Urteil des OLG Köln vom 09.02.2010
OLG Köln (kläger, abweisung der klage, neues tatsächliches vorbringen, zpo, höhe, vertragsstrafe, erklärung, anlage, wiederholungsgefahr, verhältnis zu)
Oberlandesgericht Köln, 15 U 107/09
Datum:
09.02.2010
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
15. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
15 U 107/09
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 28 O 662/08
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das am 17.06.2009 verkündete Urteil
der 28. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 28 O 662/08 - wird
zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die im zweiten Rechtszug entstandenen Kosten des
Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
G r ü n d e :
1
I.
2
Der Kläger, stellvertretender Ressortleiter "Magazin" beim L T, nimmt die Beklagte zu 1),
die unter der Internetadresse … eine Personensuchmaschine betreibt, wegen der
Wiedergabe seines Bildnisses, das unter der Webseite des L Ts … eingestellt war,
jedenfalls noch im August 2008 auf Unterlassung, Auskunftserteilung, Feststellung der
Schadenersatzpflicht und Erstattung von Abmahnkosten in Anspruch.
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Den Beklagten zu 2), der vom 16.06. bis zum 26.08.2008 Inhaber der Domain … war,
hat er zunächst ebenfalls auf Unterlassung der Wiedergabe des Bildnisses über die
genannte Suchmaschine sowie auf Erstattung von Abmahnkosten in Anspruch
genommen. In diesem Streitverhältnis haben die Parteien den Rechtsstreit bezogen auf
den verfolgten Unterlassungsantrag übereinstimmend für erledigt erklärt.
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Im Verlaufe des Rechtsstreits haben die Beklagten gegenüber dem Kläger mit
anwaltlichem Schreiben vom 03.03.2009 (Bl. 90 f. GA) eine Unterlassungs- und
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Verpflichtungserklärung abgegeben, jedoch im Verhältnis zu dem mit Abmahnschreiben
vom 13.08.2008 geforderten (Anlage K 4 = Bl. 14 – 16, 16 GA) mit modifiziertem Text,
dessen Empfang die Prozessbevollmächtigten des Klägers unter demselben Datum
bestätigten (Bl. 92 GA). Mit einem an die Prozessbevollmächtigten der Beklagten
gerichteten anwaltlichen Schreiben vom 11.03.2009 (Bl. 125 – 127 GA) forderte der
Kläger unter Inbezugnahme der Unterlassungserklärung vom 03.03.2009 eine
Vertragsstrafe in Höhe von 10.000,00 € mit der Begründung, am Tag der Verfassung
dieses Schreibens habe festgestellt werden müssen, dass auf der von den Beklagten
betriebenen Internetseite ausweislich des beigefügten Screenshots erneut ein Bildnis
von ihm, das bei … eingestellt war, abrufbar sei, und forderte zwecks Vermeidung der
Weiterführung der gerichtlichen Auseinandersetzung eine Unterlassungs- und
Verpflichtungserklärung mit einer höheren als der abgegebenen Vertragsstrafe auf.
Unter dem 14.04.2009 war über die Suchmaschine der Beklagten zu 1) erneut ein
Bildnis des Klägers abrufbar, das der Kläger bei der Internet-Plattform "G" eingegeben
hatte.
Mit dem im Tenor näher bezeichneten Urteil hat das Landgericht die Beklagten zu 1)
und 2) jeweils unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, auf die in jeweiliger
Höhe von 899,40 € geltend gemachten Abmahnkosten jeweils 661,16 € zu zahlen.
Soweit es die Klage abgewiesen hat, hat es im Wesentlichen zur Begründung
ausgeführt:
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Für den geltend gemachten Unterlassungsanspruch fehle es an der obligatorischen
Wiederholungsgefahr als materielle Anspruchsvoraussetzung, da diese mit der Abgabe
der strafbewehrten Unterlassungserklärung vom 03.03.2009 entfallen sei. Die
Wiederholungsgefahr sei auch nicht infolge der Darstellung des bei G noch am
14.04.2009 veröffentlichten Bildnisses über die Suchmaschine der Beklagten wieder
aufgelebt. Dabei könne letztlich dahinstehen, ob das Rechtsschutzbedürfnis für eine
Unterlassungsklage infolge der Unterlassungserklärung der Beklagten vom 03.03.2009
entfallen sei. Jedenfalls könne hierin kein Verstoß gegen § 22 KUG gesehen werden,
weil der Kläger mit der Einstellung seines Bildnisses in sein eigenes Nutzerprofil
konkludent in die Veröffentlichung bei G eingewilligt habe.
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Die festzustellen gewünschte Schadenersatzpflicht des Beklagten zu 1) bestehe nicht,
weil dem Kläger ein immaterieller Schaden nicht entstanden sei und der Kläger auch
nicht die Möglichkeit der Entstehung eines materiellen Schadens dargetan habe; die
Einwilligung zur Verwertung des Bildnisses sei gerade nicht von der Zahlung eines
Entgeltes abhängig gemacht worden, womit beim sogenannten "Normalbürger" ein
Schadenersatzanspruch nicht in Betracht komme.
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Mangels Schadenersatzpflicht des Beklagten zu 1) scheide auch die Zuerkennung
eines Anspruchs auf Auskunft über den Umfang/die Aufrufzahl der Veröffentlichung aus.
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Bei der Berechnung der anwaltlichen Abmahnkosten sei entgegen der Auffassung des
Klägers nicht von einem Gegenstandswert von 15.000,00 €, sondern von lediglich
7.500,00 € auszugehen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes, der
verhandelten Anträge und der Begründung der Entscheidung wird auf das Urteil des
Landgerichts vom 17.06.2009 (Bl. 165 ff. GA) verwiesen.
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Gegen dieses Urteil hat der Kläger zunächst unbeschränkt Berufung eingelegt. Mit
seiner Berufungsbegründung hat er die gegen den Beklagten zu 2) gerichtete Berufung
konkludent zurückgenommen. Gegenüber der Beklagten zu 1) verfolgt er sein
erstinstanzliches Rechtsschutzbegehren weiter, soweit das Landgericht die Klage
abgewiesen hat, wobei er den Unterlassungsanspruch nunmehr in erster Linie auf einen
vertraglichen Anspruch auf Grund der Unterlassungserklärung vom 03.03.2009 und nur
hilfsweise – wie noch im ersten Rechtszug einzig – auf die Vorschriften der §§ 823,
1004 BGB i. V. m. Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG bzw. i. V. m. §§ 22 f. KUG stützt. Ferner
verfolgt er gegen den Beklagten zu 1) einen weiteren Anspruch auf Erstattung von
Abmahnkosten in der Höhe von ebenfalls 899,40 € wegen der weiteren Abmahnungen
vom 11.03. und 14.04.2009.
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Der Kläger rügt, dass das Landgericht die Wiederholungsgefahr trotz der Wiedergabe
des von der Plattform G übernommenen Bildnisses des Klägers am 14.04.2009 verneint
hat. Hierzu vertritt er die Auffassung, in der Benutzung einer öffentlichen Internet-
Plattform könne nicht zugleich eine konkludente Einwilligung zur Veröffentlichung in
anderen Medien gesehen werden. Ungeachtet dessen ergebe sich jedenfalls ein
vertraglicher Unterlassungsanspruch auf Grund der Unterlassungserklärung vom
03.03.2009. Diese Erklärung habe er – der Kläger – spätestens mit der weiteren
Abmahnung und Einforderung einer Vertragsstrafe im Schreiben vom 11.03.2009
konkludent angenommen. Darin habe sich die Beklagte zu 1) aber ungeachtet des
Bestehens eines gesetzlichen Unterlassungsanspruchs uneingeschränkt verpflichtet,
ein Bildnis von ihm nur nach ausdrücklicher schriftlicher Zustimmung zu veröffentlichen.
Von einem solchen qualifizierten Einverständnis durch ihn könne aber nicht
ausgegangen werden.
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Der Kläger beanstandet ferner, dass das Landgericht bei der Beurteilung des
Wiederauflebens der Wiederholungsgefahr nicht ihr schriftsätzliches Vorbringen vom
13.03.2009 in Verbindung mit dem als Anlage zum Protokoll vom 06.05.2009
genommenen Abmahnschreiben vom 11.03.2009 berücksichtigt hat, nämlich mit der
rechtlichen Konsequenz, dass sein Bildnis nach Maßgabe der Veröffentlichung auf der
Webseite des L Ts trotz Abgabe der Unterlassungserklärung vom 03.03.2009 noch am
11.03.2009 über die Suchmaschine der Beklagten zu 1) abrufbar gewesen ist.
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Soweit das Landgericht einen Schadenersatzanspruch und einen Auskunftsanspruch
verneint hat, beanstandet der Kläger, dass ein Vermögensschaden wegen einer
Bildnisrechtsverletzung nicht nur unter lizenzschadensrechtlichen Gesichtspunkten
gesehen werden könne, sondern ähnlich wie bei § 97 UrhG auch auf zwei weitere
Arten.
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Die Kürzung ihrer Ansprüche auf Erstattung von Anwaltskosten ist nach Auffassung der
Klägerin nicht gerechtfertigt, weil der Gegenstandswert entgegen der Annahme des
Landgerichts nicht mit lediglich 7.500,00 € bestehe, sondern ein Wert von 20.000,00 €
zu Grunde zu legen sei. Die Beklagte biete ihre Seite explizit nicht nur in Deutschland,
sondern auch in anderen namentlich benannten Ländern Europas an.
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Die Beklagte zu 1), die um Zurückweisung der Berufung nachsucht, verteidigt das
angefochtene Urteil als rechtsfehlerfrei.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die von den
Parteivertretern zur Akte eingereichten Schriftsätze nebst Unterlagen verwiesen.
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Von der weiteren Darstellung des Sachverhalts wird gemäß §§ 313 Abs. 1 Satz 1, 540
Abs. 2 ZPO i. V. m. § 26 Nr. 8 EGZPO abgesehen.
19
II.
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Die gemäß §§ 511 ff. ZPO zulässige Berufung des Klägers gegen das Urteil des
Landgerichts vom 17.06.2009 ist unbegründet.
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(1) Das gilt zunächst, soweit er die Abweisung seines Unterlassungsbegehrens angreift.
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(1.1) Seine Rüge, dass das Landgericht die Wiederholungsgefahr trotz der Wiedergabe
des von der Plattform G übernommenen Bildnisses am 14.04.2009 verneint hat, bleibt
ohne Erfolg.
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(1.1.1) Das Landgericht ist zu Recht von einer Einwilligung des Klägers in den Zugriff
durch andere Medien ausgegangen. Mit der Einstellung seines Bildnisses in die
Plattform von G hat der Kläger seine Einwilligung in einen Zugriff durch Suchmaschinen
wie die von der Beklagten zu 1) betriebene zumindest konkludent erklärt. Der
Entscheidung ist auf der Grundlage des Vorbringens der Beklagten zu 1) in der
Berufungserwiderung zugrundezulegen, dass der Kläger bei der Einstellung seines
Bildnisses bei G trotz der ihm eingeräumten Möglichkeit der Sperre gegenüber
Suchmaschinen (Anlage B 9 = Bl. 261 GA) keinen Gebrauch gemacht hat, ferner, dass
die AGB von G ausdrücklich vorsehen, dass der Nutzer gerade mit der Veröffentlichung
von Inhalten in anderen Medien einverstanden ist, es sei denn, er macht von der ihm
eingeräumten Option Gebrauch, seine Daten durch Suchmaschinen zu indizieren oder
gänzlich zu unterbinden. Sein Vorbringen in der Berufungsreplik, der von der Beklagten
zu 1) zum Beweis ihres Vorbringens vorgelegte Screenshot stelle keinen Bezug zu ihm
her und mit der Einstellung seines Profils bei G habe er dennoch sein Einverständnis zu
einer Veröffentlichung über Suchmaschinen erklärt, stellt sich letztlich als Beibehaltung
seiner im Prozess stets vertretenen Rechtsauffassung dar, ohne dass die Behauptungen
der Beklagten zu 1) in der Sache erheblich angegriffen sind.
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(1.1.2) Soweit der Kläger seinen Unterlassungsanspruch bezüglich des von der
Plattform "G" übernommenen Bildnisses nunmehr in erster Linie auf die Unterlassungs-
und Verpflichtungserklärung der Beklagten vom 03.03.2009 im Sinne eines
vertraglichen Unterlassungsanspruchs stützt, übersieht er die durch Auslegung gemäß
§§ 133, 157 BGB zu ermittelnde Reichweite dieser Erklärung. Schon die Historie spricht
gegen eine von dem Kläger gewünschte Reichweite, da sich das Abmahnschreiben
vom 13.08.2008 einschließlich der geforderten Unterlassungserklärung und
dementsprechend auch das mit der Klage verfolgte Unterlassungsbegehren allein auf
die Verwendung eines Bildnisses von der Webseite des L Ts bezog. Ein Verständnis in
dem von dem Kläger gewünschten Umfang wäre auch nicht interessengerecht im Sinne
von § 242 BGB. Der Kläger wusste, dass er sein Bildnis nicht nur über die Webseite des
L Ts öffentlich gemacht hatte, sondern auch über die Plattform G. Es kann nicht davon
ausgegangen werden, dass die Beklagte zu 1) bei Abgabe der Unterlassungserklärung
wusste, dass der Kläger sein Bildnis durch Suchmaschinen abrufbar auch in andere
Internet-Plattformen eingestellt hatte. Unter diesen Umständen kann nicht angenommen
werden, die Beklagten hätten sich zur Unterlassung der Wiedergabe eines Bildnisses
des Klägers auch von anderen beliebigen Plattformen verpflichten wollen, es sei denn,
der Kläger hätte die bei seinem der Erklärung vom 03.03.2009 vorausgehenden
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Unterlassungsverlangen – wie aber nicht geschehen – darauf hingewiesen, dass er sein
Bildnis auch über andere Internet-Plattformen öffentlich gemacht hatte. Nur unter dieser
Voraussetzung hätte für die Beklagte zu 1) überhaupt Veranlassung bestanden, die
Suche unter dem Namen des Klägers auf ihrer Suchmaschine, wie später auch
unstreitig geschehen, gänzlich auszuschließen.
(1.2) Ohne Erfolg bleibt auch die Rüge des Klägers, das Landgericht habe bei der
Beurteilung des Wiederauflebens der Wiederholungsgefahr nicht sein schriftsätzliches
Vorbringen vom 13.03.2009 (Bl. 95 – 99 GA) in Verbindung mit dem als Anlage zum
Protokoll vom 06.05.2009 genommenen Abmahnschreiben vom 11.03.2009 (Anlage K
12 = Bl. 125 – 127 GA) berücksichtigt und es ansonsten von einer Wiederholungsgefahr
ausgegangen sein würde.
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(1.2.1) Auf der Grundlage dieses Vorbringens und unter weiterer Berücksichtigung des
bereits mit Schriftsatz vom 14.04.2009 (Bl. 106 ff. GA) geltend gemachten Verstoßes
durch Verwendung des Bildnisses von der Plattform G vom selben Tag hatte der Kläger
zwar bereits erstinstanzlich zum Ausdruck gebracht, dass der Unterlassungserklärung
vom 03.03.2009 zwei nachträgliche Verstöße gefolgt sein sollen. Ob dieses Vorbringen
aber auch für die Beklagten und das Landgericht hinreichend klar in diesem Sinne zu
deuten war, weil es an einem ausdrücklichen Vortrag des Klägers dazu fehlte, dass sich
das Abmahnschreiben vom 11.03.2009 und der damit korrespondierende Schriftsatz
des Klägers vom 13.03.2009 nicht ebenfalls auf die Abrufbarkeit eines Bildnisses des
Klägers über die Plattform G bezog, kann der Senat dahinstehen lassen. Denn dieses
Vorbringen des Klägers ist jedenfalls noch in der Berufung uneingeschränkt
berücksichtigungsfähig. Dass der dahingehende Tatbestandsberichtigungsantrag des
Klägers vom 03.07.2009 mit Beschluss vom "17.06.2009" (richtig wohl vom 31.07.2009,
Bl. 202 f. GA) ins Leere ging, es damit gemäß § 314 ZPO bei dem Tatbestand des
angefochtenen Urteils zu verbleiben hat, steht dieser Handhabung nicht entgegen, da
sich aus dem Tatbestand und den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils
nicht gegenteilig ergibt, dass der Kläger nicht so wie geltend gemacht und oben
nachvollzogen erstinstanzlich vorgetragen hat. Ungeachtet dessen wäre die
Wiederholung dieses Vorbringens in zweiter Instanz, wenn es denn als neues
tatsächliches Vorbringen zu bewerten wäre, gemäß § 531 Abs. 2 ZPO zuzulassen, weil
es der Entscheidung als unstreitig zu Grunde zu legen ist.
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(1.2.2) Soweit danach entgegen der Auffassung des Landgerichts von einem weiteren
Verstoß der Beklagten zu 1) gegen §§ 823, 1004 BGB in Verbindung mit dem
allgemeinen Persönlichkeitsrecht und §§ 22 f. KUG auszugehen ist, indem sie nicht
dafür gesorgt hat, dass das Bildnis des Klägers von der Plattform des L Ts nicht mehr
über die von ihr bereitgestellte Suchmaschine abrufbar war, und auch gleichzeitig von
einem Verstoß gegen die von ihr unter dem 03.03.2009 abgegebene Unterlassungs-
und Verpflichtungserklärung, vermag dies der Berufung des Klägers dennoch nicht zum
Erfolg zu verhelfen. Denn insoweit ist das Rechtsschutzbedürfnis des Klägers für eine
Unterlassungsklage infolge der von der Beklagten zu 1) unter dem 03.03.2009
abgegebenen Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung entfallen, weil diese
Erklärung von der Höhe her selbst die Übernahme der Verpflichtung zur Zahlung einer
erheblich höheren Vertragsstrafe als bei einem einmaligen nachträglichen Verstoß
deckt (vgl.: Burkhardt in Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl.,
Kap. 12 Rn. 29, 129). Die Vertragsstrafe, der sich die Beklagte zu 1) mit der Erklärung
vom 03.03.2009 unterworfen hat, beträgt für jeden Fall der Zuwiderhandlung zwischen
5.100,00 € und 15.000,00 €. Ein gerichtlicher Unterlassungstitel würde ein 15.000,00 €
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überschreitendes Ordnungsgeld
selbst bei einem zweimaligen Verstoß nicht rechtfertigen können. Gegen die
entsprechenden Ausführungen des Landgerichts, wenn auch nicht ausdrücklich in
diesem Zusammenhang, hat der Kläger auch keine Einwendungen erhoben. Im
Rahmen der Festlegung einer verwirkten Vertragsstrafe wäre nämlich auch zu
berücksichtigen, dass sich der Kläger auf (mindestens) zwei Internet-Plattformen
öffentlich zur Schau gestellt hat bzw. hat stellen lassen und trotz entsprechender
Möglichkeiten nicht dafür gesorgt hat, dass Suchmaschinen auf die ihn betreffenden
Daten auf diesen Plattformen, insbesondere sein Bildnis, keinen Zugriff haben. Der
Kläger ist dementsprechend aufgrund der Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung
der Beklagten zu 1) vom 03.03.2009 in einem Maß abgesichert, wie er es auf Grund des
angestrebten gerichtlichen Unterlassungstitels nicht besser sein könnte. Auf Grund der
Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung der Beklagten zu 1) vom 03.03.2009 steht
sich der Kläger sogar besser als bei Erlass des begehrten Unterlassungsurteils, da ihm
bei einem nochmaligen Verstoß der Beklagten zu 1) gegen diese ein Anspruch auf
Zahlung an sich zusteht, während das mit Erlass eines Unterlassungstitels
antragsgemäß gleichzeitig anzudrohende Ordnungsgeld bei einem Verstoß gegen
diesen zugunsten der Staatskasse gemäß § 890 ZPO einzutreiben wäre.
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(2) Der Feststellungsantrag des Klägers ist unzulässig, da ihm das gemäß § 256 Abs. 1
ZPO erforderliche Feststellungsinteresse fehlt. Die bloße abstrakte Möglichkeit des
Vorhandenseins oder der Entstehung eines Schadens reicht insoweit nicht aus. An
konkreten Darlegungen des Klägers, die Anhaltspunkte für eine gewisse
Wahrscheinlichkeit der Entstehung eines Schadens geben könnten, fehlt es auch in der
Berufungsinstanz.
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(3) Dem Kläger steht gegenüber der Beklagten zu 1) auch kein Anspruch auf Erteilung
einer Auskunft gemäß § 242 BGB zu, da es sich dabei um einen Hilfsanspruch zur
Vorbereitung eines Ersatzanspruchs handelt, ein solcher indes, wie oben ausgeführt,
nicht besteht. Insoweit ist die Klage unbegründet.
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(4) Die Klage ist ferner unbegründet, soweit der Kläger mit seiner Berufung weiterhin
Ersatz von Abmahnkosten über den von dem Landgericht zugesprochenen Betrag von
661,16 € hinaus begehrt.
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(4.1) Der von dem Kläger erstinstanzlich gegenüber dem Beklagten zu 1) verfolgte
Anspruch auf Ersatz vom Abmahnkosten in der Höhe von 899,40 € ist von dem
Landgericht in Anbetracht des die Unterlassungsklage auslösenden Screenshots
gemäß Anlage K 3 (Bl. 11 GA) und des darauf gründenden Abmahnschreibens vom
13.08.2008 (Anlage K 4 = Bl. 14 f. GA) auf der Grundlage eines Gegenstandswertes von
7.500,00 € in der Höhe von 661,16 € nebst anteilig geltend gemachten Zinsen
zugesprochen worden. Der Auffassung des Klägers, der Gegenstandswert des auf
Unterlassung gerichteten Abmahnschreibens belaufe sich auf 20.000,00 €, weil sein
Bildnis über die Suchmaschine der Beklagten zu 1) europaweit abrufbar gewesen sei,
verfängt nicht. Mit diesem Vorbringen setzt sich der Kläger zu seiner eigenen
Einschätzung in dem Abmahnschreiben vom 13.08.2009 in Widerspruch, als er dort
noch von einem Gegenstandswert von 15.000,00 € ausgegangen und auf dieser
Grundlage zur Berechnung einer anwaltlichen Geschäftsgebühr von 899,40 € gelangt
ist. Überdies sind gemäß § 3 ZPO entsprechend den Ausführungen des Landgerichts zu
berücksichtigen die relativ geringe Größe des Bildes sowie seine Abrufbarkeit über die
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Webseite …, ferner, dass sein Bildnis entsprechend dem nicht widerlegten Vorbringen
der Beklagten zu 1) auf der von dieser betriebenen Webseite nicht gespeichert und
durchgehend präsentiert, sondern nur auf spezielle Eingabe des Namens des Klägers
aufrufbar war. In Anbetracht dieser Gesamtumstände erscheint auch dem Senat die
Festsetzung des Gegenstandswerts des Abmahnschreibens vom 13.08.2008 in Höhe
von 7.500,00 € angemessen.
(4.2) Soweit der Kläger klageerweiternd einen Anspruch auf Ersatz von Abmahnkosten
wegen der Vorfälle vom 11.03. und 14.04.2009 ebenfalls in der Höhe von 899,40 €
geltend macht, erscheint die Klageerweiterung gemäß § 533 ZPO zwar zulässig, jedoch
ebenfalls unbegründet.
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(4.2.1) Eine Abmahnung wegen des Vorfalls vom 14.04.2009 ist nach dem
zugrundezulegenden Sach- und Streitstand schon nicht erfolgt. Auch im Hinblick auf
das anwaltliche Schreiben vom 11.03.2009 (Anlage K 12 = Bl. 125 – 127 GA) erscheint
eine Haftung der Beklagten zu 1) gemäß §§ 670, 683 Satz 1, 677 BGB bzw. gemäß §
823 BGB schon dem Grunde nach zweifelhaft, da der Kläger mit diesem primär die
Verwirkung einer Vertragsstrafe in Höhe von 10.000,00 € geltend gemacht hat. Aber
selbst dann, wenn man auf die Notwendigkeit der Einschaltung eines Rechtsanwalts zur
Geltendmachung einer verwirkten Vertragsstrafe abstellen wollte, bestünde ein
Ersatzanspruch des Klägers aus § 823 BGB deswegen nicht, weil eine Vertragsstrafe
zum Zeitpunkt des Zugangs (wie auch der Verfassung) des Schreibens vom 11.03.2009
nicht verwirkt war, weil der Unterlassungs- und Verpflichtungsvertrag aufgrund der
Erklärung der Beklagten zu 1) vom 03.03.2009 erst infolge der Annahme durch den
Kläger am 11.03.2009 zustande gekommen ist.
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(4.2.1.1) Ein Unterlassungs- und Verpflichtungsvertrag ist nicht schon mit dem Zugang
der Erklärung vom 03.03.2009 bei den Prozessbevollmächtigten des Klägers am selben
Tag gemäß § 151 BGB zustande gekommen, weil die Erklärung vom 03.03.2009 nicht
auf der Grundlage der mit Abmahnschreiben vom 13.08.2008 geforderten
Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung oder gleichlautend abgegeben wurde,
sondern textlich davon abweichend, wenn auch letztlich von der inhaltlichen Reichweite
nicht verschieden, so dass beide Parteien erwarten konnten, dass der Kläger erst prüfen
werde, ob seinem außergerichtlichen Rechtsschutzbegehren Rechnung getragen war,
und er sich dann erklären werde.
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(4.2.1.2) Die Annahmeerklärung des Klägers ist (erst) in dem Vertragsstrafeforderungs-
und Abmahnschreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 11.03.2009 zu sehen, da er
in diesem Schreiben auf die Erklärung vom 03.03.2009 Bezug genommen, den
sinngemäßen Inhalt dieser Erklärung explizit wiedergegeben und hieran eine
Rechtsfolge geknüpft hat, die die Annahme der Unterlassungs- und
Verpflichtungserklärung vom 03.03.2009 voraussetzt. Da der in diesem Schreiben
geltend gemachte (erneute) Verstoß der Annahmeerklärung vorausging, scheidet die
Verwirkung einer Vertragsstrafe wegen Verstoßes gegen die Unterlassungs- und
Vertragsstrafenverpflichtung aus.
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(4.2.2) Aber selbst dann, wenn man dem in dem Schreiben vom 11.03.2009 enthaltenen
Unterlassungsbegehren selbstständige Bedeutung zumessen wollte, würde es an der
Voraussetzung der Erforderlichkeit dieses Aufwandes gemäß § 670 BGB bzw. §§ 249 ff.
BGB fehlen. Denn das Unterlassungsbegehren in dem Schreiben vom 11.03.2009 war
bereits Gegenstand des Abmahnschreibens vom 13.08.2008 (Anlage K 4 = Bl. 14 – 16
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GA), der in Fortsetzung dieses Begehrens im Jahr 2008 erhobenen Klage zum
vorliegenden Rechtsstreit sowie insbesondere, auch von der Höhe her – siehe oben –
der Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung vom 03.03.2009. Die Bedeutung des
mit Schreiben vom 11.03.2009 gerügten (erneuten) Verstoßes erschöpfte sich daher in
der möglichen Bedeutung für die Annahme des Fortbestandes der
Wiederholungsgefahr. Hierzu bedurfte es nicht eines gesonderten außergerichtlichen
Abmahnschreibens, vielmehr der bloßen Geltendmachung zur vorliegenden Akte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
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Die Vollstreckbarkeitsentscheidung folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO i. V. m. § 26 Nr. 8
EGZPO.
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Die Zulassung der Revision ist gemäß § 543 ZPO nicht veranlasst. Die Rechtssache hat
keine grundsätzliche Bedeutung und weder die Fortbildung des Rechts noch die
Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des
Bundesgerichtshofs.
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Der Gegenstandswert der Berufung wird entsprechend der vorläufigen Festsetzung mit
Beschluss vom 13.10.2009 (Bl. 237 GA) auf 9.500,00 € festgesetzt.
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