Urteil des OLG Köln vom 21.08.1997

OLG Köln (operation, fehlbehandlung, höhe, patient, vertrag, durchführung, erstattung, schmerzensgeld, ergebnis, begrenzung)

Oberlandesgericht Köln, 5 W 58/97
Datum:
21.08.1997
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
5. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
5 W 58/97
Vorinstanz:
Landgericht Aachen, 11 O 148/97
Normen:
BGB §§ 611, 823, 249
Leitsätze:
Der Vertrag über die Durchführung einer kosmetischen Operation
(,Schönheitsoperation") ist ein Dienstvertrag (wie OLG Köln, 7.
Zivilsenat, MDR 1988, 317). Die Kosten einer medizinisch notwendigen
Operation zur Korrektur einer wegen eines Behandlungsfehlers
vorwerfbar mißlungenen kosmetischen Operation sind vom Schädiger
zu ersetzen. Wegen dieser Kosten besteht eine Zweckbindung. Fiktive
Kosten sind nicht erstattungsfähig.
Rechtskraft:
unanfechtbar
Tenor:
Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluß der 11. Zivilkammer
des Landgerichts Aachen vom 01. Juli 1997 - 11 O 148/97 - unter
Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen teilweise abgeändert: Der
Klägerin wird ratenfreie Prozeßkostenhilfe unter Beiordnung von
Rechtsanwalt I. in D. für die klageweise Geltendmachung eines
Schmerzensgeldanspruchs bis zur Höhe von 10.000,00 DM bewilligt.
G r ü n d e
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Das Landgericht hat mit Recht angenommen, die Klägerin habe einen
Schmerzensgeldanspruch gemäß § 847 BGB dem Grunde nach schlüssig vorgetragen.
Ihre Behauptung, die erste der vom Beklagten durchgeführte Operation sei deshalb
fehlgeschlagen, weil die Implantate zu hoch eingebracht worden seien, rechtfertigt den
Schluß, dem Beklagten sei eine vorwerfbare Fehlbehandlung unterlaufen. Dem wird
durch Einholung eines Sachverständigengutachtens nachzugehen sein, der ferner zu
klären haben wird, worauf die Mißerfolge bei den späteren Operationen zurückzuführen
sind.
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Die Aufklärungsrüge ist freilich bisher nicht schlüssig vorgetragen. Ihren ursprünglichen
Vortrag, sie neige "körperlich und gewebsmäßig" zu einer Kapselbildung, was dem
Beklagten bekannt gewesen sei, er habe es gleichwohl unterlassen, sie über dieses bei
erhöhte Risiko aufzuklären (Blatt 5 d. A.), hat sie später nicht mehr aufrecht erhalten,
denn in der Beschwerdeschrift hat sie vorgetragen, sie neige keineswegs zur
Kapselbildung (Blatt 28, 29 d. A.). Daß es "manchmal zu einer Kapselbildung komme",
sei bekannt. Danach ist unklar, welche Aufklärungspflichten der Beklagte verletzt haben
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soll.
Das Landgericht hat der Klägerin freilich zu Unrecht ein Mitverschulden bei der
Schadensentstehung (§ 254 Abs. 1 BGB) angelastet. Die Kürzung des auf eine ärztliche
Fehlbehandlung zurückzuführenden Schadensersatzanspruchs kommt grundsätzlich
nur in Betracht, wenn der Patient die ihn treffende Obliegenheit, an den
Heilbemühungen des Arztes mitzuwirken, schuldhaft verletzt (vgl. BGH AHRS 1400/16).
Davon kann hier keine Rede sein. Eine bloß objektiv vorhandene - hier allerdings sogar
bestrittene - Neigung zur Kapselbildung rechtfertigt nicht die Annahme eines
Mitverschuldens im Falle des Mißlingens der Operation. Anderes könnte allenfalls
anzunehmen sein, wenn die Klägerin eine ihr bekannte, dem Heilerfolg
zuwiderlaufende Veranlagung verschwiegen hätte, obwohl ihr deren Relevanz bekannt
war und sie nach den Umständen davon ausgehen mußte, der Beklagte könne dies
übersehen haben. Dafür ist aber nichts ersichtlich.
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Der Höhe nach erscheint eine Begrenzung des Anspruchs auf 10.000,00 DM
angebracht. Sollte es zutreffen, daß die Klägerin wegen einer vorwerfbaren
Fehlbehandlung vier schmerzhafte und im Ergebnis nicht zufriedenstellende
Brustoperationen erleiden mußte, ist ein erhebliches Schmerzensgeld angemessen, das
allerdings bei weitem nicht die Größenordnung erreicht, die sich die Klägerin vorstellt
(25.000,00 DM).
5
Der Zahlungsanspruch ist derzeit nicht schlüssig vorgetragen. Ein solcher Anspruch
folgt nicht aus Werksvertragsrecht. Die Auffassung des Landgerichts, der Vertrag über
die Durchführung einer kosmetischen Operation unterliege dem Dienstvertragsrecht, trifft
zu.
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Allerdings kann ein Anspruch auf Erstattung von Kosten einer Nachoperation zur
Behebung der Folgen einer ärztlichen Fehlbehandlung sehr wohl aus §§ 823, 249 BGB
gegeben sein, denn zu den "Herstellungskosten" bei Verletzung einer Person gehören
vor allem die Kosten der Heilbehandlung, wobei die Kosten einer aufwendigen
kosmetischen Operation nicht zu ersetzen sind, sofern für sie kein ausreichender Grund
vorliegt (BGHZ 63, 295). So liegt es hier aber nicht. Der geschädigte Patient bekam
(selbstverständlich) die Kosten einer gebotenen und möglichen Korrekturoperation
beanspruchen, mag sie sich auch als "Schönheitsoperation" darstellen, auch wenn sie
medizinisch nicht zwingend geboten ist. Freilich besteht für einen solchen Anspruch aus
§ 249 Satz 2 BGB eine Zweckbindung (vgl. BGHZ 97, 15; Steffen NJW 1995, 2060). Für
fiktive Kosten besteht kein Ersatzanspruch. Anders ausgedrückt: Der Geschädigte ist in
der Verwendung dieses Betrages nicht frei. Daraus folgt wiederum, daß er nur die
tatsächlich angefallenen Kosten ersetzt verlangen kann. Deshalb wird ein solcher
Anspruch üblicherweise auch im Wege der Feststellungs- oder Freistellungsklage
geltend gemacht. Das mag die Klägerin auch im Streitfall überlegen.
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