Urteil des OLG Köln vom 07.11.2005
OLG Köln: gebühr, gesetzestext, entstehungsgeschichte, datum
Oberlandesgericht Köln, 17 W 221/05
Datum:
07.11.2005
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
17. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
17 W 221/05
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 31 O 382/05
Tenor:
Auf die sofortige Beschwerde der Antragsteller werden die
Kostenfestsetzungsbeschlüsse des Landgerichts Köln vom 13. Juni
2005 und 12. Oktober 2005 - 31 O 382/05 - teilweise abgeändert und wie
folgt neu gefasst:
Aufgrund des Beschlusses des Landgerichts Köln vom 30. Mai 2005
sind von dem Antragsgegner an Kosten 3.586,00 EUR nebst 5 % Zinsen
über dem Basiszinssatz seit dem 10. Juni 2005 an die
Antragstellerinnen zu erstatten.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsgegner.
Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren: 406,20 EUR.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
G r ü n d e :
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I.
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Die Antragsteller haben zur Festsetzung für die Tätigkeit ihrer Prozessbevollmächtigten
u. a. eine 0,3 - Erhöhungsgebühr nach Nr. 1008 VV (406,20 EUR) sowie eine
Dokumentenpauschale (12,50 EUR) zur Kostenfestsetzung angemeldet, für die
Mitwirkung der Patentanwälte eine 1,3 - Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV (1.760,20
EUR), eine 0,3 - Erhöhungsgebühr (406,20 EUR) sowie eine Postpauschale (20,00
EUR).
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Der Rechtspfleger hat im Kostenfestsetzungsbeschluss vom 13. Juni 2005 das
Entstandensein einer Erhöhungsgebühr verneint. Auch die Festsetzung der
Dokumentenpauschale hat er abgelehnt. Hinsichtlich der Patentanwaltskosten ist er
lediglich von einer 1,0 - Verfahrensgebühr ausgegangen. Anstatt der zur Festsetzung
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angemeldeten Kosten in Höhe von 4.398,20 EUR hat er daher lediglich 3.167,30 EUR
festgesetzt (1.760,20 EUR + 20,00 EUR + 13,10 EUR + 1.354,00 EUR + 20,00 EUR).
Mit ihrer sofortigen Beschwerde haben sich die Antragsteller lediglich gegen die
Nichtberücksichtigung der Dokumentenpauschale sowie dagegen gewandt, dass der
Rechtspfleger lediglich eine 1,0 Verfahrensgebühr für das Tätigwerden der
Patentanwälte als berechtigt angesehen hat, nicht aber dagegen, dass die
Erhöhungsgebühren nicht festgesetzt wurden.
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Der Rechtspfleger hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem
Senat vorgelegt. Da er im Nichtabhilfe- und Vorlagebeschluss auf den dezidierten
Vortrag der Antragsteller zur Erstattungsfähigkeit der Dokumentenpauschale nicht
eingegangen war, sondern lediglich zur Patentrechtsanwaltsgebühr Stellung
genommen hatte, hat der Senat den Vorlagebeschluss aufgehoben und dem
Landgericht die Sache zurückgegeben unter Hinweis darauf, dass es insoweit an einer
Begründung für die Vorlage mangelt.
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Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 12. Oktober 2005 hat der Rechtspfleger weitere
12,50 EUR zu Gunsten der Antragsteller festgesetzt und die Sache erneut dem Senat
zur Entscheidung vorgelegt.
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II.
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Die nach § 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO i. V. m. § 11 Abs. 1 RpflG statthafte und auch im
Übrigen zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache vollen Erfolg.
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Den Antragstellern stehen weitere 406,20 EUR zur Festsetzung zu.
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Der dem mitwirkenden Patentrechtsanwalt entstandene Vergütungsanspruch ist in Höhe
einer 1,3-Gebühr (Nr. 3100 VV) erstattungsfähig.
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Mit dem OLG Frankfurt (GRUR-RR 2005, 104) und dem OLG Hamburg - 8 W 51/05 -,
Beschluss vom 22. März 2005, ist der Senat der Ansicht, dass dem mitwirkenden
Patentrechtsanwalt ein Vergütungsanspruch in vorgenannter Höhe zusteht. Die von
Müller-Rabe in: Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert/Müller - Rabe,
Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 16. Aufl., Nr. 3208 VV Rdnr. 10, vertretene Ansicht
überzeugt dagegen nicht.
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In § 140 Abs. 3 MarkenG ist bestimmt, dass von den Kosten, die durch die Mitwirkung
eines Patentrechtanwaltes entstehen, die Gebühren nach § 13 RVG zu erstatten sind.
Hieraus ist auch nach Ansicht des Senates nicht zu entnehmen, dass die
Patentrechtsanwaltskosten stets und nur in Höhe einer 1,0-Gebühr erstattungsfähig
sind. § 13 RVG enthält eine Definition des Begriffes der Wertgebühr und gibt eine
Kalkulationsgrundlage. Diese Norm enthält aber keinen Gebührentatbestand. Erst durch
Hinzuziehung des Vergütungsverzeichnisses gem. Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 S. 1 RVG
wird die Höhe der Gebühr bestimmbar.
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Wollte man § 140 Abs. 3 MarkenG n. F. so verstehen, dass mit der Verweisung auf
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§ 13 RVG so gemeint ist, dass dem Patentrechtsanwalt stets nur eine Gebühr von 1,0
zustehen soll, so müsste dies auch für den Fall gelten, dass einem Rechtsanwalt -
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beispielsweise im Beschwerdeverfahren (Nr. 3500 VV) lediglich eine 0,5-Gebühr
zusteht. Diese Überlegung zeigt, dass der Verweisung im Text des § 140 Abs. 3
MarkenG auf § 13 RVG nicht die vom Rechtspfleger angenommene Bedeutung
zugemessen werden kann.
Soweit sich Müller-Rabe, a. a. O., zur Begründung seiner gegenteiligen Ansicht auf Art.
4 Abs. 49 KostModG stützt, ist dies unbehelflich. Dort ist allein der Gebührenan-
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spruch eines beigeordneten Patentanwaltes im Prozesskostenhilfeverfahren geregelt.
Dies trifft aber nicht den vorliegenden Fall.
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Dass allein die vom Senat in Übereinstimmung mit den Oberlandesgerichten Frankfurt
und Hamburg vorgenommene Auslegung die zutreffende ist, ergibt sich zudem aus der
Entstehungsgeschichte der in Rede stehenden Norm des Markengesetzes. Der bis zum
31. Dezember 2001 maßgebliche § 140 Abs. 5 MarkenG begrenzte die zu erstattenden
Gebühren ausdrücklich "bis zur Höhe einer vollen Gebühr nach § 11 BRAGebO". In der
ab 1. Januar 2002 in Kraft gesetzten Fassung des § 140 Abs. 3 MarkenG war dagegen
bestimmt, dass dem Patentrechtsanwalt "die Gebühren nach § 11 BRAGebO ... zu
erstatten" sind. Dem Umstand, dass die in § 140 Abs. 5 MarkenG noch vorhandene
Einschränkung "bis zur Höhe einer vollen Gebühr" weggefallen war, wurde entnommen,
dass nunmehr die Patentrechtsanwaltskosten in gleichem Umfang wie die
entsprechenden Rechtsanwaltskosten erstattungsfähig sein sollten (BGH GRUR 2004,
1061, 1063; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 2. Aufl., § 140 Rdnr. 58).
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Im Zuge des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes (Art. 4 Abs. 44 Nr. 2) ist § 140 Abs.
3 MarkenG mit Wirkung vom 1. Juli 2004 dahingehend geändert worden, dass die Worte
"nach § 11 BRAGebO" durch die Worte "nach § 13 des RVG" ersetzt wurden. Damit
wurde dem Umstand Rechnung getragen, dass die BRAGebO durch das RVG abgelöst
wurde. Dafür, dass mit dieser Änderung vom Gesetzgeber noch etwas Anderes
bezweckt wurde, nämlich die bis zum 31. Dezember 2001 bestehende Rechtslage,
wonach dem Patentrechtsanwalt stets nur eine Gebühr in Höhe von 1,0 zustehen sollte,
nach kurzer Zeit wieder herzustellen, gibt es keinerlei Anhaltspunkte. Solches lässt sich
insbesondere nicht der Gesetzesbegründung (BT-Dr 15/1971, S. 237, 238) entnehmen.
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Zudem enthält § 140 Abs. 3 MarkenG in seiner jetzigen Fassung im Gegensatz zu § 140
Abs. 5 MarkenG keine Obergrenze für die Gebühren. Hätte der Gesetzgeber unter der
Geltung des RVG eine solche wieder einführen wollen, so hätte es nahe gelegen, dass
er dem Gesetzestext wieder die alte Fassung gegeben hätte. Der Umstand, dass dies
nicht geschehen ist, spricht gerade dafür, dass an der ab 1. Januar 2002 geltende
Rechtslage durch die Änderung des Gesetzestextes im Hinblick auf das RVG ansonsten
keine Änderung vorgenommen werden sollte.
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Die geltendgemachten Patentrechtsanwaltskosten sind daher in voller Höhe
erstattungsfähig.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
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Gemäß § 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen.
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