Urteil des OLG Köln vom 21.12.1998

OLG Köln (kläger, lege artis, ausdrücklich, ursächlicher zusammenhang, 1995, aufklärung, durchführung, versorgung, chirurgie, verletzung)

Oberlandesgericht Köln, 5 U 121/98
Datum:
21.12.1998
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
5. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
5 U 121/98
Vorinstanz:
Landgericht Bonn, 9 O 362/97
Schlagworte:
Arzthaftung
Normen:
BGB § 823
Leitsätze:
Einer Risikoaufklärung nach den für die Anwendung einer
Neulandmethode geltenden Grundsätzen bedarf es nicht, wenn sich die
Methode in der Praxis neben anderen Verfahren durchgesetzt hat (hier:
endoskopische Hernienchirurgie). Letzteres ist in Bezug auf die
laparoskopische Versorgung einer RezidivLeistenhernie jedenfalls seit
Juli 1996 der Fall (medizinischer Standard).
Rechtskraft:
rechtskräftig
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das am 30. April 1998 verkündete
Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Bonn - 9 O 362/97 - wird
zurückgewiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
T a t b e s t a n d :
1
Beim Kläger erfolgte am 14.9.1995 im M. in B. eine operative linksseitige
Leistenbruchversorgung. Wegen anschließend auftretender Beschwerden unterzog sich
der Kläger schließlich am 2.7.1996 einer durch den Beklagten vorgenommenen
laparoskopischen Leistenbruchrezidivoperation. Die Versorgung der Rezidivhernie
erfolgte durch eine laparoskopisch präperitoneale Netzimplantation; das eingebrachte
Netz wurde mit Hilfe von Clips befestigt.
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Der Kläger hat behauptet, diese operative Behandlung sei fehlerhaft gewesen. Die
Durchführung der Hernienversorgung durch Laparoskopie sei kontraindiziert gewesen,
stelle auch keinen medizinischen Standard dar. Der Beklagte sei für die
Operationsmethode zudem nicht qualifiziert genug gewesen. Die Netzfixierung mit Clips
sei nicht lege artis erfolgt. Der Kläger hat im einzelnen geschilderte körperliche
Beeinträchtigungen (u.a. starke Schmerzen im linken Unterbauch, im Bereich des
Magens und ausstrahlend bis in den Genitalbereich) geltend gemacht, die er auf die
angeblich fehlerhafte Operation zurückführt.
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Er hat ein angemessenes Schmerzensgeld (mindestens 200.000,-- DM) sowie die
Feststellung der Ersatzpflicht des Beklagten wegen sämtlicher materieller und
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immaterieller Schäden begehrt.
Der Beklagte ist dem Vorwurf einer fehlerhaften Behandlung entgegengetreten.
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Das Landgericht hat, sachverständig beraten, die Klage abgewiesen.
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Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung, mit der er seine erstinstanzlichen
Anträge aufrechterhält, das ihm seiner Ansicht nach zustehende Schmerzensgeld jetzt
allerdings nur noch mit 30.000,-- DM, sein Feststellungsinteresse mit 10.000,-- DM
beziffert.
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Er meint, die von ihm geschilderten Dauerschmerzen seien auf eine bei der Operation
durch den Beklagten erfolgte Verletzung oder Kompression eines im Operationsgebiet
verlaufenden Nervs (wahrscheinlich des Nervus ileoinguinalis) zurückzuführen.
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Außerdem erhebt er jetzt den Vorwurf nicht ordnungsgemäßer Aufklärung:
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Die angewandte laparoskopische Operationsmethode sei im Sommer 1996 kein
Standard, sondern eine sogenannte Neulandmethode gewesen; darüber hätte er seiner
Ansicht nach aufgeklärt werden müssen. Die Annahme des erstinstanzlich bestellten
Gutachters, es handele sich um eine Standardmethode, sei falsch. Er behauptet, bei
entsprechender, sachgerechter Aufklärung hätte er diese neuartige Operationsmethode
angesichts der dann bestimmt von ihm erfragten mangelnden Erfahrung des Beklagten
auf diesem Gebiet nicht gewählt.
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Außerdem sei er nicht ausreichend über die spezifischen Operationsrisiken (Verletzung
des Samenstranges mit der Folge einer Hodenatrophie, Verletzung oder Kompression
von Nerven mit der -seiner Ansicht nach hier eingetretenen- Folge eines
Dauerschmerzsyndroms) aufgeklärt worden. Schon die Anforderungen an die
sogenannte Basisaufklärung seien deshalb nicht erfüllt.
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Schließlich lägen auch grobe Behandlungsfehler vor:
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Wegen des Vorliegens abdomineller Adhäsionen aufgrund der Voroperation habe für
die Durchführung der endoskopischen Hernienchirurgie eine strikte Kontraindikation
bestanden.
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Der Sitz der eingebrachten Clips sei fehlerhaft und als Auslöser der
Nervenschädigungen geeignet. Insoweit sei dem Beklagten zudem ein
Übernahmeverschulden anzulasten, weil er mit der Handhabung dieser
Operationstechnik überhaupt nicht vertraut gewesen sei.
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Der Beklagte tritt der Berufung entgegen und verteidigt das angefochtene Urteil,
insbesondere die sachverständigerseits erstinstanzlich getroffenen Feststellungen.
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Wegen aller Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf Tatbestand und
Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils sowie die im Berufungsrechtszug
gewechselten Schriftsätze verwiesen.
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Wegen der Anträge wird auf das Sitzungsprotokoll vom 18.11.1998 Bezug genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
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Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg.
19
1.
20
Der Vorwurf unterlassener Aufklärung über die vom Beklagten angeblich angewandte
"Neulandmethode" geht fehl. Die vom Beklagten durchgeführte laparoskopische
Versorgung der Rezidiv-Leistenhernie war nämlich entgegen der Behauptung des
Klägers schon im Operationszeitpunkt (Juli 1996) als Standardverfahren anzusehen.
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Welcher Standard zu gewährleisten ist, wird von der Medizin bestimmt und ist im
Einzelfall durch Sachverständigengutachten zu ermitteln. Rechtlicher und medizinischer
Sorgfaltsmaßstab sind insoweit deckungsgleich (vgl. BGH in VersR 1995, 659).
22
Standard in der Medizin repräsentiert den jeweiligen Stand der naturwissenschaftlichen
Erkenntnisse und ärztlichen Erfahrung, der sich in der praktischen Erprobung bewährt
hat und dessen Einsatz zur Erreichung des ärztlichen Behandlungsziels erforderlich ist
(vgl. Carstensen in DÄBl. 1986, B 1737; Hart in MedR 1994, 95; Steffen in MedR 1995,
190). Diese Definition orientiert sich maßgeblich an der zu behandelnden Erkrankung
und läßt unterschiedliche Behandlungsbedingungen im Prinzip unberücksichtigt. Sie
gewährleistet Methodenvielfalt. Eine Methode wird aus medizinischer Sicht nur dann
verworfen, wenn sie den Kriterien , die den Standard begrifflich ausmachen, nicht
gerecht wird.
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Bei Anlegung dieser Maßstäbe handelte es sich bei der laparoskopischen Vornahme
des Eingriffs im Jahre 1996 bereits um ein Standardverfahren, nicht hingegen um eine
Neulandmethode in der Phase der Erprobung, wie der Kläger behauptet, die dem
Beklagten dann allerdings die Pflicht auferlegt hätte, darüber und über derzeit nicht
auszuschließende unbekannte Risiken hinzuweisen (vgl. dazu Steffen/Dressler,
Arzthaftungsrecht, 7. Auflage, Rdnr. 387).
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Davon, dass es sich um ein Standardverfahren handelte, ist aufgrund der getroffenen
Feststellungen der erstinstanzlich beauftragten Sachverständigen Prof. Sch./Dr. K.
auszugehen, die auch der Senat für vollständig überzeugend und in jeder Hinsicht
nachvollziehbar und sorgfältig begründet erachtet.
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Die Sachverständigen haben die laparoskopische Versorgung einer
Rezidivleistenhernie ausdrücklich als Standardverfahren beurteilt und ausgeführt, dass
diese Methode seit der Einführung der laparoskopischen Versorgung von
Leistenhernien Anfang der 90er Jahre als selbständiges Operationsverfahren neben
denen mittels Schnittführung zur Verfügung stehe. Die Vorteile des laparoskopischen
Verfahrens lägen dabei in einem deutlich verkürzten stationären Aufenthalt, geringeren
Schmerzen, schnellerer Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit und einer besseren
Kosmetik. Die Methode sei mittlerweile so ausgereift, dass ihre operationstechnisch
bedingten Risiken denen nach konventionellen Leistenhernienoperationen zumindest
vergleichbar seien. Insbesondere bei Verdacht auf Vorliegen einer Rezidiv-
Leistenhernie wie im vorliegenden Fall sei das laparoskopische Operationsverfahren
schon im Zeitpunkt des Eingriffs 1996 anerkannt und indiziert gewesen. Die
Indikationsstellung habe dem zu diesem Zeitpunkt bestehenden ärztlichen
Kenntnisstand entsprochen.
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Die gegen diese Bewertung gerichteten Angriffe des Klägers stützen sich auf Aufsätze
und Lehrbücher aus den Jahren 1993 (Said/Zieren/Pichlmaier in Zentralblatt für
Chirurgie 1993, 759 ff) und 1994 (Germer u.a. in Zentralblatt für Chirurgie 1994, 214 ff;
Berchtold in Lehrbuch der Chirurgie, Stand 1994); diese Publikationen berücksichtigen
indes naturgemäß nicht die Entwicklung nach 1994, die binnen eines Zeitraums von 2
Jahren im medizinischen Bereich durchaus wesentlich sein kann. Soweit der Kläger auf
eine Kommentierung von Schumpelick aus dem Jahre 1995
(Schumpelick/Bleese/Mommsen, Lehrbuch der Chirurgie, 3. Auflage, Stand:1995)
abhebt, die die laparoskopische Methode als "keinen Standard" bezeichnet, liegt auch
diese Bewertung zeitlich vor dem in Rede stehenden Eingriff und enthält zudem keine
Stellungnahme zum Vorgehen bei einem Rezidiveingriff. Die einzige vom Kläger
angeführte Publikation, die zeitlich nach Juli 1996 erschienen ist (Breitner,,Chirurgische
Operationslehre, Stand 1997), und die sich mit dem Für und Wider einer
laparoskopischen Leistenhernienchirurgie auseinandersetzt, befasst sich ebenfalls nicht
mit der -hier in Rede stehenden- Indikation bei einem Rezidiveingriff; gerade für diesen
haben aber die gerichtlich beauftragten Sachverständigen diese Methode als vorteilhaft
beschrieben.
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Auch die den vorzitierten Veröffentlichungen vom Beklagten entgegengehaltene
Publikation von Leibl/Bittner u.a. aus dem Jahre 1996 (Der Chirurg 1996, 1226 ff)
bezeichnet das endoskopische Vorgehen bei Rezidivhernien ausdrücklich bereits als
Methode der Wahl. Eindrucksvoll sind insoweit auch die vom Beklagten vorgelegten
Jahresstatistiken der Qualitätssicherung der Chirurgie Nordrhein für die Jahre 1996 und
1997, denen zu entnehmen ist, dass im Jahre 1996 im gesamten Kammerbereich knapp
15 % der Hernienoperationen laparoskopisch durchgeführt wurden. Es war dies die
zweithäufigste Technik nach der Shouldicetechnik; sie wurde insbesondere häufiger
angewandt als die Technik nach Bassini, die in der Berufungsbegründung als
anerkannte Technik beschrieben wird. Im Jahre 1997 wurden danach sogar 20 % aller
Hernienoperationen laparoskopisch durchgeführt.
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Der Vorwurf des Klägers, das Landgericht habe im Rahmen der durchgeführten
Beweisaufnahme auf das Gutachten eines die laparoskopische Operationsmethode
favorisierenden Gutachters abgehoben, anstelle einen diesem Verfahren kritisch
gegenüberstehenden Sachverständigen mit der Erstellung des Gutachtens zu betrauen,
geht insoweit fehl, als gerade der gerichtlich bestellte Gutachter Prof. Sch. ausweislich
seines Schreibens vom 11.3.1998 die laparoskopische Operationstechnik selbst nicht
anwendet; soweit demgegenüber sein Oberarzt Dr. K. bei seiner mündlichen Anhörung
ausgeführt hat, er operiere seit 1993 permanent mittels dieser Technik und habe
mehrere hundert Operationen dieser Art durchgeführt und bei einer Vielzahl weiterer
assistiert, ist in jeder Hinsicht gewährleistet, dass die Gutachter die Frage, ob es sich um
eine Standardtechnik handelt, sowohl fachlich qualifiziert als auch in Kenntnis und unter
Abwägung anderer Operationsmethoden objektiv beantwortet haben.
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Der Senat sieht deshalb keine Notwendigkeit für eine erneute Begutachtung, wie sie der
Kläger begehrt; vielmehr ist zu seiner vollen Überzeugung von der Anwendung einer
Standardoperationstechnik auszugehen mit der Folge, dass eine gesonderte Aufklärung
über eine angebliche "Neulandtechnik" nicht erforderlich war.
30
2.
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Auch der daneben erhobene Vorwurf mangelhafter Grundaufklärung über die
spezifischen Risiken des Leistenbrucheingriffs als solchem ist nicht gerechtfertigt.
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Wohl ist davon auszugehen, dass der Kläger über die sich aus der von ihm
unterzeichneten Einverständniserklärung vom 1.7.1996 im einzelnen ergebende
umfangreichen Aufklärung hinaus tatsächlich nicht über das Risiko von
Nervverletzungen und insbesondere das des Eintritts einer Hodenatrophie aufgeklärt
wurde, auf das bei Leistenoperationen hinzuweisen ist (vgl. die
Rechtsprechungsnachweise bei Steffen/Dressler aaO, Rdnr. 345). Insoweit hat der
Beklagte aber darauf verwiesen, dass der Kläger bereits anlässlich der knapp ein Jahr
zuvor erfolgten Leistenbruchoperation auch über diese Risiken vollständig mit aufgeklärt
worden sei. Dem hat der Kläger nicht widersprochen; von seiner Kenntnis aller
hinweispflichtigen Risiken jedenfals aufgrund der vorausgegangenen Aufklärung
anlässlich des ersten Eingriffs ist deshalb auszugehen.
33
3.
34
Dem Beklagten können auch keine Behandlungsfehler zur Last gelegt werden.
35
Die Behauptung des Klägers, für die Durchführung der endoskopischen
Hernienchirurgie habe wegen des Vorliegens abdomineller Adhäsionen aufgrund der
Voroperation eine strikte Kontraindikation bestanden, wird durch die getroffenen
Fetstellungen der erstinstanzlich beauftragten Sachverständigen in keiner Weise
bestätigt, im Gegenteil haben diese den Eingriff ausdrücklich für indiziert erachtet.
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Dafür, dass derartige Adhäsionen (Verwachsungen) vorgelegen hätten, ergeben sich
keine Anhaltspunkte; auch die Gutachter haben nichts entsprechendes festgestellt. Die
vom Kläger aus dem Operationsbericht zitierte "Ausbildung eines derben peritonealen
Narbenstranges um den Samenstrang am inneren Leistenring" stellt keine solche
Adhäsion dar; im übrigen ergibt sich aus dem Operationsbericht gerade ausdrücklich,
dass solche nicht festgestellt wurden.
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Auch die dem Beklagten zum Vorwurf gemachte angeblich fehlerhafte Anbringung der
Clips bei der Befestigung des Netzes ist aufgrund der getroffenen Feststellungen der
Sachverständigen hierzu nicht bestätigt worden. Diese haben vielmehr ausdrücklich
festgestellt, dass seitens des Beklagten weder eine falsche Fixierungstechnik für das
eingebrachte Polypropylen-Netz angewandt worden sei, noch dass er zu viele
Klammern verwendet habe. Im übrigen komme es nicht auf die Anzahl der verwendeten
Klammern an, sondern auf deren Positionierung. Es sei zu vermeiden, dass die
Klammern lateral der epigastrischen Gefäße zur Fixation des Netzes benutzt werden.
Des weiteren sei darauf zu achten, dass die Klammern beim Verschluss des Bauchfells
nicht in die Bauchwand plaziert werden, um Nervenverletzungen zu vermeiden. Diese
Regeln seien vom Beklagten ausweislich des vorliegenden Operationsberichts
ausdrücklich beachtet worden. Auch seien keine ungenutzt im Bauchraum befindlichen
Klammern feststellbar.
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Die vom Kläger zu den Akten gereichte ärztliche Stellungnahme von Prof. S. vom
27.6.1997 gibt zu einer anderen Bewertung keinen Anlass. Prof. S. hat nämlich offenbar
ebenfalls keinen Fehler festzustellen vermocht; sein Bericht beruht vielmehr unter
ausdrücklichem Hinweis darauf, dass ihm kein Operationsbericht vorgelegen habe und
ihm deshalb weder über die Größe des Netzes noch über die Art der Operation in der
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Leibeshöhle etwas bekannt sei, im wesentlichen lediglich auf Vermutungen, deren
Abklärung er ausdrücklich von der Durchführung einer erneuten Laparoskopie abhängig
macht, der der Kläger aber nicht zugestimmt hat.
Das vom Kläger in der mündlichen Verhandlung am 18.11.1998 zu den Akten gereichte
Röntgenbild vom 2.6.1997 ist identisch mit dem schon früher vorgelegten, das die
Sachverständigen Prof. Sch./Dr. K. ihren gutachterlichen Feststellungen bereits
zugrundegelegt haben. Dies gilt auch für die vorgelegte Befundung dieses
Röntgenbildes durch PD Dr. L.. Soweit darin teilweise "offenstehende" Klammerdrähte
geschildert werden, ist dieser Umstand weder von den Sachverständigen noch auch
von Prof. S. als fehlerhaft gerügt worden; zu Beanstandungen der Handhabung des
Beklagten bei der Einbringung der Klammern hat dieser Umstand -seine Richtigkeit
unterstellt- jedenfalls ersichtlich keinen Anlass geboten.
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Soweit der Kläger auf angeblich mangelnde Erfahrung des Beklagten mit der
angewandten Operationsmethode verweist, kann hieraus ein Übernahmeverschulden
des Beklagten nicht hergeleitet werden. Unstreitig verfügte der Beklagte nämlich über
vielfältige Vorerfahrungen sowohl auf dem Gebiet von Leistenbruchoperationen im
allgemeinen als auch insbesondere im Hinblick auf laparoskopische Eingriffe im
allgemeinen. Der Sachverständige Dr. K. hat hierzu ausgeführt, dass es bei Eingriffen
der vorliegenden Art in erster Linie darauf ankomme, dass der Operateur allgemein mit
der laparoskopischen Operationsmethode Erfahrungen habe, wohingegen es nicht
darauf ankomme, ob er auf diese Weise schon viele Leistenbruchoperationen
durchgeführt habe. Auch derartige Operationen hatte der Beklagte indes unstreitig zuvor
bereits in mindestens 12 Fällen durchgeführt; zudem bestätigen die Sachverständigen
ausdrücklich die Durchführung des Eingriffs als lege artis.
41
4.
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Schließlich lässt sich insbesondere auch nicht feststellen, dass etwaige
Behandlungsfehler des Beklagten überhaupt kausal für den Eintritt der später beim
Kläger aufgetretenen Beschwerden geworden sein könnten. Vielmehr ist die Ursache
der geklagten körperlichen Beeinträchtigungen ungeklärt. Die Annahme des Klägers,
bei der Operation habe eine Nervverletzung oder -kompression als Auslöser der
Schmerzen stattgefunden, ist nicht belegt. Der Sachverständige Dr. K. hält
demgegenüber ausdrücklich auch lediglich Nervenreizungen oder ähnliches, verursacht
durch Narbengewebe, das als Reaktion auf den Eingriff entstehen könne, für eine
denkbare Ursache der Beschwerden, die der Kläger im Bereich der Leiste bis hin zum
Genitalbereich beklagt. Im übrigen hat der Gutachter ausgeführt, dass die vermeintliche
Verletzung des Nervus ileoinguinalis durchaus bereits Folge der Erstoperation im
September 1995 gewesen sein könnte. Eine entsprechende Vermutung enthält im
übrigen auch schon die schriftlich niedergelegte Einschätzung des Beklagten bei seiner
ersten Untersuchung des Klägers am 13.5.1997; sie ergibt sich im übrigen auch aus
dem Aufnahmebefund des Malteserkrankenhauses vom 12.6.1996. Im Ergebnis ist
deshalb auch ein ursächlicher Zusammenhang zwischen den vom Kläger behaupteten
Behandlungsfehlern und den geklagten Beschwerden nicht nachgewiesen.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
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Gegenstandswert für das Berufungsverfahren. 40.000,-- DM
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Wert der Beschwer für den Kläger: unter 60.000,-- DM
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