Urteil des OLG Köln vom 08.05.1998
OLG Köln (unfall, kläger, verjährung, zeitpunkt, höhe, sozialhilfe, kreis, träger, verschulden, 1995)
Oberlandesgericht Köln, 19 U 210/97
Datum:
08.05.1998
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
19. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
19 U 210/97
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 20 O 80/97
Schlagworte:
Verjährungsunterbrechen Anerkenntnis
Normen:
SGB X § 116
Leitsätze:
Ein von dem Versicherer gegenüber dem Unfallgeschädigten
abgegebenes Anerkenntnis wirkt auch gegenüber dem
Sozialversicherungsträger, auf den die Ansprüche nach § 116 Abs. 1
SGB X übergegangen sind, verjährungsunterbrechend (Anlehnung an
BGH VersR 1996, 349 und VersR 1996, 1126).
Rechtskraft:
nicht rechtskräftig
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 20. Zivilkammer des
Landgerichts Köln vom 6.8.1997 - 20 O 80/97 - wird auf ihre Kosten zu-
rückgewiesen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird
nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von
240.000,-- DM abzuwenden, wenn nicht zuvor der Gegner in gleicher
Höhe Sicherheit leistet. Die Sicherheiten können auch durch
Bürgschaften einer deutschen Großbank, einer Genossenschaftsbank
oder einer öffentlichen Sparkasse erbracht werden.
T a t b e s t a n d
1
Der Kläger macht aus übergegangenem Recht Schadensersatzansprüche einer
inzwischen verstorbenen Frau M. B. gegen die Beklagte geltend. Diese hatte am
20.8.1991 im Alter von 78 Jahren einen Unfall dadurch erlitten, daß sie als Fußgängerin
von einer Radfahrerin angefahren wurde, die ihrerseits von einem Omnibus der
Beklagten zuvor von der Fahrbahn gedrängt worden war. Frau B. erlitt bei dem Sturz
schwere Kopfverletzungen und wurde bis zum 1.10.1991 in der Neurologischen Klinik
des Städtischen Krankenhauses in Leverkusen stationär behandelt. Von dort wurde sie
unmittelbar in ein Pflegeheim in S. überwiesen. Da ihre Mittel zur Aufbringung der
Heimkosten nicht ausreichten, übernahm im Zeitraum vom 1.10.1991 bis zum 30.6.1992
der Kreis S. und ab dem 1.7.1992 bis zu ihrem Tod am 23.8.1995 der Kläger als
überörtlicher Träger der Sozialhilfe die Unterbringungskosten.
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Bereits mit Schreiben vom 6.7.1992 hatte die Beklagte den Rechtsanwälten der Frau B.
auf deren Schreiben vom 16.6.1992 hin mitgeteilt:
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"... auf Ihr o.a. Schreiben teilen wir Ihnen mit, daß wir die Haftung dem Grunde nach
anerkennen. Wir bitten, die Ansprüche Ihrer Mandantin zu beziffern und zu belegen."
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Mit Schreiben vom 29.5.1992 bzw. 31.8.1992 haben der Kreis S. und der Kläger
Erstattungsansprüche aus der Heimunterbringung geltend gemacht. Mit Schreiben vom
6.7.1992, gerichtet an den Kreis S., und vom 21.9.1992, gerichtet an den Kläger,
erwiderte die Beklagte u.a. :
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"... auf Ihr o.a. Schreiben teilen wir Ihnen mit, daß die von Ihnen geltend gemachten
Ersatzansprüche ohne konkreten Nachweis und Belege so nicht anerkennen können."
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Zwischen März und Oktober 1993 korrespondierten die Parteien weiter. Mit Schreiben
vom 19.3.1996 bezifferte der Kläger seine Ersatzansprüche für die Zeit vom 1.12.1991
bis zum 23.8.1995 (Todestag) auf insgesamt 173.561,84 DM und forderte die Beklagte
zur Zahlung bis zum 31.5.1996 auf. Unter dem 6.5.1996 lehnte die Beklagte den geltend
gemachten Anspruch ab und berief sich auf Verjährung.
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Der Kläger hat beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an ihn 171.794,73 DM nebst 8,65 % Zinsen seit dem
22.7.196 zu zahlen.
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Die Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie hat die Ansicht vertreten, die Ansprüche seien verjährt und ihre Haftung auch dem
Grunde nach bestritten. Soweit der Kläger Ansprüche des Kreises S. geltend mache, sei
er auch nicht aktivlegitimiert.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf
den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
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Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Wegen der weiteren
Begründung wird auch insoweit auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidung
verwiesen.
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Mit der form- und fristgerecht eingelegten und auch rechtzeitig begründeten Berufung
macht die Beklagte geltend:
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Die Ansprüche des Klägers seien verjährt; das gegenüber Frau B. abgegebene
Anerkenntnis wirke nicht zugunsten des Klägers, da Frau B. wegen des gesetzlichen
Forderungsübergangs zur Zeit seiner Abgabe nicht mehr Rechtsinhaberin gewesen sei.
Eine Hemmung durch Verhandeln sei spätestens durch deren "Einschlafenlassen"
Ende Oktober 1993 beendet worden. Der Mahnbescheid vom 18.7.1996 sei nicht
geeignet ewesen, de Verjährung zu unerbrechen, da die geltend gemachte Forderung
nicht hinreichend individualisiert worden sei. Der Schadensersatzanspruch bestehe
auch dem Grunde nach nicht; der Kläger habe bis zur mündlichen Verhandlung erster
Instanz nicht vorgetragen und unter Beweis gestellt, daß die Beklagte ein Verschulden
an dem Unfall treffe; die Beklagte bestreite ein Verschulden ihres Fahrers. Sie bestreite
auch, daß die Pflegebedürftigkeit der Geschädigten auf den Unfall zurückzuführen sei;
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es sei davon auszugehen, daß eine Vorerkrankung zur Pflegebedürftigkeit geführt habe.
Das Vorbringen des Klägers zur Höhe sei unsubstantiiert, der geltend gemachte
Zinssatz werde bestritten.
Die Beklagte beantragt,
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unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen;
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ihr zu gestatten, Sicherheiten auch durch Bürgschaften einer deutschen Großbank, einer
Genossenschaftsbank oder einer öffentlichen Sparkasse erbringen zu können.
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Die Klägerin beantragt,
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die gegnerische Berufung zurückzuweisen.
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Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung. Sie ist der Ansicht, es sei ohne
Bedeutung, daß das Anerkenntnis gegenüber den Anwälten der Frau B. und nicht ihr
gegenüber erfolgt sei. Die Verjährung sei am 6.7.1992 unterbrochen worden. Auch
seien die Verhandlungen nicht eingeschlafen, vielmehr habe die Beklagte lediglich
wiederholt versucht, unter Hinweis auf Darlegungen zur Schadenshöhe Zeit zu
gewinnen. Schließlich habe der Mahnbescheid die Verjährung wirksam unterbrochen;
für die Beklagte habe kein Zweifel bestanden, worauf er sich bezogen habe Sämtliche
Pflegekosten seien durch den Unfall verursacht worden, die Schadenshöhe sei
hinreichend dokumentiert.
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Wegen der Einzelheiten des Berufungsvorbringens wird auf die Schriftsätze der
Parteien nebst den überreichten Unterlagen Bezug genommen.
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E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E
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Die zulässige Berufung der Beklagte hat keinen Erfolg.
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Die Ansprüche des Klägers sind entgegen der Ansicht der Beklagten nicht verjährt.
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Die Verjährungszeit für die hier in Betracht kommenden Ansprüche aus §§ 823 ff. BGB,
7, 18 StVG i.V.m. § 3 PflVG richtet sich nach §§ 852 BGB, 14 StVG und beträgt drei
Jahre. Da sich der Unfall bereits am 20.8.1991 ereignet hat, war die Frist bei Zustellung
des Mahnbescheids am 22.7.1996 bereits unzweifelhaft abgelaufen und konnte daher
die Verjährung nach § 209 Abs. 2 S. 1 BGB nicht mehr wirksam unterbrechen, wenn der
Ablauf der Verjährungsfrist nicht zwischenzeitlich nach § 852 Abs. 2 BGB gehemmt oder
nach § 208 BGB durch Anerkenntnis unterbrochen worden ist. Beides ist zu bejahen.
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Die Verjährung von Ansprüchen aus unerlaubter Handlung ist gehemmt, wenn
zwischen dem Ersatzpflichtigen und dem Ersatzberechtigten Verhandlungen über den
zu leistenden Schadensersatz schweben, bis der eine oder andere Teil die Fortsetzung
der Verhandlungen verweigert (§ 852 Abs. 2 BGB). Nach ständiger Rechtsprechung des
erkennenden Senates ist der Begriff des Verhandelns weit auszulegen. Es genügt jeder
Meinungsaustausch über den Schadensfall zwischen dem Berechtigten und dem
Verpflichteten, sofern nicht sofort und eindeutig jeder Ersatz abgelehnt wird.
Verhandlungen schweben schon dann, wenn der Verpflichtete Erklärungen abgibt, die
den Geschädigten zu der Annahme berechtigen, der Verpflichtete lasse sich jedenfalls
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auf Erörterungen über die Berechtigung von Schadensersatzansprüchen ein. Nicht
erforderlich ist, daß dabei eine Vergleichsbereitschaft oder eine Bereitschaft zum
Entgegenkommen signalisiert wird (BGH Urt. vom 11.11.1958 - VI ZR 231/57 = VersR
59, 34 (36); vom 13.2.1962 -VI ZR 195/61 = VersR 62, 615 (616); vom 17.9.1965 -VI ZR
227/64 = VersR 65, 1149 (1151); vom 20.6.1969 - VI ZR 21/68 = VersR 69, 857 (859),
jeweils zu § 14 Abs. 2 StVG; ferner Senatsurteil vom 10.5.1983 - VI ZR 173/81 = VersR
83, 690 (691) = NJW 83, 2075; BGH vom 28.11.1984 - VIII ZR 240/83 - BGHZ 93, 64 (66
f.); BGH VersR 1988, 718).
Ersatzberechtigt ist aufgrund der in § 116 Abs. 1 SGB X normierten Legalzession der
Kläger als Träger der Sozialhilfe, wobei sich der Übergang des
Schadensersatzanspruches auf ihn bereits im Zeitpunkt des Schadensereignisses
vollzogen hat; auf die Abtretung des Kreises S. kommt es damit nicht an. Der
Bundesgerichtshof hat sich mit der Frage, zu welchem Zeitpunkt der Anspruch des
Verletzten auf Schadensersatz wegen vermehrter Bedürfnisse auf den Sozialhilfeträger
vollzieht und zu welchem Zeitpunkt eine derartige Forderung verjährt, in zwei
grundlegenden Entscheidungen befaßt (BGH VersR 1996, 349; VersR 1996, 1126) und
hierzu (a.a.O., 349 ff.) ausgeführt:
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"Nach Ansicht des erkennenden Senats ist die in BGHZ 108, 296 (304) (= VersR 89,
1212 (1214] offengelassene, hier nun zu entscheidende Frage nach dem Zeitpunkt des
Forderungsübergangs auf den Sozialhilfeträger auf dem Boden des bereits genannten
Urteils BGHZ 127, 120 (126) (= VersR 94, 1450 (1452] dahin zu beantworten, daß die
Zession erfolgt, sobald infolge des schädigenden Ereignisses aufgrund konkreter
Anhaltspunkte, auch für eine Bedürftigkeit des Geschädigten, mit der Leistungspflicht
des Sozialhilfeträgers zu rechnen ist."
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Er hat diese Auffassung in der nachfolgenden Entscheidung (VersR 1996, 1126 ff.)
bekräftigt und u.a. ausgeführt:
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"Auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen kann nicht
zweifelhaft sein, daß im vorliegenden Fall mit der Leistungspflicht des Sozialhilfeträgers
im dargestellten Sinne bereits im Unfallzeitpunkt ernsthaft zu rechnen war. Aufgrund der
Schwere der Verletzungen der W., insbesondere des von ihr erlittenen
Schädelhirntraumas mit Schädelfraktur und hieraus folgendem apallischen Syndrom
(Unterstreichung diesseits), bestand von vornherein die naheliegende Gefahr, daß die
Verletzte zum Pflegefall werden könnte. Im Hinblick auf die Vermögenslosigkeit der W.
war abzusehen, daß, sollte auf Dauer eine Heimunterbringung oder eine ähnliche
Versorgung nötig werden, hierfür letztlich nur die Finanzierung durch einen
Sozialhilfeträger in Betracht kommt. Regelungen zur gesetzlichen Pflegeversicherung
bestanden im Unfallzeitpunkt noch nicht."
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So liegt es auch hier. Frau B. hat durch den Unfall eine Schädelfraktur sowie eine
Hirnprellung mit Einblutungen im Frontalhirnbereich mit hieraus folgendem apallischem
Syndrom erlitten (Anlagenhefter Bl. 1 - 4); bei der damals 82-jährigen, schon zuvor
schwerbehinderten Frau bestand deshalb von vornherein die naheliegende Gefahr, daß
sie zum Pflegefall werden könnte; deren Finanzierung konnte sie aus eigenen Mitteln
nicht aufbringen, so daß nur eine Finanzierung durch den Sozialhilfeträger in Betracht
kommen konnte.
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Zwischen den Parteien schwebten bis zur endgültigen Ablehnung im Schreiben der
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Beklagten vom 6.5.1996 (Anlagenhefter Bl.22) Verhandlungen i.S. § 852 Abs. 2 BGB.
Denn die Beklagte hat in ihren diversen Schreiben, zuletzt im Schreiben vom 17.5.1993
(Anlagenhefter Bl. 21) stets Erklärungen abgegeben, die den Kläger zu der Annahme
berechtigen konnten, er lasse sich jedenfalls auf Erörterungen über die Berechtigung
von Schadensersatzansprüchen ein; verlangt wurden immer Nachweise und eine
Konkretisierung dem Grunde und der Höhe nach. Insbesondere gilt dies vor dem
Hintergrund des Schreibens der Beklagten vom 6.7.1992 an die Anwälte der Verletzten
(Anlagenhefter Bl. 10), auf das noch nachfolgend eingegangen wird und in dem es
heißt:
"... auf ihr o.a. Schreiben teilen wir Ihnen mit, daß wir die Haftung dem Grunde nach
anerkennen. Wir bitten, die Ansprüche Ihrer Mandantin zu beziffern und zu belegen."
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Es ist deshalb auch kein Abbruch der Verhandlungen durch "Einschlafenlassen" erfolgt;
er tritt ein, wenn der Berechtigte den Zeitpunkt versäumt, zu dem eine letzte Anfrage des
Ersatzpflichtigen spätestens zu erwarten gewesen wäre (BGH NZV 90, 226; BGH NJW
1986, 1337). Ein solcher Zeitpunkt ist hier nicht auszumachen.
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War die Verjährungsfrist bis zum Erhalt des Schreibens vom 6.5.1996 durchgehend
gehemmt, erfolgte die Zustellung des Mahnbescheids in unverjährter Zeit; die
Verjährung ist hierdurch unterbrochen worden.
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Letztlich kann die Frage, ob die Verjährung gehemmt war, aber dahingestellt bleiben.
Denn richtigerweise ist davon auszugehen, daß die Verjährung bereits durch das an die
Rechtsanwälte der Geschädigten gerichtete Schreiben vom 6.7.1992 unterbrochen
worden ist, da es sich hierbei um ein Anerkenntnis i.S. des § 208 BGB gehandelt hat. Zu
Unrecht meint die Beklagte, dieses Anerkenntnis entfalte zwischen den Parteien keine
Wirkung, da es nur gegenüber der Verletzten, nicht aber gegenüber dem Träger der
Sozialhilfe abgegeben worden sei. Diese Frage ist, soweit ersichtlich, noch nicht
entschieden worden, aber nicht im Sinn der Beklagten zu beantworten. Zwar mag es
sein, daß die Ansprüche des Verletzten und des Trägers der Sozialhilfe
unterschiedliche Schicksale erleiden können. Hieraus kann aber nicht gefolgert werden,
daß die Klägerin sich nicht auf das von der Beklagten abgegebene Anerkenntnis
berufen kann, weil die Verletzte gar nicht mehr Anspruchsinhaberin war. Das ergibt sich
aus dem Zusammenspiel von § 2 BSHG (Nachrang der Sozialhilfe) und § 116 Abs. 1
SGB X. Hierzu hat der Bundesgerichtshof (VersR 1996, 349 ff.) ausgeführt:
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"Dennoch bleibt der Geschädigte trotz des Übergangs seines Anspruchs auf den
Sozialhilfeträger gegenüber dem Schädiger auch weiterhin zur Einforderung der
Schadensersatzleistung befugt. Das Zusammenspiel der Vorschriften des § 116 SGB X
und des § 2 BSHG begründet für ihn eine dahin gehende Einziehungsermächtigung.
Der Normzweck des § 116 Abs. 1 SGB X, durch den Regreß beim Schädiger eine
Entlastung der öffentlichen Kassen zu erzielen, und das an den Geschädigten gerichtete
Anliegen des § 2 BSHG, durch eigene Realisierung von Ansprüchen gegen Dritte eine
Inanspruchnahme der öffentlichen Haushalte möglichst zu vermeiden, münden nach
ihrer insoweit übereinstimmenden Zielsetzung in die Ermächtigung an den
Geschädigten, die Schadensersatzleistungen vom Schädiger selbst einzufordern.
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Zu dem Zweck, Leistungen des Sozialhilfeträgers von vornherein unnötig zu machen,
kommt dem Geschädigten somit ähnlich einem als Inkassoberechtigter des
Neugläubigers handelnden Altgläubiger bei der Sicherungszession die Befugnis zu,
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den Schädiger in eigenem Namen auf die Ersatzleistung in Anspruch zu nehmen (zur
fiduziarischen Einziehungsermächtigung s. BGHZ 32, 67 (71); Senat vom 11. 7. 1995 -
VI ZR 409/94 - VersR 95, 1205; Roth in Münch. Komm. zum BGB 3. Aufl. § 398 Rdn. 19,
39, 44 ff. und 49; Soergel/Leptien, BGB 12. Aufl. Vor § 182 Rdn. 19 f. und § 185 Rdn. 34
ff.)."
Die Verletzte war also bei Abgabe des Anerkenntnisses ermächtigt,
Schadensersatzleistungen von der Beklagten trotz der Legalzession selbst einfordern
zu können. Wenn die Beklagte ihr gegenüber dann den Schadensersatzanspruch dem
Grund nach anerkannte, so erfolgte dies gegenüber dem Anspruchsberechtigten und
entzog diesen damit wegen des Grundsatzes der Schadenseinheit (vgl. hierzu Lepa,
VersR 1986, 301 [303]) auch im Verhältnis zur Klägerin dem Streit. Unterbrochen wurde
die Verjährung für den gesamten Anspruch, auch wenn die Anerkennung der Höhe
nach vorbehalten war (BGH VersR 1974, 571; VersR 1984, 441).
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Entsprechend seinem Zweck schließt das von der Beklagten abgegebene
deklaratorische Schuldanerkenntnis zum Grunde alle Einwendungen tatsächlicher und
rechtlicher Natur für die Zukunft aus, die die Beklagte bei der Abgabe kannte oder mit
denen sie zumindest rechnete (vgl. Palandt - Thomas, BGB, 56. Aufl., § 781 Rn 4) . Ihr
ist es daher jetzt verwehrt zu bestreiten, den Fahrer des Busses treffe an dem Unfall kein
Verschulden.
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Daß der Unfall zur Pflegebedürftigkeit geführt hat, ergibt sich aus den ärztlichen
Berichten und dem dem Unfall nachfolgenden Geschehensablauf. Die Verletzte war bis
zum Unfall in der Lage, sich selbst zu versorgen; danach war sie wegen der
dokumentierten Hirnverletzungen ein absoluter Pflegefall. Die im Arztbericht vom
23.11.1991 (Anlagenhefter Bl. 59 f.) angedeutete bloße Möglichkeit, daß vor dem Unfall
auch eine Demenz vom Alzheimertyp vorgelegen haben könne, ist nicht geeignet, den
Kausalverlauf ernsthaft in Frage zu stellen.
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Die entstandenen Pflegekosten hat die Klägerin schon erstinstanzlich aufgeschlüsselt
(Bl. 12-14 d.A.). Die Beklagte hatte genügend Gelegenheit, hierzu erstinstanzlich
rechtzeitig vorzutragen. Ihr jetziges Bestreiten ist als verspätet zurückzuweisen (§ 528
Abs. 2 ZPO), da die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Schadenshöhe
die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde.
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Der Zinsschaden ergibt sich aus der Bescheinigung der WestLB vom 29.8.1996
(Anlagenhefter Bl. 18).
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Die Kosten der hiernach erfolglosen Berufung hat gem. § 97 Abs. 1 ZPO die Beklagte zu
tragen. Vorläufig vollstreckbar ist das Urteil nach §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
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Beschwer für die Beklagte: 171.794,73 DM
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