Urteil des OLG Köln vom 03.08.2009
OLG Köln (wirtschaftliche leistungsfähigkeit, mittellosigkeit, beschwerde, mutter, zpo, prüfung, aufforderung, familienname, rechtsmittel, stand)
Oberlandesgericht Köln, 16 Wx 76/09
Datum:
03.08.2009
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
16. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
16 Wx 76/09
Vorinstanz:
Landgericht Aachen, 3 T 168/09
Tenor:
Die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2. gegen den
Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Aachen vom 11.05.2009
- 3 T 168/09 - wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
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I.
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Der Beteiligte zu 2. ist seit 2002 als berufsmäßiger Betreuer des Betroffenen unter
anderem für den Aufgabenkreis der Vermögenssorge bestellt. Mit Schreiben vom
31.12.2008 hat er die Festsetzung seiner Vergütung für den Zeitraum vom 01.10. bis
zum 30.12.2008 aus der Staatskasse beantragt. Der Aufforderung des Rechtspflegers
des Amtsgerichts, etwaige Unterhaltsansprüche des Betroffenen zu prüfen und mögliche
Unterhaltspflichtige zu benennen, ist der Beteiligte zu 2. nicht nachgekommen. Er hat
darauf verwiesen, dass der Betroffene seit vielen Jahren Grundsicherung beziehe und
Unterhaltsansprüche von Amts wegen durch das Gericht zu prüfen seien. Das
Amtsgericht hat den Vergütungsantrag mit Beschluss vom 10.03.2009 mit der
Begründung zurückgewiesen, der Betreuer habe es unterlassen, entsprechend der §§
56 g Abs. 2 FGG, 118 Abs. 2 ZPO die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse
des Betreuten hinreichend darzulegen; es fehlten insbesondere Angaben zu möglichen
unterhaltspflichtigen Personen, so dass seitens des Gerichts ein Fall der Mittellosigkeit
nach den §§ 1908 i, 1836 d Nr. 2 BGB nicht festgestellt werden könne.
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Mit Schreiben vom 28.03.2009 hat der Beteiligte zu 2. hierzu Stellung genommen und
ergänzend vorgetragen, dass von dem Betroffenen aufgrund seiner erheblichen
psychischen Erkrankung keine Auskünfte über Angehörige zu erlangen seien, zumal
der Familienname des Betroffenen nicht sein ursprünglicher Familienname sei, was die
Ermittlung von Familienangehörigen fast unmöglich mache.
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Das Landgericht hat dieses Schreiben des Beteiligten zu 2. als Beschwerde gegen den
Beschluss des Amtsgerichts vom 10.03.2009 ausgelegt und das Rechtsmittel mit
Beschluss vom 11.05.2009, auf dessen Inhalt verwiesen wird, zurückgewiesen.
Hiergegen wendet sich der Beteiligte zu 2. mit der vom Landgericht zugelassenen
sofortigen weiteren Beschwerde.
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II.
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Die sofortige weitere Beschwerde ist infolge ihrer Zulassung statthaft (§§ 69 e S. 1, 56 g
Abs. 5 S. 2 FGG) sowie form- und fristgerecht eingelegt.
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Das Rechtsmittel bleibt in der Sache jedoch ohne Erfolg.
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Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Überprüfung stand (§§ 27 FGG,
546 ZPO).
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Grundsätzlich hat das Gericht von Amts wegen zu prüfen, ob sich der geltend gemachte
Vergütungsanspruch gegen den Betroffenen oder bei dessen Mittellosigkeit gemäß §
1836 a BGB gegen die Staatskasse richtet. Damit unterliegt auch die Prüfung der
Mittellosigkeit dem Amtsermittlungsgrundsatz des § 12 FGG (OLG Schleswig FamRZ
2004, 979 f; OLG Düsseldorf FamRZ 2005, 2019; Jansen-Sonnenfeld FGG, § 56 g Rz.
44; Jurgeleit FGG, § 56 g Rz. 11). Dies enthebt den Betreuer, dem die Vermögenssorge
zusteht und der seinen Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse geltend macht,
jedoch nicht davon, von sich aus oder, wie vorliegend, auf gerichtliche Aufforderung an
der Aufklärung der Frage der Mittellosigkeit – sei sie tatsächlich oder fiktiv –
mitzuwirken. Er hat durch nachvollziehbare Angaben die gerichtliche Prüfung der
persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Betreuten zu ermöglichen. Diese
Mitwirkungsobliegenheit folgt, wie das Landgericht unter Bezugnahme auch auf die
Gesetzesbegründung zum Betreuungsrechtsänderungsgesetz (BTÄndG; BT-
Drucksache 13/7158) zutreffend ausgeführt hat, aus den §§ 69 e S. 1, 56 g Abs. 2 S. 1
und 2 FGG i. V. m. § 118 Abs. 2 S. 1 ZPO (OLG Düsseldorf a.a.O.; LG Kleve BtPrax
1999, 201; Jansen-Sonnenfeld a.a.O.; Jurgeleit a.a.O.Rz. 11 ff). Insoweit schließt sich
der Senat in vollem Umfang den nicht ergänzungsbedürftigen Ausführungen des
Landgerichts an. Dabei gehört in Anbetracht der Vorschrift des § 1836 d Nr. 2 BGB zur
Darlegung der Mittellosigkeit auch die Benennung der Personen, die dem Betreuten
Unterhalt gewähren oder als Unterhaltsschuldner in Betracht kommen. Darüber hinaus
ist die Landeskasse auch deshalb auf entsprechende Angaben angewiesen, um im
Rahmen der Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse etwaige gemäß
§ 1836 e Abs. 1 BGB übergehende Ansprüche erkennen und ggf. realisieren zu können.
Aufgrund der dargelegten und ggf. glaubhaft gemachten Angaben prüft das Gericht gem.
§§ 1836 c – 1836 e BGB die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Betreuten. Erst dann,
wenn die Angaben des Betreuers zur Beurteilung des einzusetzenden Vermögens bzw.
etwaiger Unterhaltsansprüche des Betreuten kein klares Bild über seine
Vermögensverhältnisse geben, müssen diese von Amtswegen aufgeklärt werden.
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Vorliegend hat der Beteiligte zu 2. trotz mehrfacher gerichtlicher Aufforderung jegliche
Mitarbeit bei der Suche nach unterhaltspflichtigen Personen verweigert. Die Tatsache,
dass der Betreute seit mehreren Jahren Leistungen von der Bundesagentur für Arbeit
erhält und ferner Leistungen des LVR bezogen hat, lässt – wie das Landgericht, auf
dessen Ausführungen verwiesen wird, zutreffend ausgeführt hat – keinen Rückschluss
auf die Vermögens- und Einkommensverhältnisse von unterhaltspflichtigen
Angehörigen zu. Den Akten sind aktuelle Angaben über die Existenz
Unterhaltspflichtiger Personen nicht zu entnehmen. Der Akteninhalt ergibt aber, dass
der Beteiligte zu 2. durchaus über Kenntnisse von näheren Angehörigen des Betreuten
verfügt. So ergibt der Bericht der Verfahrenspflegerin vom 01.07.2008, dass ihr der
Beteiligte zu 2. unter anderen von einem guten Kontakt des Betroffenen zu seiner Mutter
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berichtet habe, des Weiteren, dass er geschieden sei und ein Kind habe. Dass der
Beteiligte zu 2. persönlich jedenfalls auch in fernmündlichem Kontakt zu der Mutter des
Betroffenen stand, zeigt sein an das Gericht gerichtetes Schreiben vom 14.01.2003, in
dem mitgeteilt wurde, dass ein Kontakt zu dem Betroffenen derzeit über seine Mutter
nicht möglich sei, da sie, "nach eigener telefonischer Aussage," mit ihrem Sohn nicht
mehr spreche.
Vor diesem Hintergrund hätte der Beteiligte zu 2. dem Gericht zumindest mitteilen
müssen, warum ihm – trotz zumutbarer Nachforschungen – weitere Angaben über die
nächsten Angehörigen des Betreuten, insbesondere die Person der möglicherweise
unterhaltspflichtigen Mutter nicht möglich sind. Da der Beteiligte zu 2. diese Angaben
grundlos verweigert hat, ist sein Vergütungsantrag zurecht zurückgewiesen worden.
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Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.
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Beschwerdewert: 351,75 €.
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