Urteil des OLG Köln vom 25.06.2001
OLG Köln: culpa in eligendo, juristische person, praktische ausbildung, vertragliche haftung, zivildienst, öffentlich, zdg, beleihung, körperschaft, verfügung
Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Vorinstanz:
Oberlandesgericht Köln, 7 U 172/00
25.06.2001
Oberlandesgericht Köln
7. Zivilsenat
Urteil
7 U 172/00
Landgericht Köln, 5 O 24/00
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Köln vom
29. 8. 2000 - 5 O 24/00 - wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
- Von einer Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen. -
Entscheidungsgründe
Die in formeller Hinsicht nicht zu beanstandende Berufung hat in der Sache selbst keinen
Erfolg.
I.
Dem Kläger steht gegenüber der beklagten C weder aus eigenem noch aus ihm
abgetretenem Recht der K Krankenhaus GmbH in Q (kurz: Krankenhaus GmbH) ein
Anspruch auf Schadensersatz zu.
1) Ein Amtshaftungsanspruch gem.§ 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG scheitert jedenfalls daran,
dass der Zivildienstleistende F keine ihm der Krankenhaus GmbH als D r i t t e gegenüber
obliegende Amtspflicht verletzt hat. Einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflichten
sind solche, die nach ihrem Zweck wenigstens auch seine Interessen wahrzunehmen
bestimmt sind (BGHZ 26, 232 (234); Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, 5. Aufl., S. 57 ff.
m.w.N.). Danach gehören zum Kreis der Dritten gegenüber obliegenden Amtspflichten
insbe-sondere nicht solche Dienstpflichten, die Beamte und die ihnen haftungsrechtlich
gleichgestellten Personen anderen Behörden gegenüber im Interesse des Gemeinwesens
an der Aufrechterhaltung einer geordneten, wohlfunktionierenden Verwaltung zu erfüllen
haben (BGHZ 26, 232 (234) und 87, 252 (255) = DVBl. 1983, 1064 = VersR 1983, 833).
Das schließt zwar nicht aus, dass auch Träger öffentlicher Gewalt "Dritte" im Sinne des
Amtshaftungsrechts sein können. Voraussetzung dafür ist aber, dass der Beamte bei
Erledigung seiner Dienstgeschäfte dieser anderen Körperschaft des öffentlichen Rechts in
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einer Weise gegenübertritt, wie sie für das Verhältnis zwischen ihm und seinem
Dienstherrn einerseits und dem Staatsbürger andererseits charakteristisch ist (BGHZ 27,
210 (211); 60, 371 (372); 87, 252 (255). Wirken hingegen der Dienstherr des Beamten und
eine andere Körperschaft des öffentlichen Rechts bei der Erfüllung einer ihnen
gemeinschaftlich übertragenen Aufgabe g l e i c h s i n n i g und nicht in Vertretung
einander widerstreitender Interessen derart zusammen, dass sie im Rahmen dieser
Aufgabe als Teil eines einheitlichen Ganzen erscheinen, dann können jene Pflichten, die
dem Beamten im Interesse der Förderung des gemeinsam angestrebten Ziels obliegen,
nicht als "drittgerichtete" Amtspflichten angesehen werden, deren Verletzung
außenrechtliche Amtspflichten auslöst (BGHZ 26, 232 (234); 60, 371 (373); Ossenbühl,
a.a.O.) Diese für das Verhältnis zweier einander gegenüberstehender Körperschaften des
öffentlichen Rechts entwickelten Grundsätze finden auch auf das Verhältnis des Des für
den Zivildienst und der - gem. § 4 ZDG anerkannten - Beschäftigungsstelle Anwendung,
und zwar selbst dann, wenn diese privatrechtlich organisiert ist (BGHZ 87, 253 (255) =
DVBl. 1983, 1064 = VersR 1983, 833). Eine Differenzierung zwischen beiden ist sachlich
nicht gerechtfertigt, wenn und soweit eine juristische Person des Privatrechts dem
Amtsträger und seinem Dienstherrn nicht anders als eine mit dem Dienstherrn nicht
identische sonstige öffentlich-rechtliche Körperschaft gegenübersteht.
Dem hier zu beurteilenden Fall liegt eine vergleichbare Sachlage zugrunde. Die Tätigkeit
des Zivildienstleistenden F im Krankenhaus war Teil seines Einführungsdienstes i.S.d. §
25 a Abs. 1 Nr. 3 ZDG, gehörte also zum Zivildienst und war Voraussetzung dafür, ihn im
Interesse des Allgemeinwohls später als Rettungssanitäter einsetzen zu können. Für die
entsprechende praktische Ausbildung hatte sich die Krankenhaus GmbH aus eigener
Initiative (vgl. § 2 Abs. 2 der Richtlinie des Landes S vom 10. 1. 1995) als - anerkannte -
Ausbildungsstelle zur Verfügung gestellt. Die Richtlinie betrifft zwar die Ausbildung von
Rettungssanitätern allgemein und nicht nur speziell von Zivildienstleistenden. Von
vornherein war aber klar, dass auch Zivildienstleistende zur Ausbildung zugewiesen
werden würden. Die Krankenhaus GmbH war insoweit also, obschon keine anerkannte
Beschäftigungsstelle gem. § 4 ZDG, in den Zivildienst eingebunden. Die Einweisung der
Zivildienstleistenden in den Sanitätsdienst, die ebenso vom D selbst oder von der
Beschäftigungsstelle hätte vorgenommen werden können, ist ihr im Wege des öffentlich-
rechtlichen Vertrages übertragen worden. Dies hatte zur Folge, dass der
Zivildienstleistende in den laufenden Krankenhausbetrieb eingegliedert war und den
Weisungen des Personals unterlag. Auch hier trifft deshalb der vom Bundesgerichtshof ins
Feld geführte Gesichtspunkt der "Beleihung" zu (BGHZ 87, 253). Nur die Form der
Beleihung unterscheidet sich - dort (bei der Beschäftigungsstelle) erfolgt sie durch einen
mitwirkungsbedürftigen Verwaltungsakt, hier aufgrund öffentlich-rechtlichen Vertrages.
Demgemäß betrifft die Verletzungshandlung allein das der Beleihung typische, vom
Zivildienst geprägte Innenverhältnis. Eine Haftung der beklagten C nach
Amtshaftungsgrundsätzen scheidet damit aus.
2) Dies gilt gleichermaßen für die Haftung der Beklagten aus einem verwaltungsrechtlichen
Vertrag.
Der Senat ist nicht gehindert, auch insoweit in eine Sachprüfung einzutreten. Zwar ist für
Pflichtverletzungen aus öffentlich-rechtlichen Verträgen der Verwaltungsrechtsweg eröffnet
(§ 40 Abs. 2 S. 1 VwGO). Jedoch weist § 17 Abs. 2 GVG für den Fall, dass der
Zivilrechtsweg, wie hier im Hinblick auf die Regelung in Art. 34 S. 3 GG, zulässig ist, dem
Gericht des zulässigen Rechtswegs eine rechtswegüberschreitende Sachkompetenz zu.
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Zwischen dem D für Zivildienst einerseits und dem Landesverband S des Deutschen Roten
Kreuzes (kurz: Landesverband) sowie der Krankenhaus GmbH andererseits sind jeweils
verwaltungsrechtliche Schuldverhältnisse begründet worden. Die beklagte C, vertreten
durch das D für Zivildienst, hat mit dem Landesverband aufgrund des § 5 a ZDG am 18. 12.
1996 einen Vertrag geschlossen (Bl. 39 ff. d. GA), wonach dieser verpflichtet ist, die in § 1
näher bezeichneten Verwaltungsaufgaben "im Auftrag und im Namen" des D für Zivildienst
durchzuführen. Zu den vom Landesverband zu erfüllenden Aufgaben gehört u.a. die
"Abordnung zum Einführungsdienst" (§ 1 Nr. 10 des Vertrages). In Ausführung der ihm
übertragenen Verwaltungsaufgaben hat der Landesverband den Zivildienstleistenden F mit
Verfügung vom 16. 6. 1998 (Bl. 6 d. GA) für die Zeit vom 10. 8. bis 4. 9. 1998 der
Krankenhaus GmbH zur Einweisung in den Zivildienst (klinische Ausbildung zum
Rettungsdienst) im Wege der Abordnung zugewiesen.
Eine vertragliche Haftung wegen der Beschädigung des Röntgengerätes aus dem danach
zwischen der Beklagten und der Krankenhaus GmbH begründeten öffentlich-rechtlichen
Vertragsverhältnis ergibt sich indessen nicht. Eine Haftung der Beklagten aus positiver
Forderungsverletzung, deren Grundsätze auch im öffentlichen Recht Anwendung finden, ist
nicht gegeben, weil die Klägerin weder vorgetragen hat noch sonst ersichtlich ist, dass der
Zivildienstleistende F zu Fehlleistungen, wie sie von der Klägerin behauptet werden, neigte
und deshalb der Beklagten ein Auswahlverschulden (culpa in eligendo) vorzuwerfen wäre.
Die Beklagte haftet ferner nicht aus dem - auch im öffentlichen Recht anzuwendenden -
Rechtsgedanken des § 278 BGB, weil die Verletzungshandlung - sei es nun, dass das
Röntgengerät beim Reinigen oder sei es, dass es beim Anheben beschädigt wurde - nicht
der Beklagten zuzurechnen ist, weil der Zivildienstleistende F nicht in Erfüllung einer ihr
ob-liegenden Verpflichtung gehandelt hat (vgl. hierzu BGHZ 135, 341 (349). Abzulehnen ist
schließlich auch eine Haftung der Beklagten in entsprechender Anwendung des § 670
BGB. Selbst wenn man eine Haftung nach dieser Vorschrift in einer
Sonderrechtsbeziehung wie der vorliegenden grundsätzlich bejaht (ablehnend z.B.
Nümann, Amtshaftung gegenüber Beliehenen, DVBl. 1984, 320 ff. m.w.N.), so fehlt es
jedoch am inneren Zusammenhang zwischen dem Auftrag (klinische Ausbildung zum
Rettungsdienst) und den Vorgängen (Putzarbeiten bzw Mitwirken bei Putzarbeiten), die zu
der Beschädigung des Röntgengerätes geführt haben sollen. Im ersteren Fall wären die
Arbeiten überdies allein im wirtschaftlichen Interesse der Krankenhaus GmbH erfolgt.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige
Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
III.
Der Senat hat keinen Anlaß gesehen, die Revision zuzulassen. Die Rechtssache hat keine
grundsätzliche Bedeutung. Dies wäre nur der Fall, wenn zu erwarten ist, dass die zu
beurteilenden Rechtsfragen auch künftig wiederholt auftreten werden oder wenn über ihre
Auslegung in der Rechtsprechung unterschiedliche Auffassungen geäußert worden sind.
Beide Voraussetzungen liegen nicht vor.
Streitwert für das Berufungsverfahren und zugleich Wert der Beschwer der Klägerin:
34.106,90 DM
Dr. Prior Martens Dr. Kling