Urteil des OLG Köln vom 13.11.2007

OLG Köln: treu und glauben, versicherungsnehmer, rechtskräftiges urteil, abtretungsverbot, versicherungsvertrag, rechtshängigkeit, deckungsverhältnis, konkurs, gefahr, aktivlegitimation

Oberlandesgericht Köln, 9 U 204/06
Datum:
13.11.2007
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
9. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
9 U 204/06
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 24 O 589/01
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das am 28.09.2006 verkündete Urteil
der 24. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 24 O 589/01 - wird
zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der Kosten der
Streithelferin der Beklagten trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten und der Streithelferin
durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des insgesamt
vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte und die
Streithelferin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des
jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
GRÜNDE:
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I)
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Die Klägerin nimmt die Beklagte aus abgetretenem Recht als Bauschadens- und
Haftpflichtversicherer der Firma L. T. GmbH & Co KG (im folgenden:
Versicherungsnehmerin) wegen im Juni 1998 angeblich fehlerhaft durchgeführter
Sondierungsbohrungen unter dem Fliegerheim auf dem Grundstück des ehemaligen
Flugplatzes Bad A.-S. in Anspruch. Die Bohrarbeiten wurden von der Streithelferin als
Subunternehmerin der Versicherungsnehmerin ausgeführt. Die Versicherungsnehmerin
der Beklagten fiel noch im Jahre 1998 in Konkurs.
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Mit Schreiben vom 01.11.2001 trat der Konkursverwalter der Versicherungsnehmerin die
sich aus dem Versicherungsvertrag ergebenden Ansprüche der Versicherungsnehmerin
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gegen die Beklagte betreffend den streitigen Schaden an die Klägerin ab.
Vor dem Landgericht Köln hat die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung
von Schadensersatz in Höhe von 55.085,11 DM (28.164,57 €) nebst Zinsen in Höhe von
4% seit dem 24.12.1998 bis Rechtshängigkeit sowie ab Rechtshängigkeit in Höhe von 5
% über dem Basiszinssatz begehrt. Die Beklagte und ihre Streithelferin haben
beantragt, die Klage abzuweisen.
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Hinsichtlich der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien und der Streithelferin in
erster Instanz einschließlich der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf die
tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts in dem angefochtenen Urteil vom
28.09.2006 (Bl. 294 – 301 d. A.) Bezug genommen.
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Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil, auf das auch im übrigen wegen der
Einzelheiten Bezug genommen wird, die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass
ein pflicht- und sorgfaltswidriges Verhalten der Versicherungsnehmerin der Beklagten,
das einen Haftpflichttatbestand erfüllen könnte, nach dem Ergebnis der von ihm
durchgeführten Beweisaufnahme nicht feststellbar sei. Die Beweisaufnahme habe
vielmehr ergeben, dass die Klägerin den geltend gemachten Schaden allein zu
verantworten habe.
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Die weiteren zwischen den Parteien streitigen Fragen der Aktivlegitimation der Klägerin,
der Kausalität der Bohrungen für die Schäden, der Schadenshöhe, der Verjährung und
auch der von der Beklagten erklärten Hilfsaufrechnung hat das Landgericht offen
gelassen.
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Gegen dieses Urteil hat die Klägerin frist- und formgerecht Berufung eingelegt und ihr
Rechtsmittel in prozessordnungsgemäßer Form begründet.
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Mit ihrer Berufung, mit der sie ihr Vorbringen erster Instanz wiederholt und vertieft, macht
die Klägerin geltend, die Klageabweisung des Landgerichts sei überraschend, da sie
auf einen neuen, von den Parteien nicht vorgetragenen Sachverhalt gestützt sei, den
das Landgericht aus einer fehlerhaften Interpretation der Zeugenaussagen hergeleitet
habe. Die Annahme, dass sie, die Klägerin, das bei Durchführung der Bohrungen mittels
des sog. Lufthebeverfahrens bestehende Risiko bewusst eingegangen sei bzw.
verdrängt habe, sei unzutreffend. Vielmehr habe bei ihr ursprünglich bereits keine
Kenntnis davon bestanden, dass das Lufthebeverfahren eingesetzt werde. Vor Ort sei
dies zwar dann erkennbar gewesen; allerdings seien ihr die dadurch bestehenden
Gefahren nicht bekannt gewesen. Insoweit komme auch eine Wissenszurechnung nicht
in Frage.
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Im Hinblick auf ihre Aktivlegitimation vertritt die Klägerin weiterhin die Ansicht, die
Berufung der Beklagten auf das Abtretungsverbot des § 7 Nr. 3 AHB sei treuwidrig.
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Die Klägerin beantragt,
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unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an sie
28.164,57 € nebst 4 % Zinsen seit dem 24.12.1998 bis Rechtshängigkeit und ab
Rechtshängigkeit Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz zu zahlen,
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hilfsweise
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unter Aufhebung des angefochtenen Urteils festzustellen, dass die Beklagte
verpflichtet ist, der Klägerin in Ansehung etwaiger Schadensersatzansprüche,
die der Klägerin gegen Firma L. T. Kampfmittelbergung GmbH & Co KG aus
fehlerhaft durchgeführten Tiefensondierungsarbeiten (Bohrleistung) an dem
Bauvorhaben Fliegerheim des ehemaligen Flugplatzes Bad A.-S. - zustehen
könnten, Deckungsschutz zu gewähren,
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(sinngemäß)
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soweit der Senat keine Sachentscheidung treffe,
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unter Aufhebung des angefochtenen Urteils den Rechtsstreit zur erneuten
Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Köln zurückzuverweisen.
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Die Beklagte und die Streithelferin beantragen,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Zu dem von der Klägerin mit dem in der mündlichen Verhandlung eingereichten
Schriftsatz vom 01.10.2007 erstmals angekündigten Hilfsantrag haben die Beklagte und
die Streithelferin keinen Antrag gestellt und der Zulassung des Antrags nicht
zugestimmt.
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Die Beklagte und die Streithelferin verteidigen das angefochtene Urteil, vertiefen ihren
Sachvortrag zu den durchgeführten Bohrungen und dem Wissensstand der Klägerin im
Hinblick auf die Gefahrenlage und berufen sich weiterhin insbesondere auf die fehlende
Aktivlegitimation der Klägerin. Die Berufung der Beklagten auf das Abtretungsverbot
verstoße nicht gegen Treu und Glauben. Die vorgerichtlich erfolgte Korrespondenz mit
der Klägerin über den im übrigen von Beginn an streitigen Haftungsgrund gehöre zum
üblichen Verhalten eines Haftpflichtversicherers.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt
der gewechselten Schriftsätze und eingereichten Unterlagen sowie auf das Protokoll der
mündlichen Verhandlung vom 02.10.2007 (Bl. 414 – 415 d.A.) verwiesen.
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II)
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Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist unbegründet.
Der mit dem Hauptantrag verfolgte Zahlungsanspruch steht der Klägerin nicht zu, weil
die Klägerin nicht aktivlegitimiert ist. Der hilfsweise gestellte Feststellungsantrag ist
zwar zulässig, in der Sache jedoch ebenfalls nicht begründet.
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1. Zahlungsantrag
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Das Landgericht ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass der Klägerin
gegen die Beklagte der geltend gemachte Zahlungsanspruch nicht zusteht.
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Der Senat teilt zwar nicht die Auffassung des Landgerichts, dass die Klägerin nach dem
Ergebnis der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme den eingetretenen
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Schaden selbst zu verantworten und deshalb keinen Haftpflichtanspruch gegen die
Versicherungsnehmerin der Beklagten habe. Für die Annahme, dass jegliche Prüfungs-
und Hinweispflichten der Versicherungsnehmerin im Hinblick auf die mit den Bohrungen
mittels des Lufthebeverfahrens verbundenen Risiken angesichts der auf Klägerseite
vorhandenen Kenntnisse und Erfahrungen entfielen, reichen die vom Landgericht
getroffenen Feststellungen nicht aus. Allein aus der Auftragserteilung für die Bohrungen,
der Kenntnis der Klägerin von der Bodenqualität und selbst dem vermeintlich günstigen
Angebotspreis lässt sich nicht schlussfolgern, die Klägerin habe auch Kenntnis davon
gehabt, dass sich das zur Anwendung gekommene Bohrverfahren für den Auftrag nicht
eignete oder zumindest hohe Risiken barg. Darüber hinaus ist auch die Zurechenbarkeit
der Kenntnisse des Zeugen U. ebenso wie die der angeblichen Weisungen des
Kampfmittelbeseitigungsdienstes nicht geklärt.
Die Haftpflichtfrage war jedoch nicht weiter zu vertiefen, weil die Zahlungsklage nicht
den Haftpflichtanspruch zum Streitgegenstand hat, sondern die Klage allein das auf
dem Versicherungsvertrag zwischen der Versicherungsnehmerin und der Beklagten
fußende Deckungsverhältnis betrifft und die Klägerin für einen daraus abgeleiteten
Zahlungsanspruch nicht aktivlegitimiert ist.
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Gemäß § 154 VVG und § 5 Abs. 5 der unstreitig dem Versicherungsvertrag zugrunde
liegenden AHB setzt eine Zahlungsverpflichtung aus dem Deckungsverhältnis voraus,
dass der Haftpflichtanspruch zwischen der Klägerin und der Versicherungsnehmerin der
Beklagten entweder durch rechtskräftiges Urteil oder mit Genehmigung der Beklagten
durch Anerkenntnis bzw. Vergleich festgestellt ist. Keine dieser Voraussetzungen ist
erfüllt. Die unter dem 01.11.2001 von dem Konkursverwalter der
Versicherungsnehmerin erklärte Abtretung der Ansprüche aus dem
Versicherungsvertrag hatte ersichtlich den ausschließlichen Zweck, die
Auseinandersetzung über die Haftpflichtfrage gleich unmittelbar mit dem Versicherer
führen zu lassen und beinhaltete auch nach dem Verständnis der Klägerin ersichtlich
kein Anerkenntnis des Haftpflichtanspruchs, das gegenüber der Beklagten mangels
Genehmigung ohnehin keine bindende Wirkung entfalten konnte.
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Der Konkurs der Versicherungsnehmerin hat zu keiner abweichenden Rechtslage
geführt. Zwar entsteht dem Geschädigten im Konkurs- bzw. Insolvenzfall gemäß § 157
VVG ein Anspruch auf abgesonderte Befriedigung aus der Entschädigungsforderung
gegenüber dem Versicherer. Das setzt aber voraus, dass der Haftpflichtanspruch fällig
ist, weil sonst kein fälliger Deckungsanspruch besteht, § 154 Abs. 1 VVG. Daher muss
der Geschädigte im Streitfall seine Klage grundsätzlich stets gegen den Konkurs- bzw.
Insolvenzverwalter richten (st. Rspr. des BGH, vgl. VersR 1987, 655 sowie VersR 1989,
730 = NJW –RR 1989, 1989).
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Die Haftpflichtfrage kann grundsätzlich innerhalb des Deckungsprozesses nicht als
Vorfrage mitgeklärt werden. Da im Recht der Haftpflichtversicherung das
Trennungsprinzip gilt, ist es grundsätzlich nicht möglich, die noch nicht verbindlich
geklärte Haftpflichtfrage innerhalb des Deckungsprozesses als Vorfrage mitzuklären.
Dieses Trennungsprinzip beruht auf der Struktur des Haftpflichtvertrages. Danach ist der
Streit, ob ein Haftpflichtanspruch überhaupt besteht, im Haftpflichtprozess zwischen dem
Geschädigten und dem Versicherungsnehmer als – angeblichem – Schädiger
auszutragen. Die hiervon grundsätzlich unabhängige Frage, ob für einen solchen
Schadensfall Deckungsschutz besteht, ist im Deckungsprozess zwischen dem
Versicherungsnehmer und dessen Versicherer zu klären. Der Versicherer hat
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grundsätzlich ein berechtigtes Interesse daran, mit Fragen aus dem Haftpflichtverhältnis
nicht belastet zu werden, wie sich auch daraus ergibt, dass ein Direktanspruch – wie
etwa in § 3 PflVG – nicht besteht.
Eine Durchbrechung erfährt dieser Grundsatz, wenn der Versicherungsnehmer seinen
Deckungsanspruch mit Zustimmung des Haftpflichtversicherers an den Geschädigten
abgetreten hat. Denn wenn der Versicherer sich schon ausdrücklich damit
einverstanden erklärt, dass Inhaber des Deckungsanspruchs nicht mehr sein
Versicherungsnehmer, sondern der Geschädigte selbst sein soll, eine
Personenverschiedenheit auf Gläubigerseite hinsichtlich der Geltendmachung von
Haftpflichtanspruch und Deckungsanspruch also nicht mehr besteht, dann muss der
Versicherer auch hinnehmen, dass der Deckungsprozess zugleich auch mit Fragen aus
dem Haftpflichtverhältnis geführt wird (vgl. dazu BGH DB 1980, 1889 ff; OLG Stuttgart
VersR 2000, 881f., juris-Rz. 27).
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Der von dem Konkursverwalter der Versicherungsnehmerin mit Schreiben vom
01.11.2001 erklärten Abtretung der Ansprüche aus dem Versicherungsverhältnis
betreffend den streitigen Schaden hat die Beklagte indessen nicht zugestimmt, so dass
die Abtretung gem. § 7 Nr. 3 AHB i.V.m. § 399 2. Alt. BGB unwirksam ist.
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§ 354 a HGB steht der Wirksamkeit des Abtretungsverbots nicht entgegen. Bei dem
Deckungsanspruch des Versicherungsnehmers gegen den Versicherer handelt es sich
nicht um eine Geldforderung (BGH VersR 2007, 1116, juris-Rz.34).
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Die Beklagte ist nicht gemäß § 242 BGB nach dem Grundsatz von Treu und Glauben
ausnahmsweise gehindert, sich auf die Unwirksamkeit der Abtretung zu berufen. Der
Ausnahmetatbestand greift nur ein, wenn das Abtretungsverbot nicht von einem
beachtlichen, im Zweckbereich des Abtretungsverbots liegenden Interesse gedeckt ist.
Ein solches Interesse ist hier aber auf Seiten der Beklagten gegeben.
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Das berechtigte Interesse der Beklagten an der Unwirksamkeit der Abtretung besteht bei
der vorliegenden Konstellation schon allein darin, dass sie sich nur so dagegen wehren
kann, entgegen den Grundsätzen des Trennungsprinzips im Deckungsprozess auch
über Fragen verhandeln zu müssen, die ausschließlich die Haftpflichtproblematik, nicht
aber Rechtsfragen aus dem Deckungsverhältnis betreffen. An dieser Sichtweise vermag
der Umstand, dass das Landgericht über die Haftpflichtfrage – systemwidrig – Beweis
erhoben hat, nichts zu ändern.
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Außerdem ist das Interesse des Versicherers anzuerkennen, sich bezüglich der
Problematik des Deckungsverhältnisses unmittelbar nur mit dem eigenen
Versicherungsnehmer auseinander zu setzen, der hierbei auch die
versicherungsvertraglichen Obliegenheiten zu beachten hat (vgl. OLG Stuttgart aaO
Rz.28; OLG Hamm, VersR 1991, 579 f). Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Fall
auch von der vom Oberlandesgericht Düsseldorf (VersR 1983, 625 ff.) entschiedenen
Konstellation, auf die sich die Berufung unter Bezugnahme auf den erstinstanzlichen
Schriftsatz der Klägerin vom 20.03.2002 (dort S. 2, GA 32) stützt. In dem vom OLG
Düsseldorf entschiedenen Fall wurde dem Versicherer ausnahmsweise verwehrt, sich
auf das Abtretungsverbot zu berufen, nachdem der Versicherungsnehmer durch die
Ereignisse, die den Versicherungsfall ausgelöst hatten, verstorben war. Der Grund
hierfür lag darin, dass der Zweck des Abtretungsverbotes, die Vernehmung des
Versicherungsnehmers als Zeugen auszuschließen, nicht mehr entgegenstand.
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Vorliegend ist eine vergleichbare Ausnahmesituation aber nicht gegeben.
Als rechtsmissbräuchlich könnte sich die Berufung auf das Abtretungsverbot auch dann
erweisen, wenn für die Klägerin als Geschädigte die Gefahr bestünde, im Verlaufe der
haftpflichtrechtlichen Auseinandersetzung mit dem Versicherungsnehmer die
wirtschaftliche Absicherung durch die versicherungsrechtliche Deckung zu verlieren.
Diese Gefahr ist nur dann zu bejahen, wenn Versicherer gegenüber seinem
Versicherungsnehmer die Deckung abgelehnt hat und dieser darauf zu erkennen gibt,
den Deckungsanspruch von sich aus nicht mehr weiter verfolgen zu wollen (vgl. dazu
OLG Stuttgart, VersR 2000, 881 f. juris-Rz. 28; OLG Hamm, VersR 1991, 579, 580).
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Vorliegend hat die Beklagte ihrer Versicherungsnehmerin durch ihre Schreiben vom
05.08.1998 (GA 42) und 22.12.1998 (GA 44) jedoch gerade die Deckung zugesagt und
die Verteidigung gegen deren Inanspruchnahme übernommen. Die Klägerin hätte daher
zunächst den Haftungsprozess betreiben können und wäre hierbei – sofern dieser zu
ihren Gunsten entschieden worden wäre – nicht Gefahr gelaufen, am Ende wirtschaftlich
leer auszugehen.
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Auch aus dem außergerichtlich mit der Klägerin seitens der Beklagten geführten
Schriftverkehr über die Berechtigung der klägerischen Forderungen lässt sich kein
Verstoß gegen Treu und Glauben herleiten. Denn die Beklagte hat sich durch die
Berufung auf das Abtretungsverbot weder in Widerspruch zu ihrem früheren Verhalten
gesetzt noch ein auf ihr vorangegangenes Verhalten zurückgehendes berechtigtes
Vertrauen der Klägerin (vgl. OLG München, VersR 1991, 456 f) enttäuscht.
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In den an die Klägerin gerichteten Schreiben vom 22.12.1998 (Bl. 8 d.A.), 27.07.1998
(Bl. 405 d.A.), 12.08.1998 (Bl. 403 d.A.) und 22.02.2000 (Bl. 35 und 401 d.A.) hat sich
die Beklagte gegenüber der Klägerin – zum Teil sogar ausdrücklich - als
Haftpflichtversicherer ihrer Versicherungsnehmerin gemeldet und in deren Namen die
klägerischen Ansprüche zurückgewiesen. Damit ist die Beklagte – für die Klägerin
erkennbar - lediglich der gegenüber ihrer Versicherungsnehmerin aus dem
Versicherungsvertrag bestehenden Pflicht nachgekommen, dieser Rechtsschutz bei der
Abwehr von aus Sicht der Beklagten unberechtigten Ansprüchen zu gewähren. Aus den
mit der Versicherungsnehmerin gewechselten Schreiben der Beklagten vom 05.08.1998
(Bl. 42 d.A.), 16.12.1998 (Bl. 26 d.A.) und 22.12.1998 (Bl. 44 d.A.) ergibt sich nichts
anderes. Der gesamte Schriftverkehr beinhaltete keine Erklärungen der Beklagten oder
Verhandlungen zwischen den Parteien, aus denen die Klägerin ein Vertrauen auf eine
Regulierung ihres Schadens durch die Beklagten hätte stützen können.
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Das Abtretungsverbot des § 7 Nr. 3 AHB würde weitgehend gegenstandslos, wenn der
Versicherer in jedem Fall, in dem er in Erfüllung seiner gegenüber dem
Versicherungsnehmer bestehenden vertraglichen Verpflichtungen mit dem
Anspruchsteller in Kontakt tritt oder in dem – wie hier - nur ein Geschädigter vorhanden
ist, verpflichtet sein sollte, seine Zustimmung zur Abtretung zu erteilen, oder im Falle
einer ohne seine Zustimmung erfolgten Abtretung nach Treu und Glauben gehindert
sein sollte, sich auf dieses Verbot zu berufen (vgl.dazu OLG Hamm, VersR 1991, 579,
580).
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Dies gilt insbesondere dann, wenn die Abtretung seitens des Versicherungsnehmers
wie vorliegend zeitlich weit nach Beendigung der außergerichtlichen Korrespondenz
des Versicherers mit dem Anspruchsteller erfolgt. Denn in dieser Situation konnte sich
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der Schriftwechsel auch aus Sicht der Klägerin allein auf den Haftpflichtanspruch
beziehen.
Schließlich ist auch keine der Konstellationen gegeben, für die von der Rechtsprechung
weitere Ausnahmen nach § 242 BGB anerkannt sind (vgl. insoweit BGH VersR 1983,
945 f sowie VersR 1975, 655).
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2. Feststellungsantrag
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Die Berufung der Klägerin hat auch nicht mit dem hilfsweise von der Klägerin gestellten
Feststellungsantrag Erfolg. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob dieser erstmals in dem
während der Berufungsverhandlung überreichten Schriftsatz der Klägerin vom
01.10.2007 angekündigte Hilfsantrag ein zulässiges Minus gegenüber dem
Zahlungsantrag beinhaltet oder ob mit dem Feststellungsantrag eine Klageänderung im
Sinne von § 533 Nr. 1 2. Alt. ZPO verfolgt wird. Denn die Klageänderung wäre jedenfalls
als sachdienlich zuzulassen, da über diesen Hilfsantrag ohne weitere Sachaufklärung
entschieden werden kann.
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Der Feststellungsantrag ist zwar gemäß § 256 Abs. 1 ZPO zulässig, in der Sache
jedoch nicht begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf
Deckungsschutz.
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Zwar ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass dem Geschädigten unter gewissen
Voraussetzungen ein Anspruch auf gerichtliche Feststellung zustehen kann, dass der
Versicherer Deckungsschutz zu gewähren habe. Jedoch geht dieser
versicherungsvertragliche Anspruch allein dahin festzustellen, dass der Versicherer
seinem Versicherungsnehmer Deckungsschutz zu gewähren hat (vgl. BGH VersR 2001,
90 ff, juris-Rz. 10; BGH VersR 1991, 414 f; BGH VersR 2002, 1020).
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Dem gegenüber besteht kein Anspruch des geschädigten Dritten, dass der Versicherer
dem an dem Deckungsverhältnis nicht beteiligten geschädigten Dritten Deckung zu
gewähren hat. Dies ist jedoch Inhalt des vorliegend von der Klägerin erhobenen
Feststellungsantrags. Bereits hieran scheitert der Hilfsantrag.
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Das von der Klägerin für die Begründung ihres Feststellungsantrags angeführte Urteil
des Kammergerichts Berlin (VersR 2007, 349 ff) überzeugt nicht. Die Argumentation des
Kammergerichts lässt das in der Haftpflichtversicherung geltende Trennungsprinzip
unberücksichtigt. Die Frage des Deckungsschutzes betrifft allein das
versicherungsvertragliche Verhältnis zwischen Versicherungsnehmer und Versicherer
und ist daher auch nur insoweit möglicher Gegenstand eines Feststellungsanspruchs.
An diesem Rechtsverhältnis ist der geschädigte Dritte nicht beteiligt. Im Einklang hiermit
steht die oben genannte und auch vom Kammergericht in Bezug genommene
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, die das Kammergericht allerdings im
Hinblick auf die Frage, zu wessen Gunsten ggf. Deckungsschutz festzustellen ist,
unzutreffend auf den geschädigten Dritten ausgedehnt hat.
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Ob vorliegend trotz der seitens der Beklagten vorgerichtlich gegenüber ihrer
Versicherungsnehmerin abgegebenen Deckungszusage angesichts der im Rechtsstreit
von der Beklagten erhobenen Verjährungseinrede ein Rechtsschutzbedürfnis für eine
Feststellungsklage der Klägerin mit dem Inhalt, dass die Beklagte ihrer
Versicherungsnehmerin Deckungsschutz zu gewähren habe, erfolgversprechend
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gewesen wäre, hatte der Senat angesichts der eindeutigen Antragstellung der Klägerin,
die auch durch die Antragsbegründung keinen Zweifel daran ließ, dass die Klägerin zu
ihren Gunsten Deckungsschutz festgestellt wissen wollte, nicht zu entscheiden.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 101 Abs.1, 708
Nr. 10, 711 ZPO.
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Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 ZPO für die Zulassung der
Revision liegen nicht vor.
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Der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu. Das Urteil des Senats hat
über die Entscheidung des konkreten Einzelfalls mit seinen Besonderheiten hinaus
keine Bedeutung.
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Die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung
erfordern keine Entscheidung des Revisionsgerichts. Die Entscheidung des Senats
weicht nicht von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ab. Das Urteil des
Kammergerichts Berlin geht – wie vorstehend dargelegt – von einem rechtlichen Ansatz
aus, der nicht mit der Rechtsprechung des BGH übereinstimmt, und rechtfertigt aus
diesem Grunde nicht die Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung (vgl. BGH WM 2003, 1346, MDR 2004, 168).
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Wert des Berufungsverfahrens: 28.164,57 €
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