Urteil des OLG Köln vom 13.12.2002
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Oberlandesgericht Köln, 9 U 131/02
Datum:
13.12.2002
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
9. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
9 U 131/02
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 24 0 323/01
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das am 06.06.2002 verkündete
Urteil der 24. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 24 0 323/01 -
wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
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Die in formeller Hinsicht bedenkenfreie Berufung der Klägerin ist unbegründet.
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Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
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I. Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Entschädigungsanspruch auf Grund der
Teilkaskoversicherung gemäß den §§ 1, 49 VVG, §§ 5 Abs. 2; 12 Nr. 1 I b) AKB im
Hinblick auf das Fahrzeug Daimler Chrysler (amtliches Kennzeichen xx – xx 719) nicht
zu.
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1. Der Beklagte ist nämlich wegen Verletzung einer Obliegenheit durch die Klägerin
leistungsfrei.
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Nach § 5 Abs. 1 S. 3 AKB wird der Versicherungsschutz unterbrochen, wenn die
Zulassungsstelle dem Versicherer die Stillegung mitteilt. Die Ausnahme, dass der
Versicherungsnehmer die uneingeschränkte Fortführung des Versicherungsschutzes
verlangt, ist nicht gegeben. In der Fahrzeugversicherung besteht jedoch weiterhin
Versicherungsschutz als Ruheversicherung in Form der Teilkaskoversicherung nach § 5
Abs. 2 S. 1 AKB. Für diesen Fall ist in § 5 Abs. 2 S. 2 AKB bestimmt, dass das Fahrzeug
außerhalb des Einstellraumes oder des umfriedeten Abstellplatzes nicht gebraucht oder
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nicht nur vorübergehend abgestellt werden darf. Wird diese Obliegenheit verletzt, so ist
der Versicherer nach § 5 Abs. 2 S. 3 AKB von der Verpflichtung zur Leistung frei, es sei
denn, dass die Verletzung ohne Wissen und Wollen des Versicherungsnehmers erfolgt
und von ihm nicht grob fahrlässig ermöglicht worden ist.
Diese Obliegenheit hat die Klägerin verletzt. Sie hat veranlasst, dass der Wagen
außerhalb eines umfriedeten Abstellplatzes nicht nur vorübergehend abgestellt wurde.
Umfriedeter Abstellplatz ist ein geschlossener Hofraum oder umzäunter freier Platz,
nicht aber ein Gelände, das von der öffentlichen Straße her frei zugänglich ist (vgl.
Stiefel/Hofmann, Kraftfahrtversicherung, 17. Aufl., § 5 AKB, Rn 15). Der Bereich muss
durch Schutzeinrichtungen wie Mauern, Zäune, Hecken oder Gräben gegenüber Dritten
abgegrenzt sein (vgl. Knappmann in Prölss/Martin VVG, § 5 AKB, Rn 10). Die
Bestimmung des § 5 Abs. 2 S.2 AKB soll das Risiko des Abstellens außerhalb eines
umfriedeten Bereichs, etwa bei einer Laternengarage, ausschalten. Der vorliegende
Tankstellenplatz ist ausweislich des überreichten Fotos (Bl. 21 GA) nicht umfriedet,
sondern von der Straße her völlig frei zugänglich. Ein Abtransport ist von außen ohne
Hindernisse möglich. Auf die Frage der Größe des Fahrzeugs oder die Handhabung an
der Tankstelle kommt es hierbei nicht an.
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Das Abstellen war auch nicht nur vorübergehend, sondern von gewisser Dauer.
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Die Klägerin wollte für längere Zeit nach Irland und hat das Abstellen des Fahrzeugs auf
dem Tankstellengelände veranlasst, auch damit der Tankstellenpächter es veräußern
könnte, wenn sich ein Interessent finde.
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2. Die Verletzung einer vor Eintritt des Versicherungsfalles zu erfüllenden Obliegenheit
führt nach Maßgabe des § 6 Abs. 1 VVG zur Leistungsfreiheit.
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Anhaltspunkte für fehlendes Verschulden sind angesichts der Umstände des Abstellens
nicht gegeben und auch nicht nachgewiesen.
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Grundsätzlich besteht aber das Kündigungserfordernis nach § 6 Abs. 1 S. 2 VVG, da im
Falle des § 5 Abs. 2 AKB eine Obliegenheit vor dem Versicherungsfall betroffen ist (vgl.
Knappmann, a.a.O., § 5 AKB, Rn 7). Die Kündigungsfrist beginnt mit der sicheren
Kenntnis des Versicherers von der Obliegenheitsverletzung (vgl. Senat, r+s 2000, 227).
Die Kündigungspflicht kann aber ausnahmsweise entfallen, wenn das Interesse
weggefallen ist (vgl. Prölss in Prölss/Martin a.a.O., § 6 , Rn 110). Bei Diebstahl ist das
Interesse weggefallen, wenn keine Aussicht mehr besteht, dass die Sache
wiedererlangt wird, etwa nach Einstellung des Ermittlungsverfahrens, wenn ein Täter
nicht bekannt ist. So liegt es hier. Ausweislich der Ermittlungsakte – 791 UJs 7100 bis
7149/00 StA Köln - ist das Ermittlungsverfahren am 12.10.2000, also genau einen Monat
nach dem Diebstahlereignis vom 12.09.2000, eingestellt worden, weil der Täter nicht
ermittelt werden konnte. Sichere Kenntnis von den Umständen, die die
Obliegenheitsverletzung begründen, hatte der Beklagte jedenfalls nicht innerhalb der
Monatsfrist, so dass eine Kündigung nicht erforderlich war. Von fehlender Ursächlichkeit
der Obliegenheitsverletzung kann nach den Umständen nicht ausgegangen werden.
Demnach ist Leistungsfreiheit eingetreten.
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Auf die Frage des Nachweises des äußeren Bildes eines Diebstahls und die
Schlüsselverhältnisse kam es danach nicht mehr an.
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II. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 543 ZPO n. F. waren
nicht gegeben.
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Die prozessualen Nebenentscheidungen über die Kosten und die vorläufige
Vollstreckbarkeit beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.
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Streitwert für das Berufungsverfahren 15.338,76 € (30.000,00 DM)
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