Urteil des OLG Köln vom 24.01.2003
OLG Köln: gegen die guten sitten, kennzeichnungskraft, verwechslungsgefahr, herkunft, markt, vollstreckung, akte, form, eugh, materialien
Oberlandesgericht Köln, 6 U 127/02
Datum:
24.01.2003
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
6. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
6 U 127/02
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 81 O 104/01
Tenor:
I.)
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 14.6.2002 verkündete Urteil
der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln - 81 O 104/01 -
abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1.)
Die Beklagte wird verurteilt,
a)
es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung
festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zur Höhe von 250.000 EUR,
ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zur Dauer von sechs
Monaten zu unterlassen,
Sportschuhe mit einer Streifenkennzeichnung gemäß nachstehenden
Abbildungen anzubieten und/oder in den Verkehr zu bringen und/oder
zu den genannten Zwecken zu besitzen und/oder derartige Sportschuhe
einzuführen oder auszuführen und/oder zu bewerben:
pp.
b)
der Klägerin vollständig und richtig Auskunft zu erteilen über den
Umfang der Handlungen gemäß vorstehender Ziffer 1 a seit dem
01.02.2001, nämlich über die Herkunft und den Vertriebsweg der Waren
gemäß vorstehender Ziffer 1a, insbesondere über Namen und Anschrift
des Herstellers, des Lieferanten und anderen Vorbesitzer der Waren, der
gewerblichen Abnehmer oder Auftragsgeber sowie über die Menge der
hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Waren, ferner
über die erzielten Umstände in DM bzw. Euro und Stückzahlen sowie
über den durch den Vertrieb der fraglichen Waren erzielten Gewinn und
den Umfang der betriebenen Werbung (Wer-bungsträger,
Erscheinungszeiten, Verbreitungsgebiete, Auflagenhöhe) und unter
Vorlage entsprechender Belege.
c)
für die Klägerin an Rechtsanwalt Dr. S. J., W.str. 23, ..... M., EUR
1.080,10 zu zahlen, und zwar nebst Zinsen für die Zeit vom 25.05.2001
bis zum 31. 12.2001 in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz nach § 1
des Diskont-Überleitungs-Gesetzes vom 9.6.1998 und für die
anschließende Zeit in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz nach § 247
BGB.
2.)
Es wird festgestellt, dass die Beklagte der Klägerin jeden Schaden zu
ersetzen hat, der dieser seit dem 01.02.2001 durch Handlungen gemäß
vorstehender Ziffer 1a entstanden ist oder noch entstehen wird.
3.)
Im übrigen, nämlich wegen der weitergehenden Zinsforderung, wird die
Klage abgewiesen.
II.)
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
III.)
Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen hat die Beklagte zu
tragen.
IV.)
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann jedoch die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung
oder Hinterlegung in nachbenannter Höhe abwenden, wenn nicht die
Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit jeweils in derselben Höhe
leistet. Es ist Sicherheit in folgender Höhe zu leisten bzw. sind folgende
Beträge zu hinterlegen:
Bei Vollstreckung des Anspruches auf
a) Unterlassung 200.000 EUR;
b) Auskunft 42.500 EUR;
c) Kostenerstattung 120 % der zu vollstreckenden Summe.
Die Parteien können die Sicherheiten durch eine schriftliche,
unwiderrufliche, unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines im Inland
zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstitutes leisten.
V.)
Die Revision wird nicht zugelassen.
B e g r ü n d u n g
1
I
2
Die Klägerin ist die zweitgrößte Sportartikelherstellerin der Welt. Sie kennzeichnet ihre
Produkte, u.a. auch Sportschuhe, seit Jahrzehnten mit einer Drei-Streifen-
Kennzeichnung, wie sie z.B. aus der als Anlage K 3 vorgelegten u.a. für Sportschuhe
eingetragenen Bildmarke 399 50 559, aber auch aus anderen für sie in Kraft
befindlichen Marken ersichtlich ist.
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Der Beklagte ist Importeur und Vertreiber zweier aus amerikanischer Produktion
stammender Sportschuhe. Die obere Textilschicht der Schuhe weist vier parallele, als
Lüftungsschlitze dienende Aussparungen auf, die sich mit vier ebenfalls parallel
verlaufenden Riemen des Obermaterials abwechseln. Auf dieses Ausstattungsmerkmal,
wegen dessen Einzelheiten auf die vorstehenden Abbildungen verwiesen wird und das
nach ihrer Auffassung wie die Anordnung von Streifen wirkt, beziehen sich die u.a. auf §
14 Abs.2 Ziff.2 MarkenG gestützten Ansprüche der Klägerin.
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Diese meint, angesichts einer in Anspruch genommenen hohen Kennzeichnungskraft
ihrer Marken und der gegebenen Warenidentität bestehe Verwechslungsgefahr, obwohl
nicht drei, sondern vier Streifen sichtbar würden. Der Beklagte hat die erforderliche
markenmäßige Benutzung in Abrede gestellt und gemeint, der Verkehr fasse die
Streifen vielmehr als Design auf. Die Riemen hätten zudem eine technische Funktion,
indem sie die entstehenden Zugkräfte aufnähmen. Es bestehe auch keine
Verwechslungsgefahr, überdies komme ihm § 23 Ziff.2 MarkenG zugute.
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Das Landgericht, auf dessen tatsächliche Feststellungen im übrigen gem. § 540 Abs.1
Ziff.1 ZPO Bezug genommen wird, hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, es
entstehe nicht der Eindruck von drei Streifen, sondern derjenige eines Gitters. Die vier
Durchblicke wirkten nicht als Streifen, weil dem aus der Entfernung die farbliche
Unterbrechung und aus der Nähe eine - wenn auch minimale - Dreidimensionalität
entgegenstehe. Es komme hinzu, dass - im Gegensatz zu der klägerischen Drei-
Streifen-Kennzeichnung - nicht eindeutig sei, ob die angegriffenen
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Ausstattungsmerkmale als vier oder fünf Streifen wahrgenommen würden.
Im Berufungsrechtszug wiederholen und vertiefen die Parteien ihr erstinstanzliches
Vorbringen. Der Beklagte behauptet ergänzend, mit zumutbarem Kostenaufwand sei
eine gleichwertige Alternative zu den technisch bedingten Belüftungsöffnungen nicht
herstellbar.
7
II
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Die Berufung ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Die Klage ist aus § 14
Abs.1, 2 Ziff.2, 6 MarkenG begründet.
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Der markenrechtliche Unterlassungsanspruch aus § 14 Abs.2 Ziff.2 MarkenG setzt
zunächst voraus, dass die angegriffenen Streifen markenmäßig, also in einer Weise
benutzt werden, dass durch sie auf die Herkunft der Schuhe hingewiesen wird (vgl. BGH
WRP 02,985,986 f - "Frühstücks-Drink II"; WRP 02,987,988 f - "Festspielhaus"; EuGH
GRUR 03,55,58 Erwägungsgründe 51 ff - "Arsenal FC"). Diese Voraussetzung liegt vor.
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Entgegen der Auffassung des Landgerichts nimmt der Verkehr die beschriebenen
Ausstattungsmerkmale nicht als "Gitter", sondern als parallele Streifen wahr. Das ergibt
sich ohne weiteres aus dem Umstand, dass das Obermaterial des Schuhs seitlich vier
Auslassungen aufweist und die zwischen diesen Auslassungen verbliebenen parallel
nebeneinander liegenden Riemen wie Streifen wirken, die auf dem Untermaterial
aufliegen bzw. auf dieses aufgenäht sind. Diesem Eindruck vermag weder die von dem
Landgericht angeführte leicht geschwungene Linienführung des Untermaterials noch
eine durch die Materialschichtung entstehende "minimale Dreidimensionalität"
entgegenzuwirken. Die Schicht des Schuhs, auf der die beschriebenen Streifen
aufliegen, besteht in ihrem unteren Teil aus einem dunkleren und in ihrem oberen, in die
Schnürung übergehenden Teil aus einem deutlich helleren Material. Die durch diesen
Farb- und Materialwechsel entstehende Linienführung bewirkt indes nicht, dass der
Verkehr die Streifen nicht als solche, sondern als Bestandteil eines Gitters auffasst.
Denn die Linie verläuft zum einen nicht gerade, sondern geschwungen und zum
anderen insbesondere nicht rechtwinklig zu den Streifen. Während diese in einer
deutlichen Schrägstellung stehen, zeichnet die beschriebene Grenzlinie - wenn auch
mit einer leichten Abflachung nach vorne - in etwa den Verlauf der Sohle nach. Sie steht
damit optisch - trotz ihrer räumlichen Nähe zu diesen - so wenig im Zusammenhang mit
den Riemen, dass eine Gitterwirkung nicht aufkommt und das von ihnen ausgehende
Bild von Streifen nicht beeinträchtigt wird. Das gilt auch unter Berücksichtigung des
Umstandes, dass diese optische Wahrnehmung durch die Schichtung von zwei
Materialien entsteht. Selbst wenn der Verkehr - wie die Kammer es angenommen hat -
aus der Nähe betrachtet wegen dieser Schichtung den Eindruck einer minimalen
Dreidimensionalität gewinnen sollte, änderte dies nichts, weil dadurch das Bild von
Streifen möglicherweise sogar verstärkt, zumindest aber nicht beeinträchtigt würde.
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Der Verkehr wird die durch die Riemen gebildeten Streifen als Hinweis auf die Herkunft
der Schuhe auffassen. Dem steht zunächst nicht entgegen, dass die regelmäßigen
Auslassungen in dem Obermaterial, durch die die Riemen und mit ihnen der Eindruck
von Streifen entstehen, eine technische Funktion haben, nämlich zur Belüftung der
Füße dienen. Denn auch Ausstattungsmerkmale können eine Markenverletzung
darstellen. Ebenso wie die Ausstattung einer Ware sogar Markenschutz erlangen kann
(§ 3 MarkenG), können einzelne Ausstattungsmerkmale einer Ware, wenn der Verkehr
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aus ihnen auf eine bestimmte Herkunft schließt, den Vorwurf einer markenmäßigen
Benutzung rechtfertigen. So liegen die Dinge hier. Dabei ist zu berücksichtigen, dass
eine markenmäßige Benutzung insbesondere dann in Betracht kommt, wenn dem
Verkehr die Bezeichnung bereits als das Zeichen eines anderen bekannt ist (vgl. BGH
GRUR 95,57,59 - "Markenverunglimpfung II"; GRUR 95,354, 358 - "Rügenwalder
Teewurst II" GRUR 01,158,160 - "Drei-Streifen-Kennzeichnung"). Der Verkehr wird, weil
ihm die Drei-Streifen-Kennzeichnung der Klägerin als einer der führenden
Sportartikelhersteller in Deutschland gut bekannt ist, die parallelen Streifen als
Herkunftshinweis auffassen, zumal sie sich gerade an der Stelle befinden, wo sie auch
von der Klägerin auf ihren Schuhen angebracht werden. Unter diesem Umständen wird
auch die zusätzliche Ausstattung der Schuhe mit einem Bildzeichen den Verkehr nicht
zu der Annahme veranlassen, die Streifen seien zufällig so angeordnet und hätten nicht
zumindest auch die Funktion, als Wiedererkennungssymbol für die Herkunft aus dem
Haus eines bestimmten Herstellers zu dienen. Schließlich wird der Verkehr auch nicht
annehmen, die Streifen seien ausschließlich deswegen angebracht, weil nur so die
Belüftungsfunktion wahrgenommen werden könne. Denn es sind - worauf noch näher
einzugehen ist - zahlreiche Sportschuhe auf dem Markt und dem Verkehr daher
geläufig, bei denen das Problem der Belüftung auf andere Weise gelöst worden ist.
Die sich anschließende Prüfung der Frage, ob die Gefahr einer markenrechtlichen
Verwechslung im Sinne des § 14 Abs.2 Ziff.2 MarkenG besteht, ist auf der Grundlage
des jeweiligen Gesamteindrucks der in Frage stehenden Klagemarke einerseits und des
angegriffenen Zeichens andererseits vorzunehmen. Ob danach eine
Verwechslungsgefahr begründet ist, ist unter Berücksichtigung der Nähe der in Betracht
zu ziehenden Waren, für welche die zu vergleichenden Zeichen geschützt oder
verwendet sind, sowie der Kennzeichnungskraft der Klagemarke und nach der
Ähnlichkeit der zu beurteilenden Zeichen zu entscheiden, wobei die genannten, die
Verwechslungsgefahr bestimmenden Faktoren in einer Wechselbeziehung dergestalt
miteinander stehen, dass der Ähnlichkeitsgrad umso geringer sein kann, je größer die
Kennzeichnungskraft und/oder die Warennähe ist, während umgekehrt ein höherer
Ähnlichkeitsgrad erforderlich ist, wenn die Kennzeichnungskraft der Marke nur schwach
und/oder der Warenabstand größer ist (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BGH a.a.O.
"Drei-Streifen-Kennzeichnung"; GRUR 00,875,876 -"Davidoff"; WRP 98,755,757 -
"nitrangin"; EuGH GRUR 98,387 -"Springende Raubkatze"). Dabei ist auf den
Standpunkt eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen
Adressaten der betroffenen Art von Waren abzustellen. Ausgehend hiervon ist die
Verwechslungsgefahr zu bejahen.
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Die Drei-Streifen-Kennzeichnung der Klägerin ist zunächst, und zwar auch für
Sportschuhe, von sehr hoher Kennzeichnungskraft. Hierzu hat das OLG München in
seinem als Anlage K 17 bei der Akte befindlichen Urteil vom 26.7.2001 im Verfahren 29
U 2361/97, das die Anbringung von zwei Streifen auf Sportkleidung betraf, u.a.
folgendes ausgeführt:
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"Auch der zweite
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für die Annahme einer Verwechslungsgefahr neben der Warenidentität
maßgebende Faktor, nämlich die gesteigerte Kennzeichnungskraft der
Klagekennzeichen mit einem entsprechenden Schutzumfang, liegt vor. Die
überaus hohe Bekanntheit der Drei-Streifen-Kennzeichnung von a. ist eine
allgemeinkundige Tatsache. Sport- und Freizeitbekleidungsstücke mit der
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Drei-Streifen-Kennzeichnung der Klägerin begegnen jedermann seit Jahren
häufig im Straßenverkehr und besonders nachhaltig im Rahmen von
Fernsehübertragungen deutscher wie internationaler Sportveranstaltungen. Im
Straßenbild ist die Streifenkennzeichnung der Klägerin mit der
Streifenkennzeichnung, so eine ganze Reihe von Bundesliga-
Fußballmannschaften, darunter der FC B. M., aber auch die deutsche
Fußballnationalmannschaft und - wie bei Fernsehübertragungen ins Auge fällt
- auch eine Reihe von ausländischen Nationalmannschaften. Ebenso treten
deutsche und ausländische Spitzensportler in anderen Sportarten, so etwa
Leichtathletik oder Tennis, in a.-Bekleidung mit der Streifenkennzeichnung
auf. Vor allem auch durch solche Fernsehübertragungen ist die Drei-Streifen-
Kennzeichnung der Klägerin weltweit bekannt geworden. Auch im Sportteil
der Tageszeitungen sind häufig Bekleidungsstücke mit der Kennzeichnung
der Klägerin zu sehen.
...
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Da die Klägerin nach wie vor Sportbekleidungsartikel in großer Zahl vertreibt
und entsprechende Marktanteile besitzt, ist das Medieninteresse an der Drei-
Streifen-Kennzeichnung und damit deren Präsenz in den Medien, wie
jedermann wahrnehmen kann, unverändert groß.
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Die Frage der Bekanntheit der jedermann gegenübertretenden klägerischen
Kennzeichnung kann das Gericht ohne Verkehrsbefragung aus eigener
Sachkunde beurteilen. Es kann ohne weiteres festgestellt werden, dass die
Drei-Streifen-Kennzeichnung der Klägerin im Verkehr außerordentliche
Bekanntheit genießt. Ein entsprechend hoher Grad der Verkehrsgeltung ist
sonach zugrunde zu legen. Die hohe Bekanntheit der klägerischen
Kennzeichnung ist eine allgemeinkundige und deshalb bei dem Gericht
offenkundige, nach § 291 ZPO nicht beweisbedürftige Tatsache (BGH GRUR
1960, 126, 127 f. - Sternbild).
19
Die Klagemarken haben sonach eine auf überaus hoher Bekanntheit
beruhende starke Kennzeichnungskraft.
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Dem schließt sich der Senat an. Die Darlegungen gelten uneingeschränkt auch für die
Verwendung der klägerischen Kennzeichnung auf Sportschuhen.
21
Darüber hinaus besteht nicht nur Warenähnlichkeit, sondern sogar Warenidentität. Die
klägerische Marke 399 50 559 ist (auch) für Sportschuhe eingetragen und bei den
angegriffenen Schuhen handelt es sich um Sportschuhe.
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Ist damit nicht nur die Kennzeichnungskraft der klägerischen Marke sehr hoch, sondern
darüber hinaus auch höchstmögliche Warenähnlichkeit gegeben, so bestünde nach den
vorstehenden Grundsätzen die markenrechtliche Verwechslungsgefahr schon dann,
wenn die angegriffene Kennzeichnung der Klägermarke nur in geringem Maße ähnlich
wäre. Tatsächlich besteht indes sogar eine deutlich höhere Ähnlichkeit.
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Bei beiden Kennzeichnungen handelt es sich um parallele Streifen, die farblich mit
ihrem Untergrund kontrastieren und nahezu an derselben Stelle des Schuhs, nämlich
etwa mittig an dessen Seitenteil, angebracht sind. Einziger Unterschied ist der Umstand,
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dass es sich bei der Klägermarke um drei Streifen auf einfarbigem Untergrund handelt,
während an den Schuhen der Beklagten vier Streifen angebracht sind und diese nicht
über einen einheitlichen Untergrund, sondern die schon angesprochenen, auch farblich
unterschiedlichen Materialien verlaufen, was der Verkehr indes auch mit der
Lüftungsfunktion der Streifen erklären wird. Diese Abweichungen von einer identischen
Verwendung ändern nichts daran, dass aus den genannten Gründen eine - sogar nicht
unerhebliche - Ähnlichkeit besteht, die in Verbindung mit der hohen
Kennzeichnungskraft der Drei-Streifen-Kennzeichnung der Klägerin und der
bestehenden Warenidentität die in § 14 Abs.2 Ziff.2 MarkenG für den
Unterlassungsanspruch vorausgesetzte Verwechslungsgefahr begründet.
Sind damit die Voraussetzungen eines Unterlassungsanspruches aus § 14 Abs.2 Ziff. 2
MarkenG erfüllt, so beruft sich der Beklagte ohne Erfolg auf den Ausnahmetatbestand
des § 23 Ziff.2 MarkenG. Nach seinem Vortrag stellen die Auslassungen technisch
bedingte Belüftungsöffnungen dar, für die es nach Funktion und Kostenaufwand keine
gleichwertige Alternative gibt, und dient der farbliche Kontrast in dem die die
Auslassungen begrenzenden Riemen zu ihrem Untergrund stehen, dem gem. § 23 Ziff.2
MarkenG erlaubten Hinweis auf diese Funktion.
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Dieser Vortrag vermag die Verwendung der mit der Klagemarke verwechselbaren
Riemen nicht zu rechtfertigen. Es trifft bereits nicht zu, dass für die Belüftungsöffnungen
in ihrer konkret angegriffenen Ausgestaltung keine gleichwertige Alternative vorhanden
wäre. Das vermag der Senat aus eigener Kenntnis festzustellen. Es ist eine Vielzahl von
Sportschuhen auf dem Markt, bei denen die Belüftungsöffnungen zwar vorhanden, aber
deutlich abweichend gestaltet sind. Dies belegt schon der bei der Akte befindliche
Katalog des Herstellers "D. S. Company", in dem neben den streitgegenständlichen
Schuhen - etwa auf den Seiten 11,14 und 17 - auch eine Vielzahl anderer Sportschuhe
mit anders gestalteten Lüftungsöffnungen aufgeführt ist. Derartige Öffnungen sind in
anderer Form, Größe und Anzahl allgemein bekannt, darüber hinaus sind auch
Sportschuhe auf dem Markt, bei denen die Lüftungsproblematik sogar ohne sichtbare
Öffnungen gelöst ist. Die Marktpräsenz jener Schuhe belegt, dass die Ausgestaltung der
Lüftungsöffnungen gerade in einer solchen Form, Größe, Neigung und Anordnung, dass
die beschriebene deutliche Ähnlichkeit mit der klägerischen Drei-Streifen-
Kennzeichnung entsteht, technisch nicht erforderlich ist. In dieser Situation ist die
Behauptung, für die technisch bedingten Belüftungsöffnungen gebe es nach Funktion
und Kostenaufwand keine gleichwertige Alternative, unsubstantiiert. Es hätte dem
Beklagten oblegen, im einzelnen darzulegen, warum bei den von ihm vertriebenen
Schuhen keine der in Betracht kommenden alternativen Lösungen ohne unzumutbaren
Mehraufwand oder Qualitätsverlust möglich sein soll. Ist es damit nicht technisch
notwendig, Belüftungsöffnungen in der angegriffenen Weise anzubringen, so kann dem
Beklagten § 23 Ziff.2 MarkenG nicht zugute kommen. Dabei kann offen bleiben, ob die
farbliche Kontrastierung der Streifen zu ihrem Untergrund überhaupt - wie der Beklagte
für sich in Anspruch nimmt - dazu dient, den Interessenten auf die Riemen und deren
gewisse Haltefunktion bzw. die Lüftungsöffnungen hinzuweisen. Denn es ist jedenfalls
unlauter, in einer Weise auf ein Ausstattungsmerkmal hinzuweisen, die zu
Markenverwechslungen führt, obwohl dieses technisch nicht notwendig ist. Es würde
sogar nichts anderes gelten, wenn die Streifen tatsächlich technisch notwendig wären.
Denn der angegriffene farbliche Kontrast der Riemen zu ihrem Untergrund wäre als
Hinweis auf die Lüftungsöffnungen bzw. die Haltefunktion nicht erforderlich. Der
Umstand, dass die Schuhe auch in einer - nicht angegriffenen - einfarbigen Version auf
dem Markt sind, spricht für sich.
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Ist damit die Bestimmung des § 23 Ziff.2 MarkenG zumindest deswegen nicht
anwendbar, weil die angegriffene Benutzung der verwechselbaren Kennzeichnung
gegen die guten Sitten verstößt, so ist der Unterlassungsanspruch aus § 14 Abs.2 Ziff.2
MarkenG begründet. Der Beklagte ist daher antragsgemäß zu verurteilen. In den
vorstehenden Unterlassungstenor sind sämtliche im Berufungsantrag wiedergegebenen
Abbildungen aufgeführt, weil diese - abweichend vom Klageantrag - nur noch
diejenigen Schuhe aufweisen, auf die sich die Beanstandung bezieht.
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Neben dem Unterlassungsantrag sind aus § 14 Abs.2 Ziff.2, 6 MarkenG, 242 BGB auch
die geltendgemachten Annexansprüche auf Auskunftserteilung und
Schadensersatzfeststellung begründet. Der Eintritt eines - noch nicht bezifferbaren -
Schadens ist nach der Lebenserfahrung zu vermuten und der Beklagte, der alle die
Markenrechtsverletzung begründenden Umstände kannte, hat auch zumindest
fahrlässig gehandelt.
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Der Zahlungsanspruch ist aus § 14 Abs.1, 2 Ziff.2, 6 MarkenG i.V.m. § 118 Abs.1 Ziff.2
BRAGO ebenfalls begründet. Durch die vorprozessuale telefonische Besprechung ihres
anwaltlichen Vertreters mit den Patentanwälten der Beklagten ist gem. § 118 Abs.1
Ziff.2, Abs.2 S.1 BRAGO eine auf die Prozessgebühr nicht anrechenbare
Besprechungsgebühr in Höhe von 5/10 aus einem Wert von 500.000 DM, also von
2112,50 DM bzw. nunmehr 1080,10 EUR, entstanden, von der freigestellt zu werden die
Klägerin unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes verlangen kann.
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Die Zinsentscheidung beruht auf §§ 288 Abs.1, 291 BGB a.F., 247 BGB n.F., Art. 229 §
7 Abs.1 Ziff.1, Abs.2 EGBGB. Die Zinspflicht hat erst mit Rechtshängigkeit, also mit
Zustellung der Klageschrift am 25.5.2001, zu laufen begonnen (§ 291 BGB). Die
Voraussetzungen des gem. Art.229 § 5 S.1 EGBGB noch anwendbaren § 284 Abs.3
BGB a.F. für einen früheren Beginn des Zinslaufes liegen nicht vor, weil dem Beklagten
weder eine Rechnung noch eine gleichwertige Zahlungsaufforderung zugegangen ist.
Die Differenzierung der Zinshöhe für die Zeiten vor dem 1.1.2002 und nach dem
31.12.2001 beruht auf der Bestimmung des Art.229 § 7 Abs.1 Ziff.1, Abs.2 EGBGB, die
die Anwendung der gesetzlichen Neuregelung ab dem 1.1.2002 anordnet. Soweit die
Klägerin einen weitergehenden Zinsanspruch geltend macht, ist die Klage abzuweisen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs.1, 92 Abs.2 Abs.1 ZPO.
31
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr.10, 711, 108
Abs.1 ZPO.
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Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision gem. § 543 ZPO liegen nicht vor.
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Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt 256.080,10 EUR. Wegen der
Aufteilung auf die einzelnen Ansprüche wird auf den Senatsbeschluss vom 30.9.2002
verwiesen.
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