 BGB Rn20; zustimmend wohl OLG
Stuttgart, NJW-RR 1997, 1553 ff.). Maßgebend hierfür ist aus Sicht des Senats, dass
das Bereicherungsrecht dem Ausgleich tatsächlicher rechtsgrundloser
Vermögenszuwächse dient, der Bereicherungsschuldner aber nicht zur Verwertung
seines im Übrigen vorhandenen Vermögens gezwungen werden kann. Ob man dies mit
einer Subjektivierung des Wertbegriffs des § 818 Abs. 2 BGB begründet, oder mit dem
Grundgedanken des § 818 Abs. 3 BGB rechtfertigt, mag dahingestellt bleiben (vgl.
Canaris, JZ 1996, 344, 346); im Ergebnis kommt es jedenfalls darauf an, ob und in
welchem Umfang der Bereicherungsschuldner aus einer objektiven Wertsteigerung
auch subjektiv Nutzen zieht. Eine andere Beurteilung ist nur geboten, wenn die
eingetretene Wertsteigerung gewinnbringend realisiert wird oder eine ansonsten
notwendig gewesene Ausgabe dadurch erspart wurde. Auch wird man die Berufung des
Schuldners auf den fehlenden Nutzen der Verwendung dann einschränken müssen,
wenn es ihm unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalles zumutbar ist, seine
Dispositionen auf die Nutzung der ihm zugeflossenen Verwendung umzustellen und
damit die objektive Wertsteigerung zu realisieren (vgl. Lorenz, in: Staudinger, BGB,
13.Aufl. 1999, Vorbem. zu §§ 812 ff. BGB Rn 46; Lieb, in: Münchner Kommentar, § 812
BGB Rn307, 309 a.E., 313 f.; Giesen, Jura 1995, 242; Kindl, in: Bamberger-Roth-Kindl, §
951 BGB Rn20).
41
Das danach maßgebliche subjektive Interesse der Beklagten an der Wertsteigerung
ihres Hausgrundstücks ist derzeit ohne jeden Vermögenswert. Die Beklagten müssten,
um die gegebenenfalls eingetretene Wertsteigerung zu realisieren, ihr Grundstück
verkaufen, was zur Folge hätte, dass sie aus dem von ihnen seit Jahrzehnten
bewohnten Haus ausziehen müssten. Nach Ansicht des Senats kann es keinem Zweifel
unterliegen, dass ein derartiges Ansinnen ohne weiteres unzumutbar ist. Dies gilt auch
vor dem Hintergrund, dass die Beklagten hier nach der Behauptung des Klägers den
Umbaumaßnahmen tatsächlich zugestimmt hatten; denn die insoweit allein
vorgetragene Gestattung von Umbaumaßnahmen ist nicht geeignet, den Beklagten den
Schutz der Grundsätze über die aufgedrängte Bereicherung zu versagen (zweifelnd
BGHZ 23, 61 ff.; für das Verhältnis Verpächter/Pächter ebenso OLG München, OLGR
1997, 195 f.). Die Beurteilung dieser Frage unterliegt allerdings, wie nach der
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs das gesamte Bereicherungsrecht, in
besonderem Maße einer Billigkeitskontrolle (vgl. nur BGH NJW 2001, 3184 ff.; NJW
1986, 2700 f., jeweils m.w.Nachw.; konkret für den Fall einer aufgedrängten
Bereicherung vgl. Lieb, in: Münchner Kommentar, § 812 BGB Rn 309 a.E.). Die insoweit
erforderliche Abwägung der gegenläufigen Interessen fällt vorliegend jedoch nach
Einschätzung des Senats eindeutig zu Lasten des Klägers aus. Auch wenn die
Beklagten hier angesichts des Umfangs der Umbauarbeiten wohl erkennen mussten,
dass der erbberechtigte Kläger erwartet hat, das Haus später einmal "überschrieben" zu
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bekommen, so konnte der Kläger hier zu keinem Zeitpunkt davon ausgehen, für die von
ihm getätigten Verwendungen noch zu Lebzeiten der Beklagten Ersatz zu erlangen.
Vorgetragen hat er lediglich, dass er "später" einmal das Haus bekommen sollte; dass
ein vor Eintritt des Erbfalls liegender Erwerb versprochen worden wäre, lässt sich
seinem Vorbringen indes nicht entnehmen. Die Beklagten hingegen, die auch nach dem
Vorbringen des Klägers vor Beginn der Umbaumaßnahmen nur erklärt haben sollen, der
Kläger könne "tun und lassen, was er wolle", durften ohne weiteres darauf vertrauen, vor
Eintritt einer etwaigen Realisierung der Wertsteigerung noch zu ihren Lebzeiten nicht
auf Wertausgleich in Anspruch genommen zu werden. Damit aber erscheint es unbillig,
dem Kläger schon jetzt, vor Realisierung der möglicherweise eingetretenen
Wertsteigerung einen Ausgleichsanspruch zuzubilligen. Soweit die Beklagten den
Kläger, nachdem er zunächst aufgrund eigener Entscheidung ausgezogen war, später
daran gehindert haben, den Wertzuwachs weiter "abzuwohnen", ergibt sich daraus
keine abweichende Bewertung der Interessenlage. Der Kläger hat zwischen 1975 und
1996 bereits mindestens 20 Jahre kostenfrei im Haus der Beklagten gewohnt;
angesichts der auch vom Kläger nicht bestrittenen Zerrüttung des Verhältnisses
zwischen den Parteien, ist es den Beklagten jedenfalls heute nicht mehr zuzumuten, mit
dem Kläger gemeinsam in einem Haus zu wohnen.
4.
43
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
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5.
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Der Senat lässt die Revision gem. § 543 Abs.1 Nr.1 ZPO wegen grundsätzlicher
Bedeutung zu; die bislang vom Bundesgerichtshof zur Frage der aufgedrängten
Bereicherung entschiedenen Fälle betrafen, soweit ersichtlich, andere Fallgestaltungen.
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