Urteil des OLG Köln vom 07.09.2001
OLG Köln: arzneimittel, apotheke, versorgung, ärztliche verordnung, werbung, abgabe, patient, medikament, inverkehrbringen, unternehmen
Oberlandesgericht Köln, 6 U 186/00
Datum:
07.09.2001
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
6. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
6 U 186/00
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 81 O 198/00
Tenor:
1.)
Die Berufung der Klägerin gegen das am 1.9.2000 verkündete Urteil der
1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln - 81 O 198/00 -
wird zurückgewiesen.
2.)
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
3.)
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann jedoch die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung
oder Hinterlegung in Höhe von 11.500 DM abwenden, wenn nicht die
Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Beiden Parteien wird nachgelassen, die Sicherheit durch Bürgschaft
einer deutschen Großbank oder öffentlich rechtlichen Sparkasse zu
erbringen.
4.)
Die Beschwer der Klägerin wird auf 100.000 DM festgesetzt.
T a t b e s t a n d
1
Die Parteien sind Wettbewerber auf dem Gebiet der ambulanten Versorgung
schwerstkranker Patienten. Es handelt sich insbesondere um Krebskranke und um
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Mucoviszidose-Patienten sowie um solche Personen, die künstlich (enteral/parenteral)
ernährt werden müssen. Schwerpunkt des Vorwurfs der Klägerin ist ihre Behauptung,
die Beklagte erwecke bei ihren Patienten den Eindruck, diese mit den von ihnen ständig
benötigten Medikamenten selbst zu beliefern und so Versorgungsleistungen zu
erbringen, die den Apotheken vorbehalten seien. Die Klägerin stützt sich dazu auf die im
Original als Anlagen B 1 - B 3 zur Klageerwiderung vorgelegten, in Hülle Bl.54 bis 56
befindlichen drei Werbeprospekte der Beklagten, die unter der Überschrift "P.z.H." die
enterale Ernährungstherapie, die parenterale Ernährungstherapie bzw. die I.T.b.M. zum
Gegenstand haben. Diese Werbematerialien, die in erster Linie für Ärzte vorgesehen
sind, versendet die Beklagte auch an Altenheime und potentielle Patienten.
Die Klägerin ist der Auffassung, mit den Angaben in jenen Prospekten verstoße die
Beklagte gegen § 43 Abs. 1 S. 1 AMG, sowie gegen verschiedene Bestimmungen der
ApoBetrO und des HWG.
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Die Beklagte, die - was unstreitig ist - auch pharmazeutische Herstellerin sei, vermittle
durch alle drei Werbeprospekte den Eindruck, dass sie im Rahmen der Betreuung der
schwerstkranken Patienten diese auch mit Medikamenten versorge, was sie nach der
vorgenannten Bestimmung nicht dürfe. So biete die Beklagte in dem Mucoviszidose
Prospekt mit dem Untertitel I.T.b.M., in dem es um die intravenöse Therapie, also die
Verabreichung von Arzneimitteln gehe, ein "umfassendes Betreuungsprogramm in der
Klinik und zu Hause" bzw. eine "Komplettversorgung". Diese erfasse also offenbar
einschränkungslos das gesamte Spektrum der therapeutischen Leistungen, derer ein
Mucoviszidosekranker bedürfe. In diesem Rahmen erhalte der Patient auch, und sogar
in erster Linie, apothekenpflichtige Arzneimittel. Dasselbe Bild ergebe sich bei der
Werbung der Beklagten im Bereich der parenteralen Ernährungstherapie. Auch dort
werde ein "komplettes Betreuungsprogramm" angeboten und der Patient "mit den für ihn
hergestellten Mischinfusionslösungen versorgt". Da die Beklagte unter dem Stichwort
"P.z.H." werbe, werde als Kernstück der Dienstleistung der Transport
apothekenpflichtiger Arzneimittel zum Patienten und die Verschaffung der
Verfügungsgewalt über das Medikament deutlich. Dies werde auch besonders durch
das Schaubild auf der rechten Innenseite der Prospekte für parenterale
Ernährungstherapie bzw. Mucoviszidosebehandlung ausgedrückt. Dort werde dem
Leser vor Augen geführt, dass zwar die Herstellung der Medikamente bzw. der
Mischinfusionen von Apotheken vorgenommen werde, dass die hergestellten
Arzneimittel aber tatsächlich durch die Beklagte, nämlich im Rahmen der - in den
erwähnten Schaubildern ausdrücklich so genannten - "Komplettversorgung" bzw. der
"Belieferung für die weiteren Therapietage", zum Patienten verbracht würden.
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Hierdurch würden die Arzneimittel entgegen § 43 Abs.1 AMG zum einen deswegen
unzulässig in Verkehr gebracht, weil die Beklagte keine Apotheke sei, und zum anderen
deswegen, weil in dem geschilderten Ablauf auch ein Versand der Medikamente liege.
Im übrigen verstoße die Werbung aus im einzelnen dargelegten Gründen auch gegen
§§ 8, 9, 10 und 12 HWG sowie § 17 Abs.2 S.1 ApoBetrO.
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Die Klägerin hat b e a n t r a g t,
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die Beklagte zu verurteilen,
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es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes
bis zu 500.000,00 DM zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu
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Wettbewerbszwecken für die Abgabe apothekenpflichtiger Arzneimittel außerhalb
einer Apotheke und insbesondere im Wege des Versandes wie nachfolgend
wiedergegeben zu werben:
pp.
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Die Beklagte hat b e a n t r a g t,
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die Klage abzuweisen.
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Soweit es um die Informationsbroschüre bzgl. der enteralen Ernährungstherapie gehe,
seien die Vorwürfe, so hat die Beklagte eingewandt, bereits deswegen unbegründet,
weil durch die Ernährungstherapie kein Arzneimittel betroffen sei.
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Auch hinsichtlich der beiden anderen Prospekte liege ein Gesetzesverstoß indes nicht
vor. Insbesondere verstoße sie nicht gegen § 43 Abs.1 S.1 AMG.
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Entgegen der Auffassung der Klägerin bringe sie durch die Werbung gerade nicht zum
Ausdruck, dass sie selbst Arzneimittel in Verkehr bringe bzw. Versandhandel mit
Arzneimitteln betreibe. Bei der gebotenen Gesamtbetrachtung der jeweiligen Prospekte
werde deutlich, dass sie als medizinische Dienstleistungs- und
Versorgungsunternehmen vorgestellt werde und ein Betreuungsprogramm anbiete. An
keiner Stelle der in Betracht kommenden werblichen Aussagen werde davon
gesprochen, dass sie Arzneimittel in den Verkehr bringe oder im Wege des
Arzneimittelversandes verschicke. Es sei tatsächlich so, dass die beteiligten Apotheken
auf ärztliche Verordnung Arzneimittel herstellten und sie, die Beklagte, jene fertigen
Arzneimittel sodann im Auftrag des Patienten dort abholten.
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Auch die Voraussetzungen der weiter angeführten Bestimmungen des HWG seien nicht
erfüllt.
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Das L a n d g e r i c h t hat die Klage abgewiesen.
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Die Prospekte vermittelten den zutreffenden Eindruck, dass die in Betracht kommenden
Medikamente von einer Apotheke hergestellt und von der Beklagten dort lediglich - im
Auftrage des jeweiligen Patienten - abgeholt würden. Dies erfülle weder den Tatbestand
des Inverkehrbringens, noch des Versandhandels im Sinne des § 43 AMG durch die
Beklagte. Vielmehr sei das jeweilige Medikament durch die Übergabe von der
herstellenden Apotheke an den Mitarbeiter der Beklagten in Verkehr gebracht worden.
Vor diesem Hintergrund liege auch weder eine Werbung für verschreibungspflichtige
Arzneimittel noch ein solche für die Linderung bestimmter Krankheiten im Sinne der §§
10 bzw. 12 HWG vor. Ebenso wenig stelle der angekündigte Telefonkontakt eine
Ferndiagnose dar.
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Zur Begründung ihrer B e r u f u n g gegen dieses Urteil wiederholt die Klägerin ihre
Behauptung, die Prospekte erweckten den Eindruck einer eigenständigen Belieferung
der Kranken durch die Beklagte .
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In Erweiterung des Vorwurfs der lediglich unzulässigen Werbung durch die drei
Prospekte behauptet sie unter Bezugnahme auf einen sogleich zu erörternden
Sachverhalt nunmehr, die Beklagte habe tatsächlich auch selbst apothekenpflichtige
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Arzneimittel für einen bestimmten Patienten in eine Arztpraxis geliefert. Im übrigen sei
maßgeblich, wie die Werbung auf den Leser wirke. Indes zeigten viele Formulierungen
in den Prospekten, dass die Beklagte tatsächlich den Eindruck erwecke, selbst
Arzneimittel zu liefern. Wegen der Einzelheiten des Klägervortrags hierzu wird auf die
Ausführungen ab S.38 der Berufungsbegründung (Bl. 229 ff) Bezug genommen.
Die Klägerin verfolgt auch die angeblichen Verstöße gegen die oben erwähnten
Bestimmungen des HWG weiter.
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Die Klägerin b e a n t r a g t,
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unter Abänderung des Urteils der 1.Kammer für Handelssachen des Landgerichts
Köln vom 1.9.2000 - 81 O 198/99 - die Beklagte zu verurteilen,
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es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes
bis zu 500.000,00 DM zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu
Wettbewerbszwecken für die Abgabe apothekenpflichtiger Arzneimittel außerhalb
einer Apotheke und insbesondere im Wege des Versandes, für Behandlung von
Krankheiten im Wege der Fernbehandlung sowie außerhalb der Fachkreise für
verschreibungspflichtige Arzneimittel und für Arzneimittel und andere Mittel in
Bezug auf die Linderung von Krankheiten wie nachfolgend wiedergegeben
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pp.
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zu werben.
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Die Beklagte b e a n t r a g t,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie verteidigt unter Wiederholung ihres Vortrages ihr erstinstanzliches Vorbringen und
bestreitet, die erwähnte Arztpraxis beliefert zu haben.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die gewechselten
Schriftsätze Bezug genommen, die nebst Anlagen sämtlich Gegenstand der mündlichen
Verhandlung waren.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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Die Berufung ist zulässig aber nicht begründet. Zu Recht hat das Landgericht die Klage
abgewiesen. Der geltendgemachte Unterlassungsanspruch ist - auch in der im
Berufungsverfahren geltendgemachten Antragsfassung und unter Berücksichtigung des
weitergehenden Berufungsvorbringens der Klägerin - unter keinem in Betracht
kommenden Gesichtspunkt begründet.
31
A
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Die Beklagte ist zunächst nicht aus §§ 43 Abs.1 AMG, 8 Abs.1 HWG, 1 UWG zur
Unterlassung der beanstandeten Werbung verpflichtet. Denn sie verstößt mit der
beworbenen Versorgung ihrer Vertragspartner nicht gegen § 43 Abs.1 AMG, der - von
hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen - das Inverkehrbringen von
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Arzneimitteln für den Endverbrauch den Apotheken vorbehält. Die Beklagte bringt die
Arzneimittel nicht in Verkehr, sondern holt sie im Rahmen ihrer mit den Kranken
vereinbarten Betreuungsleistungen für diese bei den Apotheken ab.
Ein Inverkehrbringen für den Endverbrauch ist jede Abgabe eines Arzneimittels an eine
das Arzneimittel verbrauchende Person (vgl. Kloesel/Cyran AMG, § 43 Z.7). Eine solche
Abgabe liegt indes nicht vor, wenn der Patient sich das Medikament von einem Dritten
in einer Apotheke holen läßt. Denn der Schutzzweck der Norm, nämlich die
Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Abgabe des Medikaments unter gleichzeitigem
Angebot fachkundiger Erläuterung etwa der zu beachtenden Dosierung, ist auch dann
erreicht, wenn nicht der Patient selber, sondern für diesen ein Dritter das Mittel in der
Apotheke entgegennimmt. Es besteht im übrigen bei nicht wenigen z.B. bettlägerigen
Patienten ein Bedarf dafür, daß ein Anderer für sie die Medikamente bei einer Apotheke
abholt. Diese Befugnis auf nicht berufs- oder gewerbsmäßig tätige und damit von § 43
Abs.1 AMG nicht erfasste Personen zu beschränken, wäre aus dem vorstehenden
Grunde und auch deswegen nicht angemessen, weil weder gewährleistet ist, daß in
jedem Fall Privatpersonen zur Verfügung stehen, noch die beratenden Funktionen einer
Apotheke dadurch geschmälert werden, daß anstelle einer Privatperson ein gewerblich
tätiges Unternehmen die Medikamente abholt.
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Ausgehend hiervon verstößt die Beklagte nicht gegen §§ 43 Abs.1 AMG, 8 Abs.1 HWG.
Denn die Prospekte erwecken aus der maßgeblichen Sicht der Betroffenen nicht den
Eindruck, die Beklagte vertreibe selbst anstelle von Apotheken die Medikamente. Bei
den angesprochenen Kranken bzw. ihren Angehörigen handelt es sich um
schwerstkranke, überwiegend bettlägerige Patienten, die regelmäßig auf die ambulante
Versorgung unter anderem mit Medikamenten angewiesen sind. Diese ambulante
Versorgung, zu der auch andere Dienstleistungen gehören, bietet die Beklagte im
Komplettpaket an. Schon für sich genommen, beinhaltet dieses Angebot aus der Sicht
der Patienten nicht, dass die Beklagte auch die speziellen, überwiegend teuren und
insgesamt selten verlangten Medikamente etwa selber herstellt und ihnen dann
verabreicht. Es ist vielmehr so, dass zu den vielen Belastungen der betreffenden
Patienten der Umstand gehört, dass sie ihre Medikamente sich nicht selbst bei der
Apotheke besorgen können. Wenn dann ein Unternehmen - wie dies in den drei
Prospekten beworben wird - eine "P.z.H." mit einem an Wochenenden und Feiertagen
zur Verfügung stehenden Bereitschaftsdienst und eine "Komplettversorgung inklusive
Medizintechnik" anbietet, so bedeutet dies aus der Sicht der Patienten nichts anderes,
als dass ihnen der Weg abgenommen wird, sich die notwendigen Hilfsmittel und
Medikamente in der Apotheke zu besorgen. Irgendwelche Anhaltspunkte dafür, dass die
Beklagte dabei an die Stelle der Apotheke trete, ergeben sich aus den Prospekten nicht.
Entsprechend hat auch die Klägerin selbst auf Seite 9 der Klageschrift formuliert, das
Kernstück der Dienstleistung, welche die Beklagte anbiete, sei der Transport
apothekenpflichtiger Arzneimittel von wo auch immer zum Patienten, wo sie, die
Beklagte, dem Patienten die Verfügungsgewalt über das Medikament verschaffe. Dieser
Transport liegt ersichtlich vor, er stellt aber nicht das im Gesetz angesprochene
Inverkehrbringen des Arzneimittels, sondern dessen Abholung in der Apotheke im
Auftrag des Patienten dar. Die von der Klägerin in der Berufungsbegründung
angeführten Aussagen vermitteln - insbesondere in ihrer Gesamtheit - den Eindruck, das
Angebot beinhalte eine umfassende ambulante Versorgung des betreffenden Patienten.
Zu den so beworbenen Leistungen gehört auch - sogar schwerpunktmäßig - die
Versorgung mit Medikamenten, es ist aber nicht ersichtlich, aus welchen
Formulierungen der Eindruck entstehen sollte, die Medikamente würden nicht von
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Apotheken bezogen. Soweit auf der vierten Seite der Prospekte "hochwertige Produkte"
beworben werden, belegt auch dies den Vorwurf der Klägerin nicht, weil die Aussage
nicht dahin zu verstehen ist, daß sie gerade Medikamente betreffe.
Es kommt hinzu, dass für die beiden Bereiche, in denen die Versorgung mit
Medikamenten überhaupt in Betracht kommt, nämlich bei an Mucoviszidose Erkrankten
und im Rahmen der parenteralen Ernährungstherapie, in dem maßgeblichen Schaubild
jeweils auf der dritten Seite der Prospekte ausdrücklich aufgeführt ist, dass in die
Versorgung eine Apotheke, und zwar durch Herstellung der Mischinfusionen oder
Herstellung der Medikamente, eingebunden ist. Irgendwelche Anhaltspunkte dafür, dass
es sich dabei um Apotheken handeln könnte, die in das Unternehmen der Beklagten
integriert wären, und dass diese so etwa gemeinsam mit den Apotheken die Mittel in
den Verkehr brächte, bestehen nicht.
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Soweit die Klägerin ihren erstinstanzlichen Vortrag aufgreift, wonach die Beklagte zwei
Infusionsbeutel, die für einen Patienten K.B. bestimmt gewesen seien, an die
urologische Praxis der Ärzte K. und T. geliefert hat, kann dies dahinstehen, weil es das
Klagebegehren nicht trägt. Streitgegenstand ist allein der Vorwurf, die Beklagte bewerbe
durch die drei beanstandeten Prospekte u.a. eine Belieferung der Patienten mit
Medikamenten, die sie dabei anstelle der hierzu berufenen Apotheken im Rechtssinne
in Verkehr bringe. Die Frage der Werbewirkung ist daher allein aus den Prospekten
heraus zu beurteilen. Diese belegen den Vorwurf der Klägerin indes aus den
dargelegten Gründen nicht.
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B
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Werden die Medikamente daher trotz des Transportes durch die Beklagte von von
dieser unabhängigen Apotheken in Verkehr gebracht, so scheidet auch der Vorwurf des
Versandhandels (§§ 8 Abs.1 HWG, 17 Abs.2 S.1 ApBetrO) aus. Denn die angegriffenen
Prospekte belegen einen Versand durch die Apotheken nicht. Sie enthalten vielmehr
keine Anhaltspunkte dafür, daß die Beklagte die Medikamente nicht auf dem üblichen
Wege, also durch Abholung, bei den Apotheken beziehe.
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Im übrigen sind auch die weiter angeführten §§ 9, 10 und 12 des HWG nicht erfüllt.
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Auch angesichts des Angebotes, telefonisch ständig zur Verfügung zu stehen, geht aus
keiner Formulierung der Prospekte hervor, dass die Beklagte die Grenze zwischen der -
von jenen schwerstkranken Patienten in hohem Maße benötigten und der Beklagten
erlaubten - Betreuung und einer ärztlichen Behandlung (Fernbehandlung im Sinne des
§ 9 HWG ) überschreitet.
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Schließlich enthalten die Werbeaussagen der Beklagten keine Bewerbung bestimmter
Arzneimittel, weswegen weder § 10 noch § 12 HWG verletzt sind. Die Prospekte
bewerben nicht einzelne Arzneimittel, sondern die angebotene umfassende
betreuerische Versorgung der Patienten. Soweit die Beklagte dabei zutreffend auch den
Umstand der Belieferung mit - nicht im einzelnen benannten - Medikamenten aufführt,
stellt dies keine unter die genannten Vorschriften fallende Publikumswerbung dar.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs.1 ZPO.
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Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr.10, 711 ZPO.
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Die gemäß § 546 Abs.2 ZPO festgesetzte Beschwer der Klägerin entspricht dem Wert
ihres Unterliegens im Rechtsstreit.
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Streitwert für das Berufungsverfahren: 100.000 DM
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