Urteil des OLG Köln vom 26.10.1995

OLG Köln (kläger, treu und glauben, miete, gutachten, 1995, wiederkehrende leistung, zpo, schiedsgutachter, ergebnis, veränderung)

Oberlandesgericht Köln, 12 U 73/95
Datum:
26.10.1995
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
12. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
12 U 73/95
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 2 O 396/94
Tenor:
Die Berufung der Kläger gegen das am 16.3.1995 verkündete
Teilanerkenntnis- und Schlußurteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts
Köln - 2 O 396/94 - wird mit der Maßgabe zu-rückgewiesen, daß die
Kostenentscheidung geändert und wie folgt neu gefaßt wird: Die in
erster Instanz entstandenen Kosten des Rechtsstreits haben die Kläger
zu 84 % und die Beklagte zu 16 % zu tragen. Die Kosten des
Berufungsverfahrens werden den Klägern auferlegt. Das Urteil ist
vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Zwangsvollstreckung
gegen Sicherheitsleistung abwenden, und zwar - die Kläger diejenige
durch die Beklagte gegen eine solche von 25.000,00 DM, - die Beklagte
diejenige durch die Kläger gegen eine solche von 6.000,00 DM, falls
nicht vor der Vollstreckung jeweils in gleicher Höhe Sicherheit geleistet
wird. Die den Parteien obliegende Sicherheitsleistung kann auch durch
eine selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank oder
öffentlichen Sparkasse erbracht werden.
T a t b e s t a n d
1
Mit schriftlichem Vertrag vom 31.7.1989 (GA 11-18), der durch drei Nachträge in den
Jahren 1990 und 1991 ergänzt wurde (GA 19-22), mietete die Beklagte von den Klägern
das seinerzeit noch zu errichtende Gebäude P. Straße ... in B. G. zum Preise von 18,00
DM pro Quadratmeter ab dem Ersten des auf die Bezugsfertigkeit folgenden Monats für
die Dauer von 10 Jahren. Bei einer Nutzungsfläche von 1.939,62 Quadratmeter betrug
bei Mietbeginn am 1.11.1990 die Gesamtmiete daher 34.913,16 DM.
2
Die Parteien streiten um die Berechtigung einer von den Klägern auf der Grundlage von
§ 4 des Mietvertrags geltend gemachten Mieterhöhung. Die hierin enthaltenen Abreden
lauten wie folgt:
3
a. Beide Vertragsparteien haben während der festen Vertragsdauer das Recht, eine
Überprüfung des Mietzinses zu verlangen, wenn sich der
Lebenshaltungskostenindex eines 4-Personen-Arbeitnehmerhaushaltes mit
4
mittlerem Einkommen des alleinverdienenden Haushaltsvorstandes während der
Laufzeit des Mietvertrages um mehr als 10 Punkte verändert (Basisjahr 1980 =
100). Dieses Recht kann erstmals nach zwei Jahren seit Beginn des
Mietverhältnisses geltend gemacht werden. ...
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6
Die Veränderung des bisher vereinbarten Mietpreises hat sich an der Veränderung
der ortsüblichen Marktmiete für Geschäftsräume gleicher Art und Lage seit der letzten
Festsetzung des Mietpreises zu orientieren.
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1. Wenn aufgrund der Ziffer 1. der Mietpreis neu festgesetzt wurde, haben beide
Vertragsparteien erst nach Ablauf von zwei Jahren seit dem Stichtag der
vorangegangenen Neufestsetzung des Mietpreises erneut das in Ziffer 1.
vereinbarte Recht.
8
1. ...
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10
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11
Können sich die Mietparteien über die neue Miethöhe nicht einigen, so legt ein von
beiden Parteien benannter und zu beauftragender Sachverständiger als
Schiedsgutachter den neuen Mietzins nach den Kriterien des Absatzes 1, letzter
Satz, verbindlich fest. Kommt eine Einigung über die Person des Sachverständigen
nicht zustande, so wird dieser auf Antrag einer der Mietparteien von der Industrie- und
Handelskammer bestimmt. ..."
12
Nachdem die Kläger eine Mieterhöhung verlangt hatten, jedoch eine Einigung hierüber
nicht möglich war, beauftragten sie den ihnen von der I. K. vorgeschlagenen
Sachverständigen Dipl. Ing. F. mit der Erstattung des Gutachtens. In dem
Auftragsschreiben der Kläger an den Gutachter vom 16.3.1993, das diese der Beklagten
zur Kenntnisnahme zuleiteten, heißt es u. a.:
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14
"Schiedsgutachterfragen:
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16
a)
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18
Wie hat sich die Miete für Büroflächen gleicher Art, Lage und Güte seit Juli 1989 ...
bis zum 31.12.1992 ... entwickelt bzw. wie hoc ist die Miete im Dezember 1992
19
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20
..."
21
Nachdem ein in der Folgezeit zwischen den Parteien anläßlich eines Termins mit dem
Sachverständigen entstandener Streit über die zeitlichen Bezugspunkte für die
Ermittlung der Mieterhöhung beigelegt worden war, erstattetete der Sachverständige F.
unter dem 20.10.1993 sein Gutachten, in dem er zu dem Ergebnis kam, daß zum
maßgeblichen Bewertungsstichtag (Januar 1993) eine Nettokaltmiete von 16,12 DM/m2
und zzgl. in der Ursprungsmiete enthaltener weiterer Kalkulationsfaktoren insgesamt
eine Miete von 20,00 DM/m2 gerechtfertigt sei. Diesem Gutachten, auf das im übrigen
einschließlich der Anlagen sowie der hierin in Bezug genommenen Korrespondenz
zwischen den Parteien (GA( 27-57; 187-203) verwiesen wird, lag methodisch eine
Gegenüberstellung des Mietpreispegels zu den jeweiligen Stichtagen, und zwar nicht
nur der Neuvermietungen, sondern auch von bereits länger vermieteten Objekten
zugrunde.
22
Am 9.11.1993 zahlte die Beklagte rückwirkend ab Mai 1993 die Differenz zwischen der
ursprünglichen und der von dem Sachverständigen ermittelten Miete und übersandte
den Klägern gleichzeitig den Entwurf eines 4. Nachtrags zum Mietvertrag, der nunmehr
einen monatlichen Gesamtmietpreis 38.792,40 DM vorsah (GA 80). Die Kläger
verweigerten indes die geforderte Gegenzeichnung, weil sie folgende Passage
beanstandeten:
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"Für den Fall, daß eine von der Vermieterin angestrebte gerichtliche Überprüfung des
Gutachtens zu einem vom Gutachten abweichenden Mietzins führt, verpflichteten sich
beide Vertragsparteien, diesen neuen Mietzins rückwirkend ab 1.5.1993 zu
akzeptieren und die daraus resultierenden Forderungen entsprechend auszugleichen."
24
Ein hierzu von den Klägern unterbreiteter Gegenvorschlag, der die Feststellungen des
Sachverständigen F. als für beide Parteien verbindlich im Sinne einer Mindestanhebung
des Mietzinses vorsah, wurde wiederum nicht von der Beklagten akzeptiert. Ab Juni
1994 zahlte die Beklagte, nachdem sie die Kläger darauf hingewiesen hatte, daß sie als
Behörde ohne schriftliche Absprachen keine Zahlungen leisten könne, wiederum nur
die Ursprungsmiete, beglich aber am 1.10.1994 (nach Klageerhebung) den Rückstand,
nachdem die Kläger am 11.8.1994 den 4. Nachtrag in der ursprünglichen Fassung
unterzeichnet hatten.
25
Die Kläger halten das Gutachten des Sachverständigen F. für offenbar unrichtig und
damit für unverbindlich, soweit dieses die Ermittlung der Nettokaltmiete des Objekts
betrifft. Hierzu haben sie gemeint, der Schiedsgutachter habe einen unzutreffenden
Vergleichsmaßstab zugrunde gelegt, da der Mietvertrag auf eine Veränderung des
Mietpreispegels bei Neuvermietungen abstelle. Auch habe der Sachverständige nicht
nur - auf die relativ wenigen - Gewerbeobjekte in vergleichbarer Lage und Größe
abgestellt, sondern Büro- und Praxisräume unterschiedlicher Größe im Stadtgebiet von
26
B. G. herangezogen. Unter Bezugnahme auf eine Übersicht des von ihnen
eingeschalteten Privatgutachters Sturm haben sie geltend gemacht, auf der Grundlage
zutreffender Maßstäbe sei eine Erhöhung der Nettokaltmiete auf 23,69 DM und damit
unter Einbeziehung der weiteren (unstrittigen) Bemessungsfaktoren der Miete auf 27,63
DM/m2 eingetreten.
Die Kläger haben die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung eines von 34.913,16 DM
auf 52.815,85 DM erhöhten Mietzinses begehrt. Nachdem die Beklagten, die das
Gutachten des Sachverständigen F. für zutreffend gehalten haben, in der mündlichen
Verhandlung des Landgerichts die Klageforderung anerkannt haben, soweit mit ihr eine
Erhöhung der monatlichen Miete auf 38.792,40 DM verlangt wird, hat das Landgericht
mit Teilanerkenntnis- und Schlußurteil vom 16.3.1995, auf das Bezug genommen wird,
die Beklagte entsprechend ihrem Anerkenntnis verurteilt, die weitergehende Klage
abgewiesen und die Kosten des Rechtsstreits insgesamt den Klägern auferlegt.
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Gegen das am 3.4.1995 zugestellte Urteil haben die Kläger mit einem am 26.4.1995
eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach Fristverlängerung bis
zum 26.6.1995 mit einem am 23.6.1995 eingegangenen weiteren Schriftsatz begründet.
28
Die Kläger wiederholen und vertiefen ihre erstinstanzliche Rechtsauffassung zu den
Bewertungsmaßstäben für die Neuvermietung und behaupten desweiteren, die
ursprünglich vereinbarte Miete habe seinerzeit der Marktmiete bei Neuvermietungen
entsprochen. Sie meinen, das Gutachten sei auch mangels fehlender Transparenz nicht
verbindlich, da der Sachverständige F. zwar mehrere Datensammlungen als
Erkenntnisquellen aufführe, er aber letztlich nur zwei Quellen auswerte, nämlich den
RDM-Immobilienpreisspiegel 1989-1992 sowie seine Eigensammlung. Die Elemente
der Eigensammlung seien wiederum nicht bekanntgegeben worden, mithin auch die
Quellen nicht nachprüfbar. Ferner berufen sie sich darauf, daß das Mietniveau im Jahre
1992 allgemein höher gewesen sei als von dem Sachverständigen angenommen.
Schließlich wenden sie sich gegen die Kostenentscheidung in dem angefochtenen
Urteil, soweit das Landgericht ihnen auch die Kosten des anerkannten Teilbetrages
auferlegt hat.
29
Die Kläger beantragen,
30
unter Abänderung des angefochtenen Urteils
31
1. die Beklagte zu verurteilen, für das Objekt P. Straße ... in B. G. 14.023,25 DM über
den anerkannten Betrag von 38.792,40 DM hinaus als Mietzins seit dem 1.5.1993
monatlich im voraus zu zahlen,
32
1. die gesamten Kosten des Rechtsstreits der Beklagten aufzuerlegen,
33
34
1. in allen Fällen der Sicherheitsleistung diese auch durch Bankbürgschaft
zuzulassen.
35
Die Beklagte beantragt,
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37
die Berufung zurückzuweisen.
38
Sie verteidigen das angefochtene Urteil und berufen sich darauf, daß der von dem
Sachverständigen F. herangezogene Vergleichsmaßstab den Vorgaben in dem
Schreiben der Kläger vom 16.3.1993 entsprochen habe.
39
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die in beiden
Instanzen gewechselten Schriftsätze und die hierin in Bezug genommene
Korrespondenz verwiesen.
40
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
41
Die in formeller Hinsicht unbedenkliche Berufung hat in der Sache nur Erfolg, soweit die
Kläger sich dagegen wenden, daß das Landgericht ihnen in Anwendung des § 93 ZPO
die gesamten Kosten der in erster Instanz entstandenen Kosten des Rechtsstreits
auferlegt hat.
42
Die Klage ist, soweit sie über die von der Beklagten anerkannten Mieterhöhung
hinausgeht, nicht begründet. Es kann nicht festgestellt werden, daß die von dem
Schiedsgutachter F. getroffene Leistungsbestimmung offenbar unbillig und damit in
entsprechender Anwendung des § 319 Abs. 1 BGB unverbindlich ist. Damit ist für die
von den Klägern begehrte Bestimmung durch eine gerichtliche Entscheidung kein
Raum.
43
Ein Schiedsgutachten ist nur dann offenbar unbillig, wenn die Leistungsbestimmung auf
einem groben Irrtum beruht oder in einem so hohen Maße unrichtig ist, daß sich die
Fehlerhaftigkeit jedem Fachkundigen - wenn auch erst nach eingehender Prüfung -
aufdrängt. Dabei ist die Unbilligkeit grundsätzlich nur dem Ergebnis zu entnehmen, das
selbst dann maßgebend ist, wenn die Parteien einen bestimmten Maßstab vereinbart
haben und der Sachverständige auf einem "falschen" Weg zu einem diesem Maßstab
gerecht werdenden Ergebnis kommt. Etwas anderes gilt indes dann, wenn das
Gutachten so schwerwiegende Mängel in seiner Begründung aufweist, daß es in
seinem Gesamtergebnis nicht nachprüfbar und schon von daher überhaupt nicht
brauchbar ist (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 54. Auflage, § 319 Rdn. 4 f.; Münch-
Kom./Gottwald, BGB, 3. Auflage, § 319 Rdn. 2, 16 jeweils mit Nachweisen aus der
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs).
44
Diese Voraussetzungen können nicht festgestellt werden.
45
1.
46
Eine Unverbindlichkeit des Schiedsgutachtens läßt sich nicht aus einem unzutreffenden
methodischen Ansatz herleiten.
47
Wie das Landgericht, auf dessen Ausführungen insoweit gem. § 543 Abs. 1 ZPO
verwiesen wird, zutreffend ausgeführt hat, sind die in § 4 des Mietvertrages zwischen
den Parteien getroffenen Regelungen vom Wortlaut her unklar und daher
auslegungsbedürftig. Für die Ermittlung der neuen Miete kommen letztlich vier
Möglichkeiten in Betracht, nämlich ein
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1. Abstellen auf die prozentuale Veränderung des Mietpreispegels von Juni 1989 bis
Dezember 1992, also die Methode, die dem Schiedsgutachten zugrunde liegt,
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1. Heranziehen nur des Mietpreispegels für Dezember 1992 im Vergleich zu der
zwischen den Parteien vereinbarten ursprünglichen Miete, zu der es streitig ist, ob
diese der seinerzeit bei Neuvermietungen erzielbaren ortsüblichen Miete
entspricht,
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1. Heranziehen nur der Mieten bei Neuvermietungen Dezember 1992 entsprechend
der Meinung der Kläger,
51
1. Abstellen auf die prozentuale Veränderung der ortsüblichen Mieten bei
Neuvermietungen einerseits im Juni 1989 und andererseits im Dezember 1992.
52
Welche dieser Auslegungsmöglichkeiten die zutreffende ist, kann letztlich offen bleiben;
denn der Sachverständige konnte berechtigterweise davon ausgehen, daß der von ihm
gewählte methodische Ansatz dem Willen der Parteien entsprach. Bei der Beurteilung
der Frage, ob ein Schiedsgutachten offenbar unrichtig und damit unverbindlich ist, ist
nämlich der Sach- und Streitstand zugrunde zu legen, der dem Schiedsgutachter
unterbreitet worden ist (vgl. BGH NJW 1979, 1885). Wenn mithin der Maßstab des
Gutachters derjenige ist, von dem er nach dem Inhalt seines Auftrags als dem
übereinstimmenden Willen der Parteien entsprechend ausgehen durfte, kann sein
Gutachten in diesem Punkt nicht offenbar unrichtig sein. Die in dem Auftragsschreiben
der Kläger vom 16.3.1995 enthaltene "Schiedsgutachterfrage" konnte von dem
Sachverständigen aber dahin verstanden werden, daß es auf einen Vergleich der
allgemeinen Mietpreisentwicklung ankommen sollte. Sie bezog sich gerade nicht
entsprechend der derzeitigen Meinung der Kläger zur Auslegung der in § 4 des
Mietvertrages getroffenen Regelungen nur auf den Markt für Neuvermietungen im
Dezember 1992 evtl. in Verbindung mit demjenigen im Juli 1989. Vielmehr hatte die
Frage im ersten Teil allgemein die Mietpreisentwicklung zwischen diesen beiden
Stichtagen zum Gegenstand. Auch im 2. Teil wurde nur nach der "Miete" für Büroflächen
53
gleicher Lage, Art und Güte gefragt, was bereits nach allgemeinem Sprachverständnis
auch bereits vorher vermietete Objekte mit einschließt. Exakt an diese Vorgaben hat der
Sachverständige sich gehalten.
Dafür wiederum, daß auf der Grundlage des von dem Sachverständigen
berechtigterweise gewählten methodischen Ansatzes die von ihm getroffene
Leistungsbestimmung unbillig ist, also sein Ergebnis so erheblich von den
Marktgegebenheiten abweicht, daß die Kläger sich hieran nach Treu und Glauben nicht
festhalten zu lassen brauchen (vgl. BGH, Urt. vom 26.4.1991 V ZR 61/90 - = BGHR BGB
§ 319 Abs. 1 - mit Ausführungen zur Toleranzbreite) haben die insoweit
darlegungspflichtigen Kläger (vgl. BGH NJW-RR 1993, 1034) hinreichende Tatsachen
nicht substantiiert dargetan. Die von ihnen aufgezeigte erhebliche Diskrepanz zwischen
dem Ergebnis der Ermittlung der Nettomiete durch den Schiedsgutachter und derjenigen
durch den von ihnen eingeschalteten Privatgutachter S. bezieht sich nur auf den von
ihnen für richtig gehaltenen abweichenden methodischen Ansatz, daß der Markt für
Neuvermietungen im Dezember 1992 maßgeblich sein soll. Soweit die Kläger in ihrer
Berufungsbegründung auf Abweichungen zwischen der Mietermittlung durch den
Sachverständigen zu den Mieten hinweisen, die sich aus den Mietpreisübersichten des
Gutachterausschüssen der Stadt B. G. und des R. B. Kreises sowie der I. bzw. einer
ihnen von der I. erteilten Auskunft ergeben sollen, ist nicht hinreichend dargetan, daß
sich die von ihnen angeführten Werte auf Objekte gleicher Art und Lage beziehen, sich
insbesondere im Stadtgebiet B. G. befinden.
54
2.
55
Das Schiedsgutachten weist auch keine sonstigen Mängel auf, die so schwerwiegend
sind, daß sich hieraus eine gänzliche Unbrauchbarkeit herleiten ließe; insbesondere hat
der Gutachter die von ihm herangezogenen Vergleichsobjekte, ihre Wertmerkmale und
die erzielten Preise so individualisiert, daß seine Angaben für einen fachkundigen
Berater der Kläger nachvollzogen werden können (vgl. zu den Maßstäben BGH ZMR
1977, 234 = NJW 1977, 802; BGH WM 1985, 174; BGH NJW-RR 1988, 506 und 1991,
228).
56
Der Schiedsgutachter legt offen, welche Erkenntnisquellen er herangezogen hat,
nämlich
57
1. seine eigene Mietdatensammlung,
2. den RDM Immobilienpreispegel 1989-1992,
3. Mitpreisübersichten der Gutachterausschüsse,
4. einzelne Maklerauskünfte,
5. die Gewerbemietübersicht der R. Immobilienbörse und der I. K..
58
Zu diesen Erkenntnisquellen legt er - abgesehen von dem Inhalt der Maklerauskünfte -
jeweils auch dar, wie die jeweilige Preisspanne ist. Die Quellen zu (2), (3) und (4) sind
wiederum Fachleuten zugänglich, können also von diesen zur Überprüfung
herangezogen werden. Maßgeblich und für das Ergebnis einer 10 %igen Steigerung
tragend war sodann ein von dem Sachverständigen gebildeter Mittelwert aus der
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Mietpreisentwicklung anhand der eigenen Datensammlung und dem RDM-Preisspiegel
(Gutachten S. 27). Wegen der einem von den Klägern zu beauftragenden Fachmann
nicht zugänglichen eigenen Datensammlung hat der Schiedsgutachter zwar die Objekte
nicht einzeln bezeichnet, diese indes so hinreichend individualisiert, daß einem
Fachmann i. V. m. mit den weiteren Quellen, insbesondere dem RDM-Mietpreipegel
eine Überprüfung der Angaben möglich wäre. Wegen der Art der Objekte hat er
ausgeführt, daß sich diese auf Büro- und Praxisräume unterschiedlicher Größe bezögen
und zu dem vertraglichen Anknüpfungsmaßstab, daß die Entwicklung bei Objekten
"gleicher Art" maßgeblich sein soll, mit der Feststellung, daß die Größe der jeweils
angemieteten Einheiten keinen signifikanten Einfluß auf die gezahlten Mietpreise
besitze, einen Bezug hergestellt. Ferner beziehen sich seine Erkenntnisse auf Objekte
nicht etwa im gesamten Stadtgebiet von B. G., sondern nur auf solche "aus zentral
gelegenen Stadtteilen (Gutachten S. 22). Damit ist wegen der Vergleichsobjekte eine
Eingrenzung erfolgt, die es einem Fachmann ermöglicht, die Feststellungen darauf zu
überprüfen, ob die vertraglichen Maßstäbe gewahrt sind.
Soweit die Kläger schließlich geltend machen, der RDM-Mietpreispegel für 1989 habe
für das Stadtgebiet B. G. überhöhte Werte ausgewiesen, mag dies zutreffen. Es läßt sich
indes, zumal von ihnen nicht aufgezeigt wird, wie die tatsächlichen Werte seinerzeit
waren, ihrem Sachvortrag nicht hinreichend entnehmen, daß die inhaltlichen Fehler
dieser Übersicht so gewichtig waren, daß ein sorgfältig arbeitender Gutachter ihre (Mit-
)Berücksichtigung im Rahmen der Vergleichsrechnung hätte unterlassen müssen.
60
3.
61
Die in erster Instanz entstandenen Kosten des Rechtsstreits waren gem. § 92 Abs. 1
ZPO zu verteilen. Eine Anwendung des § 93 ZPO ist nicht möglich. Das teilweise
Anerkenntnis der Beklagten war zwar ein "sofortiges"; sie hat indes zur Klageerhebung
Anlaß gegeben, indem sie die Zahlung der sich aus dem Schiedsgutachten ergebenden
erhöhten Miete, die ihrer eigenen Meinung nach geschuldet war, eingestellt hat. Die
Kläger waren durchaus bereit, dem haushaltsrechtlichen Anliegen der Beklagten, nicht
ohne schriftliche vertragliche Absprache Zahlung zu leisten, Rechnung zu tragen, indem
sie einen Gegenvorschlag zu der Formulierung in dem Entwurf des 4. Nachtrag zu dem
Mietvertrag unterbreitet haben. Wenn sich aber die Beklagte für den Fall einer streitigen
Auseinandersetzung wegen der weitergehenden Steigerung vorbehalten wollte, die von
ihr für richtig gehaltenen Feststellungen des Schiedsgutachters wieder in Frage zu
stellen, mußte sie damit rechnen, daß die Kläger ihre Klage nicht nur auf die streitige,
sondern auf die gesamte Mietdifferenz erstrecken würden.
62
Im übrigen beruhen die prozessualen Nebenentscheidungen auf den §§ 97 Abs. 1, 92
Abs. 2, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
63
Berufungsstreitwert und Beschwer für die Kläger unter Abänderung des
Senatsbeschlusses vom 15.7.1995: bis 520.000,00 DM
64
Der Streitwert bei der hier vorliegenden (verdeckten) Gestaltungsklage ist - wie in der
mündlichen Verhandlung ausgeführt wurde - nicht nach § 9 ZPO, sondern nach § 3 ZPO
zu bemessen, da diese nicht auf die unmittelbare Durchsetzung eines Anspruchs auf
wiederkehrende Leistung gerichtet ist (vgl. BGH, Beschluß vom 26.5.1993 - XII ZR
32/91 - = BGHR GKG § 16 Abs. 5 - Gewerberaum 1 - ). Hierbei erscheint es
angemessen, wie bereits in erster Instanz den 3-fachen Jahresbetrag der Mietdifferenz
65
in Ansatz zu bringen. Dies ergibt für das Berufungsverfahren einen Betrag von 36 x
14.023,45 DM = 504.844,20 DM, so daß selbst dann, wenn die Anfechtung des Urteils
des Landgerichts im Kostenpunkt zusätzlich zu berücksichtigen wäre, der Wert des
nächsten Gebührensprungs von 520.000,00 DM nicht überschritten wäre.