Urteil des OLG Köln vom 20.05.1999
OLG Köln (ehefrau, kläger, geschäftsführung ohne auftrag, angemessener zeitraum, eigentümer, abrechnung, zahlung, ausführung, stand, käufer)
Oberlandesgericht Köln, 7 U 19/98
Datum:
20.05.1999
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
7. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
7 U 19/98
Vorinstanz:
Landgericht Aachen, 4 O 232/97
Tenor:
Auf die Berufung des Klägers wird das am 7. Januar 1998 verkündete
Urteil des Landgerichts Aachen - 4 O 232/97 - abgeändert und wie folgt
neu gefaßt: Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger und an seine
Ehefrau S. R., Sch. F., A., 21.767,04 DM nebst 4 % Zinsen aus
10.723,75 DM seit dem 22.03.1997 und aus weiteren 11.043,29 DM seit
dem 03.04.1998 zu zahlen. Die Kosten der I. Instanz tragen der Kläger
zu 16 % und die Beklagte zu 84 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens
trägt die Beklagte. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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Die Berufung ist in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden. In der Sache selbst hat sie
auch - in dem angefochtenen Umfang - Erfolg. Erfolg hat ferner die im
Berufungsverfahren um 11.043,29 DM erweiterte Zahlungsklage.
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I.
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1)
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Durchgreifende Bedenken gegen die Zulässigkeit der Klage bestehen nicht. Der Kläger
verfolgt mit der Klage erklärtermaßen auch Forderungsrechte, die seiner Ehefrau
zustehen. Hierzu ist er indessen im Wege der gewillkürten Prozeßstandschaft
berechtigt. Die Ermächtigung seiner Ehefrau erstreckt sich trotz des einengenden
Wortlauts in ihrer Erklärung vom 23.07.1998 (Bl. 223 d. GA), wie klägerseits auf
Befragen des Senats klargestellt worden ist, auf Ansprüche jedweder Rechtsnatur. Dies
kann im übrigen auch dem Berufungsvorbringen entnommen werden, wonach die
Beklagte nach Ansicht des Klägers (auch) auf Schadensersatz haftet. Der ihm danach
umfassend erteilten Prozeführungsbefugnis, für die ein schutzwüdiges Eigeninteresse
besteht, hat er bei der Antragstellung dadurch Rechnung getragen, daß er Zahlung an
sich und seine Ehefrau verlangt.
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2a)
6
Die Beklagte ist nach §§ 684 S. 2, 681 S. 2, 667 1. Alt., 280 BGB verpflichtet, dem
Kläger und seiner Ehefrau den ihr aufgrund des notariellen Kaufvertrages vom
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11.07.1995 zur Energieversorgung zur Verfügung gestellten Betrag von 23.000,-- DM
zurückzuzahlen. Ausgenommen hiervon sind nur die - anteiligen - Aufwendungen für
den Hausanschluß (355,04 DM) und die Stromversorgung (877,92 DM), die der Kläger
und seine Ehefrau sich im Wege der Vorteilsausgleichung anrechnen lassen müssen
und die der Kläger von der Klageforderung bereits abgesetzt hat.
b)
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Die rechtliche Verpflichtung zur Zahlung des danach verbleibenden Betrages von
21.767,04 DM leitet sich aus den Regeln über die Geschäftsführung ohne Auftrag her.
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Nachdem sich gezeigt hatte, daß das von acht Bauherren im Rahmen der Maßnahme
"Bauen in Gruppenselbsthilfe" zu errichtende Blockheizkraftwerk (BHKW) wirtschaftlich
und ökologisch nicht sinnvoll betrieben werden konnte, entsprach es den Absichten der
Beklagten, die Realisierung des von ihr für unterstützungswürdig gehaltenen Vorhabens
(vgl. Ratsbeschluß vom 30.06.1993; Bl. 74 ff. d. GA) dadurch sicherzustellen, daß
weitere an der Gruppenmaßnahme interessierte Käufer verpflichtet werden sollten, sich
an den Kosten der Errichtung des BHKW finanziell zu beteiligen und die für ihr Haus
erforderliche Energie (Heizung, Warmwasser und Strom) nur über das BHKW
abzunehmen. Demgemäß wurden in weiteren Grundstückskaufverträgen - Verkäuferin
war jeweils die Beklagte - darauf abzielende Regelungen aufgenommen und der
Verkauf des Grundstücks von der Übernahme der Verpflichtung nach der Art eines
Anschluß- und Benutzungszwangs abhängig gemacht.
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Hierdurch hat die Beklagte für die ursprünglich vorgesehenen Betreiber des BHKW und
für weitere - noch unbekannte - Anschlußnehmer in deren Interesse ein Geschäft
betrieben, das darauf abzielte, die Energieversorgung aus dem eigens dazu errichteten
BHKW zu ermöglichen und sicherzustellen. Der Kläger und seine Ehefrau haben - wie
auch weitere Grundstückskäufer - das ihnen gegenüber zunächst auftragslose Handeln
der Beklagten mit Abschluß des Grundstückskaufvertrages und der darin enthaltenen
Verpflichtung (§ 7) genehmigt (§ 684 S. 2 BGB). Die Genehmigung hat zur Folge, daß
die auftragslose Geschäftsführung der Beklagten gegenüber dem Kläger und seiner
Ehefrau rückwirkend als berechtigt gilt, ohne daß dadurch jedoch ein Auftrag (§ 662
BGB) zustandegekommen ist. Allerdings finden in diesem Fall über § 681 S. 2 BGB die
für den Beauftragten geltenden Vorschriften Anwendung. Dazu zählt auch die Vorschrift
des § 667 1. Alt. BGB, wonach der Beauftragte verpflichtet ist, das zur Ausführung des
Auftrags Erhaltene herauszugeben. Zu den Gegenständen, die der Beauftragte zur
Ausführung des Auftrags erhalten hat, gehören dabei nicht nur solche, die von
vornherein dafür vorgesehen sind, in Natur zurückgegeben zu werden, sondern auch
diejenigen (insbesondere Geld-) Mittel, die dazu bestimmt waren, in Ausführung des
Auftrags verbraucht zu werden (vgl. dazu BGH NJW-RR 1991, 575 und BGH LM § 667
BGB, Nr. 38). Sind diese Mittel noch vorhanden oder sind sie bestimmungswidrig
verwendet worden, muß der Beauftragte sie nach § 667 1. Alt. BGB herausgeben (BGH
NJW 1997, 47). Ist ihm die Herausgabe unmöglich, so haftet er bei Vorliegen der
übrigen Voraussetzungen dem Auftraggeber auf Schadensersatz (vgl. dazu: BGH NJW-
RR 1993, 926 und WM 1992, 538, 539; Staudinger-Wittmann, BGB, 13. Bearbeitung, §
667 Rd. 17; MüKo-Seiler, BGB, 3. Aufl., § 667 Rd. 23). Der Streitfall liegt entsprechend.
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Die Beklagte hat in § 7 des Vertrages vom 11.07.1995 (S. 14 der Urkunde) mit der
Begründung, eine Vorausleistung in Höhe von 23.000,-- DM erbracht zu haben - was
betragsmäßig nicht stimmte -, den Kläger und seine Ehefrau zur Zahlung dieser Summe
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verpflichtet. Die Zahlung ist unstreitig erfolgt. Nach Fertigstellung des BHKW sollte eine
Abrechnung seitens der Beklagten und je nach deren Ergebnis eine Nachzahlung des
Klägers und seiner Ehefrau oder eine Erstattung durch die Beklagte erfolgen. Die ihr
obliegende Rechnungslegung hat die Beklagte bis heute - fast 4 Jahre nach
Vertragsabschluß - immer noch nicht vorgenommen. Der Grund dafür besteht darin, daß
das BHKW nach wie vor nicht vollständig fertiggestellt ist. Es liefert zwar Heizenergie
und Warmwasser, das für die Stromerzeugung erforderliche Aggregat ist aber nach wie
vor nicht installiert.
Nach dem derzeitigen Stand ist vollkommen offen, ob das BHKW jemals vollständig
errichtet und in einer von dem Willen aller Anschlußnehmer getragenen Weise
betrieben wird. Nachdem sich die darauf gerichteten Bemühungen und Gespräche über
Jahre ergebnislos hingezogen haben, hat die Beklagte im Berufungsverfahren
nochmals den Versuch unternommen, einen Betreiber für die Anlage zu gewinnen, um
so doch noch eine einvernehmliche Lösung zwischen den widerstreitenden Interessen
herbeizuführen. Als Betreiberin des BHKW war zuletzt die ASEAG vorgesehen. Die
Beteiligten konnten sich jedoch nicht auf eine der von der ASEAG zur Diskussion
gestellten Alternativen verständigen.
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Die Verantwortung für das - jedenfalls bisherige - Scheitern des Projekts trägt die
Beklagte. Dieses beruht nämlich auf der völlig unsachgemäßen Regelung in § 7 des
Vertrages, den ersichtlich die Beklagte den Käufern vorgegeben hat und deren
Sachwidrigkeit sie anders als der Kläger und seine Ehefrau als juristische Laien
unschwer hätte erkennen können. Es fehlt schon an einer vernünftigen Regelung der
Eigentumsverhältnisse am BHKW. Eigentümer des betreffenden Grundstücks sind nur
die 8 "Ersterwerber". Gemäß § 94 BGB sind sie damit auch Eigentümer des BHKW. Die
Zahlungen der übrigen 23 Käufer dienten aber dessen Errichtung. Außerdem sollten sie
die Kosten des Erwerbs des Grundstücks decken. Da selbstverständlich die Zahlungen
der 23 "Nacherwerber" nicht unentgeltlich das Vermögen der 8 "Ersterwerber" mehren
sollten, bedurfte es einer klaren Regelung über deren zumindest wirtschaftliche
Beteiligung. Eine solche enthält § 7 des Vertrages jedoch nicht einmal ansatzweise.
Sinn der Zahlungen der 23 für BHKW nebst Grundstück war, den Energiepreis zu
verbilligen, weil in ihn die schon von ihnen vorbezahlten Anschaffungs- und
Errichtungskosten nicht einzukalkulieren waren. Dieser Zweck wird verfehlt, wenn die
ASEAG - so eine der von ihr angebotenen Alternativen - BHKW und Grundstück zum
Zeitwert übernimmt, anders, wenn sie nur einen symbolischen Preis von 1,-- DM zahlt.
Daß die betroffenen Eigentümer nicht zu einer einvernehmlichen Entscheidung
gekommen sind, ist im Verhältnis zur Beklagten unerheblich, ebenso sind es die dafür
maßgebenden Gründe. Der entscheidende Fehler liegt darin, daß § 7 des Vertrages
keinerlei Regularien für eine durchsetzbare Entscheidungsfindung der Eigentümer
enthält. Die Beklagte hätte ohne weiteres erkennen können, daß es ohne klare
Regelung kaum möglich sein würde, eine verbindliche Entscheidung von insgesamt 31
Betroffenen herbeizuführen.
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Außerdem läßt § 7 des Vertrages die rechtliche Gestaltung des Betriebs völlig im
Dunkeln. Bezeichnend ist insoweit § 7 Nr. 4 S. 2 des Vertrages:
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"Näheres hierzu wird in einem zwischen den Anschlußnehmern noch
abzuschließenden Gesellschafter-/ bzw. Betreibervertrag geregelt, dem der Käufer
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beizutreten hat."
Nicht einmal die Art des später abzuschließenden Vertrags wird bestimmt, geschweige
denn seine inhaltliche Ausgestaltung. Bei 31 Betroffenen, die jeweils ihre eigenen
Ansichten und Interessen verfolgen, war das inzwischen eingetretene Ergebnis - die
Eigentümer sind nicht "unter einen Hut zu bekommen" - für die Beklagte absehbar.
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Die Unzulänglichkeiten des Vertragswerks betreffend das BHKW sind derart eklatant,
daß die Beklagte ungeachtet dessen, daß sie tatsächlich Kosten für das BHKW
aufgewendet, also nicht im engeren Sinn vereinnahmte Gelder bestimmungswidrig
verwendet hat, in entsprechender Anwendung der Regeln bei bestimmungswidriger
Verwendung Herauszahlung zu leisten hat. Darüber hinaus folgt das auch daraus, daß
die Beklagte sich in § 7 des Vertrages zu späterer Abrechnung verpflichtet hat. Es
versteht sich von selbst, daß diese in angemessener Zeit erfolgen mußte. Nachdem
nunmehr fast 4 Jahre vergangen sind, ist ein angemessener Zeitraum verstrichen. Es
beruht auf den von der Beklagten zu verantwortenden Unzulänglichkeiten des
Vertragswerks, daß eine Endabrechnung noch nicht stattfinden konnte, nach dem
derzeitigen Stand der Dinge auch kaum in absehbarer Zeit zu erwarten ist. Die vom
Kläger und seiner Ehefrau geleistete Vorauszahlung ist deshalb - abzüglich des
akzeptierten Vorteilsausgleichs - zurückzugewähren. Es bleibt der Beklagten
unbenommen, nach einer künftigen Abrechnung vom Kläger und dessen Ehefrau Ersatz
ihrer Aufwendungen zu fordern, soweit diesen entsprechende Vorteile - über die bisher
anerkannten hinaus - zugeflossen sind bzw. zufließen, z. B. in Gestalt eines (durch
Ausklammerung der Anschaffungs- und Errichtungskosten) verbilligten Energiepreises.
Beim derzeitigen Stand der Sache hält es der Senat aber für unvertretbar, der Beklagten
die ihr gewissermaßen treuhänderisch überlassene Vorauszahlung zu belassen und
den Kläger und seine Ehefrau auf eine spätere, zeitlich nicht absehbare Abrechnung zu
verweisen und solange in Vorlage zu bleiben. Das betreffende Risiko muß die Beklagte
als die für die Unzulänglichkeiten des Vertrags Verantwortliche tragen.
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2)
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Der Zinsanspruch ist unter dem Gesichtspunkt des Verzuges (§§ 286, 288 BGB)
gerechtfertigt.
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II.
22
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 91, 92 Abs. 2 BGB. Für die Kosten der I.
Instanz ist zu berücksichtigen, daß der Kläger mit seiner Auskunftsklage (rechtskräftig)
unterlegen ist. Die Zuvielforderung in der II. Instanz hat keine besonderen Mehrkosten
veranlaßt. Insoweit sind deshalb der Beklagten die Kosten insgesamt aufzuerlegen.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 713
ZPO.
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Streitwert für das Berufungsverfahren:
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- bis zum 20.07.1998: 22.644,96 DM;
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- danach: 21.767,04 DM; dieser Wert entspricht zugleich dem
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Wert der Beschwer.
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