Urteil des OLG Köln vom 15.01.2009

OLG Köln: rechtswidrigkeit, feststellungsklage, eingliederung, satzung, rückabwicklung, zusammenlegung, aufsichtsrat, kaufpreis, organisation, erwerb

Oberlandesgericht Köln, 18 U 205/07
Datum:
15.01.2009
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
18. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
18 U 205/07
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 22 O 214/06
Schlagworte:
Satzungsunterschreitung, Aktionärsklage gegen qualifiziert faktischen
Konzern, Voraussetzungen des qualifiziert faktischen Konzerns
Normen:
AktG §§ 311 ff.
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das am 23.11.2007 verkündete Urteil
der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln - 82 O 214/06 -
wird zurückgewiesen.
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 23.11.2007 verkündete
Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln - 82 O
214/06 - abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger. Die Nebenintervenienten
tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung
durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren
Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung
Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages
leistet.
Der Gegenstandswert für das Berufungsverfahren wird auf 500.000 €
festgesetzt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
G r ü n d e :
1
I.
2
Der Kläger ist ein eingetragener Verein, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben die
3
Der Kläger ist ein eingetragener Verein, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben die
außergerichtliche und gerichtliche Geltendmachung von Aktionärsrechten gehört. Er ist
Aktionär der Beklagten. Die Beklagte zählt mit ihren Tochtergesellschaften zu den
größten deutschen Bauunternehmen. Sie bildet einen eigenständigen Teilkonzern
innerhalb des T.Konzerns, W.. Seinerzeit, in 2006, verfügten die T. und ihr
zuzurechnende Unternehmen über rund 66 % der Aktien der Beklagten, die übrigen
Aktien befanden sich in Streubesitz. Unter dem 25.7.2008 teilte die T. mit, dass sie
nunmehr über ca. 87,72 % des Grundkapitals und der Stimmrechte der Beklagten
verfügt (Bekanntmachung gem. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 WpÜG vom 25.7.2008 im
Elektronischen Bundesanzeiger, H X). Im Jahr 2005 erwarb die T. die Mehrheit der
Aktien und Stimmenanteile bei der F. A. AG, die damit zu einer Schwestergesellschaft
der Beklagten wurde. Mit Ad-hoc-Mitteilung vom 19.1.2006 kündigte die T. den
Abschluss eines Beherrschungsvertrages mit der Beklagten an. Am 4.4.2006 teilte sie
mit, dass sie diese Absicht nicht weiter verfolge.
3
Der Kläger wendet sich als Aktionär der Beklagten mit der Feststellungsklage gegen
verschiedene Maßnahmen und die entsprechenden Beschlüsse von Vorstand und
Aufsichtsrat, in denen er u.a. eine unzulässige faktische Eingliederung der Beklagten in
die T. sieht.
4
Mit den Klageanträgen zu 1) bis 3) wendet der Kläger sich gegen den Verkauf der Hoch-
und Ingenieurbausparte an die F. A. AG, mit dem Antrag zu 7) beantragt er die
Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Verkauf rückgängig zu machen.
5
Die Satzung der Beklagten enthielt bis zum 21.7.2006 folgenden
Unternehmensgegenstand:
6
"Gegenstand des Unternehmens ist die Übernahme und Ausführung von Bauleistungen
auf allen Gebieten des Straßen-, Ingenieur-, Wasser-, Hoch- und Tiefbaues, die
Herstellung und der Vertrieb von Baustoffen und Bauteilen, die Vorbereitung und
Durchführung von Bauvorhaben als Bauherr im eigenen Namen für eigene oder fremde
Rechnung unter Verwendung von Vermögenswerten Dritter, die wirtschaftliche
Vorbereitung und Durchführung von Bauvorhaben als Baubetreuer im fremden Namen
für fremde Rechnung, Tätigkeiten aller Art auf dem Gebiet des Umweltschutzes, die
Erbringung von Dienstleistungen, die mit all dem im Zusammenhang stehen, sowie die
Vornahme verwandter Tätigkeiten."
7
Unter dem 28.2.2006 veräußerte die Beklagte mit Wirkung zum 1.3.2006 im Rahmen
eines Asset Deals einen Großteil ihrer eigenen Hoch- und Ingenieurbauaktivitäten
sowie der organisatorischen Einheit "Hoch- und Ingenieurbau" der K. S. Unternehmen
für Hoch- und Tiefbau GmbH und in einem weiteren Vertrag (Share Deal) vom 4.5.2006
ihre Anteile an den im Klageantrag zu 1) genannten Unternehmen an die F. A. AG. Der
Nettokaufpreis belief sich auf ca. 30,9 Mio. €. Die Beklagte bot nach dem Verkauf Hoch-
und Ingenieurbauleistungen nur noch im Zusammenhang mit dem Straßen- und Tiefbau
und soweit das Mitangebot vom Markt erwartet wird an, z.B. bei Betreibermodellen. Sie
führt darüber hinaus die begonnenen Projekte zu Ende. Die C. Bau AG, an der die
Beklagte mit 35 % beteiligt ist, bietet ebenfalls Hoch- und Ingenieurbau an. Sie ist
überwiegend in Zentral- und Osteuropa tätig.
8
In der Hauptversammlung vom 14.7.2006 wurde die Änderung der Satzung dahin
beschlossen, dass Gegenstand des Unternehmens ist:
9
"a) die Ausführung von Bauleistungen für eigene oder fremde Rechnung, insbesondere
im Straßen- und Tiefbau,
10
b) der Entwurf, die Planung und die Berechnung von Bauwerken,
11
c) die Durchführung aller dem Baugewerbe dienenden Hilfsgeschäfte, insbesondere
12
der Einkauf, die Herstellung, die Aufbereitung, die Verwertung und der Vertrieb von
Baustoffen und -materialien,
13
d) die Wartung und Instandhaltung von Infrastruktureinrichtungen, insbesondere von
Verkehrswegen,
14
e) die Durchführung von Betreibermodellen für Bauwerke aller Art, einschließlich deren
Errichtung, Finanzierung und Bewirtschaftung und die Erbringung der damit
verbundenen Dienstleistungen,
15
f) die Errichtung und der Betrieb von Anlagen aller Art der Umwelttechnik."
16
Die Satzungsänderung wurde am 21.7.2006 ins Handelsregister eingetragen. Auf die
Anfechtungsklage mehrerer Aktionäre - u.a. des Klägers - hat das Landgericht den
Beschluss über die Satzungsänderung durch Urteil vom 5.10.2007 - 82 O 114/06 - für
nichtig erklärt. Über die Berufung der Beklagten, die beim Senat anhängig ist (18 U
182/07) ist noch nicht entschieden, der Senat hat das Verfahren ausgesetzt im Hinblick
auf ein weiteres beim Landgericht Köln anhängiges Anfechtungsverfahren, welches sich
gegen in der Hauptversammlung vom 1.6.2007 gefasste Bestätigungsbeschlüsse, u.a.
auch die Änderung des Unternehmensgegenstands betreffend, richtet.
17
Der Kläger sieht im Verkauf der Hoch- und Ingenieurbauaktivitäten eine
Satzungsunterschreitung, eine faktische Verschmelzung mit der F. A. AG sowie - da auf
Veranlassung des Hauptaktionärs bzw. der T. erfolgt - eine Nachteilszufügung im
qualifiziert faktischen Konzern. Die Beklagte habe dadurch ihre Unabhängigkeit
eingebüßt, ihr komme nur noch die Funktion einer Betriebsabteilung für den Straßenbau
in Deutschland zu.
18
Gegenstand der Klageanträge zu 4) bis 6) und 8) sind verschiedene
Strukturmaßnahmen, in denen der Kläger eine Eingliederung in den Konzern der T.
sieht, die ohne konzern- oder umwandlungsrechtliche Rechtsgrundlage, d.h. Abschluss
eines Beherrschungsvertrages (mit entsprechendem Abfindungsangebot an die
außenstehenden Aktionäre) oder Verschmelzung unzulässig sei. Dabei geht es
insbesondere um die Veräußerung des Geschäftsbereichs Projektentwicklung, einem
zur Hoch- und Ingenieurbausparte komplementärem Geschäftsfeld, sowie die
Zusammenlegung des Verwaltungs- und Rechnungswesens, der Baumaschinenlogistik
und der Rechtsabteilungen mit den entsprechenden Abteilungen der F. A. AG und
anderen Schwestergesellschaften.
19
Der Geschäftsbereich Projektentwicklung war in der T. Projektentwicklung GmbH
angesiedelt. Mit Vertrag vom 23.5.2006 veräußerte die Beklagte den Geschäftsbereich
Projektentwicklung mit Wirkung zum 1.6.2006 an die B. E. GmbH. Bei jener handelt es
sich um eine Tochter der F. A. AG (51%) und der T. (49 %). Der Kaufpreis belief sich auf
1,00 €. Die T. Projektentwicklungs-GmbH wickelt noch die Altverträge ab, ihr verbleiben
20
auch die Grundstücke und das Sachanlagevermögen.
Weiterhin werden seit 2005 das Rechnungswesen, die Lohn- und
Gehaltsabrechnungen, Finanzen, und die übrigen Verwaltungstätigkeiten von der D.
GmbH wahrgenommen, die entsprechende Dienstleistungen auch für die F. A. AG
erbringt. Die Beklagte hielt ursprünglich 99% der Anteile. Seit dem 19.12.2005 gehören
ihr nach Umstrukturierungen nur noch 50% an der D. GmbH, die anderen 50 % hält
nunmehr die F. A. AG. Die Veräußerung der entsprechenden Beteiligung der Beklagten
(49,5 %) erfolgte zum Nominalwert (14.850 €). Gleichzeitig erwarb sie am 9.3.2006 mit
Wirkung zum 1.1.2006 0,5 % der Beteiligung zum Nominalwert von 150 € von der U. T.
Bau Holding Service GmbH (U. ). Die Satzung der D. sieht nach der Umstrukturierung
vor, dass wesentliche Entscheidungen nur einstimmig erfolgen können, räumt der
Beklagten gegenüber der Geschäftsführung ein Weisungsrecht für Angelegenheiten ein,
die Dienstleistungen an sie betreffen, und beinhaltet das Recht beider Gesellschaften,
jeweils einen Geschäftsführer zu bestellen.
21
Eine ähnliche Umstrukturierung wurde auch im Bereich der Dienstleistungen in der
Baumaschinenlogistik (Vermieten, Reparieren/Wartung, Schalung, Planen/Montieren
und Investieren) vorgenommen; die entsprechende Service-Gesellschaft firmiert als G.
GmbH (im Folgenden G. GmbH). Gleiches gilt für die Rechtsabteilungen. Die
Rechtsabteilungen der Beklagten, der B. AG und der I. + X. Bau GmbH wurden zum
1.7.2006 in einer J. GmbH zusammengefasst, deren alleinige Gesellschafterin die
Konzernobergesellschaft T. ist.
22
Die Beklagte besaß bis zum 7.7.2006 eine 49%ige Beteiligung an der L. GmbH & Co.
KG, die ein Netz von Asphaltmischwerken betreibt, und der L. Verwaltung GmbH. Diese
Beteiligungen veräußerte sie aus kartellrechtlichen Erwägungen an die andere
Gesellschafterin (Y. & O. OHG) für 107 Mio. €. Die Parteien streiten darüber, ob die
kartellrechtliche Notwendigkeit sich aus dem Erwerb der Anteilsmehrheit an der F. A.
AG und deren ebenfalls im Asphaltmischgutgeschäft tätigen Tochter S. Baustoff GmbH
durch die T. ergab oder im Zusammenhang mit dem Verhältnis der Beklagten zur Y.-
Gruppe stand.
23
Außerdem ersetzte ein syndizierter Avalkredit, den die T. für die Konzerngesellschaften
abschloss, die bisherige Avalkreditfinanzierung der Beklagten. Die Beklagte haftet in
diesem Rahmen ausschließlich für eigene oder von ihren eigenen Töchtern in Anspruch
genommene Avale. Hierdurch fielen für die Beklagte einmalige Kosten i.H.v. insgesamt
4 Mio. € an, die den Anteil der Beklagten an der arrangement fee ausmachten;
andererseits wurden auf diese Weise bei der Beklagten die Sicherheiten aus dem
Sicherheitenpool freigesetzt.
24
Es besteht schließlich eine Doppelfunktion des Herrn Dr. M. als Vorstand der Beklagten
und (seit 1.1.2006) auch als Vorstand der T.. Der Aufsichtsrat der Beklagten genehmigte
diese Tätigkeit am 8.3.2006.
25
Mit den Anträgen zu 9) und 10) begehrt der Kläger die Feststellung, dass der Vorstand
verpflichtet ist, von der T. den Abschluss eines Beherrschungsvertrages zu verlangen
und dass der Beklagten qualifizierte Nachteile zugefügt wurden mit der Folge, dass ihr
ein Anspruch auf Verlustausgleich und den außenstehenden Aktionären ein Anspruch
auf angemessenen
26
Der Kläger hat behauptet, sämtliche Maßnahmen seien auf Vorgabe und im Rahmen
eines Gesamtkonzepts des Hauptaktionärs T. erfolgt. Er sieht hierin eine faktische
Verschmelzung mit der F. A. AG bzw. unzulässige Eingliederung in die T.. Die
Maßnahmen seien nachteilig und beseitigten die Eigenständigkeit der Beklagten.
27
Der Kläger hat beantragt,
28
festzustellen:
29
1. Der Verkauf und die Übertragung der unmittelbaren Hoch- und
Ingenieurbauaktivitäten sowie der Hoch- und Ingenieurbauaktivitäten der K. S.
Unternehmen für Hoch- und Tiefbau GmbH sowie der Anteile an den
Beteiligungsgesellschaften N-P. Bau GmbH, Q-R. V. GmbH, Z. Q1 Unternehmen für
Hoch- und Tiefbau GmbH, Y1 C1 GmbH, E1 Bau GmbH, Stahl- und Verbundbau E2
GmbH und der N.V. T. Belgium S.A., Antwerpen/Belgien an die B. AG ist zum Zeitpunkt
des Vertragsschlusses am 28. Februar 2006 bzw. der Übertragung am 1. März 2006
bzw. unmittelbar vor dem 9. Mai 2006 rechtswidrig gewesen.
30
2. Die Beschlussfassungen des Vorstandes der Beklagten zum Verkauf und zur
Übertragung der unmittelbaren Hoch- und Ingenieurbauaktivitäten der K. S.
Unternehmen für Hoch- und Tiefbau GmbH sowie der Anteile an den
Beteiligungsgesellschaften N-P. Bau GmbH, Q-R. V. GmbH, Z. Q1 Unternehmen für
Hoch- und Tiefbau GmbH, Y1 C1 GmbH, E1 Bau GmbH, Stahl- und Verbundbau E2
GmbH und der N.V. T. Belgium S.A., Antwerpen/Belgien an die B. AG sind rechtswidrig.
31
3. Die Beschlussfassungen des Aufsichtsrats der Beklagten zum Verkauf und zur
Übertragung der unmittelbaren Hoch- und Ingenieurbauaktivitäten der K. S.
Unternehmen für Hoch- und Tiefbau GmbH sowie der Anteile an den
Beteiligungsgesellschaften N-P. Bau GmbH, Q-R. V. GmbH, Z. Q1 Unternehmen für
Hoch- und Tiefbau GmbH, Y1 C1 GmbH, E1 Bau GmbH, Stahl- und Verbundbau E2
GmbH und der N.V. T. Belgium S.A., Antwerpen/Belgien an die B. AG sind rechtswidrig.
32
4. Die Eingliederung der Beklagten in die Organisation der T. sowie die Übertragung der
Projektentwicklungsaktivitäten von der T. Projektentwicklungs GmbH auf die B. E.
GmbH und die Übertragung von Beteiligungen an der D. GmbH und G. Technik
International GmbH auf B. AG sind rechtswidrig.
33
5. Die Beschlussfassungen des Vorstandes zur Eingliederung der Beklagten in die
Organisation T. sowie die Übertragung der Projektentwicklungsaktivitäten von der T.
Projektentwicklungs GmbH auf die B. E. GmbH und die Übertragung von Beteiligungen
an der D. GmbH und G. Technik International GmbH auf B. AG sind rechtswidrig.
34
6. Die Beschlussfassungen des Aufsichtsrats zur Eingliederung der Beklagten in die
Organisation T. sowie die Übertragung der Projektentwicklungsaktivitäten von der T.
Projektentwicklungs GmbH auf die B. E. GmbH und die Übertragung von Beteiligungen
an der D. GmbH und G. Technik International GmbH auf B. AG sind rechtswidrig.
35
7. Die Beklagte ist verpflichtet, die Übertragung der unmittelbaren Hoch- und
36
Ingenieurbauaktivitäten sowie der Hoch- und Ingenieurbauaktivitäten der K. S.
Unternehmen für Hoch- und Tiefbau GmbH sowie der Anteile an den
37
Beteiligungsgesellschaften N-P. Bau GmbH, Q-R. V. GmbH, Z. Q1 Unternehmen für
Hoch- und Tiefbau GmbH, Y1 C1 GmbH, E1 Bau GmbH, Stahl- und Verbundbau E2
GmbH und der N.V. T. Belgium S.A., Antwerpen/Belgien an die B. AG rückabzuwickeln.
8. Die Beklagte ist ohne die vorherige Schaffung einer konzernrechtlichen
Rechtsgrundlage dazu verpflichtet, die Eingliederung in die Organisation der T. sowie
die Übertragung der Projektentwicklungsaktivitäten von der T. Projektentwicklungs
GmbH auf die B. E. GmbH und die Übertragung von Beteiligungen an der D. GmbH und
G. Technik International GmbH auf B. AG rückabzuwickeln.
38
9. Der Vorstand der Beklagten ist verpflichtet, von der T. den Abschluss eines
Beherrschungsvertrages zu verlangen.
39
10. Der Beklagten sind qualifizierte Nachteile zugefügt worden, deshalb steht ihr ein
Anspruch auf Verlustausgleich entsprechend § 302 AktG zu.
40
Die außenstehenden Aktionäre der Beklagten haben Ansprüche auf Gewährung eines
angemessenen Ausgleichs und einer angemessenen Abfindung entsprechend §§ 304,
305 AktG, deren Höhe im Wege eines Spruchverfahrens bestimmt werden kann.
41
Die Beklagte hat beantragt,
42
die Klage abzuweisen.
43
Das Landgericht hat den Anträgen zu 1) bis 8) - mit kleineren Umformulierungen -
stattgegeben und die Anträge zu 9) und 10) als unzulässig abgewiesen. Hiergegen
richten sich die selbständigen Berufungen beider Parteien. Wegen der weiteren
Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstands einschließlich des Tenors der
angefochtenen Entscheidung wird auf das Urteil des Landgerichts Bezug genommen.
44
Die Beklagte begehrt mit ihrer Berufung die Abweisung der Klage.
45
Sie hält die Feststellungsanträge für rechtsmissbräuchlich und auch im übrigen
unzulässig. Eine allgemeine aktienrechtliche Feststellungsklage einzelner Aktionäre zur
Überprüfung vermeintlich rechtswidrigen Organhandelns gebe es nicht. Die Grundsätze
der N1 II - Entscheidung des Bundesgerichtshofs beträfen nur den Sonderfall des
Bezugsrechtsausschlusses bei der Ausnutzung genehmigten Kapitals, sie seien auf die
vorliegende Fallkonstellation nicht übertragbar. Zudem stehe den Feststellungsanträgen
die Subsidiarität der Feststellungsklage entgegen, der Kläger hätte ohne weiteres
Leistungsklage auf Rückabwicklung der Maßnahmen erheben können. Die Anträge zu
4) - 6) und 8), insbesondere der Begriff der "Eingliederung der Beklagten in die
Organisation der T. " seien zu unbestimmt. Es sei unklar, welche konkreten Maßnahmen
hierunter fielen.
46
Die Anträge seien aber auch unbegründet:
47
Die angegriffenen Maßnahmen seien weder im Hinblick auf die Satzung noch als
Nachteilszufügung im Sinne von § 311 AktG inhaltlich zu beanstanden. Die
Maßnahmen seien nicht von der T. veranlasst worden, sondern beruhten auf einer
eigenständigen unternehmerischen Entscheidung der Organe der Beklagten, sich
zukünftig auf ihr Kerngeschäftsfeld Straßen- und Tiefbau zu konzentrieren. Die Organe
48
der Beklagten hätten sich hierbei im Rahmen ihres gesetzlich durch § 93 Abs. 1 S. 2
AktG geschützten unternehmerischen Ermessenspielraums bewegt. Sämtliche vom
Kläger angegriffene Maßnahmen seien nicht nur vertretbar, sondern auch tatsächlich
erfolgreiche Schritte zur Steigerung des Unternehmenswerts und der Ertragskraft der
Beklagten.
Die auf Rückabwicklung gerichteten Anträge zu 7) und 8) seien schon deshalb
unbegründet, weil ihr die Rückabwicklung rechtlich, wirtschaftlich und faktisch
unmöglich sei.
49
Die Beklagte wendet sich ferner gegen die Anwendung der Grundsätze des "qualifiziert
faktischen Konzerns", die mittlerweile überholt und im Aktienrecht nicht anwendbar
seien. Die Rechte der Minderheitsaktionäre seien spezialgesetzlich durch
Schadensersatzpflichten (§§ 117, 93 AktG, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 277 StGB oder 400
AktG), Anfechtungsrechte, die Verpflichtung zur Erstattung eines Abhängigkeitsberichts
(§ 312 Abs. 1 AktG) und die Möglichkeit zur Erzwingung einer Sonderprüfung (§ 315
AktG) sowie eventuelle Schadensersatzansprüche gegen das herrschende
Unternehmen (§ 317 AktG) abschließend geschützt. Zudem habe das Landgericht diese
Grundsätze auch falsch angewandt. Es habe das den Organen der Beklagten
zustehende unternehmerische Ermessen missachtet und an deren Stelle seine eigenen
Vorstellungen von einer zweckmäßigen und erfolgversprechenden Unternehmenspolitik
gesetzt. Zudem seien die Maßnahmen einem Einzelnachteilsausgleich in Form des
Schadensersatzes nach § 317 AktG zugänglich. Die Beklagte führt dies jeweils für die
einzelnen Maßnahmen näher aus und tritt in diesem Zusammenhang den
Feststellungen des Landgerichts, die der hinreichenden Grundlage entbehrten,
entgegen. Das Landgericht habe ihren Vortrag und ihre Beweisantritte übergangen und
die ihm obliegende Hinweispflicht verletzt. In diesem Zusammenhang wendet die
Beklagte sich auch gegen die vom Landgericht angenommenen Beweiserleichterungen
zugunsten des Klägers. Der BGH habe diese für außenstehende Gläubiger entwickelt.
Auf einen Mitgesellschafter seien diese Grundsätze nicht übertragbar. Unabhängig
davon bezögen sich die von der Rechtsprechung entwickelten Beweiserleichterungen
auch nicht auf das Tatbestandsmerkmal des "Nachteils". Soweit das Landgericht über
die konkreten Einzelmaßnahmen hinaus von einer "umfassenden Eingliederung der
Beklagten in das Gesamtkonzept der T. " ausgehe, sei dies zu unbestimmt, das Urteil
enthalte hierzu auch keine konkreten Feststellungen.
50
Die Aufgabe der Hoch- und Ingenieurbauaktivitäten sei auch nicht unter dem Aspekt
einer Satzungsunterschreitung rechtswidrig. Die Satzung in ihrer damaligen Fassung
habe nur eine beispielhafte und damit unverbindliche Aufzählung der verschiedenen
Tätigkeiten enthalten. Die Beklagte habe - wie erstinstanzlich vorgetragen - den Hoch-
und Ingenieurbau auch nicht vollständig aufgegeben. Die fortbestehenden Aktivitäten
könnten nicht als völlig marginal bezeichnet werden. Hierunter fielen u.a. der Bau von
Brücken bis zu einem Projektvolumen von 2,5 Mio. € sowie der Bau von
Raststättenanlagen, Tankstellen oder Mautstationen. Ferner habe das Landgericht die
wirtschaftliche Dimension der C. -Beteiligung verkannt. Darüber hinaus habe die
Beklagte in 2006 sämtliche Geschäftsanteile an der Q2 C2 GmbH & Co. KG erworben,
die über einen profitablen Hoch- und Ingenieurbaubereich mit einer jährlichen
Bauleistung in einer Größenordnung von 16 Mio. € verfüge. Eine eventuelle
Satzungsunterschreitung wäre im übrigen unschädlich, da die Rechte und Interessen
der Minderheitsaktionäre nicht beeinträchtigt seien. Das Landgericht habe schließlich zu
Unrecht eine temporäre Satzungsunterschreitung für unzulässig angesehen. Die
51
Satzungsänderung habe nicht beschlossen werden können, bevor der Verkauf nicht
sicher gewesen sei, da sonst die Gefahr einer Satzungsüberschreitung gedroht hätte.
Zudem entziehe es dem Abwehranspruch die Grundlage, wenn
kompetenzüberschreitendes Verhalten nachträglich legalisiert werde. Daher reiche es
aus, dass die Beklagte die Frage, ob die Satzung geändert oder der Hoch- und
Ingenieurbau fortgeführt werden solle, in der nächsten Hauptversammlung zur
Abstimmung gestellt habe. Zumindest der Antrag zu 7) auf Rückgängigmachung sei
aufgrund der zwischenzeitlichen Satzungsänderung unbegründet. Diese sei - jedenfalls
derzeit - schon aufgrund der Eintragung im Handelsregister wirksam.
Die Beklagte beantragt,
52
das Urteil des Landgerichts Köln vom 23.11.2007 - 82 O 214/06 - teilweise abzuändern
und die Klage insgesamt abzuweisen.
53
Der Kläger beantragt,
54
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
55
Mit seiner eigenen Berufung beantragt er,
56
das Urteil des Landgerichts Köln vom 23.11.2007 - 82 O 214/06 - soweit es die Klage
abweist abzuändern und festzustellen:
57
1. Der Vorstand der Beklagten ist verpflichtet, von der T. den Abschluss eines
Beherrschungsvertrages zu verlangen.
58
2. Der Beklagten sind qualifizierte Nachteile zugefügt worden, deshalb steht ihr ein
Anspruch auf Verlustausgleich entsprechend § 302 AktG zu. Die außenstehenden
Aktionäre der Beklagten haben Ansprüche auf Gewährung eines angemessenen
Ausgleichs und einer angemessenen Abfindung entsprechend §§ 304, 305 AktG, deren
Höhe im Wege eines Spruchverfahrens bestimmt werden kann.
59
Die Beklagte beantragt,
60
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
61
Die Streithelfer schließen sich den Anträgen des Klägers an.
62
Der Kläger sieht mit dem Landgericht in der Veräußerung der Hoch- und
Ingenieurbausparte eine unzulässige Satzungsunterschreitung. Mit der Angabe des
Unternehmensgegenstands lege die Gesellschaft sich gegenüber dem Rechtsverkehr
und den anderen Kapitalmarktteilnehmern fest, in welchen Betätigungsfeldern sie tätig
sei. Beim Erwerb der Aktien hätten die Anleger davon ausgehen können, an den
unterschiedlichen konjunkturellen Zyklen und Ertragspotentialen im Straßenbau bzw.
Hoch- und Ingenieurbau profitieren zu können. Der Satzungsverstoß sei durch die
Satzungsänderung in das Handelsregister nicht geheilt, da die Anfechtungsklagen noch
anhängig seien. Zudem könne der Eingriff auch nicht durch eine bloße
Satzungsänderung geheilt werden, sondern nur durch den Abschluss eines
Unternehmensvertrages, eine Verschmelzung oder eine Eingliederung.
63
Die Aufgabe der Hoch- und Ingenieurbauaktivitäten sei auch konzernrechtlich
unzulässig. Der Nachteil für die Beklagte liege schon darin, dass der Beklagten die -
aufgrund der unterschiedlichen Konjunkturzyklen der T2 Straßenbau und Hoch- und
Ingenieurbau bislang vorhandene - Risikodiversifizierung fehle und zudem keine
Drittangebote eingeholt worden seien. Diese Vorteile seien nunmehr auf die Ebene der
T. verlagert worden. Eine positive Kursentwicklung schließe konzernrechtliche
Nachteile nicht aus.
64
Der Kläger ist der Ansicht, die Klage müsse mit allen Anträgen schon aus
verfassungsrechtlichen Gründen Erfolg haben. Aus dem durch Art. 14 GG geschützten
Aktieneigentum sowie dem Rechtsstaatsprinzip und dem
Justizgewährleistungsanspruch ergebe sich, dass ein Aktionär sich gegen die ohne
Beherrschungsvertrag unzulässige Integration der Gesellschaft in den Konzern des
herrschenden Unternehmens wehren können müsse. Dabei dürften an seine
Darlegungs- und Beweislast keine nicht erfüllbaren Anforderungen gestellt werden. Mit
den angegriffenen Maßnahmen sei das Konzept des Großaktionärs T. umgesetzt
worden, in Deutschland zwei T2 reine Gesellschaften zu schaffen und gleichzeitig
verwaltungstechnische "Reibungsverluste" abzubauen. Die vollständige Integration der
Beklagten in den Konzern der T. sei ohne Abschluss eines Beherrschungsvertrages
rechtswidrig. Da die einzelnen Maßnahmen Teil dieses Gesamtkonzepts seien, komme
es auf die Nachteile der einzelnen Maßnahmen nicht an. Der Senat sei gem. § 529 Abs.
1 S. 1 ZPO an die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts zur Integration der
Beklagten in die Konzernstruktur der T. gebunden. Damit stehe auch für das
Berufungsverfahren fest, dass die betreffenden Maßnahmen der Umsetzung eines
Gesamtkonzepts dienten, deren Ziel die Verschmelzung ohne Beschlussfassung der
Hauptversammlung bzw. die vollständige Integration der Beklagten in den Konzern der
T. sei. Auch für das Berufungsverfahren müssten daher alle Einzelschritte
zusammengefasst betrachtet werden. Sämtliche Maßnahmen dienten den
Partikularinteressen der Hauptaktionärin der Beklagten. Eine solche Konzernintegration
sei nur auf Grundlage eines Unternehmensvertrages zulässig, insoweit bestehe ein
verfassungsrechtlicher Kontrahierungszwang. Die Feststellungsklage sei erforderlich,
um der Durchsetzung dieser Partikularinteressen entgegenzutreten und es den
außenstehenden Aktionären bereits im Vorfeld eines möglichen Spruchverfahrens zu
ermöglichen, ihre berechtigten Ausgleichsansprüche zumindest dem Grunde nach
vorab klären zu lassen. Wirtschaftlich diene die Klage der Sicherung der
entsprechenden Ansprüche der außenstehenden Aktionäre auf Ausgleich und
Schadensersatz.
65
Der Kläger ist der Ansicht, der Erfolg der Klage hänge nicht davon ab, dass er für jede
einzelne Maßnahme Nachteile, die nicht einem Einzelausgleich zugänglich seien,
nachweise. Es möge sein, dass die einzelnen Maßnahmen bei isolierter
Betrachtungsweise konzernrechtlich einem Einzelausgleich zugänglich seien. Die
Maßnahmen seien aber schon deshalb rechtswidrig und rückabzuwickeln, weil ein
solcher, den Anforderung des § 311 AktG entsprechender Einzelausgleich nicht
durchgeführt worden sei. Zudem genüge ein Einzelausgleich auch dann nicht mehr,
wenn - wie hier - die einzelnen Maßnahmen Teil eines Gesamtkonzepts und darauf
ausgerichtet seien, dauerhaft die wirtschaftliche Eigenständigkeit und Unabhängigkeit
der Beklagten aufzuheben. Die Schwelle zur vollständigen, den Einzelausgleich ins
Leere laufen lassenden Konzernintegration sei überschritten. Durch die Vielzahl der
konzernintegrativen Maßnahmen sei im Einzelnen gar nicht mehr feststellbar, welche
Einzelmaßnahmen künftig nachteilig seien. Bereits jetzt habe die Beklagte ihren Status
66
als selbständige Aktiengesellschaft verloren. Nur die Rückabwicklung der Maßnahmen
könne dem Interesse der Aktionäre und Gläubiger an der Wiederherstellung der
Eigenständigkeit der Beklagten Rechnung tragen. Das System des Einzelausgleichs
erfasse nur solche Maßnahmen, die in ihrer integrativen Tiefe unter der Schwelle zu
einer kompensationspflichtigen Strukturmaßnahme liegen. Es greife nur bei einem
dezentral geführten faktischen Konzern. Die weitergehende Konzernintegration sei nur
im Vertragskonzern zulässig.
Weitergehender Tatsachenvortrag sei ihm als außenstehendem Aktionär nicht möglich,
aber auch nicht erforderlich. Das Landgericht habe zu Recht angenommen, dass die
Beklagte die konzernintegrativen Maßnahmen nicht hinreichend substantiiert bestritten
habe.
67
Die eigene Berufung des Klägers richtet sich gegen die Abweisung der Anträge zu 9)
und 10).
68
Entgegen der Ansicht des Landgerichts bestehe für den Antrag zu 9) eine
Rechtsgrundlage. Das Landgericht habe sich nicht damit auseinandergesetzt, dass die
Schutzfunktion des Konzernrechts eine Verpflichtung zum Abschluss eines
Beherrschungsvertrages begründe, die mit einem entsprechenden Recht des Aktionärs
auf Abschluss eines solchen Beherrschungsvertrages korrespondiere. Der
Feststellungsantrag verletze auch nicht die Kompetenzordnung der Aktiengesellschaft.
Der Bundesgerichtshof habe in mehreren Entscheidungen erkannt, dass der
Rechtsschutz des Aktionärs nicht auf die Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage reduziert
werden könne, sondern bei Vorliegen einer Regelungslücke auch die allgemeine
Feststellungsklage statthaft sei. Vorstand und Aufsichtsrat hätten die rechtswidrigen
Maßnahmen nicht sanktioniert und das sei wegen der Abhängigkeit der Beklagten von
der Mehrheitsaktionärin und der Besetzung von Vorstand und Aufsichtsrat mit
Organmitgliedern der Mehrheitsaktion auch ohne entsprechendes Feststellungsurteil
nicht zu erwarten. Das Recht des einzelnen Aktionärs ergebe sich daraus, dass der
Beherrschungsvertrag der Zustimmung der Hauptversammlung bedürfe.
69
Entgegen der Ansicht des Landgerichts sei der Antrag auch nicht deshalb treuwidrig,
weil er - der Kläger - auf der Hauptversammlung am 14.7.2006 dafür gestimmt habe, den
Vorstand gem. § 83 AktG anzuweisen, die Verschmelzung mit der F. A. AG
vorzubereiten, und auf seine positive Beschlussfeststellungsklage das Landgericht
inzwischen durch das Urteil vom 5.10.2007 im Parallelverfahren 82 O 114/06 LG Köln
(18 U 182/07 OLG Köln) das Zustandekommen dieses Beschlusses festgestellt habe.
Hierin liege kein Widerspruch. Nur durch einen Beherrschungsvertrag könne der
bestehende Zustand schnellstmöglich legalisiert werden.
70
Der Antrag zu 10) sei ebenfalls zulässig. Ein Feststellungsinteresse für ein
Drittrechtsverhältnis bestehe nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ
164, 249, 255 f.), wenn dieses zugleich für die Rechtsbeziehungen der Parteien
untereinander von Bedeutung sei, der Kläger ein Interesse an alsbaldiger Klärung habe
und das Aktienrecht für die Austragung eines solchen Streits keine abschließende
Regelung treffe. Bis zur Beseitigung der qualifizierten Nachteilszufügung werde auch er
- der Kläger - reflexartig in seinen eigenen Mitgliedschaftsrechten verletzt. Für diesen
Zeitraum bestehe neben den Beseitigungsansprüchen gem. § 317 AktG eine durch
entsprechende Anwendung der §§ 302, 304, 305 AktG zu schließende Schutzlücke.
Das Feststellungsinteresse ergebe sich daraus, dass bei entsprechender Feststellung
71
damit gerechnet werden könne, dass die Organe der Beklagten sich rechtmäßig
verhielten und auf die Abstellung der Missstände und einen angemessenen Ausgleich
hinwirkten. Die Regelungen in §§ 304, 305 AktG zeigten, dass der Vorstand des
beherrschten Unternehmens hinsichtlich der Frage der Angemessenheit von Ausgleich
und Abfindung mitwirken und dabei auch die Interessen der außenstehenden Aktionäre
beachten und vertreten müsse. Andernfalls bilde die Feststellung die Grundlage für
andere aktienrechtliche Maßnahmen gegen die Organmitglieder der Beklagten.
Die Feststellungsanträge seien begründet, da der Beklagten durch die angegriffenen
Maßnahmen Nachteile zugefügt worden seien, die sich einem Einzelausgleich
entziehen. Die Einflussnahme durch die T. auf die Beklagte habe eine solche Dichte
und Intensität erreicht, dass das Ausgleichssystem der §§ 311 ff. AktG versage. Die
Übertragung der Hoch- und Ingenieurbau- und Projektentwicklungsaktivitäten an die
Schwestergesellschaft F. A. AG, die Auslagerung des kaufmännischen und
administrativen Bereichs auf die D. GmbH und J. GmbH und die Einbindung in die
Konzernfinanzierung über den syndizierten Avalkredit sowie das
Vorstandsdoppelmandat von Dr. M. und die Besetzung sämtlicher Aufsichtsratsposten
der Anteilseigener durch Vorstandsmitglieder der T. belegten ohne Notwendigkeit einer
Beweisaufnahme, dass die Beklagte faktisch nur noch wie eine Betriebsabteilung der T.
geführt werde. Auf die Nachteiligkeit der einzelnen Maßnahmen, die sich nicht mehr
isolieren ließen, komme es daher noch nicht einmal an. Rechtsfolge sei die analoge
Anwendung der Vorschriften über die Abfindung bzw. den angemessenen Ausgleich bei
Abschluss eines Beherrschungsvertrages. An den Grundsätzen der qualifizierten
Nachteilszufügung habe sich durch die neue Rechtsprechung des BGH zum
existenzvernichtenden Eingriffs nichts geändert.
72
Die Beklagte hält auch die Anträge zu 9) und 10) für unzulässig. Einer Klage auf
Durchführung bestimmter Geschäftsführungsmaßnahmen stehe die zwingende
Kompetenzordnung des Aktiengesetzes entgegen, wonach der Vorstand die Geschäfte
unter eigener Verantwortung führe. Das Verlangen des beherrschten Unternehmens
nach dem Abschluss eines Beherrschungsvertrages sei eine reine
Geschäftsführungsmaßnahme, über die der Vorstand in eigener Verantwortung zu
entscheiden habe. Das Verlangen der Kläger sei auch treuwidrig. Selbst wenn die
Verschmelzung den Abschluss eines Beherrschungsvertrages nicht ausschließe, sei
die Vorbereitung von zwei Verträgen eine enorme Ressourcenverschwendung zu
Lasten aller Aktionäre.
73
Der Antrag zu 10) sei wegen des Begriffs der "Zufügung qualifizierter Nachteile" nicht
hinreichend bestimmt, zudem sei er auf die Pflichten der am Verfahren nicht beteiligten
T. gerichtet. Hierfür fehle schon wegen fehlender Bindungswirkung des Urteils das
rechtliche Interesse.
74
Darüber hinaus wären die Anträge auch unbegründet. Die Rechtsfigur des qualifiziert
faktischen Konzerns sei im Aktienrecht nicht (mehr) anwendbar. Die §§ 311 ff. AktG
böten ein abschließendes aktienrechtliches Schutzkonzept. Eine analoge Anwendung
der §§ 302 ff. AktG auf den faktischen Konzern komme nicht in Betracht.
75
Schließlich hätten sich die Umstrukturierungsmaßnahme auch nicht als nachteilig
erwiesen. Unternehmenswert und Börsenkurs der Beklagten hätten sich gerade durch
die vom Kläger kritisierten Maßnahmen seit 2006 überproportional vervielfacht, was
unmittelbar auch den Aktionären zu Gute komme.
76
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die
wechselseitigen Schriftsätze der Parteien und die von ihnen vorgelegten Unterlagen
Bezug genommen.
77
II.
78
Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet.
79
1. Zulässigkeit der Klage
80
Die Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit und der Verpflichtung zur
Rückabwicklung der Veräußerung der Hoch- und Ingenieurbausparte der Beklagten an
die F. A. AG und der weiteren, mit den Anträge zu 4) bis 6) angegriffenen Maßnahmen
ist zulässig, soweit der Kläger die Rechtswidrigkeit auf eine Satzungsunterschreitung
sowie eine qualifizierte Nachteilszufügung im faktischen Konzern stützt und die
ungeschriebene Zuständigkeit der Hauptversammlung unter dem Gesichtspunkt einer
wesentlichen Strukturmaßnahme bzw. der sog. Holzmüller-Grundsätze geltend macht.
Die Klage kann dagegen nicht auf die Verletzung der Pflicht des herrschenden
Unternehmens, Nachteile nach §§ 311, 317 AktG auszugleichen, gestützt werden,
insoweit ist sie unzulässig.
81
1.1. Die Klage ist nicht bereits wegen Rechtsmissbrauchs insgesamt unzulässig (zu den
Anforderungen an einen "individuellen" Rechtsmissbrauch BGH NJW 1989, 2689,
2692). Allein der Vortrag, der Kläger und sein Alleinvorstand gehörten zur "Gruppe der
sogenannten Berufskläger, die sich darauf spezialisiert haben, Hauptversammlungen
börsennotierter Aktiengesellschaften anzugreifen" reicht hierfür ebenso wenig aus wie
der Vortrag, der Kläger vertrete nicht nur Kleinanleger (GA 1020 f.).
82
1.2. Veräußerung der Hochbausparte, Anträge zu 1) bis 3)
83
Die auf die Rechtswidrigkeit der Veräußerung der Hoch- und Ingenieurbausparte
gerichteten Feststellungsanträge zu 1) bis 3) sind insoweit zulässig, als der Kläger die
Rechtswidrigkeit auf den Gesichtspunkt der Satzungsunterschreitung, der
ungeschriebenen Zuständigkeit der Hauptversammlung und auf die Grundsätze zum
sog. qualifiziert faktischen Konzern stützt. Die Klage ist dagegen unzulässig, soweit der
Kläger einen Verstoß gegen § 311 AktG rügt.
84
1.2.1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Klage eines
Aktionärs gegen seine Gesellschaft auf die Feststellung rechtswidrigen Organhandelns
zulässig, wenn die Feststellung für die Rechtsbeziehungen der Parteien untereinander
von Bedeutung ist, der Kläger an der alsbaldigen Klärung dieser Frage ein rechtliches
Interesse hat und das Aktienrecht für die Austragung eines solchen Streits keine
abschließende (d.h. die Feststellungsklage ausschließende) Regelung trifft (BGHZ 83,
122, 125 f. - Holzmüller -; BGHZ 164, 249, 255 - N1 II -). Unter diesen Voraussetzungen
steht der Zulässigkeit der Feststellungsklage nicht entgegen, dass unmittelbare
Rechtsbeziehungen zwischen dem Gesellschafter und den Gesellschaftsorganen nicht
bestehen, vielmehr die jeweiligen Rechtsverhältnisse nur im Verhältnis zur Gesellschaft
bestehen (sog. Drittrechtsverhältnis).
85
Voraussetzung für die Zulässigkeit der Feststellungsklage ist, dass der Kläger darlegt,
86
durch die streitgegenständlichen Maßnahmen in seinen Rechten als Gesellschafter
betroffen zu sein. Die Rechtswidrigkeit der Maßnahmen oder ein bloß wirtschaftliches
Interesse an der Verhinderung für die Gesellschaft nachteiliger Maßnahmen reichen
nicht aus. Dem einzelnen Aktionär steht kein generelles "Ersatzaufsichtsrecht"
gegenüber den geschäftsführenden Organen zu. Seine Klagebefugnis beruht vielmehr
darauf, dass er eine Verletzung seiner Mitgliedsrechte geltend macht (BGHZ 83, 122,
135 - Holzmüller -).
1.2.2. Der Kläger kann die gegen die Veräußerung der Hoch- und Ingenieurbausparte
gerichteten Feststellungsanträge auf eine Verletzung der Zuständigkeit der
Hauptversammlung stützen. Eine die Feststellungsklage rechtfertigende Verletzung von
Mitgliedschaftsrechten liegt vor, wenn der Aktionär geltend macht, dass die
Zuständigkeit der Hauptversammlung verletzt ist (BGHZ 83, 122, 133, 135 - Holzmüller -
). Denn in der Hauptversammlung kann jeder einzelne Aktionär mitbestimmen und die
Entscheidung beeinflussen. Dies macht der Kläger geltend, indem er sich auf die
Notwendigkeit einer vorherigen Satzungsänderung und auf die ungeschriebene
Zuständigkeit der Hauptversammlung nach den Holzmüller-Grundsätze beruft.
87
Die aktienrechtlichen Vorschriften schließen eine solche Klage - gestützt auf die
Gesichtspunkte der Satzungsunterschreitung bzw. der ungeschriebenen Zuständigkeit
der Hauptversammlung nach den Holzmüller-Grundsätze - nicht aus. Ein Ausschluss
der Klage durch das Kompetenzgefüge des AktG ist anzunehmen, wenn der Streit durch
das AktG abschließend geregelt ist (wie etwa das Vorgehen gegen Beschlüsse der
Hauptversammlung) oder durch die Zulassung der allgemeinen Feststellungsklage
zusätzliche Anforderungen des AktG (z.B. Quoren wie in § 142 Abs. 2 AktG) oder die
Kompetenzordnung des AktG (§ 147 AktG: Zuständigkeit der Hauptversammlung für die
Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen der Gesellschaft gegen
Vorstandsmitglieder) umgangen werden. Beides liegt hinsichtlich der gerügten
Verletzung der Zuständigkeit der Hauptversammlung nicht vor.
88
1.2.3. Soweit der Kläger darüber hinaus eine Überschreitung der Grenzen des
faktischen Konzerns rügt, ist die Klage nur insoweit zulässig, als er nach den
Grundsätzen des sog. qualifiziert faktischen Konzerns Nachteile rügt, die nicht einem
Einzelausgleich zugänglich sind. Eine auf Feststellung der Rechtswidrigkeit nachteiliger
Maßnahmen, die einem Einzelausgleich zugänglich sind, gerichtete Klage eines
Aktionärs gegen die abhängige Gesellschaft ist dagegen nicht zulässig, da hierdurch
Mitwirkungsrechte der Aktionäre nicht beeinträchtigt werden und das Kompetenzgefüge
des AktG einer solchen Klage entgegensteht.
89
Nach § 311 AktG darf ein herrschendes Unternehmen die abhängige Gesellschaft nicht
zu nachteiligen Maßnahmen veranlassen, wenn diese Nachteile nicht bis zum Ende des
Geschäftsjahres ausgeglichen oder zumindest dem abhängigen Unternehmen ein
Rechtsanspruch auf Ausgleich eingeräumt wird. Eine auf Feststellung eines solchen,
ausgleichspflichtigen Nachteils gerichtete Klage eines Aktionärs gegen die abhängige
Gesellschaft ist nicht zulässig. Es fehlt schon an einem Eingriff in die
mitgliedschaftlichen Rechte des Aktionärs. Die Zulässigkeit einer solchen Maßnahme
ist nicht von einem Hauptversammlungsbeschluss abhängig, sondern lediglich von dem
Ausgleich des Nachteils. Die Klagebefugnis lässt sich auch nicht aus §§ 317 Abs. 1 und
4, 309 Abs. 4 AktG herleiten. Nach diesen Vorschriften kann auch ein einzelner Aktionär
den Schadensersatzanspruch aus § 317 AktG geltend machen, der der abhängige
Gesellschaft - und ggfs. auch deren Aktionären - gegen das herrschende Unternehmen
90
zusteht, wenn der geschuldete Ausgleich nicht bis zum Ende des Geschäftsjahres
geleistet oder durch einen Rechtsanspruch abgesichert wird. § 317 AktG begründet
Ansprüche indes nur gegenüber dem herrschenden Unternehmen und dessen
gesetzlichem Vertreter, rechtfertigt aber nicht eine Klage gegen die abhängige
Gesellschaft. Das gleiche gilt, soweit sich aus § 317 AktG ein Anspruch gegen das
herrschende Unternehmen auf Unterlassen oder Beseitigung der nach § 311 AktG
rechtswidrigen Maßnahme ergeben kann (hierzu Emmerich/Habersack, KonzernR, 5.
Aufl., § 317 Rn 19, 20).
Unabhängig von diesen Erwägungen steht der Zulässigkeit einer gegen die abhängige
Gesellschaft gerichteten Feststellungsklage auch entgegen, dass dieser Konflikt durch
die §§ 311 ff. AktG abschließend geregelt ist, nämlich durch die §§ 314 bis 317 AktG,
die die Prüfung durch den Aufsichtsrat, die Möglichkeit einer Sonderprüfung und einen
Schadensersatzanspruch gegen das herrschende Unternehmen vorsehen. Eine darüber
hinausgehende Klagebefugnis eines einzelnen Aktionärs wäre eine Umgehung dieser
abschließenden Regelungen, insbesondere von § 315 AktG, der zusätzliche
Anforderungen an die Erzwingung einer Sonderprüfung stellt (nämlich Beanstandungen
durch die Abschlussprüfer, den Aufsichtsrat oder den Vorstand gem. Abs. 1 oder das
Quorum von 1 % der Aktien oder einer Beteiligung von mindestens 100.000 € nach Abs.
2).
91
Soweit der Kläger dagegen geltend macht, dass die Veräußerung der Hoch- und
Ingenieurbausparte - und die weiteren Maßnahmen, die Gegenstand der Anträge zu 4)
bis 6) und 8) sind - Nachteile für die Beklagte begründet, die nicht einem
Einzelausgleich zugänglich sind, ist die Klage zulässig. Die Verletzung eigener Rechte
liegt darin, dass der Kläger die Verletzung der Zuständigkeit der Hauptversammlung
geltend macht, indem er rügt, dass solche Maßnahmen nur aufgrund eines
Beherrschungsvertrages zulässig sind, der wiederum der Zustimmung der
Hauptversammlung bedarf.
92
Auch das AktG oder die Kompetenzordnung der Aktiengesellschaft stehen einer
solchen Klage nicht entgegen. Das Aktiengesetz enthält keine entgegenstehenden
Regelungen.
93
Ob eine dem Einzelausgleich nicht zugängliche Maßnahme diese Rechtsfolgen hat, ist
keine Frage der Zulässigkeit der Klage, sondern ihrer Begründetheit.
94
1.3. Rechtswidrigkeit der weiteren Maßnahmen, Anträge zu 4) bis 6)
95
Auch die Klageanträge zu 4) bis 6), mit denen der Kläger sich gegen weitere
Maßnahmen wendet, in denen er eine unzulässige "Eingliederung" in die Organisation
der T. sieht, sind nach Maßgabe der vorstehenden Ausführungen zulässig.
96
Der Kläger macht das Vorliegen eines sog. qualifizierten faktischen Konzerns geltend,
welcher ohne entsprechenden Beschluss der Hauptversammlung unzulässig sei. Damit
wird - was für die Zulässigkeit ausreicht - ein eigenes rechtliches Interesse geltend
gemacht.
97
Die Anträge sind auch nicht wegen fehlender Bestimmtheit unzulässig. Zwar wäre ein
Antrag auf Feststellung einer unzulässigen "Eingliederung der Beklagten in die
Organisation der T." wegen fehlender Bestimmtheit des hier nicht im technischen Sinne
98
der §§ 319 ff. AktG verstandenen Begriffs der Eingliederung nicht zulässig. Denn einem
entsprechenden Urteilsausspruch ließe sich nicht entnehmen, welche konkreten
Handlungen unzulässig und ggfs. rückabzuwickeln wären. Der Kläger hat aber im
Termin vom 30.10.2008 klargestellt, dass damit die im Antrag genannten Rechtsakte
und Handlungen sowie die vom Landgericht in seinem Urteil genannten Umstände zur
Begründung der unzulässigen Einbindung in die Organisation der T. gemeint sind (GA
1128). Mit diesem Inhalt ist der Antrag hinreichend bestimmt.
1.4. Verpflichtung zur Rückabwicklung der beanstandeten Maßnahmen, Anträge zu 7)
und 8)
99
Die auf Rückabwicklung der in den Anträge zu 1) bis 6) genannten Handlungen
gerichteten Anträge zu 7) und 8) sind ebenfalls zulässig. Ihnen steht insbesondere nicht
der Vorrang der Leistungsklage entgegen.
100
Die Möglichkeit einer Leistungsklage steht einem Feststellungsantrag nicht
grundsätzlich entgegen, sie kann aber zum Wegfall des Rechtsschutzinteresses unter
dem Gesichtspunkt einer besseren Rechtsschutzmöglichkeit (Zöller/Greger, ZPO, 27.
Aufl., § 256 Rn 7a) führen. Die Feststellungsklage ist wegen Vorrangs der
Leistungsklage unzulässig, wenn dem Kläger eine Klage auf Leistung möglich und
zumutbar ist (Zöller/Greger, aaO) und der Kläger sein eigentliches Ziel nur durch eine -
weitere - Leistungsklage erreichen kann. Im vorliegenden Fall schließt die Möglichkeit
der Leistungsklage das Rechtsschutzinteresse nicht aus. Das rechtliche Interesse des
Klägers beschränkt sich darauf, die Verpflichtung der Beklagten feststellen zu lassen.
Die Durchsetzung eines etwaigen Leistungstitels im Rahmen der Vollstreckung - etwa
durch Ersatzvornahme nach § 887 ZPO - wäre dem Kläger ohnehin weder möglich noch
zumutbar. Es ist Sache der Gesellschaft, durch ihre Organe Abhilfe zu schaffen (BGHZ
164, 249, 256). Daher gilt für eine auf die Feststellung rechtswidrigen Organhandelns
gerichtete Klage eines Aktionärs der Vorrang der Leistungsklage grundsätzlich nicht
(BGHZ 164, 249, 259 - N1 II -). Die Feststellung reicht vielmehr aus, weil erwartet
werden kann, dass die Gesellschaft bzw. ihrer Organe hieraus die notwendigen
Folgerungen ziehen (BGHZ 83, 122, 126 - Holzmüller -; BGHZ 164, 249, 256 - N1 II -).
Ferner kann die Feststellung Grundlage für eventuelle weitergehende Maßnahmen oder
Sekundäransprüche sein (BGHZ 83, 122, 126 - Holzmüller -).
101
2. Die Klage ist indes nicht begründet.
102
2.1. Rechtswidrigkeit der Veräußerung der Hoch- und Ingenieurbausparte wegen
Satzungsunterschreitung, Anträge zu 1) bis 3)
103
Der Verkauf der Hoch- und Ingenieurbausparte an die F. A. AG ist nicht deshalb
rechtswidrig, weil infolge der Veräußerung der satzungsmäßige
Unternehmensgegenstand nicht mehr ausgefüllt und somit die Satzung der Beklagten
verletzt wäre.
104
Die nach § 23 Abs. 3 Nr. 2 AktG vorgeschriebene Angabe des Unternehmenszwecks in
der Satzung hat den Zweck, die Grenze der Geschäftsführungsbefugnis des Vorstands
zu bestimmen und außenstehende Dritte über den Tätigkeitsbereich der Gesellschaft zu
informieren (Hüffer, AktG, 8. Aufl., § 23 Rn 21; MüKo-AktG/Pentz, 3. Aufl., § 23 Rn 78).
Die Angabe des Unternehmensgegenstands verbietet nicht nur eine ihn
überschreitende Tätigkeit, sondern kann - wenn die Tätigkeitsfelder in der Satzung
105
verbindlich und abschließend gefasst sind - den Vorstand auch zur Ausfüllung des
Unternehmensgegenstands verpflichten bzw. ihm die dauerhafte Aufgabe der dort
festgelegten Tätigkeit untersagen (Spindler/Stilz/Holzborn, AktG, § 179 Rn 64; Hüffer,
AktG, 8. Aufl., § 179 Rn 9a; MüKo-AktG/Stein, 2. Aufl., § 179 Rn 106;
Emmerich/Habersack, KonzernR, 5. Aufl., Vor § 311 Rn 31).
Zum jetzigen Zeitpunkt liegt eine Satzungsunterschreitung schon deshalb nicht vor, weil
die Hauptversammlung vom 14.7.2006 die Änderung des Unternehmensgegenstands
beschlossen hat und die Änderung im Handelsregister eingetragen ist. Der Umstand,
dass das Landgericht die Satzungsänderung durch Urteil des Landgerichts vom
5.10.2007 im Parallelverfahren 82 O 114/06 für unwirksam erklärt hat, ändert hieran
nichts. Das Urteil des Landgerichts ist nicht rechtskräftig, Wirkung kommt ihm nach §
241 Nr. 5 AktG sowie nach § 248 AktG erst mit Rechtskraft zu (vgl. auch Götz in
Bürgers/Körber, AktG, § 248 Rn 5).
106
Eine rechtswidrige Satzungsunterschreitung lässt sich aber auch für den vom
Landgericht im Urteilstenor genannten Zeitpunkt des Vertragsschlusses bzw.
unmittelbar vor dem 9.5.2006 nicht feststellen.
107
Das ergibt sich allerdings nicht alleine schon daraus, dass in der nächsten
Hauptversammlung über die Satzungsänderung abgestimmt wurde. Rechtsfolge der
Satzungsunterschreitung ist, dass entweder die Hauptversammlung die Satzung
entsprechend ändern muss oder die entsprechende Tätigkeit wieder aufgenommen
werden muss (Wiedemann in Großkommentar AktG, 4. Aufl., § 179 Rn 96; Zöllner in
Kölner Kommentar zum AktG, 2. Aufl., § 179 Rn 110). Daraus folgt aber nicht, dass die
Aufgabe der Hoch- und Ingenieurbauaktivitäten ohne Satzungsänderung zulässig und
rechtmäßig war. Vielmehr darf die Änderung des Unternehmensgegenstands
grundsätzlich nicht ohne entsprechende Satzungsänderung beschlossen und umgesetzt
werden (ebenso Münch. Hdb. AG/Krieger, 3. Aufl., § 69 Rn 6). Es kann zwar erwogen
worden, eine vorübergehende Satzungsunterschreitung in Ausnahmefällen zuzulassen,
wenn eine vorherige Entscheidung der Hauptversammlung nicht möglich ist und die
Zustimmung der Hauptversammlung als sicher erscheint. Das Landgericht ist aber zu
Recht davon ausgegangen, dass die tatsächlichen Voraussetzungen eines solchen
Ausnahmefalles im konkreten Fall nicht vorliegen. Eine besondere Notwendigkeit, den
Verkauf der Hoch- und Ingenieurbausparte vor Einholung der Zustimmung der
Hauptversammlung vorzunehmen, ist nicht ersichtlich. Weder war der Verkauf dringend
noch war er notwendig. Ob die Verhandlungen mit der F. A. AG gescheitert wären, wenn
die Beklagte den Verkauf von der Zustimmung der Hauptversammlung abhängig
gemacht hätte, kann daher dahinstehen. Die Notwendigkeit, den Verkauf ohne bzw. vor
einer Satzungsänderung vorzunehmen, lässt sich auch nicht damit begründen, dass bei
einem Scheitern des Verkaufs nach vorheriger Satzungsänderung ebenfalls ein
satzungswidriger Zustand in Form einer Satzungsüberschreitung vorläge. Die jetzige
Fassung des Unternehmensgegenstands zeigt, dass diese Bedenken nicht begründet
sind.
108
Der Senat kann aber dennoch offen lassen, ob die alte Fassung der Satzung der
Beklagten dahin auszulegen ist, dass der Unternehmensgegenstand eine Verpflichtung
zur Ausübung auch von Hoch- und Ingenieurbauaktivitäten enthält oder ob die Weite
des Unternehmensgegenstands auch eine weitgehende Konzentration auf die beiden
Tätigkeitsfelder des Straßen- und Tiefbaus zugelassen hätte. Denn jedenfalls führen der
Umfang der auch nach Veräußerung der Hoch- und Ingenieurbausparte bei der
109
Beklagten verbliebenen Aktivitäten auf diesem Gebiet und der Umstand, dass die
Satzungsänderung auf der Tagesordnung der nächsten Hauptversammlung stand,
dazu, dass eine eventuelle Satzungsunterschreitung zwar eingeleitet war, aber in dem
vom Landgericht im Urteilstenor genannten Zeitraum noch keine unzulässige
Satzungsunterschreitung vorlag.
Dabei kommt es nicht darauf an, ob die verbleibenden Hoch- und
Ingenieurbautätigkeiten von ihrem Umfang her mit den bisherigen Aktivitäten in diesem
Bereich vergleichbar sind oder diese kompensieren können. Im Rahmen der
Satzungsunterschreitung ist Maßstab nicht der bisherige Umfang dieser Tätigkeit -
angesichts der Zu- und Verkäufe der Beklagten änderte sich der Anteile des Hoch- und
Ingenieurbaus an der Gesamttätigkeit der Beklagten ohnehin ständig -, sondern die
Satzung. Eine Pflicht zur gleichberechtigten Bearbeitung aller oder mehrerer
Geschäftsfelder lässt sich der Satzung nicht entnehmen.
110
Zur Ausfüllung des satzungsmäßigen Unternehmenszwecks reichte die von der
Beklagten ausgeübte Hoch- und Ingenieurbautätigkeit - jedenfalls bis zur nächsten
Hauptversammlung - aus.
111
Die begonnenen Projekte sind bei der Beklagten verblieben und werden von ihr bis
Ende 2008 zu Ende geführt. Das geschätzte Volumen dieses Altgeschäfts beläuft sich
nach den Feststellungen des Landgerichts auf ca. 900 Mio. €. Die Beendigung der
laufenden Projekte steht zwar der Wertung, dass der Hoch- und Ingenieurbau als
eigenständiger Geschäftsbereich aufgegeben wurde, nicht entgegen. Bis zur
Abwicklung der laufenden Projekte ist die Beklagte in diesem Bereich aber weiterhin -
wenn auch nicht werbend - tätig.
112
Ferner darf auch die Beteiligung von 35 % an der C. AG nicht außer Betracht bleiben.
Sie hat - wie die Beklagte unwidersprochen vorträgt - ein erhebliches Volumen, sowohl
hinsichtlich der Bauleistung der C. AG in diesem Bereich (1,4 Mrd. € in 2003, 1,7 Mrd. €
in 2004 und 2,2 Mrd. € in 2005, GA 798) als auch für das Jahresergebnis der Beklagten
(11,9 Mio. € in 2003, 8,4 Mio. € in 2004 und 23,8 Mio. € in 2005, 39,5 Mio. € in 2006, GA
196 und 798). Ob diese Beteiligung die bisherigen Hoch- und Ingenieurbauaktivitäten
kompensieren kann, ist aus den oben genannten Gründen unerheblich. Lediglich die
völlige Aufgabe des Geschäftszweiges kann eine Satzungsunterschreitung begründen,
nicht aber das Zurückfahren der diesbezüglichen Aktivitäten. Dass die entsprechenden
Bauleistungen nicht in Deutschland erbracht werden, ist ebenfalls unerheblich, da der
satzungsmäßige Unternehmenszweck dies nicht vorschreibt. Schließlich sind diese
Aktivitäten auch nicht allein deshalb für die Frage der Satzungsunterschreitung ohne
Bedeutung, weil sie nicht von der Beklagten selbst, sondern von einer Gesellschaft
ausgeübt werden, an der die Beklagte keine Mehrheitsbeteiligung hält. Es handelt sich
nicht um eine bloße Finanzanlage, sondern eine unternehmerische Beteiligung, die der
Beklagten auch einen Einfluss auf die Geschäftstätigkeit der C. erlaubt (zu diesem
Kriterium Hüffer, AktG, 8. Aufl., § 179 Rn 9a).
113
Schließlich trägt die Beklagte in der Berufungsbegründung unwidersprochen vor, dass
sie zum 1.1.2006 sämtliche Anteile an der im Hoch- und Ingenieurbau tätigen Q2 C2
GmbH & Co. KG erworben habe. Deren Bauleistung im Hoch- und Ingenieurbau lag in
2006 bei ca. 16 Mio. € bei einer Gesamtbauleistung von 91,5 Mio. € (GA 799).
114
Auf die Frage, inwieweit die im Zusammenhang mit Straßenbauprojekten und
115
Betreibermodellen auch zukünftig angebotenen Hoch- und Ingenieurbauleistungen zur
Ausfüllung eines satzungsmäßigen Unternehmenszwecks "Hoch- und Ingenieurbau"
ausreichen oder als bloße Hilfstätigkeiten des Straßenbaus zu bezeichnen sind, kommt
es daher nicht an. Die bei der Beklagten verbliebenen Aktivitäten genügen jedenfalls für
eine Übergangszeit bis zu einer Beschlussfassung der Hauptversammlung über eine
eventuelle Änderung des Unternehmensgegenstands zur Ausfüllung des bisherigen
satzungsmäßigen Unternehmensgegenstands.
2.2. Rechtswidrigkeit des Verkaufs der Hoch- und Ingenieurbausparte nach den sog.
Holzmüller-Grundsätzen, Anträge zu 1) bis 3)
116
Der Verkauf der Hoch- und Ingenieurbausparte unterlag auch nicht nach den sog.
Holzmüller-Grundsätzen der (ungeschriebenen) Zuständigkeit der Hauptversammlung.
Diese Grundsätze betreffen nur eine solche Auslagerung der Geschäftstätigkeit auf
Tochtergesellschaften, die mit einer Verlagerung von Zuständigkeiten verbunden ist
(sog. Mediatisierungseffekt). Während die Verwaltung des Kapitals der Kontrolle und
Beeinflussung durch die Aktionäre unterliegt, ist die Ausübung der Rechte aus einer - an
die Stelle des investierten Vermögens getretenen - Beteiligung Sache des Vorstands
(Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 5. Aufl., Vor § 311 Rn 34; BGH
ZIP 2007, 24). Ein solcher Mediatisierungseffekt ist durch den Verkauf der Hoch- und
Ingenieurbausparte nicht eingetreten (gegen die Anwendung der Holzmüller-
Grundsätze auf Veräußerungen auch Münch. Hdb. AG/Krieger, 3. Aufl., § 69 Rn 10;
Emmerich/Habersack, aaO, Vor § 311 Rn 43 für die Veräußerung von Beteiligungen.
Für den Asset-Deal kann indes nichts anderes gelten, auch insoweit fehlt es am
Mediatisierungseffekt).
117
Darüber hinaus hat das Landgericht zu Recht festgestellt, dass die
Erheblichkeitsschwelle von um die 80 % nicht erreicht ist. Auch unter dem
Gesichtspunkt eines "Grundlagengeschäfts" oder einer grundlegenden Veränderung der
Struktur der Gesellschaft durch die Konzentration auf den Straßen- und Tiefbau ergibt
sich keine ungeschriebene Zuständigkeit der Hauptversammlung. Eine solche
ungeschriebene Zuständigkeit der Hauptversammlung ist im Wege der
Rechtsfortbildung nur in engen Grenzen anzuerkennen bei Sachverhalten, die dem
"Holzmüller-Fall" vergleichbar sind (BGHZ 159, 30, 45 - Gelatine I). Der hierfür
anzunehmende Schwellenwert liegt bei 70 - 80 % (BGHZ 159, 30, 45 - Gelatine I -;
Münch. Hdb. AG/Krieger, 3. Aufl., § 69 Rn 11) und ist im vorliegenden Fall nicht erreicht.
Für eine ungeschriebene Zuständigkeit der Hauptversammlung für strukturändernde
Maßnahmen innerhalb des satzungsmäßigen Unternehmensgegenstands und
unterhalb dieses Schwellenwertes fehlt eine Rechtsgrundlage.
118
2.3. Überschreitung der Grenzen des faktischen Konzerns durch einzelne Maßnahmen,
Anträge zu 1) bis 6)
119
Entgegen der Ansicht des Landgerichts lässt sich die Rechtswidrigkeit des Verkaufs der
Hoch- und Ingenieurbausparte und der weiteren mit den Anträgen zu 4) bis 6)
angegriffenen Maßnahmen schließlich auch nicht daraus ableiten, dass diese
Maßnahme nach § 311 ff. AktG im sog. faktischen Konzern unzulässig sind und - wie
der Kläger meint - eine unzulässige Einbeziehung der Beklagten in die Organisation der
T. bzw. faktische Verschmelzung mit der F. A. AG bedeuten.
120
Mit dem Begriff des faktischen Konzerns wird - im Gegensatz zum Vertragskonzern und
121
Eingliederungskonzern - die Abhängigkeit einer Gesellschaft von einem herrschenden
Unternehmen bezeichnet, ohne dass zwischen den Gesellschaften ein
Unternehmensvertrag geschlossen wurde oder eine Eingliederung vorliegt (Hüffer,
AktG, 8. Aufl., § 18 Rn 3). Zwischen der Beklagten und der T. besteht ein faktischer
Konzern, nämlich eine Abhängigkeit nach § 17 AktG bzw. eine Konzernvermutung nach
§ 18 Abs. 1 S. 3 AktG. Einen Unternehmensvertrag haben die T. und die Beklagte nicht
abgeschlossen.
Der faktische Konzern ist nach geltendem Aktienrecht zulässig. Das AktG enthält keine
Regelungen, die eine Abhängigkeit und faktische Konzernierung verhindern, sondern
wirkt den Konzerngefahren durch die verhaltensorientierten Regelungen der §§ 311 ff
AktG entgegen, die auf einen Nachteilsausgleich gerichtet sind (BGH Beschl. v.
25.6.2008 - II ZR 133/07 -, DStR 2008, 2077 Rn 17 im Parallelverfahren F. A. AG;
ebenso Emmerich/Habersack, KonzernR, 5. Aufl., § 311 Rn 8; Hüffer, AktG, 8. Aufl., §
311 Rn 1; Spindler/Stilz/Müller, AktG, Vor §§ 311-318 Rn 2; ausführlich
K.Schmidt/Lutter/Vetter, AktG, § 311 Rn 4 ff., insb. 6). Danach darf das herrschende
Unternehmen die abhängige Gesellschaft nur dann zu für diese nachteilige Maßnahmen
veranlassen, wenn diese Nachteile bis zum Ende des Geschäftsjahres ausgeglichen
werden oder der Gesellschaft ein entsprechender Rechtsanspruch eingeräumt wird (§
311 AktG). Die Regelungen der §§ 311 ff AktG zum faktischen Konzern beruhen auf
dem Gedanken des Ausgleichs einzelner nachteiliger Maßnahmen und setzen voraus,
dass diese feststellbar sind und ihre Auswirkungen sich konkret vermögensmäßig
ablesen lassen, d.h. bezifferbar sind.
122
Wird die Konzernleitung im faktischen Konzern in einer Weise intensiviert, dass das
System des Einzelausgleichs außer Funktion gesetzt wird, spricht man von einem
qualifiziert faktischen Konzern (Spindler/Stilz/Müller, AktG, Vor §§ 311-318 Rn 25).
Voraussetzung für den sog. qualifiziert faktischen Konzern ist, dass der durch
nachteilige Einflussmaßnahmen verursachte Nachteil oder Schaden sich selbst unter
Zuhilfenahme des § 287 ZPO nicht bestimmen bzw. beziffern lässt
(K.Schmidt/Lutter/Vetter, AktG, § 317 Rn 44). Eine solche Situation kommt bei
Einzeleingriffen in Betracht, die unabsehbare Folgen haben. In der Literatur wird eine
solche Konstellation aber auch angenommen, wenn das herrschende Unternehmen
einen solch intensiven Einfluss auf die AG ausübt, dass einzelne Einflussmaßnahmen
nicht mehr isolierbar sind, das abhängige Unternehmen also beispielsweise wie eine
Betriebsabteilung geführt wird (K.Schmidt/Lutter/Vetter, AktG, § 317 Rn 44; ähnlich
Emmerich/Habersack, KonzernR, 5. Aufl., Anh. § 317 Rn 17).
123
Solche qualifizierten, einem Einzelausgleich nicht zugänglichen Nachteilszufügungen
sind rechtswidrig. Das ergibt sich schon aus §§ 311, 317 AktG, wonach nachteilige
Maßnahmen unzulässig sind, wenn der Nachteil nicht ausgeglichen wird. Wenn schon
die Veranlassung einer nachteiligen Maßnahme ohne Ausgleich rechtswidrig ist, dann
erst Recht die Veranlassung einer nachteiligen Maßnahme, die einem Ausgleich gar
nicht zugänglich ist (ähnlich Schmidt/Lutter/Vetter, AktG, § 311 Rn 8, 99; Münch. Hdb.
AG/Krieger, 3. Aufl., § 69 Rn 80). Eine solche Einflussnahme bzw. Ausübung von
Leitungsmacht ist daher konzernrechtlich nur auf Grundlage eines
Beherrschungsvertrages oder einer Eingliederung zulässig (Münch. Hdb. AG/Krieger, 3.
Aufl., § 69 Rn 23a).
124
Allerdings hat der Kläger nicht hinreichend darlegt und unter Beweis gestellt, dass die
von ihm beanstandeten Maßnahmen für die Beklagte zu nicht kompensierbaren
125
Nachteilen geführt haben.
Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die beanstandeten Maßnahmen für die
Beklagte nachteilig sind, liegt beim Kläger. Beweiserleichterungen sind insoweit nicht
gerechtfertigt (BGH DStR 2008, 2077 Rn 5 f.). Das ergibt sich sowohl aus den
allgemeinen Regelungen über die Darlegungs- und Beweislast als auch der
Rechtsprechung und Literatur zu §§ 317, 311 AktG sowie der - inzwischen
aufgegebenen - Rechtsprechung zum qualifiziert faktischen GmbH-Konzern (BGH DStR
2008, 2077 Rn 5 f. m.w.Nachw.). Grundsätzlich trägt jede Partei, die den Eintritt einer
Rechtsfolge geltend macht, die Darlegungs- und Beweislast für die tatsächlichen
Voraussetzungen eines ihr günstigen, d.h. die begehrte Rechtsfolge begründenden,
Rechtssatzes. Da der Kläger die Klage auf die Rechtswidrigkeit dieser Maßnahmen
stützt, muss er die rechtlichen Voraussetzungen hierfür, also das Vorliegen eines
qualifizierten Nachteils, darlegen und ggfs. beweisen.
126
Erleichterungen bei der Darlegungslast lassen sich nicht aus den vom Kläger zitierten
Äußerungen in Interviews oder den Geschäftsberichten der Beklagten oder der T.
herleiten.
127
Unabhängig davon, inwieweit es sich bei den Äußerungen von Dr. I1 oder den Angaben
in den Geschäftsberichten um hinreichend belegte Tatsachen handelt, begründen diese
Äußerungen nur eine tatsächliche Vermutung dafür, dass die angegriffenen
Maßnahmen auf eine Einflussnahme seitens des herrschenden Unternehmens, der T.,
zurückgehen und von diesem veranlasst sind. Die Ausübung der Leitungsmacht ist aber
kein Indiz dafür, dass die konkreten Maßnahmen für die Beklagte nachteilig sind. Hierfür
reicht weder die Feststellung aus, dass das herrschende Unternehmen die Maßnahmen
veranlasst hat noch die Vermutung, dass das herrschende Unternehmen sich bei
Veranlassung dieser Maßnahmen nur oder vorwiegend von seinen eigenen, nicht
notwendig mit den Interessen der Beklagten identischen, Interessen hat leiten lassen.
Der qualifizierte Nachteil lässt sich nicht allein aus der Einflussnahme des
herrschenden Unternehmens ableiten, auch nicht im Sinne einer tatsächlichen
Vermutung (BGHZ 122, 123 - TBB - , LS 2). Der Vortrag, es liege eine Ausrichtung der
beklagten abhängigen Gesellschaft auf das Konzerninteresse vor, genügt nicht als
substantiierter Vortrag eines konkreten Nachteils (BGH DStR 2008, 2077 Rn 8). Daher
reicht es - entgegen der Ansicht des Klägers (GA 140) - auch nicht aus, konzernrechtlich
relevante Gefährdungslagen aufzuzeigen, um einen Nachteil zu begründen. Das
gleiche gilt für den Vortrag des Klägers, mit den Maßnahmen werde der Plan des
Mehrheitsaktionärs umgesetzt, in Deutschland zwei T2 reine Gesellschaften zu
schaffen, sowie den Vortrag, die Beklagte werde zur bloßen Marke degradiert. Derart
weitgehende Erleichterungen bei der Darlegungslast würden darauf hinauslaufen, dass
es letztlich Sache der Gesellschaft wäre, im einzelnen für jede Maßnahme darzulegen,
dass die von einem Aktionär beanstandete Maßnahme sich nicht nachteilig auswirkt.
Eine solche Umkehr der Darlegungslast rechtfertigt sich auch nicht aus den vom Kläger
angeführten verfassungsrechtlichen Aspekten, nämlich dem durch Art. 14 GG
geschützten Aktieneigentum und dem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz. Ein
allgemeines "Aufsichtsrecht" steht dem einzelnen Aktionär nach der Kompetenzordnung
des Aktiengesetzes gerade nicht zu. Die bloße Möglichkeit einer Rechtsverletzung
genügt zur Umkehrung der grundsätzlich beim Anspruchsteller liegenden Darlegungs-
und Beweislast nicht.
128
Es kann dahinstehen, ob und in welchem Umfang dem Kläger deshalb Erleichterungen
129
bei der Darlegungslast zuzubilligen sind, weil er als sog. "außenstehender"
Minderheitsaktionär keinen Einblick in die inneren Geschäftsvorgänge der Beklagten
hat, und ob daher die Erleichterungen bei der Darlegungslast, die nach der inzwischen
aufgegebenen Rechtsprechung zum qualifiziert faktischem GmbH-Konzern dem
Gläubiger einer Gesellschaft bei der Darlegung der inneren Verhältnisse der
Gesellschaft zugebilligt wurden, auch auf die Klage eines außenstehenden Aktionärs
Anwendung finden (für die Beibehaltung der Erleichterungen bei der Darlegungslast
Emmerich/Habersack, KonzernR, 5. Aufl., Anh. § 317 Rn 21; MüKo-AktG/Kropff, 2. Aufl.,
Anh. § 317 Rn 56; zweifelnd BGH DStR 2008, 2077 Rn 6). Nach der früheren
Rechtsprechung zum faktisch qualifizierten GmbH-Konzern war den
Beweisschwierigkeiten des Gläubigers einer Gesellschaft Rechnung zu tragen. Danach
genügte es zunächst, dass der Kläger Umstände darlegt und ggfs. beweist, die die
Annahme zumindest nahelegen, dass bei der Unternehmensführung im Hinblick auf das
Konzerninteresse die eigenen Belange der Gesellschaft über bestimmte, konkret
ausgleichsfähige Einzeleingriffe hinaus beeinträchtigt worden sind. Kennt die Beklagte
die maßgebenden Tatsachen und ist ihr die Darlegung des Sachverhalts zumutbar,
obliegt es ihr, ihrerseits substantiiert zu bestreiten und in diesem Zusammenhang
nähere Angaben zu machen (BGHZ 122, 123, 132 f. - TBB). Die Beweislast ändert sich
hierdurch nicht, sie bleibt beim Kläger (Münch. Hdb. AG/Krieger, 3. Aufl., § 69 Rn 140).
Auch bei Anwendung dieser Grundsätze genügt der Vortrag des Klägers indes nicht zur
Begründung qualifizierter, dem Einzelausgleich nicht zugänglicher Nachteile. Der
Vortrag des Klägers bietet - worauf er im Termin hingewiesen wurde - keine hinreichend
konkreten Anhaltspunkt für solche Nachteile.
130
Rechtsgeschäfte oder Maßnahmen sind nachteilig, wenn sie die Vermögenslage oder
die Ertragsaussichten der Gesellschaft mindern (Hüffer, AktG, 8. Aufl., § 311 Rn 25). Sie
sind nicht nachteilig, wenn auch ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter
einer unabhängigen Gesellschaft sich ebenso verhalten hätte (Münch. Hdb. AG/Krieger,
3. Aufl., § 69 Rn 78). Die Ermittlung des nachteiligen Charakters einer Maßnahme
erfolgt durch Vergleich des Verhaltens des Vorstands der abhängigen Gesellschaft mit
dem fiktiven Verhalten des Vorstands einer unabhängigen, im übrigen aber in
rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht vergleichbaren Gesellschaft. Dabei ist immer
auch das dem Vorstand zukommende unternehmerische Ermessen zu berücksichtigen
(Münch. Hdb. AG/Krieger, 3. Aufl., § 69 Rn 78; zum Ganzen Emmerich/Habersack,
KonzernR, 5. Aufl., § 311 Rn 53 ff.). Die Beurteilung der Maßnahme ist aus der ex-ante-
Sicht vorzunehmen (Emmerich/Habersack, KonzernR, 5. Aufl., § 311 Rn 57).
131
Maßnahmen der Konzernintegration oder zur Spezialisierung im Konzern sind nicht per
se nachteilig (Emmerich/Habersack, KonzernR, 5. Aufl., § 311 Rn 57a; Münch. Hdb.
AG/Krieger, 3. Aufl., § 69 Rn 139). Nachteile ergeben sich aber, wenn durch die
Maßnahme der Bestand oder die Rentabilität der abhängigen Gesellschaft und damit
deren Existenzfähigkeit nach Beendigung des Abhängigkeitsverhältnisses ernsthaft in
Frage gestellt ist oder den ihr auferlegten Risiken oder entzogenen Chancen keine
adäquaten Vorteile gegenüber stehen (Emmerich/Habersack, KonzernR, 5. Aufl., aaO).
132
2.3.1. Konzernrechtlich relevante, dem Einzelausgleich nicht zugängliche Nachteile aus
der Veräußerung der Hoch- und Ingenieurbausparte hat der Kläger nicht hinreichend
dargelegt und unter Beweis gestellt.
133
Das Landgericht hat das Vorliegen solcher Nachteile aus folgenden Umständen
134
hergeleitet:
Satzungsunterschreitung,
Veräußerung an langjährigen Wettbewerber,
Übertragung von Geschäftschancen,
unangemessener Kaufpreis bzw. die Angemessenheit lässt sich mangels
Alternativangeboten nicht feststellen,
Verlagerung der Risikodiversifizierung auf die T. .
135
136
Diese Feststellungen sind entgegen der Ansicht des Klägers für das
Berufungsverfahren nicht bindend. An die rechtliche Wertung des Landgerichts ist der
Senat gem. § 529 Abs. 2 ZPO ohnehin nicht gebunden. Hinsichtlich der vom
Landgericht getroffenen Tatsachenfeststellungen bestehen Zweifel an der Richtigkeit
und Vollständigkeit der Feststellungen, so dass gem. § 529 Abs. 1 ZPO auch insoweit
keine Bindungswirkung eingetreten ist.
137
Soweit die vom Landgericht angenommenen Nachteile einem Einzelausgleich fähig
sind, fehlt es schon an der Zulässigkeit der Klage. Daher lässt sich die Feststellung der
Rechtswidrigkeit nicht daraus herleiten, dass der Kaufpreis möglicherweise
unangemessen niedrig ist. Denn ein zu niedriger Kaufpreis kann ohne weiteres durch
Schadensersatz ausgeglichen werden (vgl. auch Emmerich/Habersack, KonzernR, 5.
Aufl., Vor § 311 Rn 44). Ein unangemessen niedriger Kaufpreis ist auch kein Indiz dafür,
dass der Verkauf mit weiteren Nachteilen für die Beklagte verbunden ist. Schließlich hat
das Landgericht einen unangemessen niedrigen Kaufpreis auch nicht ordnungsgemäß
festgestellt. Die Beklagte hat den Vortrag des Klägers unter Bezugnahme auf die vor
dem Verkauf eingeholten Gutachten bestritten. Ihr Bestreiten ist nicht deshalb
prozessual unbeachtlich oder gar widerlegt, weil sie die Gutachten nicht vorgelegt hat
oder weil sie von ihr und der F. A. AG in Auftrag gegeben wurde. Privatgutachten sind
nicht per se falsch. Die Beweislast für die Unangemessenheit des Kaufpreises liegt
beim Kläger.
138
Ein Nachteil durch Übertragung von Geschäftschancen und die Verlagerung der
Risikodiversifizierung von der Beklagten auf die T. durch die Konzentration auf den
Straßenbau ist nicht hinreichend vorgetragen. In dem Rückzug auf den Straßen- und
Tiefbau und der Verlagerung der Geschäftschancen des Hoch- und Ingenieurbaus auf
die F. A. AG und die T. als Muttergesellschaft
kann
nicht. Daher reicht dieser Gesichtspunkt zur Begründung eines Nachteils auch nicht
aus. Zwar entfiel ein wesentlicher Teil der Bauleistung der Beklagten auf den Hoch- und
Ingenieurbau, zwischen den Parteien ist aber auch unstreitig, dass dieser
Geschäftsbereich in den Jahren 1990 bis 2005 - mit Ausnahme der Jahre 1999, 2000
und 2002 - mit negativen Ergebnissen abgeschlossen hat, während der Bereich
Straßen- und Tiefbau - von "vereinzelten" (UA 46) negativen Erträgen abgesehen -
Gewinne erwirtschaftet hat. Es kommt auch nicht darauf an, ob es sinnvolle Alternativen
zur Veräußerung der Hoch- und Ingenieurbausparte gab. Entscheidend ist vielmehr, ob
sie zu konkreten Nachteilen führt. Zwar kann auch die Aufgabe von Geschäftschancen
139
einen Nachteil begründen, daraus folgt aber nicht, dass die Aufgabe von
Geschäftsbereichen, die nicht völlig aussichtslos sind, per se nachteilig ist. Ob die
Beklagte den - zum Zeitpunkt des Verkaufs nicht profitablen - Hoch- und Ingenieurbau
restrukturiert oder aufgibt und veräußert, liegt grundsätzlich im unternehmerischen
Ermessen ihres Vorstands. Allenfalls dann, wenn sich konkret feststellen lässt, dass die
aus einer Umstrukturierung des Geschäftsbereichs ergebenden Chancen den Vorteil
aus der Aufgabe des Geschäftsbereichs übersteigen, kann ein konzernrechtlich
relevanter Nachteil vorliegen. Eine solche Feststellung hat das Landgericht indes nicht
getroffen. Der darlegungs- und beweispflichtige Kläger hat keine konkreten Tatsachen
hierzu vorgetragen. Die Erwägung des Landgerichts, die Beklagte hätte strukturelle
Probleme abbauen und über sinnvolle Zukäufe nachdenken können (UA 47), genügt zur
Begründung eines Nachteils nicht. Damit setzt das Landgericht seine
unternehmerischen Vorstellungen an die Stelle des unternehmerischen Ermessens der
Beklagten. Zudem fehlt für diese Ausführungen die tatsächliche Grundlage. Das
Landgericht beachtet ferner nicht, dass die Beklagte nicht darlegen und beweisen muss,
dass sich aus der Hoch- und Ingenieurbausparte keine Geschäftschancen ergeben
haben. Vielmehr obliegt dem Kläger der Nachweis, dass solche Geschäftschancen
bestanden haben und diese die Vorteile aus der Übertragung der Hoch- und
Ingenieurbauaktivitäten übersteigen.
Der Nachteil lässt sich auch nicht damit begründen, dass die Beklagte sich beim Erwerb
der E1 -Beteiligungen und der sonstigen Zukäufe Vorteile für ihre Hoch- und
Ingenieurbausparte versprochen hatte oder damit, dass der Erwerb der Hoch- und
Ingenieurbausparte für die F. A. AG von Vorteil war. Beides begründet noch keinen
Nachteil für die Beklagte. Der Vortrag der Beklagten, wonach die Beklagte den Hoch-
und Ingenieurbau aufgrund ihrer Struktur weniger profitabel betreiben kann als ein
hierauf spezialisiertes Unternehmen und auch als die F. A. AG ist jedenfalls nicht
widerlegt.
140
Mit dem Gesichtspunkt einer Verlagerung der Risikodiversifizierung von der Beklagten
auf die T. lässt sich ein Nachteil im konkreten Fall ebenfalls nicht begründen. Dass eine
Bauunternehmung, die auf mehreren Gebieten tätig ist, profitabler arbeitet als ein auf
den Straßen- und Tiefbau spezialisiertes Unternehmen steht ebenso wenig fest wie,
dass ein Straßen- und Tiefbauunternehmen seine marktführende Stellung nur
behaupten kann, wenn es auch Hoch- und Ingenieurbauleistungen anbietet.
141
Dass die Beklagte die Hoch- und Ingenieurbausparte an einen langjährigen
Wettbewerber veräußert hat, stellt keinen Nachteil dar, da die Beklagte dieses
Geschäftsfeld insgesamt weitgehend zurückfahren will. Nach der Veräußerung besteht
im Hinblick auf den Hoch- und Ingenieurbau kein Wettbewerbsverhältnis mehr. Daran
ändern auch die Bereiche nichts, in denen die Beklagte nach wie vor im Hoch- und
Ingenieurbau tätig ist. In diesen Bereichen - der Beendigung begonnener Projekte,
Hoch- und Ingenieurbauwerke im Zusammenhang mit Straßenbauprojekten und die
vorwiegend in Zentral- und Osteuropa tätige C. AG - besteht kein Konkurrenzverhältnis
zur F. A. AG.
142
Eine Satzungsunterschreitung reicht zur Begründung eines qualifizierten Nachteils nicht
aus. Sie wirkt sich weder auf die Ertragslage noch auf die Überlebensfähigkeit der
Beklagten aus. Im übrigen liegt - wie dargelegt - eine Satzungsunterschreitung nicht vor.
143
Weitere Nachteile, die einem Einzelausgleich nicht fähig sind, hat das Landgericht
144
hinsichtlich der Veräußerung der Hoch- und Ingenieurbausparte nicht festgestellt und
sind auch nicht vorgetragen.
2.3.2. Auch hinsichtlich der Übertragung der Projektentwicklungsaktivitäten auf die F. A.
AG ist ein nicht dem Einzelausgleich fähiger Nachteil nicht hinreichend dargelegt und
unter Beweis gestellt.
145
Ob der Kaufpreis angemessen war, kann wiederum dahinstehen. Denn ein zu niedriger
Kaufpreis wäre ein Nachteil, der ohne weiteres einem Einzelausgleich fähig ist in Form
des Ausgleichs der Differenz zum angemessenen Kaufpreis.
146
Sonstige Nachteile sind nicht hinreichend vorgetragen. Der pauschale Vortrag, dass die
Beklagte hierdurch auf Geschäftschancen, insbesondere im zukunftsträchtigen
Geschäftsfeld der Public Private Partnership (PPP), verzichte, reicht nicht aus. Er
indiziert keine Überschreitung des dem Vorstand zustehenden unternehmerischen
Ermessens. Umgekehrt verweist die Beklagte zu Recht darauf, dass nach der
weitgehenden Aufgabe des aktiven Hoch- und Ingenieurbaugeschäfts der Verbleib der
Projektentwicklungssparte bei der Beklagten keinen Sinn macht. Dem ist der Kläger
nicht konkret entgegengetreten. Nach dem Tatbestand des landgerichtlichen Urteil
handelt es sich bei der Projektentwicklung unstreitig um ein "zum Hoch- und
Ingenieurbau komplementäres Geschäftsfeld" (UA 8).
147
2.3.3. Sog. qualifizierte Nachteile lassen sich auch hinsichtlich der vom Kläger
angegriffenen organisatorischen Maßnahmen nicht feststellen.
148
Der Kläger hat nicht hinreichend vorgetragen, dass die Zusammenlegung von
Verwaltungsfunktionen der Beklagten und der Schwestergesellschaft F. A. AG in der D.
GmbH und die damit zusammenhängende Übertragung von Anteilen an der D. GmbH
an die F. A. AG für die Beklagte nachteilig ist. Solche Nachteile sind auch nicht
ersichtlich.
149
Die Beklagte hat dargelegt, dass die Zusammenlegung der Verwaltungsfunktionen zu
Synergieeffekten geführt hat, die der Beklagten über die Absenkung des
Verrechnungssatzes für die Dienstleistungen unmittelbar zugeflossen sind. Dem ist der
Kläger nicht substantiiert entgegengetreten.
150
Der Kläger hat auch keine konkreten Tatsachen vorgetragen, aus denen sich ergibt,
dass durch die Zusammenlegung der Verwaltungsfunktionen der Bestand, die
Rentabilität oder die Existenzfähigkeit der Beklagten gefährdet sind. Der Kernbereich
der unternehmerischen Tätigkeit ist nicht betroffen. Die Ausgliederung kaufmännischer
Aufgaben wird auch von unabhängigen Gesellschaften aus betriebswirtschaftlichen
Gründen vorgenommen. Auch aus der Einräumung einer 50-%-igen Beteiligung an die
F. A. AG sind qualifizierte, d.h. dem Einzelausgleich nicht zugängliche Nachteile nicht
erkennbar. Die Einräumung einer 50-%-igen Beteiligung ist Folge der Zusammenlegung
der Verwaltungsfunktionen. Der Einfluss der Beklagten ist durch die Einräumung der
Weisungsbefugnis in den sie betreffenden Dienstleistungen, das
Einstimmigkeitserfordernis für wesentliche Entscheidungen sowie das Recht beider
Gesellschaften, einen Geschäftsführer zu benennen, hinreichend gesichert. Dem
diesbezüglichen Tatsachenvortrag der Beklagten in der Klageerwiderung ist der Kläger
nicht konkret entgegengetreten.
151
Institutionalisierte Einflussmöglichkeiten der T. auf die D. GmbH sind nicht ersichtlich,
die T. ist an der D. GmbH nicht beteiligt. Zudem würde die Möglichkeit der
Einflussnahme zur Begründung eines qualifizierten Nachteils nicht ausreichen.
152
Ob die Veräußerung zum Nominalwert deshalb nachteilig ist, weil der Verkehrswert der
Beteiligung höher liegt, kann offen bleiben. Denn dieser Nachteil wäre ohne weiteres
einem Einzelausgleich zugänglich. Ein eventueller Schadensersatzanspruch
153
aus § 317 AktG rechtfertigt die vorliegende Feststellungsklage eines einzelnen
Aktionärs gegen die abhängige Gesellschaft nicht. Unabhängig davon war Ziel der
Maßnahme die Zusammenlegung der Verwaltungsfunktionen und nicht die Erzielung
eines Veräußerungserlöses.
154
Ein Nachteil liegt auch nicht darin, dass die Beklagten keine konkreten Vorkehrungen
für den Fall des Ausscheidens der Beklagten - oder der F. A. AG - aus dem Konzern
getroffen hat. Eine Zentralisierung unternehmerischer Funktionen beim herrschenden
Unternehmen liegt nicht vor, da die T. an der D. GmbH nicht beteiligt ist. Vielmehr geht
es um die Zusammenlegung dieser Funktionen zwischen zwei
Schwestergesellschaften. Aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Einflussmöglichkeiten
der Beklagten auf die D. GmbH bedurfte es eines konkreten Ausstiegsszenarios für den
- bislang nicht absehbaren - Fall des Ausscheidens aus dem Konzern nicht. Der Zugriff
der Beklagten auf die Dienstleistungen der D. GmbH ist weder vom Bestehen eines
Konzernverhältnisses mit der T. noch von der Zugehörigkeit der F. A. AG zum Konzern
der T. abhängig, sondern ergibt sich aus ihrer eigenen Beteiligung an der D. GmbH und
den mit dieser getroffenen Vereinbarungen. Außerdem betreffen die von der D. GmbH
wahrgenommenen Funktionen nicht den operativen Bereich und können ohne größere
Schwierigkeiten wieder von der Beklagten selbst oder einer von ihr abhängigen
Gesellschaft wahrgenommen werden.
155
Grundsätzlich bedeutet aber auch der Verlust der Eigenständigkeit noch keinen
unzulässigen Nachteil, da sowohl der faktische Konzern als auch die Einflussnahme
durch das herrschende Unternehmen nicht per se rechtswidrig sind. Ein Nachteil liegt
erst dann vor, wenn die Konzernintegration so weit fortschreitet, dass die Gesellschaft
bei einem Ausscheiden aus dem Konzern nicht mehr lebensfähig ist. Diese Gefahr
besteht bei den hier in Rede stehenden Maßnahmen nicht.
156
Die gleichen Erwägungen gelten für die Übertragung von Anteilen an der G.
Baumaschinen Technik International GmbH und die gemeinsame Verwaltung des
Baumaschinenparks der Beklagten und der F. A. AG. Die Zusammenlegung der
Verwaltung des Maschinenparks mit der F. A. AG ist nicht per se nachteilig. Konkrete
Nachteile sind nicht ersichtlich. Dass die Synergieeffekte nicht der Beklagten, sondern
der T. zugute kommen, ist nicht substantiiert vorgetragen und auch nicht ersichtlich, da
die T. an der G. GmbH nicht beteiligt ist. Eines konkreten "Ausstiegsszenarios" bedurfte
es nicht, da in dem - bisher nicht absehbaren - Fall eines Ausscheidens der Beklagten
oder der F. A. AG aus dem Konzern der Zugriff der Beklagten auf die Verwaltung ihres
Maschinenparks und die Leistungen der G. GmbH nicht entfällt und diese Funktionen
schließlich auch ohne Rückerwerb der Anteile an der G. GmbH wieder getrennt werden
können. Der Maschinenpark selbst steht nicht im Eigentum der G. GmbH, sondern ist im
Eigentum der Beklagten geblieben.
157
Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Übertragung der Anteile an der G. GmbH, die mit
158
der gemeinsamen Verwaltung des Maschinenparks einhergeht, zu einem nicht dem
Einzelausgleich fähigen Nachteil für die Beklagte führt. Auf die Angemessenheit des
Kaufpreises kommt es in diesem Zusammenhang nicht an, da es sich hierbei um einen
bezifferbaren Nachteil handelt.
Die Zusammenlegung der Rechtsabteilungen der Beklagten, der F. A. AG und der I. + X.
GmbH in der J. GmbH, einer Tochter der T., ist aus konzernrechtlicher Sicht ebenfalls
nicht rechtswidrig. Konkrete Nachteile sind nicht hinreichend vorgetragen.
159
Finanzielle Nachteile sind nicht ersichtlich. Die entstehenden Synergieeffekte kommen
auch der Beklagten zugute. Es ist nicht ersichtlich, dass sie allein in die T. fließen.
160
Auch diese Maßnahme betrifft nicht den Kernbereich der unternehmerischen Tätigkeit,
sondern eine reine Unterstützungsfunktion. Nach Beendigung des
Konzernverhältnisses ist der Aufbau einer eigenen Rechtsabteilung ohne größere
Schwierigkeiten wieder möglich.
161
Der Nachteil einer gemeinsamen, bei der T. angesiedelten Rechtsabteilung lässt sich
auch nicht mit der möglichen Interessenkollision im Zusammenhang mit
Konzernsachverhalten und eventuellen Konflikten mit den Schwestergesellschaften,
etwa im Zusammenhang mit der Übertragung der Hoch- und Ingenieurbausparte und
weiteren Beteiligungen, begründen. Der Beklagten bleibt es unbenommen, für derartige
Fälle unabhängige Berater einzuschalten. Zudem enthält der Dienstleistungsvertrag mit
der J. GmbH in Ziff. III (GA 353) eine Regelung für den Fall eines Interessenkonflikts, die
insbesondere im Hinblick auf die wechselseitigen Pflichten, bereits auf die Möglichkeit
eines Interessenkonflikts hinzuweisen, ausreicht. Die abstrakte Möglichkeit eines
Missbrauchs durch gezielte Anweisung an die J. GmbH genügt zur Begründung eines
Nachteils nicht.
162
Ein Verstoß gegen § 76 AktG oder eine Einschränkung der eigenverantwortlichen
Unternehmensführung durch den Vorstand liegen nicht vor. Die Beklagte verweist zu
Recht darauf, dass die Rechtsabteilung die unternehmerischen Entscheidungen nicht
trifft und die eigenverantwortliche Leitung des Unternehmens das Vorhalten einer
eigenen Rechtsabteilung nicht erfordert.
163
Aus dem gleichen Grund ist auch nicht ersichtlich, dass die Beklagte durch die
Inanspruchnahme der Dienstleistungen der J. GmbH ihre Unabhängigkeit verliert. Dass
durch eine beim herrschenden Unternehmen angesiedelte zentrale Rechtsabteilung -
wie vom Landgericht angenommen - "faktisch ein von Rechts wegen nicht bestehendes
Weisungsrecht der Konzernobergesellschaft in einem für das Unternehmen relevanten
Bereich begründet" würde (UA 66), ist nicht nachvollziehbar. Weder ist ein
Weisungsrecht der T. ersichtlich, noch handelt es sich um einen zentralen Bereich der
Unternehmensführung.
164
Das Doppelmandat des Vorstands Dr. M. und die Besetzung des Aufsichtsrats sind
ebenfalls unter konzernrechtlichen Gesichtspunkten nicht rechtswidrig. Personelle
Verflechtungen begründen als solche noch keinen Nachteil (Emmerich/Habersack,
KonzernR, 5. Aufl., Anh. § 317 Rn 13 m.w.Nachw.; Münch. Hdb. AG/Krieger, 3. Aufl., §
69 Rn 139). Sie können lediglich eine Vermutung dafür begründen, dass die
Maßnahmen auf Veranlassung des herrschenden Unternehmens, also der T.,
zurückgehen und dass Vorstand und Aufsichtsrat sich hierbei (zumindest auch) von den
165
Interessen der T. haben leiten lassen (Hüffer, AktG, 8. Aufl., § 311 Rn 22). Die
personellen Verflechtungen belegen aber nicht, dass konkrete einzelne Maßnahmen für
die Beklagte nachteilig sind.
Eine auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des Doppelmandats gerichtete Klage wäre
im übrigen auch unzulässig. Die personelle Besetzung von Vorstand und Aufsichtsrat
und deren Kontrolle sind im Aktiengesetz abschließend geregelt. Eine Aktionärsklage
ist nicht vorgesehen und zur Wahrung der mitgliedschaftlichen Rechte der Aktionäre
auch nicht geboten.
166
2.3.4. Hinsichtlich der Veräußerung der L.-Anteile stehen qualifizierte, einem
Einzelausgleich nicht zugängliche Nachteile ebenfalls nicht fest.
167
Das Landgericht hat auf Grundlage eines Zeitungsartikels und dem Auszug aus dem
Beschluss des Bundeskartellamts vom 19.9.2006 (B1 - 186/06) gefolgert, dass die
Veräußerung der L.-Beteiligung auf dem Erwerb der F. A. AG und deren im
Asphaltmischgutgeschäft tätigen Tochter S. Baustoff GmbH durch die G1 bzw. die T.
beruht. Damit habe sie allein im Interesse des herrschenden Unternehmens gelegen
und sei für die Beklagte nachteilig gewesen. Es bestehen konkrete Anhaltspunkte für
Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit dieser Feststellungen. Der Zeitungsartikel
und der Auszug aus dem Beschluss des Bundeskartellamts bieten keine ausreichende
Grundlage für die Feststellungen des Landgerichts, zudem hat es die Beweisantritte der
Beklagten zum Hintergrund der Aufgabe der L.-Beteiligung übergangen (GA 358).
168
Der vom Landgericht zitierte Zeitungsartikel ist kein geeignetes Beweismittel, da nicht
ersichtlich ist, auf welche Tatsachengrundlage und Quellen er sich stützt, so dass auch
seine Richtigkeit nicht beurteilt werden kann. Soweit das Landgericht sich auf die vom
Kläger vorgelegten Auszüge aus dem Beschluss des Bundeskartellamts vom 19.9.2006
(Anl. K 34) stützt, bestehen - wie im Verhandlungstermin erörtert - konkrete
Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der
Tatsachenfeststellung. Aus dem vorgelegten Auszug ergibt sich zwar ein
Zusammenhang zwischen der Veräußerung der L.-Beteiligung und dem Erwerb der
Anteile an der F. A. AG durch die G1 bzw. T., aber schon die vom Landgericht zitierte
Stelle zeigt, dass dies nicht der einzige Grund war ("Hintergrund des
Zusammenschlussverfahrens ist
zum einen
1 - 169/05 G1 /B. "). Auf der folgenden Seite 9 des Beschlusses heißt es:
169
"3. Zum anderen ist das vorliegende Zusammenschlussvorhaben vor dem Hintergrund
der Auflagenumsetzung im Verfahren B1 – 29/05 – Y. zu sehen. Die Freigabe erging
u.a. unter der Auflage, dass Y. die Beteiligung der M1 B1 Asphalt (Auflage A.10), das
Mischwerk M2 (Auflage A.9) und das Mischwerk T1 (Auflage A.14) an einen
unabhängigen Erwerber veräußert. Angesichts der gewichtigen Verflechtungen
zwischen Y. und T. über die L. kam T. vor ihrem Rückzug aus der L. nicht als
unabhängiger Erwerber in Betracht."
170
Diese Passage stützt den Vortrag der Beklagten, wonach es - zumindest auch - um das
Verhältnis zur Y. -Gruppe ging. Sie belegte den Zusammenhang mit dem von der
Beklagten zitierten Verfahren B 1 - 29/05 Y. /O1 und dass der Erwerb von weiteren
Mischwerken durch die Beklagte von der Veräußerung ihrer L.-Beteiligung abhing. Der
beweispflichtige Kläger hat keinen Beweis dazu angetreten, dass die Veräußerung der
L.-Beteiligung allein vor dem Hintergrund des Erwerbs der F. A. AG durch die T. erfolgt
171
ist.
Unabhängig davon sind auch konkrete Nachteile nicht hinreichend dargelegt. Es liegen
nicht genügend Feststellungen dazu vor, dass sich die Stellung der Beklagten auf dem
Markt für Asphaltmischgut durch die Veräußerung der L.-Beteiligung verschlechtert hat.
Insofern kann es auch einen Nachteil ausschließen, wenn der Beklagten tatsächlich in
kartellrechtlicher Sicht aufgrund ihres 49-%-igen Anteils die gesamte L.-Beteiligung
zugerechnet wurde. Daher kommt auch eine Kompensation der L.-Beteiligung durch
Zukäufe in Betracht. Die Beklagte verweist zu Recht auf die im Rahmen des Verkaufs
der L.-Beteiligung erhaltenen Mischwerke und Beteiligungen (sog. Realteilung, GA 790)
sowie die zwischenzeitlichen Zukäufe (GA 791, 1040).
172
Die Angemessenheit des Kaufpreises zieht das Landgericht nicht in Zweifel, hierfür
liegen auch keine Anhaltspunkte vor.
173
Einer Beweisaufnahme zum Hintergrund und den Auswirkungen der Übertragung der
L.-Anteile bedarf es nicht. Die Beweislast für eventuelle Nachteile liegt beim Kläger.
Dieser hat für seinen Vortrag, wonach der Verkauf der L.-Anteile allein auf dem Erwerb
der F. A. AG durch die T. bzw. die G1 beruht, keinen Beweis angetreten und konkrete
Nachteile nicht hinreichend dargelegt.
174
2.3.5. Die Einbeziehung in den konzernweiten Avalkredit sieht das Landgericht zu
Recht nicht als nachteilig an. Der Kläger wendet sich in der Berufungserwiderung
hiergegen nicht.
175
2.3.6. Einen Verstoß gegen ein eventuelles konzernrechtliches Wettbewerbsverbot (ob
es ein solches Verbot gibt, hat der BGH offen gelassen, DStR 2008, 2077 Rn 16) hat
das Landgericht zutreffend verneint.
176
Das Landgericht führt zutreffend aus, dass nach der Trennung des Konzerns in die
Sparten Straßenbau einerseits und Hoch- und Ingenieurbau andererseits eine
Wettbewerbssituation zwischen der Beklagten und der F. A. AG jedenfalls derzeit nicht
besteht und daher zum derzeitigen Zeitpunkt auch Unterlassungs- und
Beseitigungsanträge nicht zu rechtfertigen vermag. Selbst wenn die Spartentrennung
aufgrund des vorliegenden Rechtsstreits oder eines eventuellen
Hauptversammlungsbeschlusses wieder rückgängig gemacht werden müsste, steht §
242 BGB der Geltendmachung eines zukünftigen, ungewissen Wettbewerbsverbots
derzeit entgegen (ähnlich BGH DStR 2008, 2077 Rn 15 für den umgekehrten Fall eines
bis zum endgültigen Vollzug der Spartentrennung möglicherweise noch bestehenden
temporären Wettbewerbsverbots).
177
2.4. Überschreitung der Grenzen des faktischen Konzerns durch Konzernintegration,
Anträge zu 1) bis 6)
178
Entgegen der vom Kläger vertretenen Ansicht ergibt sich die Rechtswidrigkeit der
beanstandeten Maßnahmen auch nicht schon daraus, dass die Integration der
Beklagten in den Konzern ein Maß erreicht habe, welches nur auf Grundlage eines
Unternehmensvertrages zulässig sei. Der Vortrag, dass die Ausübung von
Leitungsmacht so intensiv sei, dass das Schutzsystem der §§ 311 ff AktG versage, weil
sich einzelne nachteilige Maßnahmen nicht mehr isolieren ließen, genügt nicht für die
Annahme eines rechtswidrigen qualifiziert faktischen Konzerns.
179
Allein aus einem etwaigen Einfluss der T. auf die Beklagte lässt sich weder die
Rechtswidrigkeit der beanstandeten einzelnen Maßnahmen noch die Notwendigkeit
eines Unternehmensvertrages begründen. Rechtswidrig ist nicht der faktische Konzern
oder die Ausübung von Leitungsmacht als solche, wie intensiv sie auch sein mag.
Rechtswidrig sind nur konkrete, für das abhängige Unternehmen nachteilige
Maßnahmen (Emmerich/Habersack, KonzernR, 5. Aufl., Anh. § 317 Rn 27). Daher sind
auch die für eine umfassende und intensive Einflussnahme der T. auf die
beanstandeten Maßnahmen sprechenden Umstände weder zur Begründung der
Rechtswidrigkeit der Maßnahmen noch als Indiz für einen konkreten, dem
Einzelausgleich nicht zugänglichen Nachteil geeignet. Das gleiche gilt für den Vortrag
des Klägers, die einzelnen Maßnahmen seien Teil eines Gesamtkonzepts des
Hauptaktionärs. Auch reicht der Verdacht eines Nachteils für die Feststellung der
Rechtswidrigkeit nicht aus. Voraussetzung für die Annahmen eines qualifizierten
faktischen Konzerns ist vielmehr stets die Feststellung konkreter nachteiliger
Maßnahmen. Die bloße Ausübung von Leitungsmacht oder gar nur die Möglichkeit,
solche Leitungsmacht auszuüben, genügen nicht (BGHZ 122, 123, 131 - TBB -). Die
Haftung im qualifiziert faktischen Konzern ist keine Zustandshaftung (Münch. Hdb.
AG/Krieger, 3. Aufl., § 69 Rn 135 f.). Auch in den Fällen, in denen das herrschende
Unternehmen einen intensiven Einfluss auf das abhängige Unternehmen ausübt,
müssen konkrete nachteilige Maßnahmen festgestellt werden (Münch. Hdb. AG/Krieger,
3. Aufl., § 69 Rn 138 "Die Qualifizierung tritt erst ein, wenn zwar Nachteilszufügungen
feststellbar sind, aber eine konkrete Schadensermittlung mit zumutbarem Aufwand
unmöglich ist"; Emmerich/Habersack, KonzernR, 5. Aufl., Anh. § 317 Rn 17: "wenn sich
die unzweifelhaft vorliegenden nachteiligen Maßnahmen (Kursiv im Original) infolge der
Dichte der Einflussnahme schon objektiv nicht mehr isolieren lassen"). Die Annahme
eines qualifizierten faktischen Konzern setzt daher - von der durch fehlende Verbuchung
oder Dokumentation der einzelnen Geschäftsvorfälle gekennzeichneten sog.
"Waschkorblage" (Emmerich/Habersack, KonzernR, 5. Aufl., Anh. § 317 Rn 18)
abgesehen (BGH DStR 2008, 2077 Rn 5 ) - stets die Feststellung konkreter
Maßnahmen und deren Nachteile für die abhängige Gesellschaft voraus. Auch ein
Feststellungsantrag kann sich daher nur auf konkrete Maßnahmen beziehen (vgl. auch
Emmerich/Habersack, KonzernR, 5. Aufl., Anh. § 317 Rn 27 a.E., wonach auch
eventuelle Abwehr- und Beseitigungsansprüche sich nur gegen konkrete nachteilige
Maßnahmen richten können, da nicht die Konzernstruktur als solche, sondern nur die
konkrete Einflussnahme die Rechtswidrigkeit begründet). Der Vortrag, inzwischen sei
mit Abschluss aller konzernintegrativen Maßnahmen eine "Vollintegration" eingetreten,
genügt zur Begründung der Rechtswidrigkeit nicht.
180
Die Feststellung konkreter Nachteile ist auch nicht deshalb entbehrlich, weil aufgrund
der Konzernintegration sich die finanziellen Auswirkungen der beanstandeten
Maßnahmen auf die einzelnen Konzerngesellschaften nicht isoliert feststellen lassen.
Hiervon kann für die vom Kläger beanstandeten Maßnahmen, die nur unterstützende
Verwaltungsfunktionen betreffen, nicht ausgegangen werden.
181
Einer Gesamtschau aller Maßnahmen bedarf es aus dem gleichen Grund nicht. Sie
kann lediglich generell eine intensive, nicht am Interesse der Beklagten orientierten
Ausübung von Leitungsmacht belegen. Das allein ist rechtlich aber nicht relevant.
Vielmehr kann der Kläger sich lediglich gegen einzelne Maßnahmen, deren Nachteile
konkret festgestellt ist, wenden. Zudem taugt die intensive Ausübung von Leitungsmacht
nicht als Indiz für die Nachteile einzelner Maßnahmen.
182
Schließlich hat der Kläger eine "nicht hinnehmbare" Integration oder "Eingliederung"
der Beklagten in den Konzern auch nicht hinreichend dargelegt. Die "Schaffung von
zwei Sparten reinen Gesellschaften", die Zusammenlegung bestimmter
Verwaltungsfunktionen mit der F. A. AG, eine konzerneinheitliche Rechtsabteilung und
das Vorstandsdoppelmandat bedeuten weder für sich noch in der Gesamtschau eine
weitgehende Konzernintegration oder den Verlust der Eigenständigkeit der Beklagten.
183
2.5. Pflicht zur Rückabwicklung, Anträge zu 7) und 8)
184
Da die auf Feststellung der Rechtswidrigkeit gerichteten Anträge zu 1) bis 6)
unbegründet sind, besteht auch keine Verpflichtung der Beklagten, die vom Kläger
beanstandeten Maßnahmen rückgängig zu machen.
185
Selbst wenn man in der Veräußerung der Hoch- und Ingenieurbausparte eine
unzulässige Satzungsunterschreitung sieht, wäre der Verkauf nicht notwendig
rückabzuwickeln. Der Pflicht zur Rückabwicklung steht zum einen entgegen, dass die
Satzung zwischenzeitlich geändert und der geänderte Unternehmensgegenstand in das
Handelsregister eingetragen wurde. Zum anderen wäre die Rückabwicklung auch nicht
die einzige in Betracht kommende Handlungsalternative. Vielmehr kann der Vorstand
auch die Hauptversammlung darüber entscheiden lassen, ob die Satzung geändert oder
der bisherige Unternehmensgegenstand wieder aufgenommen werden soll (Zöllner in
Kölner Kommentar zum AktG, 2. Aufl., § 179 Rn 110; ähnlich Wiedemann in
Großkommentar AktG, 4. Aufl., § 179 Rn 96). Hieran würde auch eine erfolgreiche
Anfechtung des Beschlusses vom 14.7.2006 bzw. des Bestätigungsbeschlusses vom
1.6.2007 nichts ändern, solange die Beschlüsse nicht wegen inhaltlicher Unzulässigkeit
der Satzungsänderung unwirksam sind. Denn die erfolgreiche Anfechtung des
Beschlusses steht einer Ablehnung des Antrags nicht gleich und hindert eine
Neuvornahme nicht. Selbst wenn eine Satzungsänderung endgültig nicht zustande
kommt, wäre der Vorstand zur Rückabwicklung des Verkaufs der Hoch- und
Ingenieurbausparte und der damit zusammenhängenden Beteiligungen nicht
verpflichtet. Er wäre dann nur verpflichtet, den Unternehmensgegenstand wieder
aufzufüllen. Ob er dies durch Rückerwerb der veräußerten Hochbau- und
Ingenieurbausparte nebst der entsprechenden Beteiligungen erreicht oder auf sonstige
Weise (Wiederaufnahme der Hoch- und Ingenieurbauaktivitäten durch Einrichtung einer
neuen Hoch- und Ingenieurbauabteilung oder Erwerb entsprechender Unternehmen) ist
Sache des Vorstands im Rahmen der ihm obliegenden Geschäftsführung.
186
III.
187
Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet. Das Landgericht hat die
Klageanträge zu 9) und 10) zu Recht als unzulässig abgewiesen.
188
1. Abschluss eines Beherrschungsvertrages, Antrag zu 9)
189
Mit dem Antrag zu 9) begehrt der Kläger die Feststellung, dass der Vorstand der
Beklagten verpflichtet ist, von der T. den Abschluss eines Beherrschungsvertrages zu
verlangen. Der Antrag ist unzulässig. Die Klage eines Aktionärs eines abhängigen
Unternehmens auf Feststellung einer Verpflichtung zum Abschluss eines
Unternehmensvertrages ist im Aktiengesetz nicht vorgesehen. Sie widerspricht auch der
Kompetenzordnung des Aktiengesetzes, wonach Vorstand und Aufsichtsrat nicht der
190
Kontrolle durch einzelne Aktionäre unterliegen. Aus der Entscheidung des
Bundesgerichtshofs in der Sache N1 II ergibt sich nichts anderes. Die Zulässigkeit der
Klage ergab sich in diesem Fall daraus, dass an sich die Hauptversammlung über den
Bezugsrechtsausschluss entscheiden muss und der einzelne Aktionär durch den
Bezugsrechtsausschluss unmittelbar in seinen Aktionärsrechten betroffen ist, da
hierdurch eine Verwässerung seiner Beteiligung, nämlich des Gewichts seiner Stimme,
droht. Eine solche Konstellation ist im vorliegenden Fall nicht gegeben.
Es besteht auch kein Bedürfnis für die Zulassung einer auf das Verlangen nach einem
Beherrschungsvertrag gerichteten Feststellungsklage. Es bedarf der Feststellungsklage
nicht zur Durchsetzung der mitgliedschaftlichen Rechte des Klägers. Der Kläger macht
gerade geltend, dass ihm die Ansprüche auf Ausgleichszahlung bzw.
Abfindungsangebot auch ohne Abschluss eines Beherrschungsvertrages zustehen.
191
Entgegen der Ansicht des Klägers genügt es für die Annahme einer Regelungslücke
nicht, dass ansonsten keine Klagemöglichkeit besteht. Die allgemeine
Feststellungsklage eines Aktionärs gegen jedwedes rechtswidriges Handeln der
Gesellschaft oder ihrer Organe ist im Aktiengesetz gerade nicht vorgesehen und würde
auch das Kompetenzgefüge des Aktiengesetzes mit den jeweiligen Rechten und
Pflichten der einzelnen Gesellschaftsorgane außer Kraft setzen.
192
Auf die Frage, ob der Antrag auch wegen Treuwidrigkeit im Hinblick auf das
gleichzeitige Verlangen einer Verschmelzung unzulässig ist, kommt es nicht an.
193
Im übrigen wäre der Antrag auch unbegründet, und zwar selbst dann, wenn die
Voraussetzungen eines unzulässigen qualifiziert faktischen Konzerns vorlägen. Denn
der Vorstand hat auch bei Vorliegen einer unzulässigen Einflussnahme seitens des
herrschenden Unternehmens mehrere Handlungsalternativen. Er kann einen
Beherrschungsvertrag für die sinnvollste Lösung ansehen und seinen Abschluss
anstreben. Ebenso denkbar wäre bei Vorliegen der Voraussetzungen aber auch eine
Eingliederung. Weiter kommt - zumindest nach Ansicht des Klägers - auch eine
Verschmelzung mit der F. A. AG in Betracht. Schließlich bleibt dem Vorstand auch die
vom Kläger mit den Anträgen zu 7) und 8) geltend gemachte Handlungsoption, die
beanstandeten Maßnahmen rückabzuwickeln und sich etwaigen zukünftigen
rechtswidrigen Anforderungen seitens des herrschenden Unternehmens zu
widersetzen. Wählt er keine dieser Möglichkeiten und handelt rechtswidrig, kann er sich
Schadensersatzansprüchen nach § 93 AktG aussetzen. Welche der
Handlungsmöglichkeiten der Vorstand wählt, liegt zunächst in seinem pflichtgemäßen
unternehmerischen Ermessen. Dieses reduziert sich nicht auf nur eine denkbare
Handlungsalternative in Form des Anstrebens eines Beherrschungsvertrages, zumal der
Vorstand der abhängigen Gesellschaft allein den Abschluss eines
Unternehmensvertrages ohnehin nicht bewirken kann. Dementsprechend verlangt auch
der Kläger mit seiner Klage sowohl die Rückgängigmachung der beanstandeten
Maßnahmen als auch den Abschluss eines Unternehmensvertrages.
194
2. Anträge zu 10)
195
Auch die Anträge zu 10) sind unzulässig. Die Ansprüche aus §§ 302, 304, 305 AktG,
deren Feststellung der Kläger beantragt, richten sich nicht gegen die abhängige
Gesellschaft, sondern gegen das herrschende Unternehmen, also die T.. Die
Feststellungsklage wirkt nur inter partes (Goette, DStR 2006, 139, 143), also im
196
Verhältnis des Klägers zur Beklagten, bindet aber nicht die am Rechtsstreit nicht
beteiligte T..
Die Voraussetzungen, unter denen einen Klage auf Feststellung eines aktienrechtlichen
Drittrechtsverhältnisses zulässig sein kann, liegen nicht vor. Das Landgericht verweist
zu Recht darauf, dass die entsprechende Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
immer innergesellschaftliche Rechtsverhältnisse zum Gegenstand hatte. Soweit der
Kläger meint, es handele sich deshalb "um eine innergesellschaftliche Drittbeziehung,
die einer Feststellungsklage für die außenstehenden Aktionäre zugänglich ist", weil "die
T. als Mehrheitsaktionärin durch die von ihr veranlasste rechtswidrige
Konzernintegration faktisch das Organisationsgefügte der Beklagen aufgebrochen"
habe (GA 866), verkennt er, dass ungeachtet eines Abhängigkeitsverhältnisses die
Konzernunternehmen rechtlich selbständig sind. Das gilt selbst im Vertragskonzern, erst
Recht aber im faktischen, und auch im sog. qualifiziert faktischen Konzern.
197
Das Rechtsschutzinteresse ergibt sich auch nicht daraus, dass die Feststellung der
Vorbereitung eines Spruchverfahrens dienen könnte, da die Beklagte an einem
entsprechenden Spruchverfahren nicht beteiligt ist (§ 5 Nr. 1 SpruchG) und eine
eventuelle Feststellung für das herrschende Unternehmen, die T., keine Wirkung hat, da
diese am vorliegenden Rechtsstreit nicht beteiligt ist. Damit ist die begehrte Feststellung
aber auch zur Vorbereitung eines Spruchverfahrens nicht geeignet.
198
Auch ein sonstiges rechtliches Interesse an einer gegen die Beklagte gerichteten
Feststellung ist nicht ersichtlich. Pflichten der Organe der Beklagten im Hinblick auf eine
eventuelle Ausgleichszahlung oder Abfindung sind nicht ersichtlich, ebenso wenig ist
erkennbar, inwieweit die beantragte Feststellung Grundlage für anderweitige
aktienrechtliche Maßnahmen gegen Organmitglieder der Beklagten sein kann. Die
Feststellung der Rechtswidrigkeit der beanstandeten Maßnahmen ist bereits
Gegenstand der Klageanträge zu 1) bis 8).
199
3. Im übrigen wären die Anträge nach Maßgabe der Ausführungen zur Berufung der
Beklagten auch in der Sache nicht begründet.
200
IV.
201
Es besteht kein Grund zu der vom Kläger beantragten Wiedereröffnung der mündlichen
Verhandlung. Seine Stellungnahme vom 01.12.2008 enthält weder neuen
entscheidungserheblichen Sachvortrag noch rechtfertigt sie eine von den erteilten
Hinweisen abweichende Beurteilung der Rechtslage.
202
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 97 Abs. 1, 101 Abs. 1 ZPO. Da zwischen dem
Kläger und den Streithelfern keine notwendige Streitgenossenschaft im Sinne von §§
69, 101 Abs. 2 ZPO besteht, richten sich die Kosten der Nebenintervenienten nach §
101 Abs. 1 ZPO. Anders als bei einer Anfechtungsklage (hierzu BGH DStR 2007, 1265
= ZIP 2007, 1337) kommt der begehrten Feststellung der Rechtswidrigkeit der
angegriffenen Maßnahmen keine Rechtskraftwirkung gegenüber den übrigen, am
Rechtsstreit nicht beteiligten Aktionären zu (Goette, DStR 2006, 139, 143).
203
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10,
711 ZPO. Mit der Wertfestsetzung folgt der Senat der von den Parteien nicht
beanstandeten Streitwertfestsetzung durch das Landgericht.
204
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, § 543 Abs. 2
ZPO. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und auch die Fortbildung
des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern nicht eine
Entscheidung des Revisionsgerichts. Der Senat hat den Fall auf der Grundlage
anerkannter Grundsätze alleine nach den tatsächlichen Besonderheiten des
vorliegenden Sachverhaltes entschieden. Grundsätzliche Fragen zur Rechtsfigur des
sog. qualifizierten faktischen Konzerns stellen sich nicht, da der Kläger das Vorliegen
der Tatbestandsvoraussetzungen hierfür nicht hinreichend vorgetragen hat.
205