Urteil des OLG Köln vom 05.10.2006

OLG Köln: treuhandgesellschaft, firma, firmenbezeichnung, erwerb, dispositionen, kaufmann, vollstreckbarkeit, kausalität, ergänzung, treuhandvertrag

Oberlandesgericht Köln, 8 U 27/06
Datum:
05.10.2006
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
8 U 27/06
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 8 O 250/05
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das am 16.03.2006 verkündete Urteil
der 8. Zivilkammer des Landgerichts Köln – 8 O 250/05 – wird
zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
G r ü n d e :
1
I.
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Die Kläger machen gegen die Beklagte Schadensersatzansprüche aus einem mit der
Fa. Revisions- und Treuhandgesellschaft mbH G., M. und Partner,
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Steuerberatungsgesellschaft abgeschlossenen
Treuhandvertrag geltend, der im Rahmen des Erwerbs einer Mitberechtigung an einem
Erbbaurecht bzw. des Sondereigentums an einer Eigentumswohnung in E.
abgeschlossen wurde.
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Auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil wird Bezug
genommen.
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Das Landgericht hat die Klage im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, die
Voraussetzungen einer Haftung der Beklagten gem. § 25 HGB liegen nicht vor; daneben
komme auch keine Rechtsscheinhaftung der Beklagten für etwaige Ansprüche gegen
die Fa. Revisions- und Treuhandgesellschaft mbH G., M. und Partner,
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Steuerberatungsgesellschaft in Betracht.
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Die Kläger haben gegen das Urteil frist- und formgerecht Berufung eingelegt und ihr
Rechtsmittel ordnungsgemäß begründet. Sie rügen mit der Berufung, das Landgericht
habe rechtsfehlerhaft die Voraussetzungen des § 25 I HGB verneint. Es liege eine
Firmenfortführung vor, da schon den Begriffen "Treuhandgesellschaft" und
"Steuerberatungsgesellschaft" eine prägende Wirkung zukomme, jedenfalls in
Verbindung mit dem Akronym "GMP." Auch bei Bildung der Abkürzung "GMP" sei bei
würdigender Gesamtbetrachtung eine Firmenfortführung anzunehmen; für den
betroffenen Verkehrskreis sei erkennbar, dass diese Abkürzung aus den
Anfangsbuchstaben "G., M. und Partner" abgeleitet worden sei. Darüberhinaus liege
auch eine tatsächliche Unternehmensfortführung vor: Dies ergebe sich bereits aus der
Formulierung der Vollmachturkunde, wonach der Fa. G. weiterhin Angebote auf
Abschluss von Treuhandverträgen gemacht würden. Wegen der weiteren Einzelheiten
des Berufungsvorbringens wird auf den Inhalt der Berufungsbegründung vom
04.07.2006 (Bl. 149 ff. GA) verwiesen.
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Die Kläger beantragen,
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die Beklagte unter Abänderung des am 16.03.2006 verkündeten Urteils der 8.
Zivilkammer des Landgerichts Köln – 8 O 250/05 – zu verurteilen, an sie 60.000,- €
nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit
zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie verteidigt das angefochtene Urteil und behauptet insbesondere, sie habe das
Unternehmen der Fa. Revisions- und Treuhandgesellschaft mbH G., M. und Partner,
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Steuerberatungsgesellschaft (im Folgenden: Fa. G.)
nicht fortgeführt. Anderes ergebe sich auch nicht aus der Vollmachtsurkunde vom
03.04.01, die redaktionell falsch gewesen sei. Durch sie seien keine neuen
Treuhandvereinbarungen mehr geschlossen worden. Wegen der weiteren Einzelheiten
des Berufungsvorbringens der Beklagten wird Bezug genommen auf die
Berufungserwiderung vom 02.08.2006 (Bl. 164 ff. GA).
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II.
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Die formell bedenkenfreie Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
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Wie der Senat bereits in der mündlichen Verhandlung im Einzelnen dargelegt hat, folgt
er der angefochtenen Entscheidung, deren Begründung keiner Ergänzung bedarf, in
vollem Umfang.
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Nur im Hinblick auf das Vorbringen der Kläger im Berufungsverfahren sind noch
folgende Ausführungen veranlasst:
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Eine Firmenfortführung im Sinne des § 25 Abs. 1 HGB liegt nicht vor. Die alte
Firmenbezeichnung "Revisions- und Treuhandgesellschaft mbH G., M. und Partner,
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Steuerberatungsgesellschaft" bezog ihre
Individualisierungskraft als Personenfirma wesentlich aus den Namensbestandteilen G.
und M.. Den Geschäftsbezeichnungen kommt hingegen nur eine geringe Bedeutung im
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Hinblick auf die Individualisierung der Firma zu; dementsprechend hat die
Rechtsprechung das Weglassen entsprechender Zusätze auch meist als unschädlich im
Hinblick auf die Firmenkontinuität angesehen (vgl. die Beispiele bei MK-Lieb, § 25 HGB,
Rn. 66 m. N.). Die neue Firma "GMP GmbH Steuerberatungsgesellschaft
Treuhandgesellschaft" ist danach nicht mit der alten Bezeichnung zu identifizieren.
Ausschließlich für Eingeweihte ist erkennbar, dass GMP für G., M. und Partner stehen
kann. Das Klangbild der Firmen ist ganz unterschiedlich, aus der neuen
Firmenbezeichnung kann in den beteiligten Verkehrskreisen gerade nicht geschlossen
werden, dass nicht nur das Handelsgeschäft erworben, sondern gerade auch die Firma
fortgeführt werden sollte; der Unterschied ist hier ohne weiteres erkennbar, weil die
Namensbestandteile fehlen. Die Verkürzung mehrerer Personennamen auf eine sich
deutlich unterscheidende schlagwortähnliche Geschäftsbezeichnung hat bereits das
Reichsgericht als haftungsschädlich im Sinne des § 25 HGB angesehen (vgl. RGZ
145/274, 278). Dem entspricht der vorliegende Fall; im Übrigen fehlen in der neuen
Firmenbezeichnung auch die Bestandteile Revisions- bzw.
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft; der GmbH-Zusatz findet sich an anderer Stelle, die
Geschäftsbezeichnungen, soweit sie verblieben sind, stehen in anderer Reihenfolge
und werden der Abkürzung GMP nicht mehr teilweise vorangestellt, sondern nur noch
nachgestellt.
Darüberhinaus fehlt es am Merkmal der tatsächlichen Firmenfortführung als weiterer
Voraussetzung der Haftungserstreckung. Das Landgericht hat hier zu Recht
angenommen, dass die Voraussetzungen für eine tatsächliche Geschäftsfortführung
nicht hinreichend substantiiert worden sind. Die Beklagte hat plausibel dargelegt,
warum sich die Fa. G. aus dem Anlagevermittlungsgeschäft zurückgezogen hat und den
Betrieb insoweit an die Fa. D. veräußert hat. Die Kläger verweisen lediglich darauf, dass
die Beklagte unter derselben Geschäftsadresse residiere und dieselben
Telefonanschlüsse wie die Fa. G. genutzt habe. Zudem sei der Briefbogen beider
Firmen ähnlich gestaltet gewesen. Dies reicht für einen tatsächlichen
Unternehmensübergang nicht aus.
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Auf eine Rechtsscheinhaftung der Beklagten können die Kläger sich schon deshalb
nicht berufen, da sie beim Erwerb der Mitberechtigung im Jahre 1993 ihr Vertrauen der
Fa. G. entgegengebracht haben und danach keine Dispositionen im Vertrauen auf die
weitere Haftung der Fa. G. mehr vorgenommen haben, so dass das Landgericht mit
Recht die Kausalität verneint hat. Zudem kann sich aus der allgemeinen
Rechtsscheinhaftung schon von der Rechtsfolgenseite keine weitergehende Haftung als
bei echter Unternehmensfortführung ergeben: Der Rechtsscheinkaufmann etwa muss
sich wie ein Kaufmann nach HGB-Vorschriften behandeln lassen. Im vorliegenden Fall
bedeutet dies, dass der Rechtsscheintatbestand nur über das Merkmal der
Geschäftsfortführung hinweghelfen könnte, nicht aber das Merkmal der
Firmenfortführung gem. § 25 HGB ersetzen kann.
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Danach war die Berufung mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711,
713 ZPO.
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Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung
hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordert (§§ 542 Abs.
1, 543 Abs. 1, Abs. 2 ZPO). Rechtsfragen grundsätzlicher Natur, die über den konkreten
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Einzelfall hinaus von Interesse sein könnten, haben sich nicht gestellt und waren nicht
zu entscheiden.
Streitwert für das Berufungsverfahren: 60.000,- €
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