Urteil des OLG Köln vom 27.06.1997
OLG Köln (unlautere nachahmung, verkehr, uwg, herkunft, produkt, gestaltung, gefahr, original, firma, form)
Oberlandesgericht Köln, 6 U 71/95
Datum:
27.06.1997
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
6. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
6 U 71/95
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 31 O 743/94
Schlagworte:
Mini-Dress, Nachahmung
Normen:
UWG § 1
Leitsätze:
1. Der Verkleinerung eines Sportler-Trikots (,Mini-Dress"), die als Fan-
Artikel in den Verkehr gebracht wird, kommt wettbewerbliche Eigenart
zu, wenn sie gegenüber dem Original vereinfacht und in den
Proportionen signifikant verändert wird. Nicht erforderlich für den Schutz
nach § 1 UWG ist dabei, daß es sich bei dem betreffenden ,Mini-Dress"
um eine originelle, verfremdende schöpferische Gestaltung handelt.
2. Bei einem (Fußball-)Fan-Artikel legt der angesprochene Verkehr nicht
lediglich Wert auf die Vereinsfarben und - embleme, sondern auch auf
die konkrete Gestaltung des Artikels (hier: ,Mini-Dress"), die als solche
sodann die betriebliche Herkunftsvorstellung auslösen kann.
3. Zur Frage der Verkehrsbekanntheit und der Gefahr betrieblicher
Herkunftstäuschung beim ergänzenden wettbewerbsrechtlichen
Leistungsschutz.
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das am 4. April 1995 verkündete
Urteil der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 31 O 743/94 - wird
zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in
nachfolgend bestimmter Höhe abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor
Sicherheit in derselben Höhe leistet. Die jeweilige Höhe der Sicherheit
wird wie folgt bestimmt:
den Unterlassungsausspruch betreffend: DM 500.000.-,
den Auskunftsausspruch betreffend: DM 30.000.-,
den Kostenausspruch betreffend: DM 40.000.-.
Die mit diesem Urteil verbundene Beschwer der Beklagten wird auf DM
530.000.- festgesetzt.
T a t b e s t a n d
1
Die Klägerin läßt sogenannte " Mini-Dresse " herstellen, bzgl. deren Aufmachung im
einzelnen beispielhaft auf die als Anlagen zu den Akten genommenen Exemplare
("mini-dress-collection") Bezug genommen wird. Diese für Anhänger diverser
Sportarten, darunter Fußball, gefertigten Fan- und Souvenir- Artikel gehen auf einen aus
den 70-er Jahren datierenden Entwurf der Klägerin zurück. Für die Vermarktung der
genannten Produkte bediente sich die Klägerin in der Vergangenheit diverser
Drittunternehmen. Soweit die Mini-Dresse für Fußball-Fans angeboten wurden , wiesen
die Artikel z. T. die Original-Embleme sowie die Namen der betreffenden Fußball-
Vereine auf, wozu die mit der Vermarktung der Mini-Dresse befaßten Unternehmen
Lizenzvereinbarungen mit den jeweiligen Vereinen trafen.
2
Eine solche, bis zum Jahre 1991 befristete Vereinbarung war dabei auch mit dem VfB S.
geschlossen; bzgl. der Einzelheiten des hiernach hergestellten Mini-Dresses der
Klägerin wird auf das zu dem beigezogenen einstweiligen Verfügungsverfahren 31 O
379 / 94 (LG Köln) eingereichte Exemplar lt. Anlage B 2 ( Bl. 65 der bezeichneten Akte )
verwiesen. Nach Ablauf dieser Lizenzvereinbarung ging sodann die Beklagte, bei der
es sich um das für die Vermarktung des Vereins-Logos des VfB S. und den Vertrieb von
Fan-Artikeln dieses Fußballvereins zuständige Unternehmen handelt, dazu über, einen
dem klägerischen Mini-Dress ähnlichen Fan-Artikel in der aus der Anlage BB 9 ( Hülle
Bl. 242 d. A. ) ersichtlichen Aufmachung zu vertreiben. Die Klägerin, welche die Mini-
Dresse seit 1993 ausschließlich selbst vertreibt, beanstandet dieses von der Beklagten
vertriebene Erzeugnis u. a. als eine unter dem Gesichtspunkt der vermeidbaren
Herkunftstäuschung gemäß § 1 UWG nach ihrem Dafürhalten unlautere Nachahmung
ihrer eigenen Fußball-Mini-Dresse. Sie hat daraufhin eine unter dem Datum des 8. Juli
1994 im Beschlußverfahren ergangene einstweilige Verfügung erwirkt ( 31 O 379 / 94
LG Köln ) , mit welcher der Beklagten u. a. verboten wurde, das beanstandete Mini-
Dress anzubieten und/oder zu vertreiben. Diese Beschlußverfügung wurde - nachdem
die Beklagte Widerspruch eingelegt hatte - vom Landgericht mit Urteil vom 29.
November 1994 bestätigt. Die hiergegen eingelegte Berufung der Beklagten blieb
erfolglos ( Urteil des erkennenden Senats vom 23. Juni 1995 - 6 U 12 / 95 - ).
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Beim vorliegenden Prozeß handelt es um die Hauptsache zu dem vorbezeichneten
einstweiligen Verfügungsverfahren.
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Die Klägerin nimmt die Beklagte damit - wie schon in dem vorangegangenen
einstweiligen Verfügungsverfahren - auf Unterlassung in Anspruch; darüber hinaus
verlangt sie Auskunftserteilung sowie die Feststellung, daß die Beklagte zum Ersatz des
ihr aus dem beanstandeten Verhalten entstandenen Schadens verpflichtet ist.
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Die Klägerin behauptet, Inhaberin verschiedener nationaler und internationaler
Geschmacksmuster zu sein, welche die Beklagte mit dem Inverkehrbringen des
angegriffenen Fan-Artikels verletzt habe. Ihr - der Klägerin - Minidress, welches die
karrikaturhafte Wiedergabe eines Fußball-Dresses darstelle, weise außerdem
urheberrechtliche Werksqualität im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG auf. Bereits unter
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den Gesichtspunkten der Sonderschutztatbestände des Geschmacksmuster- und des
Urheberrechts stünden ihr, so hat die Klägerin vertreten, daher die geltend gemachten
Klagebegehren zu. Jedenfalls erwiesen sich diese aber nach § 1 UWG wegen einer
mittels des angegriffenen Modells der Beklagten bewirkten vermeidbaren Täuschung
über die betriebliche Herkunft als berechtigt. Denn ihrem Mini-Dress komme
wettbewerbliche Eigenart zu. Seine besondere Form, die eine vom Original eines
Fußball-Dresses abstrahierte disproportionale und verniedlichende Anmutung aufweise,
sei geeignet, auf die betriebliche Herkunft hinzuweisen. Das Produkt der Beklagten, so
hat die Klägerin weiter vertreten, stelle demgegenüber eine gemäß § 1 UWG unlautere
Nachahmung dar. Angesichts des Umstands, daß ihr, der Klägerin, Mini-Dress in
erheblichem Umfang im Verkehr bekannt gemacht worden und präsent sei, könne der
angesprochene Verkehr über die wahre Herkunft des Fan-Artikels der Beklagten
getäuscht werden. Was den Unlauterkeitsvorwurf angehe, sei außerdem zu
berücksichtigen, daß die Beklagte das beanstandete Produkt gerade nach Beendigung
der früheren Geschäftsverbindung auf dem Markt plaziert habe.
Die Klagerin hat beantragt,
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I.
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die Beklagte zu verurteilen,
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1. es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung
festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu DM 500.000.-, ersatzweise Ordnungshaft, oder
Ordnungshaft bis zur Dauer von 6 Monaten, zu unterlassen, Mini-Dresse in der
nachfolgend abgebildeten Form ( schwarz-weiß-Kopie ) anzubieten und/oder zu
vertreiben und/oder herzustellen, anzubieten und/oder vertreiben zu lassen:
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2. ihr - der Klägerin - Auskunft zu erteilen bzgl. der in Ziff 1. bezeichneten Mini-Dresse
über
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a. Namen und Anschrift des Herstellers,
12
b. die Menge der erhaltenen oder bestellten
13
Mini-Dresse,
14
II.
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festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, ihr - der Klägerin - allen Schaden zu
ersetzen, der ihr - der Klägerin - durch die in Ziff I. 1. umschriebenen Handlungen
enstanden ist.
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Die Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, daß das Mini-Dress der Klägerin mangels der
erforderlichen Gestaltungshöhe einem Urheberschutz nicht zugänglich sei.
Entsprechendes gelte aber auch hinsichtlich der für einen ergänzenden
wettbewerblichen Leistungsschutz gemäß § 1 UWG vorauszusetzenden
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Schutzfähigkeit. Beim klägerischen Mini-Dress handele es sich um ein triviales Produkt,
dessen Besonderheit sich in der bloßen verkleinerten Wirklichkeitsabbildung eines
Fußball-Dresses in Originalgröße erschöpfe; es weise keinerlei Gestaltungselemente
auf, anhand deren sich im Verkehr Herkunftsvorstellungen bilden könnten. Im übrigen
unterschieden sich die gegenüberstehenden Produkte der Parteien - soweit sie nicht
ohnehin nur gängige und auch im wettbewerblichen Umfeld allgemein verwendete
Merkmale aufwiesen - deutlich voneinander. Die Gefahr von Verwechslungen betreffend
die betriebliche Herkunft der Produkte sei danach ausgeschlossen. Fehlvorstellungen
des Verkehrs über die Herkunftsstätte könnten bei den hier zu beurteilenden Mini-
Dressen von vorneherein aber auch schon deshalb nicht entstehen, weil es sich bei
diesen Erzeugnissen um Massenartikel handele, deren Herkunftsstätte der Verkehr
keinerlei Bedeutung beimesse. Wichtig sei vielmehr allein das Vereinsemblem.
Schließlich aber könne die Klägerin nicht über die Dauer etwaiger Sonderschutzrechte
hinaus für ihr Mini-Dress einen zeitlich unbegrenzten wettbewerblichen ergänzenden
Leistungschutz beanspruchen. Die Klägerin habe die Idee der Miniaturisierung eines
Fußballdresses nach eigenen Angaben bereits seit 1977 weltweit ausgeschlachtet. Es
gehe daher nicht an, der Klägerin nunmehr - nachdem etwaige gewerbliche
Sonderschutzrechte jedenfalls nicht mehr bestünden - das Recht zu verschaffen , ein
miniaturisiertes Fußballtrikot auf weitere Jahre hinaus für sich zu monopolisieren.
Durch Urteil vom 4. April 1995, auf welches zur näheren Sachdarstellung verwiesen
wird, hat das Landgericht der Klage stattgegeben. Die Klägerin könne - so hat das
Landgericht unter weitgehender Bezugnahme auf seine in dem vorangegangenen
einstweiligen Verfügungsverfahren 31 O 379 / 94 ergangene Entscheidung zur
Begründung ausgeführt- ihre Klagebegehren ungeachtet etwaiger Sonderschutzrechte
jedenfalls aus § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt der vermeidbaren Herkunftstäuschung
i. V. mit § 242 BGB herleiten.
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Gegen dieses ihr am 25. April 1995 zugestellte Urteil richtet sich die am 24. Mai 1995
eingelegte und mittels eines am 20. September 1995 - nach entsprechend gewährter
Fristverlängerung - rechtzeitig eingegangenen Schriftsatzes begründete Berufung der
Beklagten.
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Aus den schon in erster Instanz geltend gemachten, mit den Berufungsschriftsätzen
noch vertieften und ergänzten Gründen hält die Beklagte insbesondere an ihrer
Auffassung fest, daß dem klägerischen Mini-Dress keine wettbewerbliche Eigenart
zukomme. Dieses Mini-Dress lasse keinerlei Gestaltungselemente erkennen, die ihm
eine über die Wirklichkeitsabbildung hinausgehende Eigentümlichkeit verliehen. Es
unterscheide sich von Original-Fußballtrikots allenfalls im Detail sowie in leichten
Proportionsverschiebungen und weise nicht das für die Zuerkennung der
wettbewerblichen Eigenart nach Ansicht der Beklagten aber erforderliche Maß der
Verfremdung und der schöpferischen Gestaltung auf. Im übrigen weiche ihr, der
Beklagten, Modell nach dem Gesamteindruck wesentlich von dem der Klägerin ab. Als
Gemeinsamkeit verbleibe lediglich die als solche jedoch nicht schutzfähige Idee,
Fußballtrikots zu verkleinern, um sie als Werbeträger oder Fan-Artikel zu verwenden.
Hinzu komme, daß die betriebliche Herkunft der Mini-Dresse für die relevanten
Verkehrskreise unerheblich sei. Den Fußball-Fans komme es nicht vordergründig auf
ein bestimmtes Design oder eine konkrete Form des Fan-Artikels an; sie orientierten
sich beim Kauf vielmehr allein an den angebrachten Farben und Emblemen " ihres "
Vereins. Auch die angebliche Verkehrsbekanntheit der klägerischen Mini-Dresse allein
lasse keinen Rückschluß auf Herkunftsvorstellungen oder das Bestehen einer
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wettbewerblich relevanten Verwechslungsgefahr zu.
Die Beklagte beantragt,
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das am 4. April 1995 verkündete Urteil der 31. Zivilkammer - 31 O 743/94 - abzuändern
und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Auch die Klägerin wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag. Sie vertritt vor
allen Dingen weiterhin den Standpunkt, daß es sich bei ihrem Mini-Dress nicht nur um
ein Produkt von wettbewerblicher Eigenart handele, sondern daß durch den
angegriffenen Artikel der Beklagten im Verkehr auch die Gefahr von Verwechslungen
über die betriebliche Herkunft begründet werde. Solange diese Gefahr aber bestehe,
könne ihrem - der Klägerin - Produkt ein ergänzender wettbewerblicher Leistungsschutz
allein aus Zeitgründen nicht versagt werden.
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Wegen der weiteren Einzelheiten im Vorbringen der Parteien wird auf ihre in erster
Instanz und in der Berufung jeweils gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug
genommen.
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Der Senat hat Beweis erhoben über die von der Klägerin zum angeblichen Umsatz ihrer
textilen Mini-Dresse der klagegegenständlichen Art in Deutschland behaupteten
Umsatzzahlen gemäß Beweisbeschluß vom 8. November 1996 durch Vernehmung der
Zeugen E. Sch.-W. und A. L.. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird
auf das über die Zeugenvernehmungen gefertigte Protokoll vom 7. März 1997
verwiesen.
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Die Akten 31 O 379 / 94 und 31 O 635 / 94 - beide LG Köln - wurden beigezogen und
waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
31
Die Berufung der Beklagten ist zwar zulässig, inbesondere rechtzeitig innerhalb der
vorgegebenen Fristen eingelegt und begründet. In der Sache ist dem Rechtsmittel
jedoch kein Erfolg beschieden.
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Zu Recht hat das Landgericht die Beklagte zur Unterlassung u. a. des Angebots und des
Vertriebs des klägerseits beanstandeten Fanartikels verurteilt. Ebenfalls zu Recht
erfolgte die landgerichtliche Verurteilung der Beklagten zur Auskunftserteilung sowie die
Feststellung ihrer Schadensersatzpflicht. Denn der Klägerin stehen diese Ansprüche
gegen die Beklagte sämtlich zu. Dabei bedarf es nicht des Eingehens auf die Frage, ob
sich die Klägerin für ihr hier betroffenes textiles Mini-Dress auf die
Sonderschutztatbestände des Geschmacksmustergesetzes ( §§ 5, 14 a GeschmG i. V.
mit § 101 a UrhG ) und des Urheberrechts ( §§ 97, 101 a UrhG ) berufen kann. Das ist
hier deshalb nicht von streitentscheidender Bedeutung, weil sich die Klagebegehren
jedenfalls aus den §§ 1 UWG, 242 BGB als berechtigt erweisen.
33
Der von der Klägerin beanstandete Fan-Artikel der Beklagten stellt eine unter dem
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Gesichtspunkt der vermeidbaren Herkunftstäuschung gemäß § 1 UWG unlautere
Nachahmung des textilen Fußball- Mini-Dresses der Klägerin dar.
Allerdings ist es richtig, daß - worauf die Beklagte zutreffend hinweist - selbst die
identische Nachahmung fremder, nicht unter Sonderrechtsschutz stehender Leistungen
nicht per se als wettbewerbswidrig anzusehen ist. Wettbewerbswidrig wird die in der
Nachahmung liegende Ausnutzung eines fremden Arbeitergebnisses erst bei
Hinzutreten besonderer unlauterer Begleitumstände. Solche Umstände sind aber dann
gegeben, wenn ein Produkt, das wettbewerblich eigenartige Merkmale eines fremden
Erzeugnisses aufweist, mit denen der Verkehr Herkunftsvorstellungen verbindet, in den
Verkehr gebracht wird und dies die Gefahr einer Verwechslung der betrieblichen
Herkunft begründet, obwohl diese durch zumutbare und geeignete Maßnahmen hätte
verhindert werden können. Das gilt insbesondere dann, wenn das beanstandete
Erzeugnis eine Nachahmung des fremden Produkts darstellt ( vgl.
Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 19. Auflage, Rdn. 450 zu § 1 UWG m. w. N. ).
Das von der Klägerin beanstandete Verhalten der Beklagten ist nach diesen Maßstäben
als wettbewerbswidrig einzuordnen.
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Die Gestaltung des von der Klägerin vertriebenen Mini-Dresses weist wettbewerbliche
Eigenart auf. Sie ist geeignet, im Verkehr als kennzeichnend für die betriebliche
Herkunft des Produkts zu wirken ( vgl. BGH GRUR 1986, 673/675 - "
Beschlagprogramm " - ). Denn sie weist eine Kombination von Merkmalen auf, die der
Gestaltung in ihrer Gesamtheit eine einprägsame Besonderheit gegenüber
vergleichbaren Konkurrenzprodukten verleiht.
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Entgegen der Auffassung der Beklagten erschöpft sich das ästhetische
Erscheinungsbild des Mini-Dresses nicht lediglich in der miniaturisierten Abbildung und
vorlagegetreuen Wiedergabe eines Fußball-Dresses in Originalgröße. Seine konkrete
Gestaltung zeichnet sich vielmehr durch eine Kombination verschiedener formgebender
Elemente aus, die dem Produkt ein individuelles, es von gleichartigen Erzeugnissen
anderer Hersteller unterscheidendes Gepräge verleiht.
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So ist die Silhouette des Mini-Dresses gegenüber den Originaltrikots vereinfacht und in
der Proportion verändert. Vor allem die Kragen- und Schulterpartie weist - wie nicht
zuletzt die von der Beklagten vorgelegten "Verkleinerungen" eines Original-VfB-Trikots
(Anlage BB 7/BB 8 zum Schriftsatz vom 22.03.1996) belegen - eine gegenüber einem
realen Trikot abstrahierte Form auf. Während bei dem Original-Trikot die Kragenpartie
aus der Schulterlinie herausragt, die sich sodann - in leicht abfallender Neigung - fast
"T-förmig" bis zum Ärmelabschluß fortsetzt, ist der Kragen bei dem Mini-Dress der
Klägerin glatt abschließend in die Schulterlinie integriert, die sich zudem, insoweit von
den Vorgaben eines Original-Fußball-Trikots stark abweichend, fast unmittelbar in die
Ärmelpartie fortsetzt. Zu berücksichtigen ist dabei auch, daß dem Verkehr das Original-
Fußball-Trikot nur äußerst selten in der von der Beklagten vorgelegten Form als "leeres"
Kleidungsstück drapiert, sondern von einem Sportler getragen begegnet. Als getragenes
Kleidungsstück ist aber die Schulterpartie - den anatomischen Gegebenheiten des
Körpers folgend - gegenüber der Formgebung des klägerischen Fußballtrikots deutlich
breiter und eckiger ausgestaltet, als bei dem Mini-Dress der Klägerin, welches
insgesamt einen "schmalschultrigen" im Schulterbereich "abfallenden" Eindruck
vermittelt. Auch im Bereich der Hüft- und Hosenpartie weicht das Mini-Dress der
Klägerin deutlich eine von dem Original-Fußball-Trikot abstrahierende Formgebung auf.
Die unmittelbar unterhalb des Ärmelansatzes im Achselbereich nach einer
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angedeuteten Taillierung sogleich einsetzende, "A-förmige" nach außen gestellte
Linienführung vermittelt eine gedrungene, plumpe Anmutung des Mini-Dresses, die sich
so bei einem Original-Fußball-Dress nicht wiederfindet. Entsprechendes gilt hinsichtlich
der Gestaltung der Hosenpartie selbst, die im Verhältnis gegenüber den "Schultern" -
auch insoweit von einem "natürlichen" Fußball-Dress abweichend - zu breit und im
Hinblick auf die sich durch die Einkerbung im Schritt ergebende Länge des Hosenbeins
gegenüber dem "Oberkörper" - jedenfalls bei einem in die Hose gesteckten Trikot -
disproportional gestaltet ist. Diese formgebenden Gestaltungselemente in ihrer
Gesamtheit ergeben ein individuelles, von der bloßen Miniaturisierung eines Original-
Fußball-Dresses abstrahierendes Erscheinungsbild des klägerischen Mini-Dresses,
welches diesem ein dem Verkehr die Unterscheidung von gleichartigen Erzeugnissen
anderer Herkunft ermöglichendes eigenartiges Gepräge verschafft, das von Hause aus
geeignet ist, als betrieblicher Herkunftshinweis zu dienen.
Entgegen der Auffassung der Beklagten ist es dabei auch nicht erforderlich, daß es sich
bei dem klägerischen Mini-Dress um eine originelle, verfremdende schöpferische
Gestaltung handelt. Um den Schutz individueller schöpferischer Leistungen und
Arbeitsergebnisse geht es im hier allein interessierenden Bereich des ergänzenden
wettbewerblichen Leistungsschutzes nicht. Dieser knüpft vielmehr an die Art und Weise
an, wie eine fremde Arbeitsleistung zu Wettbewerbszwecken benutzt und verwertet wird
(BGH GRUR 1969, 618/619 - "Kunststoffzähne" -; BGHZ 44, 115/124 - "Apfel-Madonna"
-). Gegen unlauteres Verhalten sind Mitbewerber (und die Allgemeinheit) aber auch bei
der Nachahmung nicht schöpferischer Leistungen und bei der Übernahme unorigineller
Gestaltungselemente zu schützen (BGH GRUR 1984, 597/598 - "vitra programm" -;
BGH GRUR 1962, 144 - "Buntstreifensatin I" -).
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Eine abweichende Beurteilung ergibt sich ebenfalls nicht aus dem weiteren Einwand
der Beklagten, wonach es sich bei dem klägerischen Mini-Dress angeblich um einen
Massenartikel handele, dessen betrieblicher Herkunft der Verkehr, der allein auf die
Abbildung der Farben und des Emblems des von ihm jeweils favorisierten
Fußballvereins Wert lege, keinerlei Bedeutung beimesse. Diese Argumentation vermag
schon deshalb nicht zu überzeugen, weil sie nicht erklärt, weshalb - wenn tatsächlich
ausschließlich die Vereinsfarben sowie das Vereinsemblem für den angesprochenen
Verkehr von Interesse sind - dieser dann aus der unstreitig vorhandenen Fülle
verschiedener, auf denselben Verein bezogener Fan-Artikel gerade zu einem diese
Vereinsinsignien aufweisenden Mini-Dress greift. Der genannte Umstand belegt
vielmehr, daß es dem am Erwerb eines Fan-Artikels interessierten Verkehr nicht
lediglich auf die in irgendeiner Form wiedergegebene Abbildung der Farben und des
Emblems eines Fußballvereins, sondern auf die konkrete Gestaltung ankommt, die dann
aber auch Vorstellungen über die betriebliche Herkunft des Fan-Artikels auslösen kann.
Ob der Verkehr tatsächlich derartige Herkunftsvorstellungen mit dem Produkt verbindet,
ist dabei im übrigen für die wettbewerbliche Eigenart eines Erzeugnisses unerheblich
(Baumbach/Hefermehl, a.a.O., Rdnr. 453 zu § 1 UWG). Maßgeblich ist allein die
Eignung der ihm anhaftenden und es prägenden Merkmale, dem Verkehr die
Unterscheidung von gleichartigen Erzeugnissen anderer Herkunft zu ermöglichen, was
hier aber - aus den oben dargestellten Gründen - zu bejahen ist.
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Auch das wettbewerbliche Umfeld führt zu keiner abweichenden Beurteilung der
wettbewerblichen Eigenart des klägerischen Mini-Dresses. Die von der insoweit
darlegungspflichtigen Beklagten genannten Drittprodukte können die Hinweisfunktion
der die wettbewerbliche Eigenart des klägerischen Erzeugnisses begründenden
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Gestaltungselemente im hier zunächst maßgeblichen Zeitpunkt des Marktzutritts der
Beklagten im Jahre 1994 nicht beeinträchtigen. Was das von der Beklagten in diesem
Zusammenhang genannte Herrenoberhemd DE-PS 434 448 angeht, gilt das bereits
deshalb, weil weder ersichtlich ist, daß dieses überhaupt in Deutschland in den Verkehr
gelangt ist, noch - bejahendenfalls - wann und in welchem Umfang dies geschehen sein
soll. Inwiefern dieses Produkt überhaupt die Vorstellungen des Verkehrs in relevanter
Weise beeinflussen konnte, ist daher nicht nachvollziehbar. Auch die von der Beklagten
ferner angeführten, bereits seit 1913 unter anderem durch die Firma St. auf den Markt
gebrachten Puppenkleider in Form von Sportdressen verschiedener Ausführungen laut
Anlagen 4 und 5 zum Schriftsatz vom 22.03.1996 rechtfertigen keine abweichende
Würdigung. Unabhängig davon, ob diese "Puppenkleider" in ihrer konkreten
Ausgestaltung überhaupt derjenigen des klägerischen Mini-Dresses vergleichbar und
daher geeignet sind, dessen wettbewerbliche Eigenart zu beeinträchtigen, fehlen auch
insoweit jegliche Angaben zum zeitlichen und mengenmäßigen Umfang des Vertriebs
derartiger Produkte; das Maß der Beeinflussung des Verkehrs durch diese Produkte ist
damit nicht erkennbar. Aus diesen Erwägungen sind ebenfalls die aus den Anlagen BB
4 bis BB 6 zum Schriftsatz der Beklagten vom 22.03.1996 ersichtlichen weiteren
Produkte unbeachtlich. Unabhängig davon, daß das der Gestaltung des klägerischen
Mini-Dresses allerdings fast identisch angenäherte Produkt der Firma Givelco (Anlage
BB 6) im Ausland erworben wurde und daher nicht ohne weiteres erkennbar ist, ob es
überhaupt in Deutschland vertrieben wird, und weiter ungeachtet des Umstandes, daß
die Klägerin in bezug auf den Lufterfrischer der Firma E. (Anlage BB 4) unter dem
Aktenzeichen 31 O 736/94 beim Landgericht Köln einen Unterlassungstitel erstritten hat,
hat die Beklagte jedoch auch bei den vorbezeichneten Produkten laut Anlagen BB 4 bis
BB 6 nicht angegeben, in welchen Zeiträumen und vor allem in welchen Mengen diese
vertrieben worden sind. Es bleibt daher ebenfalls insoweit offen, ob und inwieweit sie
auf die Vorstellung der Verbraucher vom Aussehen eines Fanartikels in einer an ein
Fußball-Dress angelehnten Form einwirken konnten. Daß diese Produkte überhaupt in
den Verkehr gelangten, steht der Feststellung der wettbewerblichen Eigenart des
klägerischen Mini-Dresses dabei von vornherein nicht entgegen. Denn Neuheit ist
hierfür nicht Voraussetzung (BGH WRP 1976, 370/372 - "Ovalpuderdose" -).
Aus den vorbezeichneten Gründen ist ferner nicht ersichtlich, daß die nach alledem im
Kollisionszeitpunkt des Marktzutritts der Beklagten zu bejahende wettbewerbliche
Eigenart des klägerischen Mini-Dresses im Zeitpunkt der letzten mündlichen
Verhandlung aufgrund etwaiger zwischenzeitlicher Entwicklungen des
wettbewerblichen Umfeldes entfallen wäre, so daß jedenfalls dem in die Zukunft
gerichteten Unterlassungsanspruch damit die Grundlage entzogen wäre.
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Das klägerische Mini-Dress ist weiter auch im Zeitpunkt des Marktzutritts des Produktes
der Beklagten hinreichend im Verkehr bekannt gewesen, so daß im Verkehr die Gefahr
einer Irreführung über die betriebliche Herkunft entstehen konnte, wenn gleichartige
Produkte auf den Markt gelangen (BGHZ 50, 125/130 - "Pulverbehälter" -;
Baumbach/Hefermehl, a.a.O., Rdnrn. 453 u. 457 zu § 1 UWG m.w.N.).
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Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme hat sich zur Überzeugung des Senates
herausgestellt, daß sich die von der Klägerin dargestellten Umsätze nicht nur im
wesentlichen auf den Absatz der verfahrensgegenständlichen textilen Mini-Dresse in
Form eines Fußball-Dresses in Deutschland bezogen, sondern daß die behaupteten
Umsatzzahlen selbst auch richtig sind. Zwar konnte die hierzu vernommene Zeugin E.
Sch.-W., die lediglich auf Anweisung die in die klägerseits vorgelegten Aufstellungen
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eingetragenen Zahlen von ihr überlassenen Unterlagen übertrug, nicht mit Sicherheit
sagen, daß sich die ihr zur Verfügung gestellten Zahlen auf den Absatz der hier allein
interessierenden Mini-Dresse in Deutschland bezogen.
Letzteres geht aber aus den Bekundungen des weiter vernommenen Zeugen A. L.
hervor. Danach bezogen sich die unter anderem anhand der Abrechnungen der
Lizenznehmer der Klägerin ermittelten und in die vorgelegte Auflistung (Bl. 219 d.A.)
aufgenommenen Umsatzzahlen ausschließlich auf den Absatz textiler Mini-Dresse.
Dies sei, so hat der Zeuge weiter bekundet, jeweils anhand der in den
Lizenzabrechnungen angegebenen "Vertragsnummern" erkennbar gewesen. Der
Absatz sei nach den Bekundungen des Zeugen weiter auch ganz überwiegend, mit
Ausnahme einer geringfügigen Menge von insgesamt ca. 5 %, die in die Schweiz
geliefert worden sei, in Deutschland erfolgt. Soweit der Zeuge weiter angegeben hat,
daß die in die Auflistung eingestellten Umsatzzahlen nicht ausschließlich den Absatz
textiler Fußball-Mini-Dresse wiedergeben, sondern darüber hinaus auch Eishockey-,
Radfahrer- und Reiter-Mini-Dresse eingestellt seien, rechtfertigt das keine, den Schluß
auf eine hinreichende Verkehrsbekanntheit der textilen Fußball-Mini-Dresse
entkräftende Wertung. Denn den Bekundungen des Zeugen L. zufolge ist mit den in die
Auflistung einbezogenen anderen textilen Mini-Dressen lediglich ein ganz geringer,
maximal 6 % der Gesamtzahlen ausmachender Umsatz erzielt worden (Eishockey-
Dresse: 5 %, Radfahrer-Dresse 1/2 % u. Reiterdresse im "Promille-Bereich"). Die
danach verbliebenen, auf Fußball-Mini-Dresse entfallenden Umsatzzahlen ergeben
aber mit ca. 90.000 Stück in 1994 jedenfalls im hier zugrunde zu legenden
Kollisionszeitpunkt ein Maß, das die Annahme einer Bekanntheit des Klägerproduktes
im Verkehr rechtfertigt, welche die Gefahr von Verwechslungen betreffend die
betriebliche Herkunft von Nachahmungsprodukten nicht lediglich theoretisch erscheinen
läßt.
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Irgendwelche Anhaltspunkte, die im Ergebnis Anlaß zu Zweifeln an der Glaubhaftigkeit
der Angaben des Zeugen L. oder aber seiner persönlichen Glaubwürdigkeit
rechtfertigen, bestehen dabei nicht. Soweit die Beklagte in diesem Zusammenhang auf
einen Widerspruch in der Aussage des Zeugen L. zu derjenigen der Zeugin Sch.-W.
hinweist, stützt das solche Zweifel nicht. Zwar ist es richtig, daß die Zeugin Sch.-W.
angab, ihr hätten beim Schreiben der Aufstellung Bl. 219 f d.A. Durchschläge der
Rechnungen der Firma L. an ihre Abnehmer zur Verfügung gestanden, wohingegen der
Zeuge L. angab, daß den an die Klägerin gerichteten Lizenzaufstellungen der Firma L.
derartige Rechnungsdurchschriften nicht beigefügt gewesen seien (Bl. 302 d.A.). Dieser
Widerspruch ist hingegen nicht geeignet, die Glaubhaftigkeit der hier beweiserheblichen
Bekundungen des Zeugen L. zu erschüttern. Denn zu berücksichtigen ist in diesem
Zusammenhang, daß die Zeugin Sch.-W. bei ihrer Vernehmung höchst unsicher wirkte
und sich ganz überwiegend nur noch sehr dunkel und vage an Vorgänge im
Zusammenhang mit der Erstellung der Auflistungen Bl. 219 ff d.A. erinnern konnte.
Weshalb sie sich gerade an das vorbezeichnete Detail betreffend die Beifügung von
Kundenrechnungen der Firma L. zu den an die Klägerin gerichteten Lizenzaufstellungen
noch konkret erinnern konnte, ist daher nicht ohne weiteres nachvollziehbar.
Demgegenüber war der Zeuge L. als ehemaliger Geschäftsführer der Fa. L. mit der hier
fraglichen Vorgehensweise, nämlich der Beifügung von Rechnungen an Kunden zu den
Lizenzaufstellungen der Firma L., regelmäßig befaßt. Der Zeuge, der auch im übrigen
ein gutes Erinnerungsvermögen an den hier fraglichen Sachverhalt zeigte, hat weiter
nachvollziehbar gemacht, daß der Klägerin im Hinblick auf ihre Möglichkeit zur
Bucheinsicht die Vorlage lediglich dieser Lizenzaufstellungen der Firma L. genügt habe.
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Dies alles würdigend sah sich der Senat veranlaßt, die Darstellung des Zeugen L. zur
Frage der Beifügung von Durchschriften der Kundenrechnungen der Firma L. für
glaubhaft zu halten. Entsprechendes gilt, soweit der Zeuge L. bekundet hat, daß für die
einzelnen Gegenstände bzw. Fan-Artikel jeweils einzelne Lizenzverträge
abgeschlossen worden seien, wohingegen die Beklagte einen Vertrag (Bl. 338 d.A.)
vorgelegt hat, ausweislich dessen Lizenzen für mehrere Gegenstände in einem Vertrag
erteilt wurden. Der von der Beklagten vorgelegte Vertrag befaßt sich mit der Erteilung
einer Lizenz des VfB S. - dieser vertreten durch die Firma L. - unter anderem an dem
Namen und dem Emblem des Vereins an einen Unternehmer als Lizenznehmer für
diverse, vom Lizenznehmer selbst hergestellte und selbst vertriebene Endprodukte. Daß
sich dieser Vertrag mit den im vorliegenden Zusammenhang allein interessierenden
Lizenzen betreffend die Produkte der Klägerin befaßte, ist nicht ersichtlich. Nur auf
derartige, die Lizenzen und Produkte der Klägerin betreffende Verträge bezog sich aber
die Aussage des Zeugen L.. Der beklagtenseits eingereichte Vertrag bzw. dessen Inhalt
ist daher aus diesem Grunde nicht geeignet, die Glaubhaftigkeit der Bekundung des
Zeugen zu erschüttern. Entsprechendes gilt ferner in Bezug auf die Glaubwürdigkeit des
Zeugen. Dieser war erkennbar um eine wahrheitsgemäße Aufklärung des
Sachverhaltes bemüht, wie vor allem aus dem Umstand hervorgeht, daß er freimütig
einräumte, daß sich die in die Auflistung Bl. 219 f d.A. eingestellten Zahlen nicht
ausschließlich auf den Umsatz textiler Fußball-Mini-Dresse in Deutschland bezogen,
sondern Mini-Dresse auch für andere Sportarten sowie Umsätze auf dem Markt in der
Schweiz eingestellt seien.
Ferner ist auch die Verwechslungsgefahr der sich gegenüberstehenden "Mini-Dresse"
der Parteien zu bejahen. Das Produkt des Beklagten ist demjenigen der Klägerin nach
dem maßgeblichen Gesamteindruck derart ähnlich, daß bei einem nicht unwesentlichen
Teil der beworbenen Verbraucher die Gefahr von Verwechslungen in bezug auf die
betriebliche Herkunft besteht. Zumindest der flüchtige Verbraucher wird nämlich zu dem
Schluß gelangen, beide Produkte stammten von demselben Hersteller oder jedenfalls
aus organisatorisch oder in sonstiger Weise verbundenen Herkunftsstätten.
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Das Produkt der Beklagten ähnelt dem Mini-Dress der Klägerin in sämtlichen
Merkmalen, die dessen wettbewerbliche Eigenart ausmachen und die Gesamtwirkung
dieser Darstellung prägen, sowie auch in nahezu allen anderen Details derart, daß die
vorhandenen Unterschiede nur bei aufmerksamer Betrachtung auffallen, wenn man
beide Erzeugnisse nebeneinander hält. Um so größer ist die Verwechslungsgefahr,
wenn man berücksichtigt, daß die beiden sich gegenüberstehenden Produkte dem
Verkehr in aller Regel nicht nebeneinander begegnen, so daß sie der Endverbraucher
nicht vergleichen, sondern sie nur nach seinem Erinnerungsbild beurteilen kann.
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Übereinstimmung besteht insbesondere bei der Ausprägung der Kragen und
Schulterpartie sowie der seitlichen, in den Hüft- und Hosenbereich überleitenden
Linienführung. Einzig die Proportion des "Oberteils" im Verhältnis zum "Unterteil" weist
dabei geringfügige Unterschiede auf. Entsprechendes gilt hinsichtlich des Schritts, der
beim Modell der Antragsgegnerin nicht, wie beim Mini-Dress der Klägerin, leicht
gerundet, sondern keilförmig eingeschnitten ist. Diese Abweichungen sind jedoch
geringfügig und fallen auch bei aufmerksamer Betrachtung nur auf, wenn man beide
Modelle im unmittelbaren Vergleich nebeneinander sieht. Sie vermögen nichts an dem
optischen Gesamteindruck zu ändern, daß das Mini-Dress der Beklagten mit
demjenigen der Klägerin übereinstimmt oder es sich zumindest jedenfalls um ein
"Schwesterprodukt" entweder desselben Herstellers oder miteinander verbundener
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Hersteller handelt. Denn sie lassen sich aus der Sicht des Verbrauchers zwanglos mit
einer Weiterentwicklung oder Abwandlung der ansonsten in allen wesentlichen Details
beibehaltenen Darstellung erklären und begründen damit keinen hinreichenden
Abstand, um die Gefahr einer Verwechslung der sich gegenüberstehenden Produkte
auszuschalten.
Die Beklagte hätte diese Verwechslungsgefahr verhindern, zumindest aber erheblich
verringern können. Irgendwelche technischen oder funktionalen Notwendigkeiten für die
ästhetische Gestaltung des Fan-Artikels der Beklagten gerade in der von der Klägerin
für ihr Mini-Dress gewählten Form, sind nicht ersichtlich. Der Beklagten standen
vielmehr innerhalb des Rahmens der miniaturisierten Darstellung eines Fußball-
Dresses abweichenden Gestaltungsmöglichkeiten zur Verfügung, beispielsweise in der
Proportionierung und der äußeren Linienführung im übrigen, so daß die von ihr
verursachte Herkunftstäuschung vermeidbar ist.
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Dabei liegen auch im übrigen die subjektiven Voraussetzungen des
Unlauterkeitstatbestandes des § 1 UWG vor. Der Beklagten waren aus der Zeit der
Zusammenarbeit mit der Klägerin bzw. der Firma L. nicht nur das klägerische Mini-Dress
und die dieses Vorbild prägenden, die Verwechslungsgefahr begründenden Umstände
bekannt. Es war ihr darüber hinaus auch zumutbar, durch - wie oben bereits dargestellt -
objektiv mögliche Veränderungen ihres Modells einen ausreichenden Abstand zum
Mini-Dress der Klägerin zu schaffen, um der Gefahr der Herkunftstäuschung
entgegenzuwirken.
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Soweit die Beklagte schließlich eine zeitliche Begrenzung des sich nach alledem aus
dem Gesichtspunkt der vermeidbaren Herkunftstäuschung gemäß § 1 UWG ergebenden
ergänzenden wettbewerblichen Leistungsschutzes annehmen will, überzeugt das nicht.
Im Gegensatz zu den Sonderschutzrechten ist eine zeitliche Schutzbegrenzung dem
Wettbewerbsrecht, das - wie oben bereits dargestellt - an andere Beurteilungskriterien
als die Sonderschutztatbestände anknüpft, an sich fremd. Auch wenn in der
Rechtsprechung für verschiedene Fallgruppen des ergänzenden wettbewerblichen
Leistungsschutzes eine sich zum Teil bereits aus den materiellen
Schutzvoraussetzungen selbst (vgl. z.B. für ein saisongebundenes Modeprodukt: BGH
GRUR 1973, 478 ff - "Modeneuheit" -) ergebende zeitliche Begrenzung des
ergänzenden wettbewerblichen Leistungsschutzes hergeleitet wird, ist jedenfalls aber
im Bereich der vermeidbaren Herkunftstäuschung zu berücksichtigen, daß der
wettbewerbsrechtliche Leistungsschutz hier gerade an die Herkunftshinweisfunktion
und die Gefahr einer Täuschung über die betriebliche Herkunft eines Erzeugnisses
anknüpft. Bei der vermeidbaren Herkunftstäuschung wird daher in der Regel nicht nur
das Individualinteresse des Verletzten, sondern auch das Allgemeininteresse berührt
(GK/Erdmann, UWG, § 13 Rdnr. 44; Erdmann in Festschrift für Ralf Vieregge, Seite 208,
212 m.w.N.). Dies rechtfertigt es, den ergänzenden wettbewerbsrechtlichen
Leistungsschutz unabhängig vom Ablauf etwaiger Sonderschutzrechte so lange zu
gewähren, wie das Produkt geeignet ist, Herkunftsvorstellungen zu wecken und
irrezuführen (Erdmann in Festschrift für Ralf Vieregge, Seite 212). Eben das ist hier aber
bei dem Mini-Dress der Klägerin noch der Fall.
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Neben dem Unterlassungsanspruch der Klägerin ist gemäß § 1 UWG nach alledem
auch der Anspruch auf Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten begründet.
Der Beklagten waren das klägerische Produkt sowie die den Tatbestand des § 1 UWG
begründenden Umstände bekannt, so daß sie den Wettbewerbsverstoß schuldhaft
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begangen hat. Weiterhin besteht die ernsthafte Wahrscheinlichkeit, daß der Klägerin
aus dem Vertrieb des Produktes der Beklagten ein Schaden entstanden ist. Zur
Bezifferung dieses Schadens bedarf die Klägerin wiederum der begehrten Auskunft, so
daß ihr gemäß § 242 BGB in Verbindung mit § 1 UWG ebenfalls der geltend gemachte
Auskunftsanspruch zuzuerkennen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den
§§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
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Die gemäß § 546 Abs. 2 ZPO festzusetzende Beschwer orientierte sich am Wert des
Unterliegens der Beklagten im vorliegenden Rechtsstreit.
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