Urteil des OLG Köln vom 16.03.2005

OLG Köln: anspruch auf rechtliches gehör, rechtskraft, eigenschaft, rüge, schreibfehler, verwalter, datum, beratung, absicht, anfang

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Vorinstanz:
Oberlandesgericht Köln, 2 U 139/04
16.03.2005
Oberlandesgericht Köln
2. Zivilsenat
Beschluss
2 U 139/04
Landgericht Köln, 15 O 137/04
Die Gegenvorstellung der Klägerin vom 7. März 2005 gegen den
Beschluß des Senats vom 28. Februar 2005 - 2 U 139/04 - wird als
unzulässig verworfen.
Die Kosten des Verfahrens der Gegenvorstellung hat die Klägerin zu
tragen.
G r ü n d e
1. Die Klägerin hat - gestützt u.a. auf § 55 Abs. 2 InsO - den Beklagten
als Insolvenzverwalter der F M Lederwaren GmbH & Co. KG vor dem Landgericht
Köln auf Zahlung in Anspruch genommen. Durch Urteil vom 19. August 2004 hat das
Landgericht die Klage abgewiesen. Gegen dieses Urteil hat die Klägerin mit Schriftsatz
ihres Prozeßbevollmächtigten vom 20. September 2004 Berufung eingelegt, die sie nach
wiederholter Verlängerung der Begründungsfrist durch einen am 18. November 2004 bei
dem Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz vom 17. November 2004 begründet hat.
Durch Beschluß vom 4. Februar 2005 hat der Senat die Klägerin auf seine Absicht, das
Rechtsmittel durch einstimmigen Beschluß zurückzuweisen, und auf die dafür
maßgebenden Gründe hingewiesen und ihr Gelegenheit gegeben, dazu bis zum 24.
Februar 2005 Stellung zu nehmen. Nach Eingang der Stellungnahme der Klägerin vom 21.
Februar 2005 und erneuter Beratung hat der Senat die Berufung der Klägerin durch
einstimmig gefaßten Beschluß vom 28. Februar 2005 gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO
zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluß des Senats richtet sich die Gegenvorstellung der
Klägerin vom 7. März 2005.
2. Die Gegenvorstellung der Klägerin ist unzulässig. Der Beschluß des
Senats vom 28. Februar 2005 ist mit seinem Erlaß rechtskräftig geworden.
Gleichzeitig ist auch das mit der Berufung angefochtene klageabweisende Urteil des
Landgerichts vom 19. August 2004 in Rechtskraft erwachsen. Die Rechtskraft dieser
beiden Entscheidungen steht ihrer Abänderung auch durch den Senat selbst entgegen.
Daher ist die Gegenvorstellung, die auf eine solche Abänderung zielt, nicht zulässig.
Der Beschluß des Senats vom 28. Februar 2005, der aufgrund eines befristeten
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Rechtsmittels, des Rechtsmittels der Berufung, ergangen ist, ist - da er nach § 522 Abs. 3
ZPO nicht anfechtbar ist - mit seinem Erlaß formell rechtskräftig geworden. Daran, daß
Beschlüsse nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO sogleich mit ihrem Erlaß rechtskräftig werden,
ändert die in jedem Fall eines solchen Beschlusses jedenfalls theoretisch gegebene
Möglichkeit einer Anhörungsrüge nach § 321 a Abs. 1 Satz 1 ZPO nichts. Denn während
nach der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung des § 705 Satz 1 ZPO (a.F.) die
Rechtskraft einer Entscheidung bis zum Ablauf der für die Erhebung einer Rüge nach § 321
a ZPO bestimmten Frist nicht eintrat, ist durch die zum 1. Januar 2005 in Kraft getretene
Neufassung des § 705 ZPO, welche den § 321 a ZPO nicht mehr nennt, klargestellt, daß
die Möglichkeit der Gehörsrüge die Rechtskraft nicht (mehr) hemmt (vgl. Zöller/Stöber,
ZPO, 25. Aufl. 2005, § 705, Rdn. 1 am Ende).
Der somit bei seinem Erlaß sogleich formell rechtskräftig gewordene
Senatsbeschluß vom 28. Februar 2005 ist zugleich auch in materieller Rechtskraft
erwachsen. Beschlüsse sind der materiellen Rechtskraft dann fähig, wenn sie formell
rechtskräftig sind und inhaltlich eine der Rechtskraft fähige Entscheidung enthalten (vgl.
BGH NJW 2004, 1805 [1806] mit weit. Nachw.). Das ist hier der Fall. Durch den nach § 522
Abs. 2 Satz 1 ZPO ergangenen Beschluß vom 28. Februar 2005 hat der Senat über die
Begründetheit von Berufung und Klage und damit über das Bestehen des zur Entscheidung
gestellten Anspruchs entschieden. Damit ist zugleich auch das klageabweisende Urteil des
Landgerichts vom 19. August 2004 in Rechtskraft erwachsen. Nach der Rechtsprechung
des Bundesgerichtshofs ist gegen die Ablehnung einer Nichtzulassungsbeschwerde durch
das Revisionsgericht deshalb keine Gegenvorstellung gegeben, weil mit ihr die durch die
Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde bereits eingetretene Rechtskraft nicht
wieder in Frage gestellt und gegebenenfalls rückwirkend wieder beseitigt werden könne
(vgl. BGH NJW 2004, 1531). Im Streitfall gilt nichts anderes: Da nach dem Gesagten auch
ein Beschluß nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO mit seinem Erlaß und damit zugleich die
Entscheidung der Vorinstanz in materieller Rechtskraft erwachsen, kommt eine Beseitigung
dieses rechtskräftigen Ausspruchs auf bloße Gegenvorstellung einer Partei nicht in
Betracht. Daraus, daß im Verfahren nach § 321 a ZPO auch formell und materiell
rechtskräftig gewordene Entscheidungen überprüft und gegebenenfalls abgeändert werden
können, ergibt sich nicht, daß dies auch ohne Vorliegen der Voraussetzungen des § 321 a
ZPO möglich wäre (vgl. dazu Zöller/Gummer, a.a.O., § 567, Rdn. 23 am Ende). Vielmehr
verstieße eine solche Überprüfung und Abänderung einer materiell rechtskräftig
gewordenen Entscheidung auf bloße Gegenvorstellung hin, d.h. dann, wenn die
Voraussetzungen des § 321 a ZPO nicht gegeben sind, gegen das verfassungsrechtliche
Gebot der Rechtsmittelklarheit (vgl. BVerfG NJW 2003, 1924 [1929]; zu diesem Gebot vgl.
auch BGH NJW 2004, 2529; BGH NJW 2005, 294 [295]).
Ein Fall des § 321 a Abs. 1 ZPO ist hier nicht gegeben. Eine Verletzung ihres
Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) rügt die Klägerin mit der
Gegenvorstellung vom 7. März 2005 nicht. Sie beanstandet vielmehr lediglich mit einzelnen
tatsächlichen Ausführungen - und dies, ohne sich näher mit dem tragenden Gedankengang
der Senatsbeschlüsse vom 4. und vom 28. Februar 2005 auseinander zu setzen - das
Ergebnis der Entscheidung vom 28. Februar 2005 und hält, anders als der Senat, die Klage
für begründet. Das zeigt keine Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen
Gehörs auf. Der Senat hat diesen Anspruch der Klägerin auch nicht verletzt. Er hat ihr
vielmehr durch den Beschluß vom 4. Februar 2005 unter Darlegung der für die
Zurückweisung der Berufung maßgebenden Gründe Gelegenheit zur Stellungnahme
gegeben und das Vorbringen der Klägerin in seinen beiden Entscheidungen vom 4. und
vom 28. Februar 2005 zur Kenntnis genommen und gewürdigt, im Ergebnis aber nicht als
durchgreifend angesehen. Es bedarf hier keiner Entscheidung, ob in entsprechender
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Anwendung des § 321 a ZPO eine Fortsetzung eines rechtskräftig abgeschlossenen
Verfahrens und damit gegebenenfalls auch eine Abänderung einer bereits materiell
rechtskräftigen Entscheidung dann in Betracht kommt, wenn nicht der Anspruch auf
rechtliches Gehör, aber ein sonstiges Verfahrensgrundrecht einer Partei verletzt ist, oder ob
einer solchen entsprechenden Anwendung dieser Bestimmung das Gebot der
Rechtsmittelklarheit entgegen steht, nachdem der Gesetzgeber die Regelung des § 321 a
ZPO ausdrücklich auf die Rüge einer Gehörsverletzung beschränkt hat. Im Streitfall kann
diese Frage deshalb offen bleiben, weil eine Verletzung eines sonstigen
Verfahrensgrundrechts der Klägerin weder vorliegt noch von ihr mit der Gegenvorstellung
vom 7. März 2005 gerügt wird.
Die Gegenvorstellung muß somit ohne Erfolg bleiben. Der Senat bemerkt deshalb
lediglich ergänzend, daß sie auch inhaltlich keinen Anlaß zu einer Abänderung des
Senatsbeschlusses vom 28. Februar 2005 geben könnte. Insbesondere geht ihr Hinweis
auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 4. November 2004 (NJW 2005, 675 ff.)
fehl. Zwar hat der Bundesgerichtshof in jenem Verfahren eine Klarstellung dahin
vorgenommen, daß entgegen dem Rubrum des dort ergangenen Berufungsurteils der
Beklagte persönlich und nicht als Insolvenzverwalter verklagt worden sei. Dabei handelte
es sich indes, wie aus den Gründen der genannten Entscheidung unschwer zu entnehmen
ist, deshalb lediglich um eine Klarstellung, weil in jenem Verfahren der dortige Beklagte
ausdrücklich von Anfang an persönlich in Anspruch genommen war, die abweichende
Bezeichnung des Rubrums in jenem Fall mithin einen bloßen Schreibfehler darstellte. Der
Streitfall liegt indes anders. Hier hat die Klägerin die Klage ausdrücklich gegen den
Beklagten in dessen Eigenschaft als Insolvenzverwalter, d.h. als Verwalter der
Insolvenzmasse gerichtet. Sie hat mit dem behaupteten Anspruch aus § 55 Abs. 2 InsO
eine Forderung geltend gemacht, die, wenn sie begründet ist, auch tatsächlich gegen den
Insolvenzverwalter in dessen Eigenschaft als Partei kraft Amtes und nicht als Träger seines
eigenen Privatvermögens zu richten ist. Daß diese von der Klägerin erhobene und
beabsichtigte Klage aus den von dem Senat in seinen Entscheidungen vom 4. und vom 28.
Februar 2005 ausführlich dargelegten Gründen nicht begründet ist, hat nicht zur Folge, daß
sie dann im Wege einer bloßen Klarstellung statt dessen oder daneben als Klage gegen
eine andere Partei zu behandeln wäre.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.