Urteil des OLG Köln vom 29.05.1996

OLG Köln (geschäftsführung ohne auftrag, versicherung, vvg, versicherungsnehmer, versicherer, zahlung, geschäftsführung, auftrag, 1995, verjährungsfrist)

Oberlandesgericht Köln, 27 U 6/96
Datum:
29.05.1996
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
27. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
27 U 6/96
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 27 O 204/95
Tenor:
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 14. November 1995
verkündete Urteil der 27. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 27 O
204/95 - teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefaßt: Die
Klage wird abgewiesen. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits
zu tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die
Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung von 4.100,--
DM abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher
Höhe leistet. Die Revision wird zugelassen.
T a t b e s t a n d
1
Der Beklagte verschuldete am 31. August 1992 mit seinem Pkw, amtliches Kennzeichen
........, einen Verkehrsunfall, bei dem der Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen .......eines
Herrn D. beschädigt wurde. Mit Anwaltsschreiben vom 2. September 1992 an die G.
Versicherungsbank VVaG, bei der das Fahrzeug des Beklagten haftpflichtversichert
war, meldete Herr D. Schadensersatzansprüche unter Hinweis auf das Bestehen einer
Vollkaskoversicherung bei der Klägerin mit einer Selbstbeteiligung von 300,-- DM an.
Nachdem sie den Schaden des Herrn D. in Höhe von 13.500,-- DM reguliert hatte, teilte
die G. Versicherung dem Beklagten unter dem 7. Dezember 1992 mit, für den
Unfallschaden vom 31. August 1992 bestehe kein Versicherungsschutz, weil der
Erstbeitrag zur Einlösung des Versicherungsscheins trotz Aufforderung nicht fristgemäß
gezahlt worden sei. Mit Schreiben vom 9. Mai 1994 unterrichtete sie die Klägerin von
ihrer Zahlung an Herrn D. und forderte diese unter Berufung auf ein zwischen den
Versicherern getroffenes Teilungsabkommen auf, ihr die Entschädigungssumme
abzüglich des Selbstbehalts zu erstatten. Daraufhin überwies ihr die Klägerin am 27.
Juni 1994 den Betrag von 13.200,-- DM.
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Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Zahlung der Erstattungssumme in Anspruch.
3
Sie hat behauptet, der Beklagte habe die Erstprämie an seinen Haftpflichtversicherer
nicht entrichtet, und den Standpunkt eingenommen, die G. Versicherung habe ihm den
Versicherungsschutz daher mit Recht versagt. Die vorherige Zahlung an Herrn D. habe
die G. Versicherung offenbar in Unkenntnis dieser Möglichkeit geleistet. Die G.
Versicherung habe gegen den Beklagten einen Regreßanspruch erlangt, der durch die
nach dem Teilungsabkommen geleistete Zahlung gemäß § 67 des
4
Versicherungsvertragsgesetzes auf sie - die Klägerin - übergegangen sei. Darüber
hinaus schulde ihr der Beklagte die Klagesumme aus dem Rechtsgrund der
ungerechtfertigten Bereicherung.
Mit Schriftsatz vom 7. November 1995 hat die Klägerin die Klageforderung hilfsweise
auf abgetretenes Recht gestützt und sich dazu auf ein Schreiben der G.
Versicherungsbank vom 10. Oktober 1995 berufen, in welchem diese erklärt, sie trete
einen "Regreßanspruch gem. § 38 II VVG" gegen den Beklagten in Höhe von 13.200,--
DM an die Klägerin ab (Bl. 70 GA).
5
Die Klägerin hat beantragt,
6
den Beklagten zu verurteilen, an sie 13.200,-- DM nebst 4 % Zinsen seit Zustellung
des Mahnbescheids vom 23. Februar 1995 sowie 30,-- DM vorgerichtliche Kosten zu
zahlen.
7
Der Beklagte hat beantragt,
8
die Klage abzuweisen.
9
Er hat behauptet, die unpünktliche Zahlung der Erstprämie beruhe auf einem
Versäumnis seines Haftpflichtversicherers, der trotz einer ihm vereinbarungsgemäß
erteilten Einzugsermächtigung die Entrichtung des Versicherungsbeitrags angemahnt
habe. Nach Rücksprache mit dem zuständigen Sachbearbeiter der G. Versicherung, der
die Einzugsermächtigung nicht habe finden können, habe er - der Beklagte - die Prämie
an den Versicherer überwiesen. Zwei Tage nach der Kontoabbuchung habe die G.
Versicherung aufgrund der nunmehr aufgefundenen Einzugsermächtigung einen
Abbuchungsversuch unternommen, der jedoch fehlgeschlagen sei, weil sein Konto
wegen der vorherigen Überweisung der Versicherungsprämie keine ausreichende
Deckung aufgewiesen habe. Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, die G.
Versicherung sei ihm gegenüber nicht leistungsfrei geworden. Die Klägerin ihrerseits
habe ohne Rechtspflicht an die G. Versicherung gezahlt und daher weder einen
gesetzlichen Forderungsübergang bewirkt noch einen Bereicherungsanspruch gegen
ihn erlangt. Etwaige Regreßansprüche seines Haftpflichtversicherers seien ohnehin
längst verjährt.
10
Das Landgericht hat unter Abweisung der Klage im übrigen den Beklagten zur Zahlung
von 13.200,-- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 28. Februar 1995 an die Klägerin verurteilt.
Zur Begründung hat es ausgeführt, durch die Zahlung der G. Versicherung an Herrn D.
sei dessen Ersatzanspruch nach § 67 VVG auf den Haftpflichtversicherer
übergegangen. Die Erstattung durch die Klägerin habe wiederum - möglicherweise
gemäß § 67 VVG, jedenfalls aber aufgrund einer konkludenten Abtretung durch die G.
Versicherung - zu einem Forderungsübergang auf die Klägerin geführt. Ob der Beklagte
gegenüber der G. Versicherung die Verjährungseinrede erheben könne, sei
unerheblich. Da er gegen seinen Haftpflichtversicherer keinen Deckungsprozeß geführt
habe, könne er sich wegen der Regelung in § 12 Abs. 3 VVG auch nicht mit Erfolg
darauf berufen, daß ihm der Versicherungsschutz zu Unrecht versagt worden sei.
11
Der Beklagte hat gegen das ihm am 5. Dezember 1995 zugestellte Urteil am 5. Januar
1996 Berufung eingelegt, die er mit am 5. Februar 1996 eingegangenem Schriftsatz
begründet hat.
12
Er macht geltend, die Klageforderung sei unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt
begründet. Eine Befreiung des Herrn D. von Rückzahlungsansprüchen der G.
Versicherung durch die Klägerin scheide aus, weil die Schadensersatzleistung der G.
Versicherung mit Rechtsgrund erfolgt sei. Die Ansprüche des Herrn D. gegen ihn seien
auch dann nicht auf die G. Versicherung übergegangen, wenn diese trotz eines - ihr
dann auch bekannt gewesenen - Verweisungsprivilegs an D. gezahlt habe. Da D. nicht
Versicherungsnehmer der G. Versicherung sei, komme ein Übergang von Ansprüchen
gegen ihn - den Beklagten - gemäß § 67 VVG auf seinen Haftpflichtversicherer nicht in
Betracht. Die Zahlung der Klägerin an die G. Versicherung bedeute daher auch eine
Befreiung von einer Verbindlichkeit. Für eine konkludente Abtretung etwaiger
Regreßansprüche der G. Versicherung gegen ihn bestünden keine Anhaltspunkte. Im
übrigen wären auch abgetretene Forderungen inzwischen verjährt.
13
Der Beklagte beantragt,
14
die Klage unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Köln vom 14. November 1995
- 27 0 204/95 - abzuweisen.
15
Die Klägerin beantragt,
16
die gegnerische Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.
17
Sie vertritt die Ansicht, die G. Versicherung sei, sofern die Zahlung an den
Unfallgeschädigten Herrn D. nicht zu einem gesetzlichen Forderungsübergang nach §
158 f VVG geführt habe, berechtigt gewesen, nach den allgemeinen Regeln über die
ungerechtfertigte Bereicherung und die Geschäftsführung ohne Auftrag gegen den
Beklagten Regreß zu nehmen. Für diese Ansprüche gelte die regelmäßige
Verjährungsfrist des § 195 BGB.
18
Wegen aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den
vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug
genommen.
19
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
20
Die Berufung ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.
21
Der Klägerin steht der geltend gemachte Zahlungsanspruch gegen den Beklagten unter
keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.
22
I.
23
Die Klägerin hat keine Forderung aus eigenem Recht.
24
1.
25
Ein originärer Anspruch wegen ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 BGB) ist nicht
entstanden. In diesem Zusammenhang bedarf keiner Entscheidung, ob der Beklagte
durch die Zahlung der Klägerin an die G. Versicherung von einer möglichen
Regreßpflicht gegenüber seinem Haftpflichtversicherer befreit worden ist. Jedenfalls hat
26
die Klägerin mit der von ihr beabsichtigten Erfüllung einer eigenen Zahlungspflicht aus
dem Teilungsabkommen eine Leistung an die G. Versicherung erbracht. Nach § 1 Nr. 2
Abs. 2 des Teilungsabkommens hat der Kaskoversicherer einem leistungsfreien
Haftpflichtversicherer, der trotz eines bestehenden Verweisungsprivilegs den
Fahrzeugschaden reguliert und den Geschädigten nicht an seinen Kaskoversicherer
verwiesen hat, die bedingungsgemäß zu erbringenden Leistungen zu erstatten, sofern
der Haftpflichtversicherer bis zum Zeitpunkt der Regreßanmeldung Versicherungsschutz
versagt hat. Wenn aber der Leistende gegenüber dem Empfänger - wie hier die Klägerin
gegenüber der G. Versicherung - eine eigene Schuld erfüllt und erfüllen will, kommt ein
Bereicherungsanspruch gegen einen Dritten wegen der Befreiung von einer
Verbindlichkeit nur in Betracht, sofern die Leistung mindestens auch für diesen erbracht
werden sollte (BGH NJW 1964, 1899; 1978, 1377). Für einen etwaigen Willen der
Klägerin, den Beklagten von einer möglichen Verbindlichkeit gegenüber der G.
Versicherung zu befreien, bestehen jedoch keinerlei Anhaltspunkte.
2.
27
Ein Anspruch aus eigenem Recht besteht auch nicht unter dem Gesichtspunkt der
Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677, 683 BGB). Mit ihrer Zahlung an die G.
Versicherung hat die Klägerin kein Geschäft des Beklagten geführt. Ist der
Geschäftsführer - wie hier die Klägerin - einem Dritten zur Besorgung des Geschäfts
verpflichtet, so liegt eine Geschäftsführung ohne Auftrag für einen anderen nur dann vor,
wenn der Geschäftsführer nicht nur in Erfüllung seiner eigenen Verpflichtung, sondern
auch willentlich im Interesse des anderen handelt (BGHZ 101, 399; NJW-RR 1989, 970;
Palandt/Thomas, BGB, 55. Aufl., § 677 Rn. 7). Da ein Wille der Klägerin, den Beklagten
von einer Verbindlichkeit freizustellen, nicht erkennbar ist, liegt eine
Fremdgeschäftsführung für diesen nicht vor.
28
II.
29
Die Klägerin hat auch keinen Anspruch aus abgeleitetem Recht.
30
1.
31
Die Vorschrift des § 67 Abs. 1 Satz 1 VVG scheidet als Grundlage eines
Anspruchserwerbs aus. Nach dieser Regelung geht, wenn der Versicherungsnehmer
Schadensersatz von einem Dritten verlangen kann, sein Anspruch auf den Versicherer
über, soweit dieser ihm den Schaden ersetzt. Eine solche Schadensersatzleistung
könnte in der Zahlung der Klägerin an die G. Versicherung liegen. Fraglich ist indessen,
ob die Klägerin hiermit dem Unfallgeschädigten D., der bei ihr kaskoversichert ist, "den
Schaden ersetzt" hat. Zahlung geleistet hat die Klägerin nicht unmittelbar an ihren
Versicherungsnehmer D., sondern an den Haftpflichtversicherer des Beklagten aufgrund
des Teilungsabkommens zwischen den Versicherungsgesellschaften. Im
versicherungsrechtlichen Schrifttum werden etwa Zahlungen an den
Sozialversicherungsträger aus einem Zahlungsabkommen als Leistungen an den
Versicherungsnehmer im Sinne des § 67 VVG gewertet (Prölss/Martin,
Versicherungsvertragsgesetz, 25. Aufl., § 67 Anm. 4 A). Nach dieser Auffassung müßten
auch Zahlungen an den Kaskoversicherer des Geschädigten aufgrund eines
Teilungsabkommens als Schadensersatz an den Versicherungsnehmer im Sinne dieser
Regelung gelten. Ein Forderungsübergang nach § 67 Abs. 1 VVG würde jedoch weiter
voraussetzen, daß dem Versicherungsnehmer ein Anspruch auf Ersatz des Schadens
32
gegen einen Dritten zusteht. Als "Dritter" kommt im Verhältnis zu Herrn D. der Beklagte,
der den Verkehrsunfall vom 31. August 1992 unstreitig allein verschuldet hat, in
Betracht. Bereits im Jahre 1992 waren aber der Geschädigte D. durch den
Haftpflichtversicherer des Beklagten, die G. Versicherung, befriedigt worden und sein
Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten aufgrund dessen entweder erloschen
oder nach § 158 f VVG auf den Haftpflichtversicherer übergegangen. Unabhängig
davon, ob die G. Versicherung Herrn D. gegenüber zur Entschädigung verpflichtet war,
hat sie dessen Unfallschaden jedenfalls regulieren wollen und auch tatsächlich
ausgeglichen mit der Folge, daß diesem fortan kein Anspruch mehr gegen den
Beklagten zugestanden hat. Als die Klägerin der G. Versicherung die an ihren
Versicherungsnehmer D. geleistete Zahlung im Jahre 1994 erstattete, war Herr D. somit
nicht mehr Inhaber eines Anspruchs gegen den Beklagten, der auf die Klägerin nach §
67 VVG hätte übergehen können.
2.
33
Der geltend gemachte Zahlungsanspruch steht der Klägerin auch nicht aus
abgetretenem Recht zu.
34
Die G. Versicherung hat unter dem 10. Oktober 1995 die Abtretung eines
"Regreßanspruchs gem. § 38 II VVG" gegen den Beklagten in Höhe von 13.200,- DM an
die Klägerin erklärt. Ihrem erkennbaren Zweck nach umfaßt die schriftliche Abtretung
sämtliche Erstattungsansprüche, die der G. Versicherung gegen ihren
Versicherungsnehmer, den Beklagten, möglicherweise deswegen zugestanden haben,
weil sie an den Unfallgeschädigten D. Leistungen erbracht hat, obwohl sie wegen der -
von der Klägerin behaupteten - Nichtzahlung der ersten Prämie durch den Beklagten
von ihrer Leistungspflicht frei war. Ein solcher abtretbarer und heute noch
durchsetzbarer Erstattungsanspruch hat der G. Versicherung indessen gegen den
Beklagten aus keinem Rechtsgrund zugestanden.
35
a)
36
Eine Erstattungsforderung der G. Versicherung läßt sich nicht aus § 158 f VVG ableiten.
Nach dieser Regelung geht, soweit der Versicherer den Dritten nach § 158 c VVG
befriedigt, dessen Forderung gegen den Versicherungsnehmer auf ihn über. Die
Anwendbarkeit dieser Bestimmung kommt hier insofern in Betracht, als
Versicherungsnehmer der G. Versicherung der Beklagte, Dritter dessen Unfallgegner D.
und die Forderung des Dritten ein Schadensersatzanspruch gemäß §§ 823 BGB, 7
StVG ist.
37
Ein Forderungsübergang gemäß § 158 f VVG setzt jedoch voraus, daß eine
Befriedigung des Dritten durch den Versicherer nach § 158 c VVG stattfindet. Der
Regelungsbereich des § 158 c Abs. 1 VVG ist nur betroffen, wenn der Versicherer von
seiner Leistungspflicht gegenüber dem Versicherungsnehmer frei ist, dem geschädigten
Dritten aber gleichwohl verpflichtet bleibt. Es ist schon fraglich, ob eine Leistungsfreiheit
der G. Versicherung im Verhältnis zum Beklagten überhaupt eingetreten ist. Die
Parteien streiten über die tatsächlichen Voraussetzungen des § 38 Abs. 2 VVG, wonach
der Versicherer von seiner Verpflichtung zur Leistung frei wird, wenn die Erstprämie zur
Zeit des Eintritts des Versicherungsfalls noch nicht gezahlt ist. Insoweit behauptet der
Beklagte, die G. Versicherung habe eine ihr erteilte Einzugsermächtigung nicht richtig
genutzt. Eine Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 38 Abs. 2 VVG erübrigt
38
sich nicht etwa deshalb, weil eine Leistungsfreiheit der G. Versicherung bereits gemäß §
12 Abs. 3 VVG eingetreten wäre. Nach dieser Vorschrift ist der Versicherer von der
Verpflichtung zur Leistung frei, wenn der Anspruch auf Leistung nicht innerhalb von
sechs Monaten, nachdem der Versicherer dem Versicherungsnehmer gegenüber den
erhobenen Anspruch schriftlich abgelehnt hat, gerichtlich geltend gemacht wird. Die
Voraussetzungen der Bestimmung liegen zwar insoweit vor, als die G. Versicherung
dem Beklagten ihre Ablehnung mit Schreiben vom 7. Dezember 1992 mitgeteilt und
dieser innerhalb der Frist von sechs Monaten keine Klage gegen seinen
Haftpflichtversicherer erhoben hat. Indessen hatte die G. Versicherung den Unfallgegner
D. unstreitig bereits vor der Übersendung ihres Ablehnungsschreibens an den
Beklagten entschädigt. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und der
heute herrschenden Meinung im versicherungsrechtlichen Schrifttum tritt die
Leistungsfreiheit des Haftpflichtversicherers nach § 12 Abs. 3 VVG aber nicht ein, wenn
dieser den Geschädigten während der Klagefrist oder vor deren Bestimmung befriedigt
(BGH NJW 1975, 447; Prölss/Martin § 12 Anm. 8 g m.w.N. auch zur Gegenansicht).
Dieser zu § 12 Abs. 3 VVG überwiegend vertretenen Auffassung zufolge könnte sich
auch die Klägerin als Rechtsnachfolgerin der G. auf den Ablauf der Klagefrist nicht
berufen.
Im Ergebnis kann jedoch auf sich beruhen, ob die G. Versicherung wegen der
Nichtzahlung der Erstprämie dem Beklagten gegenüber gemäß § 38 Abs. 2 VVG von
ihrer Leistungspflicht freigeworden ist. Ein gesetzlicher Forderungsübergang nach § 158
f VVG scheitert nämlich schon an anderen Gründen. Nach § 158 c Abs. 4 VVG haftet der
Versicherer nicht, wenn und soweit der Dritte in der Lage ist, Ersatz seines Schadens
von einem anderen Schadensversicherer oder von einem Sozialversicherungsträger zu
erlangen. Ein solcher anderweitiger Anspruch hat dem geschädigten Dritten, Herrn D.,
in Gestalt seiner Forderung gegen die Klägerin als Kaskoversicherer zugestanden. Ein
Anspruchsübergang gemäß § 158 f VVG setzt jedoch voraus, daß der Versicherer nach
§ 158 c Abs. 1 VVG zur Leistung gehalten gewesen sein muß. Deshalb greift die
Vorschrift nicht ein, wenn der Versicherer ungeachtet seiner Haftungsbefreiung aus §
158 c Abs. 4 VVG geleistet hat; denn in diesem Fall bedeutet die Befriedigung des
Geschädigten keine solche "nach" § 158 c VVG, sondern letztendlich eine Befriedigung
im Widerspruch zu dieser Regelung (so auch OLG Frankfurt/Main VersR 1970, 267;
Prölss/Knappmann § 158 f Anm. 2).
39
b)
40
Die Vorschriften des Pflichtversicherungsgesetzes rechtfertigen keine davon
abweichende Beurteilung der Rechtslage. Nach § 3 Nr. 4 PflVG kann dem Anspruch
des Dritten nach § 3 Nr. 1 dieses Gesetzes zwar nicht entgegengehalten werden, daß
der Versicherer dem ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer gegenüber von der
Leistungspflicht ganz oder teilweise frei ist. In diesem Fall gilt aber § 158 c Abs. 4 VVG
sinngemäß (§ 3 Nr. 6 PflVG). Bei einer nur subsidiären Haftung nach §§ 3 Nr. 6 PflVG,
158 c Abs. 4 VVG besteht deshalb auch kein Ausgleichsanspruch des Versicherers -
hier der G. Versicherung - gegen den Versicherungsnehmer - hier den Beklagten -
gemäß § 3 Nr. 9 Satz 2 PflVG (BGH NJW 1982, 1042; Prölss/Knappmann § 3 Nr. 9
PflVG Anm. 2 a), der auf die Klägerin hätte übergehen können.
41
Nach einer im Schrifttum vertretenen Ansicht (Bruck/Möller/Johannsen, VVG, 5. Band, 8.
Aufl., Anm. B 71) kommt unter Umständen eine entsprechende Anwendung von § 3 Nr.
9 Satz 2 PflVG mit der Folge in Betracht, daß der Versicherer gegen seinen
42
Versicherungsnehmer Regreß nehmen kann. Eine solche Möglichkeit wird für Fälle
befürwortet, in denen der leistende Versicherer seine Leistungsfreiheit kennt, aber die
Haftung eines anderen Versicherers im Sinne des § 158 c Abs. 4 VVG übersieht. Ob
dieser Ansicht grundsätzlich zuzustimmen ist und die hierfür erforderlichen tatsächlichen
Voraussetzungen vorliegen, kann letztlich dahinstehen. Bei einer entsprechenden
Anwendung von § 3 Nr. 9 PflVG müßte jedenfalls auch die Verjährungsregelung des § 3
Nr. 11 PflVG gelten, nach welcher die sich aus § 3 Nr. 9 ergebenden Ansprüche in zwei
Jahren seit dem Schluß des Jahres verjähren, in dem der Anspruch des Dritten erfüllt
wird. Da die G. Versicherung unstreitig im Jahre 1992 an den Unfallgeschädigten D.
geleistet und eine verjährungsunterbrechende Maßnahme bis zum 31. Dezember 1994
nicht getroffen, sondern erst im Februar 1995 das Mahnverfahren eingeleitet hat, ist die -
vom Beklagten geltend gemachte - Verjährung eines etwaigen Regreßanspruchs nach
dem Pflichtversicherungsgesetz zum Ende des Jahres 1994 eingetreten.
c)
43
Auch auf § 3 Nr. 10 Satz 2 PflVG läßt sich der Klageanspruch nicht stützen. Nach dieser
Vorschrift kann der Versicherer Ersatz derjenigen Aufwendungen verlangen, die er den
Umständen nach für erforderlich halten durfte. Die Regelung betrifft aber nicht die
Entschädigungsleistung an den Dritten, da diese von § 3 Nr. 9 Satz 2 PflVG erfaßt ist,
sondern den - hier nicht in Rede stehenden - angemessenen
Regulierungskostenaufwand (Bruck/Möller/Johannsen Anm. B 70; Prölss/Knappmann §
3 Nrn. 10, 11 PflVG Anm. 2).
44
d)
45
Ein gesetzlicher Forderungsübergang nach § 67 VVG im Verhältnis zwischen der G.
Versicherung und dem Beklagten, der zum Erwerb einer abtretbaren Forderung geführt
hätte, scheidet von vornherein aus. Der Anwendungsbereich dieser Vorschrift ist
deshalb nicht berührt, weil der Geschädigte D. nicht Versicherungsnehmer der G.
Versicherung und der Beklagte als deren Versicherungsnehmer nicht "Dritter" im Sinne
der Bestimmung ist (vgl. Prölss/Martin § 67 Anm. 3).
46
e)
47
Als Rechtsgrundlage eines abtretbaren Anspruchs der G. Versicherung gegen den
Beklagten kommt dagegen § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB in Frage. Da die Sonderregelung
des § 158 f VVG die Anwendung der allgemeinen Vorschriften in den §§ 812 ff. BGB
nicht ausschließt, kann ein Versicherer, der einem Dritten den diesem durch seinen
Versicherungsnehmer zugefügten Schaden ersetzt, aber keinen Rückgriffsanspruch
gegen seinen Versicherungsnehmer nach § 158 f VVG hat, von jenem den
Entschädigungsbetrag wegen ungerechtfertigter Bereicherung zurückfordern, weil der
Versicherungsnehmer wirksam (§ 267 BGB), aber ohne rechtlichen Grund von seiner
Haftung gegenüber dem Geschädigten befreit worden ist (BGH VersR 1964, 474; 1976,
481; OLG Düsseldorf NJW 1966, 739; OLG Saarbrücken VersR 1976, 554;
Prölss/Knappmann § 158 f Anm. 5 B a, § 3 Nr. 6 PflVG Anm. 5 B a - anderer Ansicht
OLG Frankfurt/Main VersR 1970, 267). Die G. Versicherung hat den Beklagten von
dessen Haftung gegenüber dem Unfallgegner D. durch die an diesen gezahlte
Entschädigung befreit und daher einen Bereicherungsanspruch gegen ihren
Versicherungsnehmer erlangt, sofern sie ihm gegenüber nach § 38 Abs. 2 VVG von
ihrer Leistungspflicht freigeworden ist. Die sich im Zusammenhang mit § 38 Abs. 2 VVG
48
stellenden Fragen können jedoch ebenso wie diejenige unbeantwortet bleiben, ob ein
Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung wegen Kenntnis der Nichtschuld seitens
der G. Versicherung gemäß § 814 BGB ausgeschlossen ist.
Ein etwa abgetretener Anspruch wegen ungerechtfertigter Bereicherung ist jedenfalls
verjährt. Die Abtretung eines Bereicherungsanspruchs vermag an dem Eintritt seiner
Verjährung nichts zu ändern, da die Verjährungsfrist ohne Rücksicht auf die Abtretung
weiterläuft (Palandt/Heinrichs § 404 Rn. 5) und der Beklagte gemäß § 404 BGB die -
von ihm auch erhobene - Verjährungseinrede der Klägerin entgegensetzen kann. Zwar
gilt die Vorschrift des § 12 Abs. 1 VVG, nach welcher die Ansprüche aus dem
Versicherungsvertrag in zwei Jahren verjähren, nicht für Bereicherungsansprüche, die
vielmehr einer selbständigen Verjährung unterliegen, bei der es sich grundsätzlich um
die Frist von 30 Jahren nach § 195 BGB handelt. Diese regelmäßige Verjährungsfrist
gilt etwa dann, wenn ein Versicherer die an seinen Versicherungsnehmer zu Unrecht
gezahlte Entschädigung nach § 812 BGB zurückfordert (BGHZ 32, 16). Dem möglichen
Anspruch der G. Versicherung gegen den Beklagten liegt jedoch ein anderer
Sachverhalt zugrunde. Ihr etwaiger Bereicherungsanspruch beruht darauf, daß sie den
Beklagten von seiner Haftung gegenüber dem Unfallgegner D. befreit hat. Der Anspruch
aus ungerechtfertigter Bereicherung soll aber den Verpflichteten nicht stärker belasten
als die ursprüngliche Schuld. Deshalb gilt, wenn die Bereicherung in der Befreiung von
einer Verbindlichkeit besteht, für den Anspruch gemäß § 812 BGB dieselbe
Verjährungsfrist wie für die abgelöste Schuld (BGHZ 47, 375; 70, 389; NJW 1984,
1760). Die Verjährung eines möglichen Bereicherungsanspruchs der G. Versicherung
gegen den Beklagten richtet sich daher nach derjenigen für den
Schadensersatzanspruch, der dem Unfallgeschädigten D. gegen den Beklagten
zugestanden hat.
49
Die Ersatzforderung des Unfallgegners ist nach § 852 Abs. 1 BGB in drei Jahren von
dem Zeitpunkt an verjährt, zu welchem dieser vom Schaden und der Person des
Ersatzpflichtigen Kenntnis erlangt hat. Diese Verjährungsregelung gilt für einen
Schadensersatzanspruch sowohl aus unerlaubter Handlung (§ 823 BGB) als auch aus
der Gefährdungshaftung nach § 7 StVG (Palandt/Thomas § 852 Rn. 1). Mangels
abweichender Anhaltspunkte ist davon auszugehen, daß Herr D. vom Schadenseintritt
und der Person des Ersatzpflichtigen am Tag des Unfalls, dem 31. August 1992,
Kenntnis erlangt hatte, wofür im übrigen die Angaben in der noch am gleichen Tage
gefertigten Unfallmitteilung der Polizei sprechen. Auf eine Kenntnis vom genauen
Umfang des Schadens käme es für den Beginn der Verjährung ohnehin nicht an (vgl.
Palandt/Thomas § 852 Rn. 8). Die Verjährungsfrist des § 852 Abs. 1 BGB war danach
am 31. August 1995 abgelaufen. Der Akteninhalt bietet keinen Anhalt dafür, daß die
Verjährungsfrist wegen schwebender Verhandlungen zwischen dem Ersatzberechtigten
und dem Beklagten oder dessen Haftpflichtversicherer nach § 852 Abs. 2 BGB gehemmt
war. Das Anwaltsschreiben des Geschädigten vom 2. September 1992 an die G.
Versicherung, in welchem Schadensersatzansprüche angemeldet und die
Auftragserteilung an einen Sachverständigen mitgeteilt worden waren, genügt hierfür
nicht.
50
Eine rechtzeitige Unterbrechung der Verjährungsfrist hat nicht stattgefunden. Die
Einleitung des Mahnverfahrens durch die Klägerin im Februar 1995 war nicht geeignet,
die Verjährung gemäß § 209 Abs. 2 Nr. 1 BGB zu unterbrechen. Da die mit der
Klageerhebung eintretende Rechtshängigkeit - was entsprechend für das
Mahnverfahren gilt - den mit dem Klageantrag geltend gemachten, den Streitgegenstand
51
bildenden prozessualen Leistungsanspruch erfaßt, wenn auch unter Einschluß
sämtlicher materiell-rechtlichen Ansprüche, die den Klageantrag zu begründen
vermögen, tritt nur in diesem Umfang die Unterbrechnung der Verjährung ein (BGH NJW
1983, 2813; 1993, 2440). Gegenstand des Mahnverfahrens und - zunächst - des
Rechtsstreits in erster Instanz waren von der G. Versicherung an die Klägerin
abgetretene Forderungen aber nicht. Ihr Begehren hat die Klägerin vielmehr
ursprünglich auf originäre eigene Rechte sowie einen gesetzlichen
Forderungsübergang nach § 67 VVG gestützt. Von einem abgetretenen Anspruch ist
erstmals im Schriftsatz der Klägerin vom 7. November 1995, dem die
Abtretungserklärung vom 10. Oktober 1995 beigefügt war, die Rede. Bei der Abtretung
eines Anspruchs handelt es sich aber um einen anderen Lebenssachverhalt als beim
originären Erwerb eines Rechts oder einem gesetzlichen Forderungsübergang. Bevor
die Klägerin ihr Klagebegehren auf diesen neuen Sachverhalt der Abtretung gestützt
hatte, war die Verjährungsfrist für den Schadensersatzanspruch des Unfallgegners D.
bereits abgelaufen. Hinzu kommt, daß die Klägerin erst aufgrund der schriftlichen
Abtretungserklärung der G. Versicherung vom 10. Oktober 1995 und damit nach dem
Eintritt der Verjährung mögliche Inhaberin eines abgetretenen Anspruchs geworden ist,
aber nur die Klage des Berechtigten die Verjährungsfrist unterbrechen kann
(Palandt/Heinrichs, § 209 Rn. 9, 10). Eine - von der Klägerin geltend gemachte -
vorherige konkludente Abtretung vermag der Senat auch nicht zu erkennen. Für die
Annahme, die G. Versicherung habe Erstattungsforderungen gegen den Beklagten
schon bei Erhalt der Zahlung der Klägerin stillschweigend an diese abgetreten, fehlt es
an zureichenden Anhaltspunkten. Der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin hat zudem
bei der ausdrücklichen Erörterung dieser Frage im Verhandlungstermin vor dem Senat
erklärt, über den Inhalt des Teilungsabkommens hinaus, das nach Meinung des Senats
hierzu schweigt (vergl. Bl. 49 ff. GA), für eine schlüssige Abtretung nichts vortragen zu
können.
f)
52
Die Klage rechtfertigt sich schließlich nicht unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der
Geschäftsführung ohne Auftrag (§ 683 BGB). Zwar könnten die Voraussetzungen eines
von der G. Versicherung ohne Auftrag des Beklagten geführten Geschäfts insoweit
vorliegen, als dieser durch die Entschädigungsleistung an den Unfallgegner von seiner
Ersatzpflicht frei wurde, während die Versicherung möglicherweise weder dem
Beklagten noch - wegen § 158 c Abs. 4 VVG - Herrn D. haftete. Ob und unter welchen
Umständen die Anwendung der Regeln über die Geschäftsführung ohne Auftrag in den
Fällen, in denen der Versicherer trotz seiner Leistungsfreiheit nach § 158 c Abs. 4 VVG
an den Dritten Zahlungen erbringt, überhaupt in Betracht kommt, ist allerdings
umstritten. Zum Teil wird die Ansicht vertreten, je nach der Motivation des Versicherers
könne ein Anspruch aus § 683 BGB dann entstehen, wenn dieser seine
Leistungsfreiheit im Innen- und Außenverhältnis kenne und ein Regreßverzicht nicht
anzunehmen sei (so Prölss/Knappmann § 158 f Anm. 5 B a, § 3 Nr. 6 PflVG Anm. 5 B a).
Nach anderer Meinung ist eine Geschäftsführung ohne Auftrag für den Fall zu bejahen,
daß der Versicherer bei Vornahme der Zahlung der irrigen Annahme war, sowohl dem
Dritten als auch seinem Versicherungsnehmer dazu verpflichtet zu sein (so OLG
Frankfurt/Main VersR 1970, 74). Im vorliegenden Rechtsstreit bedarf diese Frage
letztendlich keiner Entscheidung. Auch ein etwaiger Aufwendungsersatzanspruch der
G. Versicherung gegen den Beklagten ist jedenfalls inzwischen verjährt.
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Ersatzansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag verjähren zwar im allgemeinen
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nach der Grundregel des § 195 BGB in 30 Jahren (Palandt/Heinrichs § 195 Rn. 7).
Umstritten ist jedoch, ob diese Verjährungsfrist auch dann gilt, wenn die
Geschäftsführung in der Befreiung des Geschäftsherrn von einer Verbindlichkeit besteht.
Nach der früheren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und einem Teil des
Schrifttums unterliegen Ansprüche aus berechtigter Geschäftsführung ohne Auftrag
auch in solchen Fällen stets der Verjährungsfrist von 30 Jahren. Dieser
Rechtsauffassung liegt die Erwägung zugrunde, daß der Geschäftsführer, der dem
wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Schuldners entsprechend in dessen Interesse
eine Schuld begleicht, diesem nichts aufdränge und der Schuldner nicht unbillig
benachteiligt werde, wenn er dem mit seinem Willen und Interesse Handelnden den
Ausgleich für dessen Aufwendungen nicht in der kurzen Verjährungsfrist verwehren
könne (BGHZ 47, 376; im Ergebnis auch Palandt/Heinrichs, § 195 Rn. 7; Steffen in:
BGH-RGRK, 12. Aufl., vor § 677 Rn. 88). Der Senat vermag sich dieser Auffassung, von
welcher auch der Bundesgerichtshof inzwischen abgerückt sein dürfte, in ihrer
Allgemeinheit und zumindest für die vorliegenden Fallgestaltung nicht anzuschließen.
In einer Entscheidung, die die Konkurrenz von Ansprüchen aus Geschäftsführung ohne
Auftrag und ungerechtfertigter Bereicherung mit mietrechtlichen Ansprüchen auf
Verwendungsersatz und damit im Zusammenhang die Verjährungsregelung des § 558
BGB betrifft, hat der BGH hervorgehoben, Ansprüchen aus Geschäftsführung ohne
Auftrag, ungerechtfertigter Bereicherung oder aus dem Eigentümer- und
Besitzerverhältnis sei gemeinsam, daß sie gewissermaßen eine Notordnung darstellten,
deren Zweck es jedenfalls dem Grundsatz nach in erster Linie sei, einen dem
Rechtsfrieden dienenden Ausgleich auch in den Fällen zu schaffen, in denen es an
einer vertraglichen Regelung fehle. Dies sei die Rechtfertigung dafür, im Falle einer
Konkurrenz derartiger Forderungen mit mietrechtlichen Ansprüchen auf
Verwendungsersatz die kurze Verjährung umfassend eingreifen zu lassen. Wenn schon
die Abwicklung der vertraglichen Ansprüche nach dem Zweck des Gesetzes rasch
vonstatten gehen solle, so sei es nur folgerichtig, die Erreichung dieses Zwecks nicht
durch die Berufung auf außervertragliche Ansprüche vereiteln zu lassen, die auf
demselben Sachverhalt beruhen und die ihrem Wesen nach nur Hilfscharakter tragen
(BGH WuM 1974, 201). Diese Rechtsprechung dürfte eine Abkehr von dem Grundsatz
bedeuten, daß Erstattungsansprüche aus auftragsloser Geschäftsführung ohne
Rücksicht auf deren konkreten Hintergrund der Verjährungsfrist von 30 Jahren
unterliegen. Die Verjährungsfrist für solche Ansprüche ist danach vielmehr von dem
Gegenstand abhängig, der den Rechtsgrund für den Ersatzanspruch des
Geschäftsführers bildet. Die Verjährung des Anspruchs aus Geschäftsführung ohne
Auftrag kann deshalb im Fall der Tilgung einer Schuld des Geschäftsherrn nicht ohne
Rücksicht auf die für jene Verbindlichkeit geltende Verjährungsregelung und auf das im
Hintergrund stehende Vertragsverhältnis zwischen Geschäftsführer und Geschäftsherrn
beurteilt werden. Dadurch wird auch verhindert, daß infolge des faktischen Übergangs
des dem Dritten zustehenden, vom Geschäftsführer getilgten Anspruchs auf diesen über
den Weg des § 683 BGB eine Schlechterstellung des Schuldners im Regreß eintritt.
Eine andere Beurteilung verbietet sich hier auch im Hinblick auf den vom BGH betonten
Hilfscharakter der Geschäftsführung ohne Auftrag. Der Haftpflichtversicherer könnte
nämlich sonst einen etwaigen Regreßanspruch, gestützt auf Geschäftsführung ohne
Auftrag, 30 Jahre lang verfolgen, während nach § 12 Abs. 1 VVG die Ansprüche aus
dem Versicherungsvertrag bereits in zwei Jahren verjähren. Dadurch würde durch die
Berufung auf eine Geschäftsführung ohne Auftrag im Ergebnis die ausgewogene
Regelung des Versicherungsvertrags und seiner gesetzlichen Ausgestaltung zu Regreß
und Verjährung umgangen. Deshalb folgt der Senat zumindest für Fälle der
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vorliegenden Art derjenigen Ansicht, die die Rückgriffsforderung aus § 683 BGB der
gleichen Verjährung wie die der getilgten Forderung unterwirft (etwa Seiler in:
Münchener Kommentar zum BGB, 3. Aufl., § 683 Rn. 28 m.w.N.; vgl. auch die zu § 117
BinnSchG ergangene Entscheidung BGH NJW 1969, 1205). Ein - etwaiger - Anspruch
der G. Versicherung gegen den Beklagten gemäß § 683 BGB, der an die Klägerin hätte
abgetreten werden können, ist danach jedenfalls verjährt (s. oben). Im übrigen wäre bei
anderer Auffassung die bereits aufgeworfene Frage, ob die G. Versicherung sich
überhaupt auf § 12 Abs. 3 VVG hätte berufen dürfen, auch in diesem Zusammenhang
von Bedeutung, da es nicht dem Willen des Beklagten entsprochen hätte, durch die
Zahlung den Schutz der Regelungen des Versicherungsverhältnisses zu verlieren.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, der Ausspruch über die vorläufige
Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
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Der Senat läßt die Revision zu, da die Rechtssache insbesondere wegen der
Verjährungsfrage zur Geschäftsführung ohne Auftrag grundsätzliche Bedeutung hat (§
546 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZPO).
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Berufungsstreitwert: 13.200,- DM.
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