Urteil des OLG Köln vom 22.09.1998

OLG Köln (vernehmung von zeugen, antrag, versorgung, beschwerde, zustand, sache, zpo, durchführung, gegenstand, umfang)

Oberlandesgericht Köln, 5 W 100/98
Datum:
22.09.1998
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
5. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
5 W 100/98
Vorinstanz:
Landgericht Aachen, 11 OH 4/98
Tenor:
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß der 11.
Zivilkammer des Landgerichts Aachen vom 27.07.1998 - 1 OH 4/98 -
wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
G r ü n d e
1
Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin hat in der Sache keinen Erfolg. Das
Landgericht hat hinsichtlich der Beweisfrage zu Ziffer I 2 des Beschlusses vom
04.06.1998 zu Recht den Antrag auf Durchführung eines selbständigen
Beweisverfahrens abgewiesen.
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Diese Beweisfrage lautet wie folgt:
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"War die Überkronung der vorgenannten Zahnbereiche gemäß Heil- und Kostenplan
des Antragsgegners vom 18.11.1996 zahnmedizinisch nicht indiziert? Falls eine
Indikation bejaht wird, waren das Ausmaß der prothetischen Neuversorgung und die
Tiefe der Präparation nicht indiziert? Ergab sich aus auftretenden Entzündungen nach
dem Einsetzen des Provisoriums eine Kontraindikation für das Einsetzen der
Originalkronen im November 1996?"
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Gemäß § 485 ZPO kann auf Gesuch einer Partei die Einvernahme eines Augenscheins
und die Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen zur Sicherung des Beweises
angeordnet werden. Dabei ist dieser Antrag nur zulässig, wenn der Gegner zustimmt
oder aber zu besorgen ist, daß das Beweismittel verloren geht oder seine Benutzung
erschwert wird oder wenn der gegenwärtige Zustand einer Sache festgestellt werden
soll und der Antragsteller ein rechtliches Interesse an dieser Feststellung hat.
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Was die Beweisfragen 1, 3 und 4 aus dem Antrag der Antragstellerin auf Durchführung
des selbständigen Beweisverfahrens anbetrifft, können die vorgenannten
Voraussetzungen bejaht werden, weil die Antragstellerin nach ihrem unwidersprochen
gebliebenen Vortrag substantiiert dargetan hat, daß sie sich im Hinblick auf die
Beschwerden im Bereich der vom Beklagten gefertigten zahnprothetischen Versorgung
genötigt sieht, alsbald eine zahnprothetische Neuversorgung durchführen zu lassen, in
welchem Falle eine erst in der weiteren Zukunft im Rahmen eines Zivilprozesses
durchzuführende Begutachtung des gegenwärtigen Zustandes der zahnprothetischen
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Versorgung der Klägerin erschwert bzw. verunmöglicht würde.
Die Voraussetzungen der genannten Bestimmung des § 485 ZPO können jedoch im
Hinblick auf die zitierte Beweisfrage zu 2 nicht bejaht werden. Im Rahmen dieser Frage
geht es nicht um die Feststellung eines gegenwärtigen Zustandes, sondern vielmehr um
die medizinische Begutachtung der Frage, ob der Gebißzustand der Klägerin zum
Zeitpunkt der zahnprothetischen Versorgung durch den Beklagten die durchgeführte
Behandlung indizierte oder aber diese kontraindiziert war sowie ferner, ob jedenfalls der
Umfang der durchgeführten zahnprothetischen Maßnahmen nicht indiziert war. Diese
Thematik zielt auf eine Begutachtung eines früheren Zustandes und auf die
medizinische Beurteilung einer hieraus evtl. resultierenden Behandlungsfehlerhaftigkeit
durch den Sachverständigen hin. Dahingehende Feststellungen eines medizinischen
Gutachters, die letztlich eine Begutachtung im Hauptsacheprozeß vorwegnehmen
würden, sind jedoch nicht Sinn und Gegenstand eines selbständigen Beweisverfahrens
in Arzthaftungssachen. Im Ergebnis dient somit der Antrag zu 2 der Sache nach einer
umfassenden Klärung eventueller ärztlicher Behandlungsfehler durch Vornahme nicht
bzw. kontraindizierter Behandlungen. Dahingehende Feststellungen können jedoch
nicht von einem selbständigen Beweisverfahren geleistet werden, weil es hierzu der
Schlüssigkeits- und Erheblichkeitsprüfung des normalen Zivilprozesses bedarf sowie
auch der im Rahmen dieses Verfahrens vorgesehenen Wege zur Beweiserhebung, wie
der Senat bereits in dem von den Parteien zitierten Beschluß 5 W 57/97 vom 21.08.1997
im einzelnen ausgeführt hat. Gegenstand und Sinn des selbständigen
Beweisverfahrens in Arzthaftungssachen kann es lediglich sein, den einer alsbaldigen
Veränderung unterliegenden gegenwärtigen Zustand des klagenden Patienten und
hieraus eventuell resultierender Folgebeschwerden sowie das Erfordernis möglicher
Nachbehandlungen zu begutachten. Mehr ist nicht Sinn des selbständigen
Beweisverfahrens in Arzthaftungssachen, so daß das Landgericht den dahingehenden
Antrag der Klägerin zu Ziffer I 2 zu Recht abgewiesen hat.
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Nach allem war die Beschwerde der Antragstellerin kostenpflichtig zurückzuweisen, §
97 ZPO.
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