Urteil des OLG Köln vom 09.06.1999

OLG Köln (fahrzeug, stand der technik, ursache, zeuge, niederlassung, mangel, höhe, beweisaufnahme, käufer, zug)

Oberlandesgericht Köln, 26 U 39/94
Datum:
09.06.1999
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
26. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
26 U 39/94
Vorinstanz:
Landgericht Bonn, 13 O 250/92
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 13. Zivilkammer des
Landgerichts Bonn vom 7. Juni 1994 - 13 O 250/92 - wird
zurückgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits einschliesslich des
Revisionsverfahrens werden der Klägerin auferlegt. Das Urteil ist
vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch
Sicher-heitsleistung in Höhe von 60.000,00 DM abwenden, wenn nicht
der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
T a t b e s t a n d
1
Die Klägerin, die ein Serviceunternehmen auf dem Gebiet des Personen- und
Objektschutzes betreibt, bestellte am 11. August 1989 bei dem Beklagten einen Pkw
BMW .. Der Bestellung lagen die "Verkaufsbedingungen für fabrikneue BMW-
Fahrzeuge" (künftig: AGB) zugrunde. In ihnen heisst es u.a.:
2
3
"VII. Gewährleistung
4
5
1.
6
7
Der Verkäufer leistet Gewähr für eine dem jeweiligen Stand der Technik des Typs
des Kaufgegenstandes entsprechende Fehlerfreiheit während eines Jahres seit
Auslieferung.
8
9
2.
10
11
Der Käufer hat Anspruch auf Beseitigung von Fehlern und durch sie an anderen
Teilen des Kaufgegenstandes verursachten Schäden (Nachbesserung).
12
13
...
14
15
3.
16
17
Wenn der Fehler nicht beseitigt werden kann oder für den Käufer weitere
Nachbesserungsversuche unzumutbar sind, kann der Käufer anstelle der
Nachbesserung Wandlung (Rückgängigmachung des Kaufvertrages) oder
Minderung (Herabsetzung der Vergütung) verlangen. ..."
18
In der Folgezeit schlossen die Klägerin und die D. Auto- Leasing GmbH (künftig:
Leasinggeberin) zum Zwecke der Anschaffung und Finanzierung des Fahrzeugs einen
Leasingvertrag. Die Leasinggeberin schloss mit dem Beklagten unter allseits
einvernehmlicher Aufhebung des zwischen diesem und der Klägerin getroffenen
Kaufvertrages einen neuen Kaufvertrag "wie zwischen ... (den Prozessparteien)
vereinbart"; die "Gewährleistungs- und Garantieregelungen" des ursprünglichen
Vertrages sollten auch Bestandteil der neuen Vereinbarung werden. Die
Leasinggeberin wies darauf hin, dass sie in dem Leasingvertrag die
Gewährleistungsansprüche an die Klägerin abgetreten habe, die Zahlungsansprüche
jedoch nur zur Leistung an sie, die Leasinggeberin, geltend machen könne.
19
Am 26. Oktober 1990 wurde das Fahrzeug zugelassen und der Klägerin übergeben. Am
selben Tage stellte der Beklagte der Leasinggeberin den Kaufpreis von 140.491,20 DM
in Rechnung. Nachdem die Klägerin den Pkw zunächst ohne Beanstandungen
gefahren hatte, blieb er am 29. November 1990 stehen und wurde bei einem Kilometer-
Stand von 2114 zu der BMW-Niederlassung B. abgeschleppt. Beim Öffnen der
Motorhaube huschte eine Maus über die Abdeckung der Zylinderköpfe und verschwand.
Es wurde festgestellt, dass der Motorraum mit Mäusedreck verschmutzt war und
Kunststoffummantelungen von Kabelsträngen angeknabbert waren. In der Werkstatt
wurden das Steuergerät, das EML und der Luftmassenmesser erneuert. Mit Schreiben
vom 3. Dezember 1990 rügte die Klägerin gegenüber dem Beklagten den "vermutlich an
der Elektronik" aufgetretenen Schaden. Anlässlich einer am 4. oder 5. Dezember 1990
bei dem Beklagten vorgenommenen Einfahrkontrolle wurden als Mängel ein zeitweises
Aufleuchten der Airbag-Anzeige, ein Defekt am Radio und Wassereintritt am vorderen
linken Blinker angegeben. Wenige Tage nach Abholung des Wagens rügte die Klägerin
mit Schreiben vom 12. Dezember 1990, dass nach wie vor die Airbag-Anzeige
aufleuchte. Vom 14. bis 20. Dezember fand eine erneute Überprüfung des Fahrzeugs
bei dem Beklagten statt. Nach Überführung des Wagens durch die Klägerin zum Ort
ihrer Niederlassung traten wiederum Störungen auf. Noch am 20. Dezember 1990
wurde das Fahrzeug - bei einem Kilometer-Stand von 2943 - erneut zum Beklagten
verbracht, wo es sich seither befindet. Mit Schreiben vom selben Tage erklärte die
Klägerin die Wandelung des Kaufvertrages. Unter dem 27. Dezember 1990 schlug der
Beklagte die Erneuerung des gesamten Kabelstranges einschliesslich Motorsteuerung
20
vor und bot der Klägerin für die Reparaturzeit ein Ersatzfahrzeug an; mit Schreiben vom
3. Januar 1991 stellte er klar, dass das BMW-Werk den Schaden auf dem "Kulanz- bzw.
Gewährleistungsweg" übernehmen wolle. Die Klägerin hielt an ihrer
Wandelungserklärung fest.
Mit der Klage hat sie aus abgetretenem Recht Zug um Zug gegen Rückgabe des
Fahrzeugs Zahlung von insgesamt 155.305,40 DM an die Leasinggeberin, nämlich des
Kaufpreises von 140.491,20 DM sowie eines Betrages von 14.814,20 DM, der sich aus
den bisher von der Klägerin an die Leasinggeberin gezahlten Zinsen (2.933,92 DM) und
den auf die kalkulierte Laufzeit des Leasingvertrages entfallenden
Refinanzierungszinsen der Leasinggeberin (11.880,28 DM) zusammensetzt, verlangt.
Die Klägerin hat geltend gemacht, auf Nagetierbisse sei allenfalls die Beschädigung
des Airbag-Systems zurückzuführen, nicht aber der Totalausfall der Motorelektronik, dE.
Ursache in einem Defekt elektronischer Bauteile liege; wegen der mehrfachen
vergeblichen Nachbesserungsversuche sei ein weiteres Festhalten an dem Kaufvertrag
nicht zumutbar. Der Beklagte hat dem entgegengehalten, ein etwaiger Ausfall der
Motorelektronik beruhe ebenso wie die Störungen im Airbag-System allein auf
Nagetierbissen, beides falle nicht unter die Gewährleistung; zumindest müsse ihm die
Möglichkeit zu weiterer Nachbesserung eingeräumt werden.
21
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, der Senat die Berufung der Klägerin
zurückgewiesen. Mit der dagegen gerichteten Revision, deren Zurückweisung die
Beklagte beantragt hat, hat die Klägerin ihr Klagebegehren in vollem Umfang
weiterverfolgt.
22
Der Bundesgerichtshof hat das Senatsurteil vom 22. März 1995 im Kostenpunkt und
insoweit aufgehoben, als die Klage in einer den Betrag von 14.814,20 DM nebst
anteiliger Zinsen übersteigenden Höhe abgewiesen worden ist. Im übrigen hat er die
Revision der Klägerin zurückgewiesen und die Sache im Umfang der Aufhebung zur
anderweitigen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des
Revisionsverfahrens, an den Senat zurückverwiesen.
23
Zur Begründung hat der Bundesgerichtshof ausgeführt, das Wandelungsbegehren der
Klägerin scheitere nicht an der Klausel Nr. VII 2. 3 AGB, da diese Bestimmung wegen
Verstosses gegen die §§ 9 Abs. 2 Nr. 1, 11 Nr. 10 b AGB-Gesetz unwirksam sei. Ferner
trage auch bei der die Gewährleistungsfrist übersteigenden unselbständigen
Garantievereinbarung nicht die Klägerin als Käuferin, sondern der Beklagte als
Verkäufer die Beweislast dafür, dass abweichend von der bei Vorliegen eines Mangels
anzunehmenden Regel kein Garantiefall vorliege, sondern der betreffende Mangel auf
äussere Einwirkungen im Verantwortungsbereich des Käufers zurückzuführen sei.
24
Zu einer eigenen Sachentscheidung sah sich der Bundesgerichtshof trotz Fehlens einer
Gegenrüge des zur Frage der Mangelursache beweisbelasteten Beklagten wegen
mangelnder Feststellungen zur Höhe des Nutzungsersatzanspruchs und des Verbotes
eines Teilurteils mit Rücksicht auf den Zug-um-Zug-Antrag im Rahmen der begehrten
Rückabwicklung nicht in der Lage.
25
Die Klägerin wiederholt ihr bisheriges Vorbringen und vertritt die Auffassung, der
Bundesgerichtshof habe das Bestehen ihres Wandelungsanspruchs festgestellt und
sich nur aus den dort näher ausgeführten anderen Gründen an einer abschliE.den
Sachentscheidung gehindert gesehen.
26
Ihr stehe die Rückzahlung des vollen Kaufpreises zu, da die Leasinggesellschaft auch
den vollen Kaufpreis an den Beklagten gezahlt habe. Der Beklagte habe von ihr zum
Preis von 97.000,00 DM ein früher geleastes Fahrzeug Daimler-Benz .... in Zahlung
genommen, weiterverkauft und mit dem Erlös den bestehenden Leasingvertrag
abgelöst.
27
Der Beklagte könne keine Nutzungsentschädigung beanspruchen, da sich das
Fahrzeug als äusserst störanfällig erwiesen und sich mehr in der Werkstatt des
Beklagten befunden, als ihr zur Verfügung gestanden habe.
28
Mit Rücksicht auf die endgültige Teilklageabweisung durch den Bundesgerichtshof und
den Umstand, dass sich das Fahrzeug unstreitig seit dem 20.12.1990 bei dem
Beklagten befindet, beantragt die Klägerin nunmehr,
29
30
das angefochtene Urteil abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an die D. A.-
Leasing GmbH, vertreten durch die Geschäftsführer H.-He. K. und Ho. R.,
F.strasse15-31, ..... Ba. Hom. vor der Höhe, 140.491,20 DM nebst 5 % Zinsen seit
dem 21.12.1990 zu zahlen.
31
Der Beklagte beantragt,
32
33
die Berufung zurückzuweisen.
34
Er behauptet, die Störungen der Motorelektronik und im Airbag-System seien allein auf
Beschädigungen durch Nagetierbisse zurückzuführen und beruhten nicht auf Mängeln
des Fahrzeugs. Nagetiere hätten erst nach Übergabe des Wagens am 26.10.1990 das
Fahrzeug befallen und durch Bisse an Kabeln und Elektronikteilen die Ausfälle
verursacht. Bei der Übergabekontrolle durch seine Leute seien keine
Unregelmässigkeiten, insbesondere keine Mäuserückstände im Fahrzeug oder
Motorraum festgestellt worden. Gegen das Eindringen von Mäusen oder anderen
Nagetieren vor Übergabe des Fahrzeugs spreche, dass das Fahrzeug vom 26.10. bis
29.11.1990 eine Fahrleistung von mehr als 2.700 km zurückgelegt habe, und Tiere die
unter der Motorhaube herrschenden Temperaturen von 60 bis 80° Celsius nicht
überlebten. Gegen das Eindringen von Mäusen vor Übergabe spreche auch der
Umstand, dass das Fahrzeug vier Wochen nach Übergabe beanstandungsfrei gelaufen
habe. Erst am 29.11.1990 sei beim Öffnen der Motorhaube eine Maus gesichtet worden.
35
Der Senat hat Beweis gemäss den Beschlüssen vom 20.11.1996 (Bl. 373) und vom
05.03.1997 (Bl. 414) durch Vernehmung der Zeugen N. und Ha. sowie Einholung eines
Gutachtens des Sachverständigen Ny. erhoben, das dieser im Termin vom 05.05.1999
mündlich erläutert hat. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die
Sitzungsprotokolle vom 05.03.1997 (Bl. 403) und vom 05.05.1999 (Bl. 529 ff) und das
Gutachten des Sachverständigen nebst Anlagen vom 14.10.1998 (Bl. 476 ff) verwiesen.
36
Im Hinblick auf die Ausführungen des Sachverständigengutachtens ergänzt der
Beklagte sein Vorbringen dahin, dass die von dem Sachverständigen als mögliche
37
Ursache für die festgestellte Zerstörung des Motronic-Steuergerätes beschriebenen
unfachmännischen Handlungen nicht durch ihn oder seine Mitarbeiter und auch nicht
durch die BMW-Niederlassung in B. an dem Fahrzeug vorgenommen worden seien.
Die Ausführungen des Sachverständigen, wonach eine zu hohe Spannung am
Steuergerät auch durch andere spannungserzeugende Geräte verursacht worden sein
könne, gebe ihm Veranlassung, jetzt auch vorzutragen, was ihm der Zeuge Ha. nach
seiner Vernehmung am 05.03.1997 vor dem Senat berichtet habe. Der Inhaber der
Klägerin, Herr Ro. S., habe ihn ca. einen Monat nach Inbetriebnahme des Fahrzeugs
aufgefordert, die Elektronik durch ein Hochspannungsschockgerät zu zerstören. Auf die
Weigerung des Zeugen Ha. habe der Inhaber der Klägerin erklärt, dann werde er es
eben selbst tun, er "wolle die Karre nicht mehr, sondern einen Ferrari kaufen".
38
Die Klägerin bestreitet die Behauptungen des Beklagten dazu, dass er und seine Leute
nicht unfachmännisch gearbeitet hätten, nicht. Dagegen bestreitet sie die Äusserungen
des Zeugen Ha. und deren Inhalt und weist zugleich darauf hin, dass dieser Zeuge die
Telefonanlage unqualifiziert eingebaut habe und bereits in der ersten gutachterlichen
Stellungnahme vermutet worden sei, dass dies auch eine Schadensursache sein könne.
39
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen
Inhalt der von den Parteien in allen Instanzen gewechselten Schriftsätze und dazu
eingereichten Unterlagen sowie auf den Inhalt der ergangenen Urteile - einschliesslich
ihrer Verweisungen - Bezug genommen.
40
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
41
Die zulässige Berufung der Klägerin ist nach Durchführung der Beweisaufnahme zur
Ursache des Mangels an dem streitigen Fahrzeug nicht gerechtfertigt.
42
1.
43
Die Klägerin kann sich für die Begründetheit des von ihr geltend gemachten
Wandelungsanspruchs nicht auf das Urteil des Bundesgerichtshofs als abschliE.de
Entscheidung in dieser Frage stützen. Denn in ihm ist entgegen der Auffassung der
Klägerin die Garantiehaftung des Beklagten als Voraussetzung des
Wandelungsbegehrens nicht bindend festgestellt. Soweit der Bundesgerichtshof auf Bl.
16 sub III seines Urteils ausführt, weshalb er keine eigene Sachentscheidung treffen
könne, obwohl von einem Wandelungsrecht der Klägerin auszugehen sei und der
beweisbelastete Beklagte in der Revisionserwiderung keine Gegenrüge hinsichtlich
etwa übergangenen Vorbringens oder Beweiserbietens für die Mangelursache erhoben
habe, so hat er damit lediglich die insoweit gegebenen revisionsrechtlichen
Voraussetzungen für den Erlass einer eigenen Sachentscheidung bejaht, die allerdings
im vorliegenden Fall an dem Fehlen weiterer hierfür erforderlicher Gegebenheiten
scheiterte. Aus der Prüfung des Sach- und Streitstandes betreffend die Mangelursache
unter rein revisionsrechtlichen Gesichtspunkten folgt aber nicht, dass über die
Mangelursache nach Zurückverweisung kein Beweis mehr erhoben werden darf. Denn
die Zurückverweisung bewirkt, dass die untere Instanz wiedereröffnet wird, soweit das
Berufungsurteil aufgehoben wird (RG 158, 196). Deshalb verhandelt und entscheidet
der Senat den Rechtsstreit nach den für diese Instanz geltenden Normen neu in
Fortsetzung der früheren Verhandlung, die mit der jetzigen eine Einheit bildet (BGH
NJW 63, 440; 89, 170 aE, Zöller/Gummer, 20. Aufl., § 565 Rdnr. 2). In der neu eröffneten
44
Tatsacheninstanz können die Parteien neue Behauptungen, Beweismittel sowie
Beweiseinreden vorbringen und das Instanz- (Berufungs-) Gericht darf und muss unter
Umständen aufgrund dieses Vorbringens ein dem siegreichen Revisionskläger
ungünstiges Urteil fällen (so noch Rosenberg, Zivilprozessrecht, 5. Aufl., S. 688). Eine
abschliE.de Beurteilung durch das Revisionsgericht ist nur dann denkbar, wenn dem
Revisionsgericht ein abgeschlossener, das heisst in der neuen Tatsachenverhandlung
nicht mehr änderbarer Tatbestand vorliegt.
Dass das Instanzgericht an die rechtliche Beurteilung des Revisionsgerichts gebunden
ist, die der Aufhebung unmittelbar zugrunde liegt, hindert daher nicht die
Beweiserhebung über die neuen Behauptungen des Beklagten zur Ursache des
Mangels an der Motorelektronik, auch wenn der Beklagte im Revisionsverfahren eine
Gegenrüge nicht erhoben hat, und das Revisionsgericht deshalb bei Vorliegen der
notwendigen Voraussetzungen im übrigen für eine eigene Sachentscheidung eine
Verurteilung des Beklagten vorgenommen hätte.
45
2.
46
Der von der Klägerin geltend gemachte Wandlungsanspruch ist nicht bereits aufgrund
der unstreitigen Mängel des von ihr erworbenen Fahrzeugs gerechtfertigt.
47
Zwar führen in der Garantiezeit auftretende Mängel in der Regel zur Annahme des
Garantiefalls und damit zu einem Wandlungsanspruch des Käufers. Ein Garantiefall ist
aber dann nicht gegeben, wenn feststeht, dass der Mangel auf äusseren Einwirkungen
im Verantwortungsbereich des Käufers beruht.
48
Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 19.06.1996 (dort Bl. 12) die Frage der
Beweislastverteilung bei der hier vorliegenden selbständigen Garantiezusage, die die
gesetzliche Gewährleistungsfrist übersteigt, in Fortentwicklung seiner bisherigen
Rechtsprechung zu einer die gesetzliche Verjährungsfrist nicht übersteigenden Garantie
dahin entschieden, dass der Verkäufer (hier der Beklagte) zu beweisen hat, dass ein
vom Käufer gerügter und zu beweisender Mangel auf äussere Einwirkungen im
Verantwortungsbereich des Käufers zurückzuführen ist.
49
Diesen ihm obliegenden Beweis hat der Beklagte geführt.
50
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats fest, dass
die in der Wandlungserklärung vom 20.12.1990 (Bl. 20) angeführten Mängel an dem
Fahrzeug wie das unmotivierte Aufleuchten der Airbaganzeige und die mangelnde
Startbereitschaft nach dem Betanken des Fahrzeugs weder in der Anlage bereits bei
Übergabe des Fahrzeugs am 26.10.1990 vorlagen noch durch nachträgliche
unfachmännische Arbeiten seitens der Leute des Beklagten verursacht wurden und
auch nicht auf einen Spontanausfall der Motorelektronik zurückzuführen sind.
51
a)
52
Das Aufleuchten der Airbaganzeige ist nach den überzeugenden Ausführungen des
Sachverständigen Ny. eindeutig eine Folge des Nagetierverbisses (Bl. 532), der am
29.11.1990 bei einem Kilometerstand 2.114 bei der BMW-Niederlassung in B. an
Werkstoffummantelungen und Kabelsträngen festgestellt wurde, nachdem das Fahrzeug
liegengeblieben war.
53
Dieser Nagetierverbiss war bei der Auslieferung des Fahrzeugs an die Klägerin am
26.10.1990 noch nicht vorhanden. Dies folgt aus den Bekundungen der Zeugen N. (Bl.
404) und Ha. (Bl. 405). Der Zeuge N. ist Kfz-Meister bei der Beklagten und hat in seiner
Eigenschaft als Werkstattleiter bei der Beklagten auch die Endkontrolle an dem
streitbefangenen Fahrzeug verantwortlich durchgeführt. Dabei hat er seiner glaubhaften
Angaben zufolge ein besonderes Interesse an diesem Fahrzeug gehabt, weil es auch in
der Niederlassung des Beklagten nicht täglich verkauft wird. Der Zeuge hat
nachvollziehbar beschrieben, dass er vor der von ihm selbst durchgeführten Probefahrt
auch die Motorhaube des Fahrzeugs geöffnet habe und dort keine Mäuserückstände,
Nagerbisse o. ä. wahrgenommen hat.
54
Der Senat hat keinen Anhaltspunkt, am Wahrheitsgehalt dieser Aussage und an der
Glaubwürdigkeit des Zeugen zu zweifeln. Allein die Tatsache, dass er bei dem
Beklagten angestellt ist, gibt dazu keine hinreichende Veranlassung.
55
Ausserdem werden seine Bekundungen dadurch bestätigt, dass das Fahrzeug in der
Folgezeit über 2.000 Kilometer beanstandungsfrei gefahren ist, ohne dass die
Airbaganzeige unmotiviert aufgeleuchtet hätte. Dieser Umstand spricht ebenfalls dafür,
dass ein Nagetierverbiss oder lediglich das diesen Verbiss verursachende Tier nicht
bereits bei der Fahrzeugübergabe im Fahrzeug vorhanden waren.
56
Die Aussage des Zeugen N. wird ferner durch die Bekundungen des Zeugen Ha.
gestützt. Der Zeuge Ha. hat wenige Tage nach Übernahme des Fahrzeugs durch die
Klägerin in deren Auftrag eine Telefonanlage in das Fahrzeug eingebaut. Er hat
ebenfalls anschaulich geschildert, dass ihm als früheren Mitarbeiter einer BMW-
Niederlassung in E. Mäusefrass und Nagetierbisse an BMW-Fahrzeugen bekannt sei
und dass er aufgrund seines technischen Interesses an diesem Fahrzeug bei seinen
Arbeiten auch die Motorhaube geöffnet habe, dass ihm aber nicht aufgefallen sei, dass
dort Mäuse Leitungen angenagt oder ihre Spuren hinterlassen hätten. Da er selbst
schon entsprechende Schäden am eigenen Wagen gehabt habe, wäre ihm ein
Nagetierverbiss an diesem Fahrzeug sicher aufgefallen, wenn er damals vorhanden
gewesen wäre.
57
Der Senat ist aufgrund der Beweisaufnahme in Übereinstimmung mit der
Schlussfolgerung des Sachverständigen Ny. aus ihr (Bl. 406) davon überzeugt, dass im
Zeitpunkt der Übergabe keine Nagetierbisse vorlagen. Damit steht fest, dass das
unmotivierte Aufleuchten der Airbaganzeige, das durch den Nagetierverbiss ausgelöst
wurde - so die eindeutige Feststellung des Sachverständigen Ny. (Bl. 532) -, ein Mangel
ist, der auf einer äusseren Einwirkung im Verantwortungsbereich der Klägerin beruht
und deshalb nicht Grundlage für den geltend gemachten Wandlungsanspuch sein kann.
58
b)
59
Der weitere, weitaus schwererwiegende Mangel an der Motorelektronik ist ebenfalls
kein Garantiefall. Vielmehr ist auch insoweit der Senat nach dem Ergebnis der
Untersuchungen der Bo. GmbH vom 19.05.1998 (Bl. 495 f.), nach dem
Sachverständigengutachten Ny. (Bl. 476 ff.) sowie nach den mündlichen Erläuterungen
des Sachverständigen vom 05.05.1999 (Bl. 529 ff.) zu der Überzeugung gelangt, dass
es sich bei dem Ausfall der Motorelektronik nicht um einen Spontanausfall, also ein
Versagen des technischen Mechanismus handelt, sondern um einen Schaden, der auf
60
nachträgliche unfachmännische Behandlung des Fahrzeugs zurückzuführen ist.
Das von der Bo. GmbH an dem Motronic-Steuergerät festgestellte Schadensbild
(defekter Zündungspfad, Riss in der Moldmasse und Aufschmelzung über dem
Leistungsemitter lässt nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen
auf eine elektrische Bauteilüberlastung schliE., die infolge unzulässig hoher
Spannungen eingetreten ist. Als Ursache für diese zu hohe Spannung kommen
unsachgemässe Arbeiten, Reinigungsvorgänge oder andere Eingriffe im Bereich der
Motorelektronik in Frage. AuszuschliE. ist dagegen, dass der Nagetierverbiss zu dem
Ausfall des Motroniksteuergerätes geführt hat. Abgesehen davon, dass der Beklagte
bewiesen hat, dass der Nagetierverbiss erst nach der Fahrzeugübergabe erfolgt ist (s. o.
Sub a) lassen die Versuche des Sachverständigen vor Ausbau des Kabelbaumes
darauf schliE., dass der Nagetierverbiss für den Ausfall des Pkw nicht ursächlich
gewesen sein kann; zum einen, weil vom Nagetierverbiss nur Leitungen mit
vergleichsweise geringer Spannung betroffen sind, zum anderen, weil im Rahmen der
Schadensfeststellung durch den Sachverständigen vor Ausbau des Kabelbaums die
defekten elektronischen Teile ersetzt worden sind und danach das Fahrzeug - so hat es
der Sachverständige erläutert - in vollem Umfang gelaufen sei, d. h. auch auf der rechten
Zylinderbank, die vorher nicht gelaufen sei. Aufgrund dieses Versuchsablaufs ist mit den
Erläuterungen des Sachverständigen (Bl. 531) auch davon auszugehen, dass der
Einbau des Telefons (der im übrigen auch in die Verantwortungssphäre der Klägerin
fiele) für den Ausfall des Motronic-Steuergerätes nicht ursächlich gewesen ist.
61
Der an dem Motronic-Steuergerät festgestellte Schaden ist vielmehr nach den
überzeugenden und nachvollziehbaren Ausführungen und Erläuterungen des
Sachverständigen auf zu hohe Spannungen zurückzuführen, die durch
unfachmännische Arbeiten an dem Fahrzeug ausgelöst worden sind. Die in Betracht
kommenden unfachmännischen Arbeiten sind solche an der Zündanlage bei laufendem
Motor oder eingeschalteter Zündung oder auch eine Motorwäsche bei laufendem Motor
oder eingeschalteter Zündung sowie Arbeiten an der Elektrik des Fahrzeugs bei
laufendem Motor und schließlich auch Erzeugung zu hoher Spannung durch andere
spannungserzeugende Geräte am Steuergerät.
62
Dass derartige unfachmännische Arbeiten, seien es Reinigungsvorgänge oder andere
Eingriffe im Bereich der Motorelektronik, nicht durch die Fachleute im
Verantwortungsbereich des Beklagten vorgenommen worden sind, hat dieser mit
Schriftsatz vom 07.12.1998 substantiiert unter Beweisantritt dargelegt. Diese
Darstellung ist von der Klägerin nicht bestritten worden.
63
Auch aus der schriftlichen Aussage des Zeugen J. (Bl. 194) folgt keine andere
Beurteilung, weil die Beobachtungen dieses Zeugen mit den Ausführungen des
Sachverständigen nicht in Widerspruch stehen. Wie der Zeuge berichtet, hat er nach
Übernahme des Fahrzeugs durch die Klägerin am 20.12.1990 in deren Auftrag das
Fahrzeug aufgetankt und festgestellt, daß es sich danach nur sehr schlecht starten liess
und kein Gas mehr annahm. Im Verlauf der von den von ihm herbeigerufenen
Technikern des Beklagten durchgeführten Messungen sei die rechte Seite der
Zündspule verschmort.
64
Nach Überzeugung des Senats liegt der Grund für die Beschädigung der Zündendstufe
nicht in den von den Leuten des Beklagten durchgeführten Messungen:
65
In seiner schriftlichen Aussage hat der Zeuge J. nichts darüber berichtet, daß die Leute
des Beklagten die Messungen unsachgemäß durchgeführten haben, indem sie etwa bei
Anbringung der Stecker des Meßgerätes die anliegende Spannung unzulässig
verändert hätten. Dies anzunehmen besteht auch über den Bericht des Zeugen J.
hinaus keinerlei konkreter Anlaß. Denn es ist nicht ersichtlich, aus welchem Grund die
herbeigerufenen Techniker des Beklagten die Spannung hätten verändern sollen.
Etwaige derartige Veränderungen oder Rückschlüssige hierauf sind auch für den
Sachverständigen nicht feststellbar gewesen (Bl. 531).
66
Dass das festgestellte Schadensbild an der Motorelektronik - folgt man dem Zeugen J. -
letztendlich erst im Verlauf der Testmessungen am 20.12.1990 eingetreten sein mag,
stellt die Ursachenanalyse des Sachverständigengutachtens nicht in Frage. Denn
gerade die Beschreibung der vergeblichen Startversuche durch den Zeugen sind für
den Sachverständigen eine Bestätigung dafür, daß die mögliche Ursache für den
Ausfall der Elektronik bereits zu diesem Zeitpunkt, also vor Durchführung der
Messungen durch die Techniker des Beklagten, gelegt war und dadurch im Verlauf der
Messungen weitere Störungen eingetreten sind.
67
Da weitere Sachverhalte, aus denen sich eine Verantwortung des Beklagten für die
Schädigung der Zündendstufe herleiten ließe, weder dargetan noch sonst ersichtlich
sind, ist der Senat davon überzeugt, daß der schädigende Vorgang sich in einer der von
dem Sachverständigen Ny. beschriebenen Arten im Verwantwortungsbereich der
Klägerin begegnet haben muß. Hiergegen spricht nicht, daß das Fahrzeug von dem
Zeugen J. nach der Übernahme von dem Beklagten am 20.12.1990 beanstandungsfrei
bis zur Tankstelle gefahren werden konnte und Anzeichen für einen Defekt erst beim
Starten nach dem Tanken aufgetreten sind. Nach den Ausführungen des
Sachverständigen muß ein eingreifender Vorgang, der zur Schädigung der Elektronik
führt, nicht unmittelbar den Stillstand des Fahrzeugs und das von der Bo. GmbH
festgestellte Schadensbild verursacht haben. Auch wenn der Sachverständige eine
verbindliche Kilometerzahl oder einen exakten Zeitraum hierfür nicht angeben konnte,
hat er doch dargelegt, dass der letztendliche Schadenseintritt, wenn auch nicht sofort
nach dem unfachmännischen Eingriff, so doch alsbald danach erfolgt sein muß, sodass
nach seinen Erkenntnissen der Vorgang, der zu der Schädigung der Elektronik geführt
hat, nach dem letzten Werkstattaufenthalt des Fahrzeugs geschehen sein muß. Bei
wertender Gesamtwürdigung des Beweisergebnisses auf der Grundlage des
Umstandes, dass die Techniker im Verantwortungsbereich des Beklagten die
Schadensursache nach den unbestrittenen Darlegungen des Beklagten und auch nach
den Erkenntnissen des Sachverständigen nicht gesetzt haben, ist der Senat davon
überzeugt, daß die Ursache für die Entstehung des Schadens nach der Übergabe des
Fahrzeugs im Verantwortungsbereich der Klägerin zu suchen ist, weil ein
Spontanausfall der Motronik nach dem Schadensbild ausgeschlossen ist und der
Zeitpunkt des Schadenseintritts nicht gegen die Verursachung im
Verantwortungsbereich der Klägerin spricht.
68
Eine Beweisaufnahme dazu, ob die Schadensursache tatsächlich mittels Paralysers
durch den Inhaber der Klägerin selbst gesetzt wurde, erscheint bei dieser Beweislage
nicht erforderlich. Entscheidend ist vielmehr, daß sämtliche in Betracht kommenden
unfachmännischen Arbeiten oder Eingriffe nur im Verantwortungsbereich der Klägerin
an dem Fahrzeug vorgenommen worden sein können. Der Beklagte muß angesichts
dieses Beweisergebnisses nicht auch noch den Nachweis führen, welche der von der
Klägerin zu verantwortenden Varianten der Schadensverursachung tatsächlich zu dem
69
Schadensereignis geführt hat.
3.
70
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 91, 92, 515 Abs. 3 ZPO.
71
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10,
711 ZPO.
72
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird bis zum 04.10.1996 auf 155.305,40 DM,
für die Zeit danach auf 140.491,20 DM festgesetzt.
73