Urteil des OLG Köln vom 09.07.1996

OLG Köln (vorläufige deckung, kläger, antrag, zeuge, vorläufige deckungszusage, deckung, eintritt des schadens, vater, tochter, versicherungsschutz)

Oberlandesgericht Köln, 9 U 258/95
Datum:
09.07.1996
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
9. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
9 U 258/95
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 24 0 348/94
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das am 19. Oktober 1995 verkündete
Urteil der 24. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 24 0 348/94 - wird
zurückgewiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf eine Vollstreckung
durch Sicherheitsleistung in Höhe von 17.000,00 DM abwenden, wenn
nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe
leistet. Den Parteien wird gestattet, Sicherheit auch durch die
selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank oder
öffentlichen Sparkasse zu erbringen.
T a t b e s t a n d
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Der Kläger begehrt von der Beklagten Versicherungs-schutz für einen Brandschaden,
der am 15.07.1994, gegen 19.20 Uhr, in den neuen Praxisräumen seiner
Zahnarztpraxis in H. eingetreten ist.
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Der Kläger hatte die neuen Räume um den 13.07.1994 herum in Betrieb genommen.
Zuvor hatte er über einen ihm bekannten Versicherungsmakler versucht, eine
Betriebsversicherung für die Praxisräume ab-zuschließen, was jedoch wegen
verzögerlicher Bear-beitung der Angelegenheit durch den Makler nicht gelang. Er
nahm sodann durch Vermittlung der Zeugin I. P. , einer Bekannten und zugleich Pa-
tientin von ihm, Kontakt zu deren Vater, dem Zeugen H. P. auf, der Inhaber einer
Hauptver-tretung der Beklagten in B. ist.
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Im ersten Rechtszug hat der Kläger zu den zwischen ihm und dem Zeugen P.
daraufhin geführten Verhandlungen über eine Betriebsversicherung für seine neuen
Praxisräume wie folgt vorgetragen: Das erste Telefongespräch mit dem Zeugen P.
sei am 12.07.1994 zustande gekommen, als die Zeugin I. P. gerade bei ihm in
Behandlung gewesen sei. Bei diesem Gespräch seien alle Einzel-heiten hinsichtlich
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der Gestaltung eines Feuerver-sicherungsvertrages nebst Betriebsunterbrechungs-
versicherung, einer Elektronik-Pauschalversicherung sowie einer Daten-
Pauschalversicherung besprochen und auch auf die Erforderlichkeit sofortigen Ver-
sicherungsschutzes hingewiesen worden, da die Inbe-triebnahme der neuen
Praxisräume unmittelbar bevor-gestanden habe. Der Zeuge P. habe zugesagt, für
sofortigen Deckungsschutz Sorge zu tragen. Am Mittwoch, dem 13.07.1994, sei es zu
einem erneuten Telefonat mit dem Zeugen P. gekommen, bei dem dieser wiederum
zunächst mit seiner Tochter ge-sprochen habe, die sich zu dieser Zeit in Fortset-zung
der Behandlung vom vorangegangenen Tag erneut in der Praxis aufgehalten habe.
Bei diesem Tele-fonat sei es um Einzelheiten zu den in den neuen Räumen
verwendeten elektronischen Geräten gegangen, um diese in die Police
aufzunehmen. Dabei habe die Zeugin I. P. nochmals auf das Erforder-nis sofortigen
Deckungsschutzes hingewiesen. Nach diesem Telefonat habe der Zeuge P. den
schriftlichen Versicherungsantrag vollständig aus-gefüllt und hinsichtlich des
Versicherungsbeginns den 15.07.1994, 12.00 Uhr, angegeben. Diesen Antrag habe
er dann am 14.07.1994 zwecks Unterzeichnung durch den Kläger mit der Post nach
H. zu seiner Tochter gesandt, die ihn dem Kläger am Morgen des 15.07.1994 in die
Praxis überbracht habe. Der Antrag sei dann vom Kläger überprüft und und
unterschrieben worden. Die Zeugin I. P. habe sodann den schriftlichen Antrag im
Auftrag ihres Vaters an sich genommen, was schon z. Zt. des eingetragenen
Versicherungsbeginns mittags um 12.00 Uhr am 15.07.1994 geschehen sei, und auf
ihrer Wochenendheimfahrt zu ihren Eltern mitgenom-men. Am Abend des 15.07.1994
habe der Antrag im Ge-schäftsraum des Zeugen P. vorgelegen.
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Der Kläger hat die Auffassung vertreten, daß aufgrund der dem Zeugen P.
mitgeteilten Er-forderlichkeit sofortigen Deckungsschutzes und der vom Zeugen
vorgenommenen Eintragung des Versiche-rungsbeginns im Antragsformular mit dem
15.07.1994, 12.00 Uhr, im Zeitpunkt des Schadenseintritts gegen 19.20 Uhr dieses
Tages vorläufiger Deckungsschutz bestanden habe oder jedenfalls eine Erfüllungs-
haftung der Beklagten eingreife. Die Zeugin I. P. habe den schriftlichen
Versicherungs-antrag zudem auch als Empfangsbotin ihres Vaters und damit für die
Beklagte zurechenbar entgegen ge-nommen.
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Der Kläger hat beantragt,
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festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, ihm nach Maßgabe des
Versicherungs-
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antrages vom 15.07.1994 Versicherungsschutz
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für das Schadensereignis vom 15.07.1994 zu
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gewähren.
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Die Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie hat behauptet, erst am 14.07.1994 seien in ei-nem Telefongespräch zwischen
dem Zeugen P. und dem Kläger die Einzelheiten über den vom Kläger gewünschten
Versicherungsschutz besprochen worden, woraufhin der Zeuge P. den
Versicherungsan-trag ausgefüllt und nach H. gesandt habe. Bei diesem Gespräch
habe der Zeuge P. dem Kläger, dem es in der Tat auf die baldige Erteilung einer
Deckungszusage angekommen sei, erklärt, daß Versicherungsschutz nach
Unterzeichnung und Vorlie-gen des unterschriebenen Antrages in der Agentur des
Zeugen P. in B. bestehe. Die Toch-ter des Zeugen P. , so hat die Beklagte wei-ter
vorgetragen, habe sich nur dem Kläger gegenüber bereit erklärt gehabt, den
unterzeichneten Antrag an sich zu nehmen und ihrem Vater zu überbringen, ohne
von diesem jedoch bevollmächtigt worden zu sein. Die Tochter sei dann am Abend
des 15.07.1994 erst nach 20.15 Uhr im Hause ihrer Eltern in B. eingetroffen; zu
diesem Zeitpunkt habe sich der Zeuge P. außer Haus befunden. Kenntnis vom
Zugang des Versicherungsantrages habe er erst am darauffolgenden Morgen, am
16.07.1994, erlangt.
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Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, daß allein in dem Umstand, daß das
Antragsdatum und der Versi-cherungsbeginn lt. Antrag übereinstimmt, noch keine
vorläufige Deckungszusage zu sehen sei; zwischen dem Kläger und dem Zeugen P.
sei auch keine ausdrückliche Vereinbarung über die Erteilung einer vorläufigen
Deckungszusage getroffen worden. Selbst wenn die Äußerung des Zeugen P. ,
Versiche-rungsschutz bestehe ab Eingang des Antrags in sei-ner Agentur, als
vorläufige Deckungszusage gewertet und ihr, der Beklagten, zugerechnet werden
könnte, habe Versicherungsschutz bei Eintritt des Schadens-falles nicht bestanden,
da der Antrag erst danach zugegangen sei; die Zeugin I. P. sei in-soweit nur als Botin
des Klägers tätig geworden.
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Die Beklagte hat sich ferner auf Leistungsfreiheit wegen grob fahrlässiger
Herbeiführung des Versiche-rungsfalles durch den Kläger berufen. Der Brand sei
durch einen Hitzestau in einem Kompressor verursacht worden, der auf
Veranlassung des Klägers in einem zu kleinen und ungenügend belüfteten Raum
durch fachunkundige Hilfskräfte aufgestellt und in-stalliert worden sei.
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Das Landgericht hat nach Vernehmung der Zeugin I. P. und ihrer Eltern die Klage
abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Aufgrund der durch-geführten
Beweisaufnahme stehe fest, daß der Zeuge P. gegenüber dem Kläger vorläufige
Deckung erst zum Zeitpunkt des Zugangs des vom Kläger unterzeichneten
Versicherungsantrages im Büro des Zeugen zugesagt habe; der Antrag sei jedoch
erst nach dem Eintritt des Brandschadens zugegangen; die Zeugin I. P. sei nach
ihren eigenen Bekundungen und denen ihres Vaters nicht Empfangs-botin ihres
Vaters gewesen. Die Beklagte hafte auch nicht nach den Grundsätzen der c.i.c.
wegen schuld-hafter Verzögerung der Vertragsverhandlungen; ei-ne
Sorgfaltspflichtverletzung des Zeugen P. sei insoweit nicht erkennbar.
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Gegen das ihm am 30.10.1995 zugestellte Urteil hat der Kläger am 24.11.1995
Berufung eingelegt, die er nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis
zum 24.01.1996 mit einem an diesem Tage bei Gericht eingegangenen Schriftsatz
begründet hat.
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Der Kläger trägt nunmehr zu den Vorgängen im Zusammenhang mit der Fertigung
eines schriftlichen Versicherungsantrags wie folgt vor: Bereits am 08.07.1994 habe
die Zeugin I. P. mit ihrem Vater wegen einer Versicherung für die neuen Praxisräume
des Klägers telefoniert. Der Zeuge P. habe seiner Tochter daraufhin ein
Antragsformular übersandt, das sie am Montag, den 11.07.1994, ihm, dem Kläger,
übergeben habe. Er habe es ausgefüllt, unterschrieben und am gleichen Tage noch
an den Zeugen P. mit der Post versandt; als Versicherungsbeginn habe er den
13.07.1994 eingetragen. Am darauffolgenden Tag, dem 12.07.1994, habe er dann
den Zeugen P. an-gerufen, weil er irrtümlich die Versicherungssumme für die
Elektronik-Pauschalversicherung zu niedrig angesetzt habe, und den Zeugen
gebeten, dies im An-trag zu ändern, der zu dieser Zeit dem Zeugen noch nicht
vorgelegen habe. Bei diesem Telefonat habe er nochmals die Notwendigkeit des
umgehenden Deckungs-schutzes betont und vom Zeugen P. daraufhin die Antwort
erhalten, dieser könne erst mit Vor-liegen des unterschriebenen Antrags
gewährleistet werden. Am 13.07.1994, als der erste Antrag beim Zeugen P.
eingegangen gewesen sei, habe der Zeuge P. in der neuen Praxis angerufen, um ein
technisches Detail zu klären. Bei dieser Gele-genheit habe die Zeugin I. P. , die sei-
nerzeit in der Praxis anwesend gewesen sei, ihren Vater gefragt, ob er den Antrag
erhalten habe und ob er den zweiten bereits vorbereitet hätte. Der Zeuge P. habe
erwidert, daß er gerade daran arbeite. Er, der Kläger, sei zu der Zeit dieses Te-
lefonats nicht in der Praxis gewesen, habe den Zeu-gen P. aber später
zurückgerufen.
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Der Kläger trägt weiter vor, für ihn sei klar gewe-sen, daß die Erklärung des Zeugen
P. , Dek-kungsschutz bestehe mit Vorliegen des unterschrie-benen Antrags, sich auf
den ersten Antrag bezogen habe, der dem Zeugen spätestens am 14.07.1994, also
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vor Eintritt des Brandschadens, vorgelegen habe.
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Im übrigen wiederholt und vertieft der Kläger sein Vorbringen zur
Empfangsboteneigenschaft der Zeugin I. P. , und ist weiterhin der Ansicht, daß auch
im Hinblick auf den zweiten Antrag vom 15.07.1994 Deckungsschutz schon vor dem
Schadenser-eignis bestanden habe.
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Hilfsweise, so meint der Kläger, sei der Anspruch auch als Schadensersatzanspruch
wegen positiver Vertragsverletzung begründet, da der Zeuge P. nicht innerhalb
kürzester Frist nach Vorlie-gen des Antrags auf vorläufigen Deckungsschutz für diese
Deckung gesorgt habe.
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Schließlich bestreitet der Kläger nach wie vor jeg-liches Verschulden hinsichtlich der
Entstehung des Brandes infolge angeblich unsachgemäßer Aufstellung und
Installation eines Kompressors.
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Der Kläger beantragt,
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1. nach seinen Schlußanträgen in erster
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Instanz zu erkennen,
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2. hilfsweise, ihm nachzulassen, die
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Zwangsvollstreckung durch Sicherheits-
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leistung abzuwenden, wobei die Sicher-
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heit auch durch die Bürgschaft einer
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deutschen Bank oder öffentlichen Spar-
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kasse erbracht werden kann.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen,
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sowie zu gestatten, Sicherheit auch
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durch eine selbstschuldnerische
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Bankbürgschaft leisten zu können.
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Sie stellt nicht in Abrede, daß es einen ersten Versicherungsantrag gegeben hat;
dieser sei jedoch, was der Kläger einräumt, vernichtet worden, als man den zweiten
Antrag vom 15.07.1994 erstellt habe. Das erste Telefongespräch mit dem Zeugen P. ,
habe, so behauptet die Beklagte, entgegen der neuen Darstellung des Klägers nicht
schon am 08.07.1994 stattgefunden, sondern, wie der Kläger selbst auch in der
Klageschrift vorgetragen gehabt habe, erst am Dienstag, dem 12.07.1994. Nach
diesem Gespräch habe der Zeuge P. aufgrund der Angaben des Klägers ein
Antragsformu-lar ausgefüllt, in dem als Versicherungsbeginn der 15.07.1994
eingetragen worden sei. Diesen ersten Antrag habe der Zeuge P. noch am
12.07.1994 nach H. gesandt und, soweit sich der Zeuge erinnere, am 14.07.1994
vom Kläger mit der Post zurückerhalten. Da der Kläger den Antrag jedoch inhaltlich
verändert, teilweise überschrieben und ergänzt habe, sei er so nicht annahmefähig
gewesen. Deshalb hätten der Zeuge P. und der Kläger vereinbart, diesen ersten
Antrag zu vernichten. Der Zeuge P. habe sodann ein neues Antragsfor-mular
ausgfüllt und zur Unterzeichnung dem Kläger nach H. übersandt. Dort sei der Antrag
am 15.07.1994 angekommen und von der Zeugin I. P. nach Unterzeichnung durch
den Kläger auf ihrer Fahrt zu ihren Eltern mitgenommen worden.
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Im übrigen nimmt die Beklagte Bezug auf ihren erstinstanzlichen Vortrag.
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Wegen weiterer Einzelheiten des beiderseitigen Vorbringens wird auf die Schriftsätze
der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
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Die Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft H. über das Brandereignis - 40 Js
17423/94 - war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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Die in formeller Hinsicht bedenkenfreie Berufung hat in der Sache selbst keinen
Erfolg.
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Das Landgericht hat zu Recht die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Kläger
habe weder aus einem zustande gekommenen (Haupt-)Versiche-rungsvertrag noch
aufgrund der vom Zeugen P. erteilten vorläufigen Deckungszusage einen Anspruch
auf Gewährung von Versicherungsschutz. Der Senat folgt im wesentlichen der
Begründung des angefochtenen Urteils. Danach steht es aufgrund der
durchgeführten Beweisaufnahme fest, daß die vom Zeugen P. zugesagte vorläufige
Deckung erst beginnen sollte, wenn der vom Kläger unter-schriebene
Versicherungsantrag dem Zeugen vorlag. Dies wird nunmehr auch vom Kläger selbst
in der Berufungsbegründung eingeräumt. Zutreffend hat das Landgericht auch nach
dem Ergebnis der Beweisauf-nahme eine Bestellung der Zeugin I. P. zur
Empfangsbotin ihres Vaters in Bezug auf den Versicherungsantrag des Klägers
verneint, wobei den betreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil lediglich
klarstellend hinzugefügt werden soll, daß der Versicherungsantrag selbst dann nicht
bereits mit der Aushändigung an die Zeugin I. P. am 15.07.1994, mittags gegen 12.00
Uhr, dem Zeugen P. im Rechtssinne zugegangen wäre, wenn I. P. dessen
Empfangsbotin gewesen wäre. Diese Wirkung hätte die Übergabe des
Versicherungs-antrags an I. P. nur dann gehabt, wenn diese Vertreterin ihres Vaters
im Sinne des § 164 Abs. 3 BGB gewesen wäre, was aber der Kläger selbst nicht
behauptet. Bei einem Empfangsboten ist eine Willenserklärung erst in dem Zeitpunkt
dem Adressa-ten zugegangen, in dem nach dem regelmäßigen Ver-lauf der Dinge
die Weiterleitung an ihn zu erwarten war (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 55. Aufl., Rn. 9
zu § 130); dieser Zeitpunkt war hier erst gegeben, als die Zeugin I. P. den
Versicherungsan-trag des Klägers nach dem regelmäßigen Verlauf der Dinge ihrem
Vater zuhause hätte aushändigen können.
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Im übrigen schließt sich der Senat aber in vollem Umfang den Ausführungen des
Landgerichts an und nimmt auf diese, auch soweit das Landgericht einen
Schadensersatzanspruch des Klägers verneint hat, zur Vermeidung von
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Wiederholungen Bezug (§ 543 Abs. 1 ZPO).
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Der zum Teil neue Vortrag des Klägers im zweiten Rechtszug über die damaligen
Vorgänge im Zusammen-hang mit der Erstellung und Übermittlung des Versi-
cherungsantrages gibt keinen Anlaß, die angefochte-ne Entscheidung des
Landgerichts abzuändern.
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Soweit der Kläger jetzt die erste Kontaktaufnahme mit dem Zeugen P. einige Tage
vorverlegt und einen ersten Versicherungsantrag ins Spiel bringt, der aber, wie der
Kläger eingeräumt hat, vernichtet wurde, ändert dies nichts an der Rich-tigkeit der
landgerichtlichen Entscheidung und gibt auch keinen Anlaß, weiter Beweis zu
erheben. Aus der Tatsache, daß der erste Versicherungsantrag nicht etwa nur
punktuell abgeändert, sondern vernichtet wurde, und ein komplett neuer Antrag
erstellt worden ist, sowie aus dem Umstand, daß der Kläger im ersten Rechtszug sein
Klagebegehren ausschließlich auf den zweiten Antrag und dessen angeblich noch
rechtzeitigen Zugang beim Zeugen P. gestützt hat, ohne den ersten Antrag auch nur
mit einem Wort zu erwähnen, folgt zur Überzeugung des Senats, daß beide
Verhandlungspart-ner, also der Kläger auf der einen Seite und der Zeuge P. auf der
anderen, übereinstimmend davon ausgegangen waren, daß der erste, vernichtete
Versicherungsantrag als erledigt angesehen wurde und ausschließlich der zweite
Antrag vom 15.07.1994 rechtliche Wirkungen haben sollte. Soweit der Klä-ger
behauptet, er habe die vorläufige Deckungszusa-ge des Zeugen P. auf den ersten
Antrag be-zogen, der dem Zeugen bei der Erteilung der Zusage noch nicht
vorgelegen habe, war dieser subjektiven Annahme mit der Vernichtung des ersten
Antrags die tatsächliche Grundlage entzogen worden. Der Kläger konnte jetzt nicht
mehr zu Recht davon ausgehen, es bestehe vorläufige Deckung ab dem Zugang des
ersten Antrags beim Zeugen P. .
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Auch in der Beurteilung der Frage der Empfangsbo-teneigenschaft der Zeugin I. P.
ändert sich aufgrund des zweitinstanzlichen Vorbringens des Klägers nichts. Selbst
wenn der Zeuge P. spätestens am 14.07.1994 gewußt haben sollte, daß seine
Tochter den vom Kläger unterschriebenen Versicherungsantrag am 15.07.1994
mitbringen werde, kann hieraus eine Empfangsboteneigenschaft der Zeu-gin I. P.
nicht hergeleitet werden. Dafür wäre eine "Bestellung" zur Empfangsbotin durch den
Vater erforderlich gewesen (vgl. Palandt/Heinrichs, a.a.O.). Die Zeugin I. P. hat aber
vor dem Landgericht selbst eingeräumt, daß ihr Vater sie nicht gebeten hatte, den
Brief mit nach Hause zu bringen; sie hat es ihren Bekundungen nach lediglich von
sich aus angeboten. I. P. war auch nicht nach der Verkehrsanschauung als Emp-
fangsbotin anzusehen. Eine solche Verkehrsanschau-ung besteht nur für die mit dem
Adressaten in der-selben Wohnung lebenden Angehörigen.
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Im übrigen war die Einschränkung der Deckungszusage durch den Zeugen P. nach
Lage der Dinge ohnehin so zu verstehen, daß es dem Zeugen darauf ankam, den
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Versicherungsantrag persönlich vorliegen zu haben und in Augenschein nehmen zu
können, so daß auch aus diesem Grunde schon die Bestellung seiner Tochter zur
Empfangsbotin fernliegt.
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Vorläufiger Deckungsschutz bestand auch nicht deshalb schon bereits am
15.07.1994 um 12.00 Uhr mittags, weil diese Daten im Versicherungsantrag
eingetragen waren, wobei die Angabe der Uhrzeit von vornherein vorgedruckt war.
Der Äußerung des Zeugen P. , der Deckungsschutz könne erst mit Vorliegen des
unterschriebenen Antrags bei dem Zeugen gewährleistet werden, kann eine
rückwirkende vorläufige Deckung nicht entnommen werden. Zwar wäre bei
unveränderter Annahme des Versicherungsan-trags durch die Beklagte eine mit dem
15.07.1994, 12.00 Uhr mittags, beginnende Rückwärtsversicherung im Sinne des § 2
VVG zustande gekommen; dies besagt aber noch nicht, daß der insoweit rechtlich
selb-ständige Vertrag über die vorläufige Deckung eben-falls rückwirkend in Kraft trat
(vgl. zum Ausnahme-charakter einer Rückwirkung der vorläufigen Deckung auch
Prölss/Martin, VVG, 25. Aufl., Zusatz zu § 1, Anm. 3 = Seite 52 Mitte). Zwar werden
sich Inhalt und Umfang der vorläufigen Deckung im allgemeinen nach dem gestellten
Versicherungsantrag richten; das gilt jedoch nicht, wenn im konkreten Einzelfall
anderes vereinbart ist (Prölss/Martin, a.a.O. = Seite 51). Dies war hier der Fall. Der
Beginn der vorläufigen Deckung war ausdrücklich an das Vorlie-gen des
unterschriebenen Versicherungsantrags beim Zeugen P. geknüpft worden.
Angesichts die-ser unmißverständlichen Einschränkung der Deckungs-zusage hätte
eine Rückwirkung der vorläufigen Dek-kung einer besonderen Absprache zwischen
den Betei-ligten bedurft.
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Es war für den Zeugen P. auch nicht zu erkennen, daß es dem Kläger gerade für den
Zeitraum zwischen dem 15.07.1994, 12.00 Uhr mittags, und dem Zugang des
Versicherungsantrags bei ihm am gleichen Tage auf eine vorläufige Deckung
besonders ankam. Insofern kann dem Zeugen P. auch kein schuldhaftes
Beratungsverschulden angelastet wer-den, das einen Schadensersatzanspruch
gegenüber der Beklagten begründen könnte.
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Ein solcher Anspruch besteht entgegen der Auffas-sung des Klägers auch nicht
deshalb, weil der Zeuge P. nicht schon unmittelbar nach Aufnahme der
Verhandlungen mit dem Kläger über eine Versi-cherung für seine neuen Praxisräume
bei der Beklag-ten die Zusage einer sofort beginnenden vorläufigen Deckung
eingeholt hat. Darauf legte der Kläger er-sichtlich keinen Wert, da er sich mit der vom
Zeu-gen P. gestellten Bedingung für den Beginn der vorläufigen Deckung
abgefunden hat.
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Nach alledem war die Berufung mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO
zurückzuweisen.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbar-keit beruht auf den §§ 708 Nr. 10,
711 ZPO.
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Streitwert für das Berufungsverfahren und Wert der Beschwer für den Kläger:
160.000,00 DM.
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