Urteil des OLG Köln vom 15.06.2000

OLG Köln: an erfüllung statt, kausalverhältnis, wechsel, aussetzen, klageänderung, beweislast, rechtskraftwirkung, vorfrage, klagegrund, datum

Oberlandesgericht Köln, 20 W 37/00
Datum:
15.06.2000
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
20. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
20 W 37/00
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 4 O 312/00
Tenor:
Die Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer
des Landgerichts Köln vom 10. Mai 2000 wird auf ihre Kosten
zurückgewiesen.
Gründe
1
Die zulässige Beschwerde (§§ 252 1. Alternative, 567 ZPO) hat in der Sache keinen
Erfolg.
2
Zu Recht hat das Landgericht das Verfahren im Rahmen des ihm dabei nach § 148 ZPO
zustehenden Ermessens bis zur Rechtskraft des Verfahrens 86 O 66/99 LG Köln wegen
Vorgreiflichkeit ausgesetzt.
3
§ 148 ZPO gestattet die Aussetzung - hier eines Zivilprozesses - wenn die
Entscheidung der Sache ganz oder teilweise von dem Bestehen oder Nichtbestehen
eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen
Rechtsstreits bildet, ohne dass mit dieser Präjudiziabilität eine Rechtskraftwirkung
einhergehen muss (Stein-Jonas/Schuhmann, ZPO, 20. Aufl., § 148 RN 24 m.w.N.).
Darauf, dass es sich bei der im Wechselverfahren geltend gemachten Forderung aus
dem Wechselbegebungsvertrag und der diesem zugrunde liegenden
Werklohnforderung, die im vorliegenden Verfahren verfolgt wird, um unterschiedliche
Streitgegenstände handelt (BGHZ 17, 31 ff), kommt es deshalb nicht an.
4
Für die Aussetzung nach § 148 ZPO reicht es vielmehr aus, wenn das Rechtsverhältnis
als Vorfrage für die Entscheidung über den Klagegrund, etwa die Sachbefugnis oder für
die Entscheidung über eine erhobenen Einrede, Replik oder ähnliches oder eine
Prozessvoraussetzung in dem auszusetzenden Prozess in Betracht kommt (Stein-Jonas
a.a.O.).
5
So liegt es hier, nachdem der Beklagten, die dem Anspruch im Wechselprozess
widersprochen hat, die Wahrnehmung ihrer Rechte im Nachverfahren vorbehalten
worden ist (§ 599 ZPO) und der Rechtsstreit im Nachverfahren anhängig geblieben ist (§
600 ZPO).
6
Das Nachverfahren eröffnet der Beklagten die verfahrensrechtliche Möglichkeit, über die
7
Beschränkung des § 598 ZPO hinaus, sich der Wechselforderung gegenüber auch mit
allen, nicht durch Urkunden nachweisbaren Einreden, Einwendungen und sonstigem
Vorbringen aus dem der Wechselbegebung zugrunde liegenden Kausalverhältnis zu
verteidigen (BGZ 17, 31 ff; Bülow, WechselG u.a., 2. Aufl. Art. 17 RN. 57 ff). Dies folgt,
wenn der Wechselschuldner sich mit Einwendungen aus dem Kausalverhältnis
verteidigt, aus den ihm im Erfolgsfalle zustehende bereicherungsrechtlichen
Ansprüchen (§§ 813 Abs. 1, 821 BGB; Bülow a.a.O.). Für die hier nach der Verteidigung
der Beklagten ebenfalls in Betracht kommenden dilatorischen Einwendungen aus dem
Grundverhältnis folgt dies aus der im Rechtsverkehr im Zweifel - so auch hier -
anzunehmenden rechtlichen Zweckverbindung zwischen Wechselhingabe und
zugrunde liegendem Kausalverhältnis, wonach die Wechselhingabe nur eine Leistung
erfüllungshalber, nicht an Erfüllung Statt ist (Baumbach/Hefermehl , WechselG, 21. Aufl.,
Einl. RN 38) und die Beklagte, wegen der durch die Zweckverbindung begründeten
"Verkettung" ( Baumbach/Herfermel , a.a.O. RN. 40), nur im Umfange des Erfolgs der
Kausalvereinbarung zur Leistung verpflichtet ist.
Danach wäre die Klägerin im Umfang eines etwaigen Obsiegens im Wechselverfahren
klaglos gestellt. Dies rechtfertigt die angegriffene Aussetzung.
8
Dies gilt umsomehr, als für die Klägerin im Nachverfahren die Möglichkeit eröffnet ist,
nicht nur die Wechselforderung, sondern im Wege der (hilfsweisen) Klageänderung
auch die dem Kausalverhältnis zugrunde liegende Forderung geltend zu machen (BGH
a.a.O.).
9
Dass die Beklagte, wie die Beschwerdebegründung meint, im Wechselverfahren die
Darlegungs- und Beweislast für ihre Einwendungen trägt, ist zwar zutreffend (Bülow
a.a.O., 57 a). Dies ändert aber an dem Vorliegen der Voraussetzungen des § 148 ZPO
nichts. Die Beklagte übersieht dabei, dass sie sich durch die Begebung des Wechsels
erfüllungshalber auf eine neben dem Kausalverhältnis bestehende weitere Haftung aus
dem Wechsel eingelassen hat.
10
Zu Recht hat das Landgericht das vorliegende Verfahren auch insgesamt ausgesetzt.
Richtig ist, dass die im vorliegenden Verfahren geltend gemachte Klageforderung die
Wechselforderung übersteigt. Dass der Wechsel allerdings erfüllunggshalber nur für
einen gegenständlich abgrenzbaren Teil der Klageforderung hingegeben worden ist,
macht die Beklagte nicht geltend. Dies läßt sich auch dem Akteninhalt nicht entnehmen.
Zum Zeitpunkt der Wechselhingabe am 01.04.1999 hatte die Klägerin der Beklagten die
Rechnungen vom 07.12.1998, 29.01. und 11.02.1999, die 83.731,89 DM des
Zahlungsantrags zu 1. ausmachen, bereits erteilt. Nicht erteilt waren lediglich die
ebenfalls mit der Klageforderung geltend gemachten 3 Rechnungen vom 22.07.1999 in
Höhe von 2.645,68 DM. Auch insoweit konnte das Landgericht das Verfahren im
Rahmen des ihm dabei zustehenden Ermessens schon deshalb aussetzen, weil die mit
den Rechnungen vom 22.07.1999 geltend gemachten Arbeiten in einem engen
rechtlichen Zusammenhang mit der im übrigen geltend gemachten Werklohnforderung
stehen. Die Beklagte selbst verteidigt sich insoweit damit, dass es sich um kostenlos
auszuführende Nachbesserungsarbeiten gehandelt habe.
11
Auch die mit dem Klageantrag zu 2) verfolgte Eintragung einer
Bauhandwerkssicherungshypotek ist dem Umfange nach vom Erfolg der Klägerin
abhängig.
12
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
13
Beschwerdewert: 11.000,00 DM
14