Urteil des OLG Köln vom 28.12.1998
OLG Köln (schuldner, zpo, höhe, beschwerde, verurteilung, ausland, rücknahme, anlage, sicherstellung, umstand)
Oberlandesgericht Köln, 6 W 99/98
Datum:
28.12.1998
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
6. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
6 W 99/98
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 84 O 110/95 SH II
Normen:
ZPO § 890;
Leitsätze:
1. Auch wenn den Mitarbeitern eines zur Unterlassung des Vertriebs
eines in bestimmter Weise gestalteten Produktes (hier: Modulgerüst)
verurteilten Unternehmens das Verbot bekannt ist, reicht zu dessen
Einhaltung eine "Vertreterinformation" nicht aus, die nur Teile des
Tenors enthält, nicht sämtliche mit dem Vertrieb befaßten Personen
erreicht und die von dem Verbot erfassten Elemente und Einzelteile nur
pauschal bezeichnet. 2. Verminderte Anforderungen an die im Rahmen
von § 890 ZPO bestehende strenge Verpflichtung, alle zumutbaren
Maßnahmen zur Verhinderung einer Wiederholung der gerichtlich
untersagten Wettbewerbshandlung zu ergreifen, lassen sich nicht
daraus ableiten, dass das gerichtlich ausgesprochene Verbot
Lieferungen des beanstandeten Produktes in das Ausland nicht erfasst.
3. Zur Höhe eines nach § 890 ZPO festzusetzenden Ordnungsgeldes.
Rechtskraft:
unanfechtbar
Tenor:
1.) Die sofortige Beschwerde der Schuldner gegen den Beschluß des
Landgerichts Köln - 84 O 110/95 SH II - vom 26.8.1998, durch den sie
wegen Zuwiderhandlungen gegen das in Ziff. I 1.) des Urteils des
Landgerichts Köln vom 27.6.1996 - 84 O 110/95 - in der Fassung des
Berufungsurteils des Senats vom 21.3.1997 - 6 U 161/96 -
ausgesprochene Unterlassungsgebot zu Ordnungsmitteln verurteilt
worden sind, wird zurückgewiesen. 2.) Die Kosten des
Beschwerdeverfahrens haben die Gläubigerin zu 40 %, die Schuldnerin
zu 1) zu 53 % und der Schuldner zu 2) zu 7 % zu tragen.
G R Ü N D E:
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Die gem. §§ 793 Abs.1, 890 Abs.1, 891 ZPO statthafte sofortige Beschwerde ist
zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
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Beide von der Gläubigerin seit Beginn des Verfahrens verfolgten Vorfälle stellen
schuldhafte Verstöße der Schuldner gegen das in dem obigen Tenor näher dargestellte
Unterlassungsgebot dar. Die deswegen antragsgemäß zu verhängenden
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Ordnungsmittel sind auch in ihrer Höhe nicht unangemessen hoch festgesetzt worden.
Was die Frage angeht, ob die Belieferungen der Firmen S. und B. GmbH zu ahndende
Verstöße darstellen, nimmt der Senat zunächst in entsprechender Anwendung des §
543 Abs.1 ZPO auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts in der
angefochtenen Entscheidung ab S.4 unter Ziffern 1 und 2 Bezug, denen er sich
uneingeschränkt anschließt. Auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens
der Schuldner liegt in beiden Fällen ein schuldhafter Verstoß gegen das
Unterlassungsgebot vor.
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Es mag sein, daß der Vertrieb des Modulgerüstes A.-RONDO für den Betrieb der
Schuldnerin zu 1) von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung war und die Mitarbeiter
deswegen von dem Verfahren 6 U 161/96 OLG Köln und davon wußten, daß dieses
Verfahren sich auf jenes Gerüst bezog. Gleichwohl reichte die als Anlage S 2 zum
Schriftsatz der Schuldner vom 12.8.1998 vorgelegte "Vertreterinformation" der
Schuldnerin zu 1) vom 2.10.1996 aus den von dem Landgericht dargelegten Gründen
zur Sicherstellung einer Einhaltung des Verbotes nicht aus. So ergibt sich auch aus der
Beschwerdebegründung nicht, daß die an der Belieferung der Fa. S. maßgeblich
beteiligte Mitarbeiterin A., die in der ausdrücklichen namentlichen Auflistung der
Schuldnerin auf S.2 des erwähnten Schriftsatzes auch nicht aufgeführt ist, überhaupt
über das Verbot in Kenntnis gesetzt worden ist. Überdies stand das Recht der
Schuldnerin, trotz der Senatsentscheidung in dem vorerwähnten Verfahren die
streitgegenständlichen Teile weiter in das Ausland zu liefern, der Sperrung der
fraglichen Artikelnummern, die - wie nicht zuletzt der in Rede stehende Verstoß zeigt -
zur Sicherstellung der Einhaltung des Verbots geboten war, nicht entgegen. Denn die
Schuldner hätten - was bereits die Gläubigerin in der Beschwerdeerwiderung vom
16.12.1998 (dort S.6 oben) zutreffend ausgeführt hat - die Versendung von Gerüstteilen
in das Ausland von einer Freigabe durch die Geschäftsleitung abhängig machen
können.
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Was die Belieferung der B. GmbH angeht, so bedarf es zum Vorliegen eines
schuldhaften Verstoßes keiner die zutreffende Begründung des Landgerichts
ergänzenden Ausführungen, weil die Schuldner selbst im Beschwerdeverfahren dem
Grunde nach eine Zuwiderhandlung gegen das gerichtliche Unterlassungsgebot nicht
mehr in Abrede stellen.
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Auch der Höhe nach kann die sofortige Beschwerde keinen Erfolg haben. Die
Ordnungsmittel sollen u.a. bewirken, daß sich ein nochmaliger Verstoß für den
betroffenen Schuldner nicht mehr lohnt. Schon unter diesem Gesichtspunkt können die
verhängten Ordnungsgelder von 150.000 DM und 20.000 DM nicht zu hoch sein. Das
ergibt sich bereits bei ungeprüfter Zugrundelegung der von den Schuldnern selbst
bezüglich des ersten Verstoßes angeführten Zahlen. Danach soll aus der u.a. als
Anlage S 3 zur Beschwerdebegründung vorgelegten Rechnung an die Fa.S. (Bl. 216 ff)
ein Betrag von gut 700.000 DM auf die von dem Verbot erfaßten Teile entfallen. Bei
einem Umsatz in dieser Größenordnung ist auch unter Berücksichtigung des
Umstandes, daß es sich um den ersten Verstoß gehandelt und das Landgericht einen
noch höheren Rechnungsbetrag zugrundegelegt hat, ein Ordnungsgeld mit 150.000 DM
bzw. 20.000 DM nicht zu hoch festgesetzt.
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Das gilt erst recht unter Berücksichtigung des weiteren Umstandes, daß diese Beträge
auch den von dem Landgericht bei der Bestimmung der Höhe der Ordnungsmittel nicht
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gesondert angesetzten zweiten Verstoß erfassen. Hinsichtlich dieses Verstoßes ist
daher lediglich der Vollständigkeit halber anzufügen, daß die angebliche Provokation
und der Umstand, daß die Ausführung der Lieferung nicht durch die Schuldnerin zu 1)
selbst, sondern durch ihre Schwestergesellschaft H. erfolgt ist, auf die Höhe des
Ordnungsmittels keine Auswirkungen haben kann. Die angebliche Provokation, der der
Senat im übrigen nicht näher nachgegangen ist, ändert an dem Verschulden der
Schuldner nichts. Dasselbe gilt für die Belieferung durch die H., weil diese - wie die
Schuldner selbst einräumen - auf ihr Betreiben hin den Kunden beliefert hat.
Schließlich hat das Landgericht die Schuldner in zutreffender Höhe zu
Ersatzordnungshaft verurteilt, was keiner Begründung bedarf, weil sich die sofortige
Beschwerde gegen die Verurteilung zu Ersatzordnungshaft nicht wendet.
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Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs.1, 100 Abs.1 und 2, 269 Abs.3 ZPO. Der
Umstand der Rücknahme der Anschlußbeschwerde wirkt sich kostenmäßig nicht zu
Gunsten der Gläubigerin aus, weil sämtliche Verfahrenskosten bereits vorher angefallen
waren.
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Der Beschwerdewert wird wie folgt festgesetzt:
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a. bis zum 28.12.1998 vor der Beschlußfassung auf 285.000 DM,
b. für die anschließende Zeit auf 170.000 DM.
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Soweit das Beschwerdeverfahren die Verurteilung der Schuldner betrifft, bildet die
Summe der gegen sie verhängten Ordnungsgelder von (150.000 DM + 20.000 DM =)
170.000 DM den Gegenstandswert, weil das maßgebliche Interesse der
Beschwerdeführer allein auf die Aufhebung dieser Verurteilung gerichtet ist.
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Den Wert der im Laufe des Verfahrens von der Gläubigerin zunächst erhobenen und am
28.12.1998 wieder zurückgenommenen Anschlußbeschwerde schätzt der Senat gem.
§§ 12 Abs.1 GKG, 3 ZPO auf insgesamt (100.000 DM + 15.000 DM =) 115.000 DM,
wodurch sich bis zum Zeitpunkt der Rücknahme der anfängliche Gesamtwert von
285.000 DM ergibt. Nachdem das Landgericht - wie oben gezeigt zu Recht - mit den
Gesamtbeträgen von 150.000 DM und 20.000 DM für die beiden ersten Verstöße je
75.000 DM und 10.000 DM verhängt hatte, sind für den angeblichen weiteren Verstoß,
der den Gegenstand der Anschlußberufung bildet, mit 100.000 DM bzw. 15.000 DM
höhere Werte anzusetzen, weil es sich um eine wiederholte Zuwiderhandlung handeln
soll, die sich zudem während des Laufes des vorliegenden Bestrafungsverfahrens
ereignet haben soll.
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