Urteil des OLG Köln vom 27.03.1998
OLG Köln (darlehen, konto, höhe, zeuge, kläger, sparkasse, zpo, scheck, zahlung, bürge)
Oberlandesgericht Köln, 19 U 123/97
Datum:
27.03.1998
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
19. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
19 U 123/97
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 21 O 537/95
Schlagworte:
PKH Konkursverwalter wirtschaftlicher Beteiligter
Normen:
ZPO § 116 S. 1 Nr. 1
Leitsätze:
Ist das Finanzamt am Gegenstand eines Rechtsstreits des
Konkursverwalters wirtschaftlich beteiligt im Sinne von § 116 S. 1 Nr. 1
ZPO, dann ist dem Steuerfiskus grundsätzlich zuzumuten, die
Prozeßkosten aufzubringen (vgl. Jaeger, VersR 1997, 1060 ff.).
Tenor:
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 21. Zivilkammer des
Landgerichts Köln vom 11.04.1997 - 21 O 537/95 - teilweise abgeändert
und wie folgt neu gefaßt: Der Beklagte zu 1. wird verurteilt, an den
Kläger 15.000,00 DM nebst 6 % Zinsen seit dem 12.01.1996 zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Gerichtskosten und die
außergerichtlichen Kosten des Klägers erster Instanz tragen zur Hälfte
der Kläger selbst und zur Hälfte der Beklagte zu 1. Die außerge-
richtlichen Kosten des Beklagten zu 1. erster Instanz trägt dieser selbst,
die des Beklagten zu 2. der Kläger. Die Kosten der Berufungsinstanz
trägt der Beklagte zu 1. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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Die zulässige Berufung des Klägers, die sich nur gegen den Beklagten zu 1. richtet, ist
begründet. Der Beklagte zu 1. (im folgenden nur noch: Beklagter) ist verpflichtet, an den
Kläger 15.000,00 DM gem. den §§ 31 I, 32 a, 32 b GmbHG entspr. zurückzuzahlen. Er
hat als Gesellschafter der Gemeinschuldnerin C. S. F. GmbH dieser im
August/September 1991 drei Darlehen gewährt, die Ende März 1994 noch mit 6.150,17
DM, 26.033,33 DM und 37.572,77 DM valutierten. Obwohl die Gemeinschuldnerin nach
dem Ergebnis der vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme schon Ende 1993
kreditunwürdig war, hat der Beklagte die Darlehen zunächst stehen lassen; erst am
08.04.1994 sind sie vom Konto der Gemeinschuldnerin bei der Sparkasse R. an ihn
zurückgeflossen.
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Die drei Darlehen in Höhe von ursprünglich 8.000,00 DM, 25.000,00 DM und 42.000,00
DM waren unstreitig von Anfang an für die Gemeinschuldnerin bestimmt. Da es sich um
öffentliche Mittel handelte, konnten die Darlehensverträge Nr. 6 275 622, 7 213 903 und
7 213 861 nur mit einer natürlichen Person, nicht mit der Gemeinschuldnerin als GmbH
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geschlossen werden. Darlehensnehmer wurde daher der Beklagte. Die
Darlehensbeträge sind jedoch, wie der bei der Sparkasse tätige Zeuge K. bekundet hat,
unmittelbar auf das Konto der Gemeinschuldnerin Nr. 105 346 gezahlt worden. Diese
hat die Darlehen auch in ihrer "vorläufigen Saldenbilanz" zum 31.12.1993 als
Sparkassendarlehen aufgeführt. Das ändert jedoch nichts daran, daß Darlehensgeber
gegenüber der Gemeinschuldnerin rechtlich der Beklagte war, der die Darlehen
seinerseits von der Sparkasse erhalten hatte. Der Vater des Beklagten, der Zeuge G. S.,
hat für diese Darlehen die Bürgschaft übernommen.
Diese Darlehen sind vom Konto der Gemeinschuldnerin am 08.04.1994 an den
Beklagten in der damals noch bestehenden Höhe zurückgeflossen. Nach dem Ergebnis
der Beweisaufnahme kann nicht angenommen werden, daß der Bürge G. S. unmittelbar
seine Bürgschaftsschuld durch die Scheckhingabe am 31.03.1994 an die Sparkasse
getilgt hat, daß es sich also im Verhältnis zum Beklagten nicht um eine
Darlehensrückzahlung der Gemeinschuldnerin gehandelt hat. Dagegen spricht schon,
daß der Scheck über 310.000 DM auf das Konto der Gemeinschuldnerin Nr. 105 346
eingezogen worden ist, von dem dann die Überweisungen auf die Darlehenskonten des
Beklagten vorgenommen wurden. Außerdem wurde auch ein unmittelbar der
Gemeinschuldnerin gewährtes Gründungsdarlehen abgelöst. Mit dem verbleibenden
Rest der 310.000 DM aus der Scheckzahlung des Zeugen S. wurde der
Kontokorrentkredit auf dem Konto 105 346 abgelöst. Der von dem Zeugen S.
ausgestellte Scheck vom 30.03.1994 weist als Zahlungsempfänger die
Gemeinschuldnerin aus. Das spricht eindeutig dafür, daß es sich bei der Zahlung "zur
Erfüllung seiner diversen Bürgschaftsverpflichtungen", von der der Zeuge K.
gesprochen hat, tatsächlich um eine Zahlung an die Gemeinschuldnerin auf das ihr
gewährte Darlehen handelte. Dazu paßt ferner, daß in dem Abtretungsvertrag vom
31.03.1994 von einem bereits der Gemeinschuldnerin gewährten Darlehen gesprochen
wird, und daß der Scheck des Zeugen S. auf einen Tag vorher, den 30.03.1994, datiert
ist. Dabei kommt noch hinzu, daß der Darlehensnehmer, hier die Gemeinschuldnerin,
die Darlehensvaluta schon dann empfangen hat, wenn sie auf seine Veranlassung und
in seinem Interesse an einen Dritten ausgezahlt worden ist (BGH NJW-RR 1997, 1460).
Hier spricht angesichts des Scheckadressaten alles dafür, daß es sich um eine gewollte
Zuwendung an die Gemeinschuldnerin selbst gehandelt hat, durch deren
Weiterverwendung dann auch die Bürgschaftsverpflichtungen des Zeugen S. getilgt
wurden. Diese Folge mag für den Zeugen besonders wichtig gewesen sein, an der
rechtlichen Bewertung der Vorgänge vermag das angesichts der geschilderten
Umstände nichts zu ändern.
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Aus der Aussage des Zeugen S. folgt auch, daß die Gemeinschuldnerin schon Ende
1993, als der Zeuge ihr schon einmal ein Darlehen in Höhe von 200.000 DM gab, nicht
mehr kreditfähig war. Offenherzig hat der Zeuge auf Befragen eingeräumt, schon zu
dieser Zeit habe die Gemeinschuldner keinen Fremdkredit mehr bekommen können. Er
habe damit gerechnet, daß es bei der GmbH "knallen" werde, und habe deshalb
vorgesorgt, um nicht als Bürge plötzlich "überfallen" zu werden. Der gesamte Ablauf
zeigt in Verbindung mit der Aussage des Zeugen, daß die GmbH im Sinne von § 63 I
GmbHG überschuldet war, weil ihr Vermögen bei Ansatz von Liquidationswerten die
bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckte und ihre Finanzkraft mittelfristig zur
Fortführung des Unternehmens nicht ausreichte (BGHZ 119, 201 = NJW 1992, 2891 =
MDR 1992, 1135 = WM 1992, 1650 = DRsp-ROM Nr. 1993/445). War aber die
Gemeinschuldnerin bereits kreditunwürdig, dann ist ihr der Beklagte
rückzahlungspflichtig, weil er die ihr von ihm als Gesellschafter gewährten Darlehen
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vorher, d.h. spätestens Ende 1993, in der Krise hatte stehen lassen. Er kann sich nicht
darauf berufen, daß es nicht möglich gewesen sei, die Darlehen als Fördermittel
vorzeitig abzuziehen. Das kann schon deshalb nicht richtig sind, weil sie tatsächlich mit
Hilfe der Scheckzahlung des Zeugen S. getilgt worden sind.
In der geltend gemachten Höhe von 15.000 DM ist die Klage damit jedenfalls begründet.
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Die der Höhe nach unstreitige Zinsforderung ergibt sich aus § 291 BGB.
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Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 91 I, 92 I ZPO. Das Urteil ist nach den §§
708 Nr. 10, 713 ZPO vorläufig vollstreckbar.
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Wert der Beschwer des Beklagten: 15.000 DM.
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